Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit.
Modul 2: Quellen und Entwicklungen – Das Christentum in seiner Geschichte,
Stöve, Winter-Semester 2006/07, Do 8-10 Uhr, R 12, R 07, A 69
Begriffserläuterungen zum Thema:
Dogma und Bekenntnis. Was ist orthodox? (30.11.2006)
Dogma - verpflichtender Glaubenssatz
aus dem Griech.: Verordnung, Satzung, Lehrsatz; es ist auf Schrift und/oder Überlieferung gegründet, vom obersten Lehramt (Papst) verkündet bzw. vom Konzil formuliert; im Protestantismus werden nur die Konzilien der Alten Kirche anerkannt; durchgängig wird außerdem ein Schriftbeweis gefordert
Dogmatik - Darstellung der christlichen Glaubenslehre
Disziplin der systematischen Theologie neben Ethik; als Lehrbuch umfasst sie i.a. folgende Kapitel: Polegomena (methodische Fragen), Gotteslehre, Christologie, Pneumatologie (Lehre vom hlg. Geist), Ekklesiologie (Kirche, Sakramente, Gnadenlehre), Eschatologie (die letzten Dinge, Jüngstes Gericht)
Bekenntnisschriften - Sammlung offiziell anerkannter Erklärungen des Glaubens
während die altkirchlichen Symbole (Apostolicum, Nicaeno-Constantinopolitanum) von allen großen christlichen Konfessionen anerkannt werden, wird von den Protestanten der weitere dogmatische Ausbau im Mittelalter abgelehnt. Die konfessionell spezifischen Überzeugungen sind in den Bekenntnisschriften festgehalten
Apostolicum - das angeblich auf die Apostel zurückgehende Bekenntnis
aus frühchristlichen Taufbekenntnissen entstanden, erstmals als zusammenhängender Text bei Hippolyt († 235), Apostolische Überlieferung (traditio apostolica, um 215, 21)
Nicaeno-Constantinopolitanum - Glaubensbekenntnis des Konzils von Konstantinopol 381
um den 3. Artikel (Hl. Geist) erweitertes Nicaenum; christologische Erweiterungen im 2. Artikel: 'Fleisch geworden aus dem Hl. Geist und Maria der Jungfrau'; 'sitzt zur Rechten des Vaters'; in Chalcedon 451 weitere christologische Präzisierungen durch die Zwei-Naturen-Lehre
Confessio Augustana – 1530 auf dem Augsburger Reichstag vorgelegtes Bekenntnis
von Philipp Melanchthon redigiert; wichtigstes lutherisches Bekenntnis, seit 1555 reichsrechtlich anerkannt; als Diskussionsgrundlage mit Altgläubigen betont es die Gemeinsamkeiten, von Luther als «Leisetreterei» karikiert; in jüngster Zeit auch Grundlage in der ökumenischen Diskussion: 1999 lutherisch-katholischer Konsens
Heidelberger Katechismus - der bekannteste reformierte Katechismus
1563 als Teil der kurpfälzischen Kirchenordnung veröffentlicht; in 40 Sprachen übersetzt; Aufbau nach Calvins Institutio: Sündenerkenntnis, Erlösung (Glaubensbekenntnis, Sakrament), Dankbarkeit (Dekalog, Vater unser), insgesamt: 129 Fragen und Antworten
Dordrechter Synode - Generalsynode aller reformierten (kalvinistischen) Kirchen, 1618-1619
zentrale Thema: Prädestinationslehre: Anhänger des reformierten Pfarrers und Professors Jakob Arminius (1560-1609), Leiden, verwerfen die unbedingte Prädestinationslehre Calvins, betonen den Vorrang der Bibel vor den kirchlichen Bekenntnissen; ihre Position findet sich formuliert in der Remonstranz, 1610; Contra-Remonstranten (Contra-Arminianer od. Gomaristen), Anhänger des Franciscus Gomarus (1563-1641), Leiden, Vertreter der orthodoxen Lehre von Calvin und Theodore Beza, setzt sich in Dordrecht durch und legt die dogmatische Basis der Herformde Kerk
Prädestination - Vorherbestimmung des Menschen
Auserwählung im Ratschluss Gottes zur ewigen Seligkeit; die Lehre von der doppelten Prädestination (praedestinatio gemina) schließt die Bestimmung ad malum, d.h. zur Verdammnis mit ein; entscheidender Theologe: Augustin; die doppelte Prädestination wurde in Orange 529 zusammen mit dem Semipelagianismus (bedingte Mitwirkung des Menschen an seinem Heil) verworfen
Synergismus - Heil wird von Mensch und Gott zusammen erwirkt
von Pelagianern u.a. vertreten: die Gnade befreit den Menschen von der Erbsünde und versetzt ihn wieder in den ursprünglichen Zustand der Willensfreiheit; im Gegensatz dazu die radikale Augustinischen Gnadenlehre, die von den Reformatoren übernommen wird (sola gratia)
Rechtfertigungslehre - zentraler Lehrtopos der protestantischen Theologie
radikale Ablehnung jeder Form von Synergismus (Mitwirkung des Menschen am Heil); vgl. sola gratia, allein aus Gnaden; in Anlehnung an Paulus (Röm. 1,17; 3,21) und der Deutung der Gesetzeswerke als gute Werke wird der Glaube allein als Grundlage für den Heilserwerb angesehen (vgl. sola fide)
Confessio fidei Tridentina – bekenntnisartige Zusammenfassung der Trienter Konzilsbeschlüsse
1564 von Pius IV. für kirchlich verbindlich erklärt, war bis 1967 als Glaubenseid von allen Geistlichen beim Empfang der Weihe abzulegen
Index librorum prohibitorum – Liste der verbotenen Bücher
1566 von Pius V. verabschiedet, bestand bis 1966; Liste von Büchern, die der Apostolische Stuhl für gegen die katholische Glaubens- und Sittenlehre gerichtet hält, deren Lektüre oder Besitz verboten war
Catechismus Romanus – römischer Katechismus, katholische Glaubensgrundlage der Neuzeit
1566 von Pius V. verabschiedet, 1992 durch den sog. Weltkatechismus ersetzt
Transsubstantiation - Wandlung der Substanz (der Abendmahlselemente)
Brot und Wein werden durch die Worte des Priesters in die Substanz von Blut und Leib Christi verwandelt; Wein und Brot bleiben in ihrer Erscheinungsweise als Akzidentien erhalten; auf dem 4. Laterankonzil als Kirchenlehre verabschiedet
Natürliche Religion (philosophisch) - alle Menschen im Gewissen bindende religiöse Gewissheit
nach Herbert v. Cherbury (1581-1648) basiert die natürliche Religion auf 5 elementaren Wahrheiten: 1. Ein höchster Gott, 2. dessen Verehrung, 3. Gottesdienst: Tugend u. Frömmigkeit, 4. Reue u. Umkehr bei Verfehlungen, 5. Gottes Güte u. Gerechtigkeit: zeitlich und/oder ewiger Lohn und Strafe
Natürliche Religion (dogmatisch) - nicht auf Offenbarung gegründete Frömmigkeit
in der Orthodoxie wegen der prinzipiellen Sündhaftigkeit (Erbsünde) dem Menschen nur bedingt zugänglich; von der orthodoxen Theologie (z. B. Johann Musaeus, Jena) nur in pädagogischer, den Glauben vorbereitender Funktion akzeptiert
Offenbarungsreligion - basiert auf Gewissheiten, «höher als alle Vernunft»
geht auf einen besonders begnadeten Stifter zurück: Moses, Jesus Christus, Mohamed; Gewissheit stiftet allein der Glaube an die Heilstatsachen¹, zu dem sekundär, propädeutisch oder apologetisch vernünftige Argumentationen hinzutreten können
Deismus - natürlicher Gottesglaube
aus lat. deus=Gott; John Toland schrieb das grundlegende Werk des Deismus »Christentum ohne Geheimnis« (1696); in Frankreich Voltaire und Diderot; in Deutschland Hermann Samuel Reimarus; Ablehnung aller vernunftwidriger Glaubensaussagen der überlieferten Offenbarungsreligion
Theismus - Glaube an einen persönlichen Gott
zu griechisch theós »Gott«, der Glaube an einen persönlichen, überweltlichen Gott, der (im Unterschied zur Auffassung des Deismus: Gott als Urheber der Welt) die Welt als seine Schöpfung weiter erhält, das Weltgeschehen lenkt und im Glauben existenziell als ein Gegenüber erfahren wird; Gegensatz: Atheismus.
Pantheismus - "Allgottlehre" - Gott und die Welt sind identisch
Spinoza: Deus sive natura; es gibt keine Wirklichkeit außerhalb von Gott, Gott ist alles in allem; zuvor bei Giordano Bruno (Heiliger Geist als Weltseele)
Dostları ilə paylaş: |