1. Die Idee "Atom"



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1. Die Idee "Atom"

Ein kurzer Abriss der entsprechenden Passagen der Kapitel 3,4,5,7 aus Roman Sexl, Was die Welt zusammenhält., DVA, 1982 (leider vergriffen)



"There is plenty of room at the bottom"


R.P.Feynman
"Das Schönste und Tiefste, das ein Mensch erfahren kann, ist das Gefühl des Geheimisvollen".

"Man kann die Welt nicht verstehen, sich nur in ihr zurechtfinden."

Albert Einstein


Der Weg zum Atom

Feynman, der bekannte Physiker, meinte einmal: Wenn man einer fremden Zivilisation das wichtigste Ergebnis der Naturwissenschaften mitzuteilen hätte, so müsste man sagen: "Die Welt ist aus Atomen aufgebaut."


Demokrit spekuliert über Atome

Wie kann man über Atome denken? Weshalb gerade in jenem 6.Jahrhundert BC gerade im ionischen Griechenland die Frage über den Aufbau der Materie gestellt wurde? Man weiss es nicht.



"Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süss oder bitter. In Wirklichkeit gibt es nur Atome und den leeren Raum."

Diese zentrale Aussage des Demokrit (geboren 470 BC), die wohl auch seinem Vorgänger Leukipp entspricht, drückt das aus, was auch noch heute Programm ist: Die Erscheinungen der makroskopischen Ebene aus dem Verhalten der "vollen" Atome zu erklären. Schon Demokrit musste, um den Reichtum der Naturerscheinungen zu deuten, eine Vielzahl von verschiedenen Atomformen annehmen, runde, eckige, solche mit Haken und Ösen...Lange glaubte ich, die Griechen hätten auf das Experiment, auf den konkreten Bezug zur Realität wenig Wert gelegt – dem ist aber wohl nicht so. Auch Demokrit versuchte, z.B. das Ausbreiten von Düften und die Dialyse von Wasser durch das Verhalten und die Form der Atome zu erklären, er ging also durchaus auch von der Empirie, von der Erfahrung aus.



platon, er gehört wohl zu den Sokratikern, kritisierte das fast mathematische (zumindest geometrische) und materialistische Konzept von Demokrit. Die Ursprünge der Welt (sah er "idealistisch" und legte dies im "Timaios" dar. Der Kosmos ist erfüllt von Sinn und als beseelter Organismus durch den göttlichen Demiurgen geschaffen worden. Der pythagoreischen Auffassung folgend sind unveränderliche Zahlen und geometrische Verhältnisse Ausdruck der Harmonie des Kosmos. Die reale Welt ist ein unvollkommenes Schattenbild der Welt der Ideen, welche die wahre Welt bedeuten. Diese Frage nach der wahren Welt zieht sich bis in unsere Zeit – und sie wird sich wohl, solange Menschen über Natur und Existenz denken, "ewig" weiter bestehen.

Aristoteles bekämpft die Atomisten

Aristoteles gibt die Lehre des Demokrit wieder, ohne sie zu akzeptieren er ist ja Gegner des Vakuums und einer diskontinuierlichen Materie. Die Atome bedingten ja neben ihrer Vollheit das Nicht-Sein, das Leere, das Vakuum.

Für Aristoteles waren die sinnlich feststellbaren Qualitäten das Wirkliche und Primäre, nicht die Ideen. Seine organische Gesamtsicht und Denkargumente lassen ihn die Atome ablehnen.: Die Teilung hört ja nie auf, es gibt immer ein noch kleineres. Und die Vielfalt der Atome, welche zur Erklärung der Naturvielfalt benötigt wird, ist intellektuell unbefriedigend. Dass das "Nichts" existieren soll, findet er auch absurd: horror vacuui. Erst im 17.Jahrhundert begann man dieses zu akzeptieren.

Die Tugend des Denkens beschränkt Aristoteles auf reife, männliche Erwachsene und niemals auf Frauen, Kinder oder Barbaren, also Nichtgriechen. Gemäss Aristoteles fehle der Frau etwas und sie sei „ein unvollständiger Mann“. „Der Mann gibt die „Form“, die Frau den „Stoff“. Mit „Form“ meint er hierbei, dass der Mann alle Eigenschaften für das Kind in seinem Samen trägt und die Frau nur die Hülle liefert. Aus diesem Grund ist die Frau nur passiv, der Mann aktiv gebend. Das Unerfreuliche an seinen Ansichten ist, dass diese im Mittelalter maßgeblich das Bild der Frau prägten. Die Gründe, weshalb die Offenbarungsreligionen ein so negatives, ja fratzenhaft verzerrtes Bild der Frau entwickelten, sind mir unklar – die Wurzeln dazu wurden im Christentum sehr früh gelegt.
Die Gedanken Demokrits nahm der Atomist und Epikureer Lukrez (Lucretius Carus 96-55 BC) wieder auf und er ist sogar der Meinung, auch Seele und Geist seien atomar. Sein Lehrgedicht aus "De rerum natura" ist beeindruckend und erstaunlich modern.1


Trotzdem war dann für die christliche Welt Aristoteles der verbindliche Naturphilosoph und erst im 12.Jahrhundert konnte man beginnen, ihn zaghaft zu kritisieren.


Die Suche nach dem Nichts

Man begann sich in der Folge der Torricelli-Versuche die Frage zustellen: Was ist im Raum über der stehenbleibenden Wasser- oder Quecksilbersäule? Die Vermutung, der Luftdruck sei endlich und könne die Säule nicht höher drücken, was dann durch Pascal's Puy-de-Dôme-Experiment und durch Guericke's berühmte Kugel bekräftigt wurde.

(Aristoteles Ansicht über das Vakuum war zwar umgestürzt worden - aber in neuer Form feierte er mit Faraday und Maxwell seine Auferstehung, und erst recht in der neuzeitlichen Physik, wo aus dem Vakuum sogar ganze Universen entstehen können).
Die Atome werden katholisch

Nachdem der christliche Hofphilosoph Aristoteles, der Vorläufer Christi im Weltlichen, fest etabliert war, waren die Atome als Idee tot. Die regellose Bewegung der Atome, wie sie Lukrez erahnte, widersprach dem Allwissen Gottes. Häretische Atomisten endeten bis ins 17.Jahrhundert auf dem Scheiterhaufen, umso mehr als auch die sinnenfreudigen Epikureer Atomisten gewesen waren.



Pierre Gassendi (1592-1655) machte dann die Atome wieder hoffähig, indem er den Beginn ihrer Bewegung Gott (eine Art Demiurg wie bei Plato) zuschrieb.

"Im folgenden müssen wir die Ansicht aufgeben, Atome würden von Ewigkeit her ziellos umherirren und es immer noch tun. Wir können zugeben, dass Atome in Bewegung sind: sie werden bewegt durch eine treibende und handelnde Kraft, die ihnen Gott bei der Schöpfung mitgegeben hat (...)"

Die Atome waren so in den "göttlichen Plan aufgenommen und man durfte nun sogar diskutieren, aus wievielen Atomen ein Weihrauchkorn besteht! " (Zitat aus Sexl, von Jean Magnien, Joannes Chrysostomus Magnesus, 1600-1641) .





Die Chemie entdeckt das Atom

Feuer, Luft, Wasser, Erde waren die aristotelischen Elemente der Welt. Zu Beginn des 18.Jahrhunderts löste das Phlogiston, der flüchtige Wärmestoff, das Element Feuer ab. Ab 1750 begann man die Luft des Aristoteles zu kritisieren: Es brauchte mehrere deutlich verschiedene "Lüfte", um die Beobachtungen zu deuten und Antoine Lavoisier postulierte 1789 in seinem "Traité élémentaire de chimie" 23 Elemente – tragischerweise brauchte die Revolution keine Chemiker und er wurde hingerichtet.

Die Zahl der notwendigen Elemente nahm zu, aber diese Komplikation ermöglichte die Formulierung einfacher Gesetzmässigkeiten durch Avogadro und Dalton: Es sah so aus, als ob sich die Bestandteile der bei chemischen Reaktionen verbindenden Stoffe in immer gleichen Mengenerhältnissen zusammenfanden.
Der hundertjährige Krieg beginnt

Jetzt ging es darum, das sich Verbinden von Atomen auf Grund von Kräften zu verstehen, wobei man vor allem enorme Mühe hatte, Kräfte zwischen gleichen Atomen zu akzeptieren! Es sind ja Gegensätze, die sich anziehen. Auch die Erklärung des Druckes mit abstossenden Kräften bei Newton war für die atomare Bindung nicht förderlich. Trotzdem: Die Atomhypothese hatte eine so stark ordnende Wirkung in der Vielfalt der chemischen Phänomene, dass 1860 in einem Chemikerkongress in Karlsruhe deren Existenz beschlossen wurde.

Die Chemie hatte nun Atome, die Physik keine! Dies wohl deshalb, weil man sich in der Physik vom mechanistischen Denken abgewandt und den romantischen Ideen von Schelling und Hegel zugewandt hatte, dann aber auch dem Positivismus gefolgt war, wo in erster Linie vom Experiment, der direkten Beobachtung ausgegangen wurde, und nicht von Mythen, als welches das Atom empfunden wurde. Die Wiener Schule mit der einflussreichen Person von Ernst Mach hatte hier grosse Bedeutung.
Was ist -eigentlich- Wärme?

Viele Beobachtungen wie Ausdehnung und das Auspressen von Wärme bei der Kompression eines Gases liessen sich durch das "Caloricum", den Wärmestoff, erklären, obwohl es auch gewichtige Gegenindikationen gab, wie Rumford beim nie endenden Wärmefluss beim Ausbohren von Kanonenrohren feststellte. Schon der einflussreiche Francis Bacon wollte um 1600 die Wärme als eine Art Bewegung deuten.

Sogar Nietzsche und Lenin befassten sich in diesem Zusammenhang mit physikalischen Themen
Rasselnde Ungetüme

Die technische Praxis trieb ab 1700 die Erkenntnis weiter: Die Dampfmaschine, diese zyklische Auseinandersetzung mit dem Vakuum und später mit dem Druck des heissen Dampfes. James Watt verbesserte sie entscheidend und die wirtschaftliche Bedeutung führte zu einer Preisausschreibung, an der Sadi Carnot 1820 teilnahm. Er zeigte in seiner Arbeit , wovon die Arbeitsabgabe bestimmt wird und dass sie eine absolute Schranke hat.

Originaltext-Ausschnitt von Carnot.
Die romantische Energieerhaltung

Um 1850, eine Generation nach Carnot, war der Begriff "Energie" geboren und das Caloricum ad acta gelegt. Das Hauptverdienst kommt dabei dem Arzt Robert Mayer zu, aber er wurde lange nicht beachtet, weil er unter dem Schatten der deutschen Romantik lag - was auch eine Entfremdung zwischen Naturwissenschaft und Philosophie bedeutete. Auch James Prescott Joule's Arbeiten über die Aequivalenz zwischen Wärme und anderen Energieformen waren entscheidend. Amüsant ist die Szene, wo Joule auf seiner Hochzeitsreise in der Schweiz an Wasserfällen eine Temperaturdifferenz zwischen oben und unten festzustellen versuchte...


Wärmetod - die kosmische Energiekrise

Auch um 1850 realisierte man, dass die Wärme doch eine sehr spezielle Energieform ist: Sie ist mit der Irreversibilität von Vorgängen verknüpft. Vorgänge, welche von selbst ablaufen, sind von einem irreversiblen Wärmefluss von warm zu kälter begleitet. Diese Asymmetrie der Natur scheint auf einen unaufhaltsamen Wärmetod des Universums hinzuweisen. Clausius fand ein mathematisches Mass für diese Tendenz, die Entropie. Am Ende des Universums ist ein Zustand höchster Entropie erreicht. Man begann sich, wenn auch ungern, an den Gedanken zu gewöhnen, dass auch das Menschengeschlecht nicht ewig bestehen würde.

Man versuchte den Energievorrat einer mit Kohle beheizten Sonne abzuschätzen und neue Mechanismen wie Gravitationsenegie beim Schrumpfen zu vermuten. Die daraus berechneten Lebenszeiten waren aber viel zu kurz, um eine Darwin'sche Evolution zu ermöglichen. 1920 vermutete Eddington die Kernenergie als Quelle der Sonnenstrahlung.
Warum drücken Gase?

Die falschen Vermutungen Boyle's und Newtons wurde erst vom Basler Daniel Bernoulli 1738 berichtigt: Er wagte es (wieder), die Atome der Luft als bewegt anzunehmen. Daraus ergab sich sofort die Plausibilität des Boyle'schen Gesetzes. Es dauerte aber noch mehr als 100 Jahre, bis der Energiebegriff feststand und man die Bewegung der Moleküle akzeptieren konnte. Die kinetische Gastheorie von Krönig zeigte, dass die Moleküle sich rasend schnell bewegen mussten, aber dauernd durch Zusammenstösse abgelenkt und abgebremst werden. Viele Erscheinungen fanden nun eine selbstverständliche "Erklärung" und die Frage stellte sich, wann man die Existenz der Atome als erwiesen annehmen dürfe. Man konnte nicht beweisen, dass die Hypothese des Atomismus die einzig mögliche Erklärung für die beobachteten Phänomene war, obwohl das Maxwell'sche Pendel ein sehr überzeugendes Phänomen war.


Ewige Wiederkehr

Schwer wiegende Argumente sprachen trotz der überzeugenden kinetischen Theorie immer noch gegen sie: Einmal die Irreversibilität. Denn die Bewegung der Gasmoleküle sollte als mechanische Grösse umkehrbar sein, was zu ganz abstrusen Folgerungen führt, wie Kelvin das in einem Text an Wasserfall, Erosion und des Ungeboren-werdens sehr schön sagt. In der Zeitschrift "Revue de métaphysique et morale" formuliert er seinen Wiederkehreinwand: Eine beschränkte Welt mit bewegten Gasmolekülen würde nach einer gewissen Zeit, rein mechanistisch gedacht, wieder einmal an seinem Anfangszustand "vorbeikommen" - was im Widerspruch zum Anstreben eines Zustands maximaler Entropie stehe. Dies geschähe auch ohne Umkehr der Einzelgeschwindigkeiten, wenn man lange genug auf den Zufall warte.




Philosophisches und Dämonisches

Sogar Max Planck und sein Assistent Zermelo attackierten Boltzmann und den Atomismus. Das Problem der Wiederkehr wurde auch philosophisch interessant, sodass sogar Friedrich Nietzsche sich intensiv mit Physik zu befassen begann, was auch in Zarathustra aufschimmerte ("wenn die Welt ein Ziel hat, müsste es erreicht sein.") Trotzdem waren diese Einwände nur von theoretischem Interesse, darauf deutet ja die Wiederkehrzeit von ((1010)23), die ein Mehrfaches des Alters des Universums beträgt..

Maxwell führte dann die Diskussion auf seinen Dämon, der die Umkehrung der Vorgänge an Stelle des Menschen durchführen würde. Das Phänomen Leben konnte vielleicht durch das Wirken von solchen "negentropischen", das molekulare Chaos durchblickende Dämonen beschrieben werden, weil es ja dem zweiten Hauptsatz zu widerstreben schien? Eine Zeitlang glaubte man, in den Enzymen diese Dämonen gefunden zu haben. Heute scheinen diese Einwände allesamt obsolet zu sein, insbesondere auch durch die Ergebnisse der Quantentheorie.
Ein Kampf in Wien

Die philosophische Auseinandersetzung wurde heftiger und betraf die Möglichkeit von Erkenntnis. Ernst Machs (1838-1916) bezüglich der Atome ( "Habens schon eins gesehen?") bedeutet, man solle sich auf Observables beschränken und in der Physik keine Metaphysik betreiben. Er war im Gefolge von d'Alembert und Auguste Comte ein überzeugter Positivist und Anhänger des "Empiriokritizismus". Die Aufgabe der Wissenschaft sei es, die Fülle des Wahrgenommen denkökonomisch zu strukturieren. Das "Ich" und seine inneren Bilder werden dadurch unwichtig, "das ich ist unrettbar". Sogar ein eminenter Chemiker wie Wilhelm Ostwald wollte auf Atome und kinetische Theorie verzichten und alle Erscheinungen auf die Makrogrösse Energie zurückführen. Interessant und wohl auch Zündstoff war die Tatsache, dass Mach und Boltzmann beide an der Universität Wien lehrten. Die Stimmung gegen das Metaphysische wurde übrigens auch genährt durch den oft als zweifelhaft erlebten Siegeszug des Homo Faber und seiner Technik.

1895 scheint sich das entscheidende Duell zwischen Boltzmann (der Nachfolger Machs geworden war!) und Ostwald zugetragen zu haben: Ersterer siegte, wie einer der ihn Unterstützenden berichtete, Arnold Sommerfeld. Es dauerte aber noch weitere 15 Jahre, bis die Zeit für das Atom auch bei der Physik reif war. Boltzmann verzweifelte vorher und nahm sich in Triest das Leben.
Engels à la Mach gebraten

Erstaunlich ist, dass um 1903 in Russland eine Kritik am Marxismus laut wurde, weil man diesen als zu sehr an Idealen ausgerichtet, zu nihilistisch, zu fortschrittsgläubig, zu mechanistisch empfand. Der materialistisch gesinnte Marxismus vertrug sich aber nicht mit dieser Kritik und Lenin schrieb 1909 zornig eine Entgegnung, den "Materialismus und Empiriokritizismus". Es war für ihn untragbar, dass "Engels à la Mach zubereitet, gebraten und mit Machistischer Sosse serviert wird". Nicht die Empfindungen sollten der Ausgangspunkt sein, sondern die Materie und die reale Aussenwelt. - und ausserdem entstammten diese Ideen der bürgerlich-kaptalistischen Welt Stalin erhob schliesslich später dieses Werk Lenins zum Hauptwerk des Marxismus.


Triumph und Tragik

Es war dann schliesslich in den Laboratorien, wo die Entscheidung fiel: 1895 entdeckte Röntgen seine durchdringenden Strahlen, ein Jahr später Becquerel die Radioaktivität und nach einem weiteren Jahr wies Thomson die Kathodenstrahlen als einen Teilchenstrom nach. Bruchteile, Trümmer von Atomen liessen also die Atome selber dahinter vermuten. Die von Brown mehr als 70 Jahre zuvor beobachtete Bewegung der Materie wurde von Einstein und Smoluchowsky im Sinne von Lukrez als Folge der molekularen Bewegung interpretiert und auch die mathematische Analyse war mit den Beobachtungen konsistent, welche vor allem Perrin mit grosser Akribie in Sedimentationsexperimenten anstellte.

So kam es zu der berühmten, vom Industriellen Solvay gesponserten Konferenz im Hotel Métropole in Bruxelles im Jahre 1911, bei der die Existenz der Atome auf Grund der eindrücklichen Erkenntnisse aus vielen Ländern sozusagen "beschlossen" wurde. Nur gerade zwei Jahre später bestätigte Max von Laue mit der Beugung und Interferenz von Röntgenwellen an Kristallen diesen Beschluss auf eindrückliche Weise: Die kurzwelligen Röngenwellen zeigten an den regelmässig angeordneten Atomen eines Kristallgitters dieselben Interferenzerscheinungen wie Licht an optischen Gittern.
Das Atom: Mythos des 20.Jahrhunderts?

Elektronenmikroskopie, Doppelhelix und was noch scheinen die Existenz der Atome zu zementieren - es gibt sie wirklich! Gibt es sie? Sie wurden doch frei von einer Inquisition in einem wissenschaftlich-demokratischen Prozess auf Grund von Vernunft und sorgfältigster Analyse beschlossen. Aber ein strenger Existenzbeweis steht noch aus - ist wohl oder sicher nicht führbar. (Wer beweist, dass man nie wird beweisen können?) Unser Wissen vom Weltraum und von der Welt des Kleinen wird instrumentell erschlossen. Der Design der Instrumente ist Theoriegeleitet und deshalb wohl auch nicht objektiv. Wo ist die Grenze zum nicht mehr Instrumentellen? Man kann nur tendenziell etwas aussagen: Je weiter wir vom Alltag weg sind, umso mehr Hypothesen setzen wir beim Beobachten voraus. Wenn es uns egal ist, ob diese Hypothesen wahr sind und sie als denkökonomisch sinnvoll und für Anwendungen als sehr praktisch, anschauen, ohne uns um den Wahrheitsgehalt zu kümmern, so fallen wir in den Instrumentalismus - und diese Reduktion des Sinns von Wissenschaft ist schwer zu akzeptieren. Galilei konnte sie nicht akzeptieren - für ihn ging es um Wahrheit.

Auffallend ist allerdings, wie die Grösse dieser hypothetischen Atome (d.h. die damit zusammenhängende Avogadrozahl) bei allen Messungen in den verschiedensten Gebieten wie Thermik, Radioaktivität, Elektrizität, Spektrallinien, Chemie etc immer auf denselben Zahlenwert führt. Dieses quantitative Argument ist, zumindest für die Naturwissenschafter, sehr überzeugend und deutet auf eine wirkliche Einsicht, also Wahrheit.
Zeno ist wirklich paradox

Die Eleaten in Süditalien, unter ihnen Parmenides, vertraten die Einheit alles Seienden, betrachteten die Vielfalt als Illusion und Veränderungen als unmöglich. Sie versuchten mit Paradoxien diese Illusionen zu belegen, unter anderem das Paradox von Zeno: Der Pfeil wird nie ins Ziel gelangen, weil er ja in jedem Moment noch die Hälfte des Weges vor sich hat und die Summe all dieser unendlich vielen Hälften unendlich lang wird. Dies hängt zum zusammen mit der Frage: Wie kann man einen endlichen Körper aus einer endlichen Anzahl dieser unendlich kleinen, ausdehnungslosen und unteilbaren Atompunkten zusammenbauen? Wenn sie aber eine Ausdehnung haben, dann müssen sie teilbar sein!


Mit Granaten auf Seidenpapier schiessen

1897 wurde das Elektron entdeckt: Wie konnte es denn Bestandteil des Atoms sein? Thomson schlug ein Rosinenmodell des Atoms mit einem positiven Rumpf und den eingebetteten Elektronrosinen. Die positive Ladung sollte die Grösse des Atoms definieren. Der Wunsch nach Überprüfung dieses Modells rief nach Untersuchungsmethoden, um in diese kleine Welt einzudringen. Rutherford begann, mit Atomtrümmern (Alphateilchen) auf Atome zu schiessen, um damit das Innere zu sondieren. Das Ergebnis war überraschend: Sehr selten war eine nicht erwartete starke Ablenkung der Heliumkerne zu beobachten, manchmal kamen sie soagr rückwärts wieder zurück- meistens aber gingen sie unbehelligt durch die Atome. Die Beobachtungen konnten am besten verstanden werden, wenn man im Atom drin positive elektrische Kraftzentren annahm mit quadratisch mit dem Abstand abnehmender Kraftwirkung, im übnrigen aber lauter Leere. Nun waren es die um diesen postiven Kernumlaufenden Elektronen, welche die Ausdehnung des Atoms markieren durch ihren irrsinnig schnellen Umlauf um diesen Kern, so in der Art eines winzien Planetensystems, das durch Bewegung seine Ausdehnung im Raum definiert.

Es machte Mühe, dieses Bild auch noch in der Molekularbewegung als existent zu betrachten. Am schwierigsten war aber zu akzeptieren, dass die dauernd beschleunigten Elektronen keine elektromagnetischen Wellen aussenden sollten. Absolutes Sendeverbot! Solche Gebote und verbote waren dann die Grundlage des Bohr'schen Atommodells. Kraft dieser Verbote wurde die Materie vor dem Kollaps "bewahrt", oder zumindest die Vorstellungen von uns Menschen von der Materie. Was würde Mach dazu sagen? Nochmals, aber mit mehr Nachdruck "Haben's schon eines gesehen?".

Hier nimmt dann die Quantentheorie den Erklärungsfaden auf!


Die erneute Suche nach dem Urstoff

Die Quantenmechanik vereinigte diskrete und kontinuierliche Bilder der Materie und rehabilitierten so die Griechen wieder etwas. Die Frage nach dem Urstoff stellte sich wieder, nach dieser unendlichen Substanz, aus der alles entstanden sei, wie Anaximander postulierte. Sein Nachfolger Anaximenes sah in der Luft diesen Urstoff, was dann dem späteren , realistischeren Aristoteles doch zu wenig war. Seine fünf Elemente waren dann aber der barocken Chemie zu wenig, sie postulierte drei: Schwefel, Quecksilber und Kochsalz.

Mit Lavoisier und Mendelejew ergab sich dann wieder diese vielfältige Beliebigkeit, diese Inflation der Atomsorten! Die Frage nach dem Urstoff stellte sich wieder in aller Schärfe. Kann man nicht die Fülle des Seienden auf eine einzige abstrakte Urmaterie zurückführen?
Trilogie der Materie

Um 1920 schien alles wieder sehr überschaubar geworden: Nur zwei Bausteine genügten für Atombau und für das chemische Periodensystem, das Proton und das Elektron. Den Sauerstoffkern stellte man sich mit 12 Protonen und 6 Elektronen vor, damit die Bilanz stimmte. Mit der Unschärferelation waren aber diese Kernelektronen nicht mehr haltbar! Chadwick wies den Ausweg durch die Entdeckung des Neutrons beim Beschuss von Be-Kernen mit Heliumkernen. Damit war man bei drei Teilchen angelangt.

Nun überspringen wir den quantenmechanischen, Schrödinger-Dirac'schen Anteil an der Suche nach dem Urstoff und sehen uns die neue Teilchenbescherung an, welche sich, von Diracs Gleichungen geleitet, ergab: Das Positron, das erste geahnte Antimaterie-Teilchen, erstmals von Anderson in der Höhenstrahlung nachgewiesen! Die Natur zeigte sich symmetrisch und so wurden bald auch Antiproton und Antineutron gefunden, 1955 durch Emilio Segré und Owen Chamberlain.
Pauli hat ein Prinzip

Die Ununterscheidbarkeit der Teilchen, z.B. von Elektronen, und damit ihre Vertauschbarkeit "zwingt", sie als Materialisierungen eines grossen "Elektronenfeldes" zu betrachten. Man ist so wieder beim antiken Kontinuum, bei der Urmaterie. Die Fermionen sind jene, bei deren Vertauschung das Vorzeichen wechselt. Bei den Bosonen hat die Vertauschung keine Konsequenzen. Das Pauli-Prinzip verlangt nun von den Fermionen, dass sie immer allein in einem bestimmten Zustand sein müssen.

Die Wechselwirkungsmöglichkeiten von Teilchen und Feldern wurden später von Richard Feynman in seinen berühmten Graphen übersichtlicher dargestellt. Der Standpunkt, alle Kraftwirkungen beruhten auf dem Austausch von Teilchen und Felder auf dem Erscheinen und Verschwinden virtueller Teilchen, setzte sich durch. (Hier stellt sich, meine ich, die Frage von Realität, Erklärung, Denkökonomie etc, also das Dilemma des Positivismus, wieder.)
Das Vakuum schwankt

Das neue Paradigma: "Jede Kraft wird durch Teilchen übertragen. Alle Teilchen sind Materialisierungen von Feldern."

Schon 1938 war diese Vorstellung schon so etabliert, dass Hideki Yukawa das π-Meson als das Austauschteilchen der Kernkraft zu postulieren wagte. Aus der bekannten Reichweite der Kernkraft bestimmte er die Masse dieses neuen Teilchens, welches dann im Kosmischen auch gefunden wurde.

Im Raum scheint es also nur so von Teilchen zu wimmeln, welche mitunter erscheinen und vergehen. Auch das Vakuum muss solche Schwankungen , kurzzeitige Materialisationen, aufweisen. Hendrik Casimir erdachte 1954 sein Plattenexperiment, um die Existenz solcher Schwankungen nachzuweisen. Auch kleine Verschiebungen von Spektrallinien deuten darauf hin.


Die Inflation der Teilchenzahl

Wie im Bereich der Elemente hat die Anzahl der Teilchen zugenommen, welche man zur Beschreibung der inneratomaren Welt braucht. Diese "Inflation" begann mit den immer höheren Energien der Teilchenbeschleuniger schneller zu werden. Die den Teilchen mitgegebene Energie materialisierte sich in so vielen neuen Varianten, dass man inzwischen bei etwa 200 Teilchen angelangt ist, und damit auch bei ebenso vielen Feldern! Wir sind weit davon entfernt, den Aufbau dieser Welt wirklich zu verstehen.

Man glaubte, mit der Eigenschaft Symmetrie einen einigenden Begriff gefunden zu haben, mit dem man Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Teilchen finden und extrapolieren konnte. Mit der Symmetriegruppe SU(3) konnte man z.B. das Teilchen "Omega-minus" vorausahnen - und man fand es dann auch. Die Hoffnung keimte auf, man könne mit diesen Symmetriegruppen alle Felder auf ein einziges Feld zurückführen.

Am Anfang war das Quark – und heute sind wir bei den Strings


1964 fanden Zweig und Gell-Man, dass sich die beobachteten Symmetrien "von selbst" ergaben, wenn man eine tiefer liegende Schicht von "Unter-Elementarteilchen" annahm - die dann Quarks genannt wurden. So besteht gemäss dieser inzwischen ganz etablierten Sichtweise ein Proton aus drei Quarks. Gelegentlich beginnt man sich die Frage zu stellen, ob nicht auch diese Quarks eine Struktur haben, das wären dann (einen Namen kann man ja schon mal geben) Subquarks. Hört diese Suche überhaupt einmal auf? Es ist nicht befriedigend – aber die Natur ist uns halt möglicherweise (oder ziemlich sicher...) gar nicht zugänglich.

Eine ganz andere Frage ist möglicherweise viel grundlegender: Weshalb haben die Teilchen gerade die Eigenschaften (Masse, Ladung, etc) die sie haben? Wer, welches Prinzip hat bestimmt, dass das Elektron z.B. gerade die Masse von 0,9.10-31 kg hat? Eine Theorie, aus welcher sich mathematisch ganz automatisch die von uns beobachteten Teilchenmassen ergeben? Die Stringtheorie oder andere TOE's ("Theory of Everything")sind solche Versuche, auf die ich am zweiten Abend etwas eingehen will.



Ein Seitenzweig? Technik oder wirkliches Sehen? Das Tunnelmikroskop


Vergessen wir jetzt diese innere Struktur der inneren Struktur der inneren Struktur und kehren wir zurück zum Gesamtatom, dieser kleinen Kugel – so wie sich es Demokrit vielleicht auch vorgestellt hat. Die Bilder von solchen Sondenmikroskopen sind schon sehr suggestiv: Wir beginnen doch zu glauben, das es diese Kügelchen "wirklich" gibt, wenn sie beim Abtasten der Rasterspitze nach und nach auf dem Bildschirm erscheinen.
LINKS:

http://www.pas-berlin.de/chemie/ch-e1/atombau/weg_zum_atom.htm



http://galileo.rice.edu/Catalog/NewFiles/magnenus.html

1Lucretius Carus war bestrebt, eine Philosophie zu vermitteln, die dem Menschen Gemütsruhe und Gelassenheit gibt und ihm die Furcht vor dem Tode und den Göttern nimmt, die aus der Unkenntnis des Menschen über seine Stellung in der Welt, über die Natur und das Wesen entspringt und folglich durch Aufklärung überwunden werden muss.Lucretius Carus nimmt, im Gegensatz zu Epikur, Anteil an den gesellschaftlichen Ereignissen seiner Zeit, verurteilt den sittlichen Verfall des Adels, klagt den Krieg und seine Schrecken an, die durch den technischen Fortschritt ständig anwachsen

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