Übersichtsbeiträge
Bodenwissenschaften
UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox. 10 (5) 1998
289
Abstract
Analysis of Arsenic Containing Chemical Warfare Agents and
Their Metabolites
Arsenic containing chemical warfare agents (cwa) are persi-
stent in the environment and continue to contaminte soil and
ground water. In this paper the chemical rections of the cwa
diphenylarsine chloride (CLARK I), phenylarsine dichloride
(PFIFFIKUS), ethylarsine dichloride (DICK) and of chloro-
vinyl arsenic compounds (LEWISITE) are shown. The posi-
bilities of the detection and determination of this cwa and
their metabolites are presented.
Keywords: Analysis, arsenic compounds, organic; arsenic con-
taining chemical warfare agents; chlorovinylarsines; CLARK;
cwa; derivatization, dithiols; derivatization, thiols; DICK;
diphenylarsine chloride; ethylarsine dichloride; gas chromato-
graphy; LEWISIT; PFIFFIKUS; phenylarsine dichloride; soil
samples, chemical warfare agents; sternutators
Zusammenfassung
Arsenkampfstoffe sind in der Umwelt persistent und konta-
minieren bis heute Boden und Grundwasser. In diesem Bei-
trag werden die chemischen Reaktionen der Arsenkampfstoffe
Diphenylarsinchlorid (CLARK I), Phenylarsindichlorid (PFIF-
FIKUS), Ethylarsindichlorid (DICK) sowie von Chlorvinyl-
arsinverbindungen (LEWISITE) dargestellt. Die Möglichkei-
ten der chemisch-analytischen Erfassung dieser chemischen
Kampfstoffe als Originalsubstanzen und als Thiol-Derivate
werden präsentiert.
Schlagwörter: Analytik, Arsenkampfstoffe; Arsenverbin-
dungen, organische; Blaukreuzkampfstoffe; Bodenproben,
chemische Kampfstoffe; Chlorvinylarsine; CLARK; Deri-
vatisierung, Dithiole; Derivatisierung, Thiole; DICK; Diphe-
nylarsinchlorid; Ethylarsindichlorid; Gaschromatographie;
LEWISIT; PFIFFIKUS; Phenylarsindichlorid
© ecomed verlagsgesellschaft AG & Co. KG, D-86899 Landsberg
UWSF – Z. Umweltchem. Ökotox. 10 (5) 289 – 293 (1998)
Übersichtsbeiträge: Bodenwissenschaften
Chemisch-analytische Untersuchung von Arsenkampfstoffen
und ihren Metaboliten
1
Rainer Haas,
2
Alfred Krippendorf,
3
Torsten C. Schmidt,
3
Klaus Steinbach,
4
Eberhard v. Löw
1
Büro für Altlastenerkundung und Umweltforschung, Stadtwaldstr. 45a, D-35037 Marburg
2
Hazard Control GmbH, Versuchsfeld Trauen, D-29328 Faßberg
3
FB Chemie der Philipps-Universität Marburg, Hans-Meerwein-Str., D-35043 Marburg
4
Institut für Immunologie, Bereich Umwelthygiene, Pilgrimstein 2, D-35037 Marburg
Korrespondenzautor: Dr. Rainer Haas
1 Einleitung
Arsenkampfstoffe wurden im ersten Weltkrieg in großen Men-
gen eingesetzt und während des zweiten Weltkrieges produ-
ziert. Die wichtigsten Vertreter sind Ethylarsindichlorid
(DICK), Phenylarsindichlorid (PFIFFIKUS), Diphenylarsinchlo-
rid (CLARK I), Diphenylarsincyanid (CLARK II), Phenarsazin-
chlorid (ADAMSIT), 2-Chlorvinylarsindichlorid (LEWISIT I),
2,2'-Dichlordivinylarsinchlorid (LEWISIT II) und 1,1',1'’-
Trichlortrivinylarsin (LEWISIT III) [1].
Während die Phenyl-Arsen- bzw. Chlorvinyl-Arsen-Bindung
sehr stabil ist, wird die Chlor-Arsen- bzw. Cyanid-Arsen-Bin-
dung leicht substituiert.
Diese Eigenschaft bestimmt im wesentlichen die physiologi-
sche Wirkung der Kampfstoffe: so reagieren die Arsenkampf-
stoffe CLARK I, CLARK II, ADAMSIT und LEWISIT II mit
einer reaktionsfähigen Valenz (Halogen- bzw. Cyanidgruppe)
bevorzugt mit Enzymen und Proteinen, die Monothiolgruppen
enthalten (z.B. Cystein), während solche mit zwei reaktions-
fähigen Valenzen (DICK, PFIFFIKUS, LEWISIT I) bevorzugt
an Strukturproteine der Haut, die zwei freie Thiolgruppen
enthalten, gebunden werden.
Die äußerst heftigen akuten Reizwirkungen von CLARK I,
CLARK II und ADAMSIT können mit diesem Mechanismus
nicht erklärt werden: hier wird eine direkte Einwirkung auf
die Rezeptoren an den Enden der sensiblen Nerven aufgrund
von Strukturähnlichkeiten des Diphenylarsin-Grundgerüstes
mit Botenmolekülen postuliert [2].
Aufgrund der großen Stabilität der Phenyl-Arsen- bzw. Chlor-
vinyl-Arsen-Bindung einerseits und der leichten Substituier-
barkeit der reaktionsfähigen Valenzen andererseits entstehen
in der Umwelt, je nach Milieubedingungen, eine Fülle von
Bodenwissenschaften
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Umwandlungsprodukten durch Hydrolyse, Oxidation, Re-
aktion mit Sulfid etc., die meist polarer als die Ausgangspro-
dukte sind.
Viele dieser polaren Umwandlungsprodukte sind gaschroma-
tographisch nicht bestimmbar. Zur Gefährdungsabschätzung
potentiell Arsenkampfstoff-kontaminierter Rüstungsaltlasten
ist jedoch eine Erfassung möglichst aller Metabolite notwen-
dig, da
• diese ebenfalls eine erhebliche Toxizität besitzen und
• unter geeigneten Milieubedingungen die Metabolite wie-
der in die Kampfstoffe umgewandelt werden können.
Dies hat die damalige Untersuchung von Grundwasserproben
nahe des Dethlinger Teiches durch unsere Arbeitsgruppe ge-
zeigt [3].
Sowohl bei der Probenaufbereitung als auch bei der Untersu-
chung mit HPLC können Ausgangsprodukte und Metabolite
durch die Eluenten (Wasser, Methanol) derivatisiert werden,
so daß nicht zwischen z.B. CLARK I, CLARK II, Diphenyl-
arsinhydroxid und Bis(diphenylarsin)oxid bzw. PFIFFIKUS und
Phenylarsinoxid differenziert werden kann [4,5,6,7]. Die Gas-
chromatographie ist somit die Methode der Wahl, mit der die
arsenorganischen Kampfstoffe als solche identifiziert und quan-
titativ bestimmt werden können. Zur Erfassung der
Oxidations- und Hydrolyseprodukte sowie weiterer Metabolite
muß eine Derivatisierung durchgeführt werden.
2 Chemisch-analytische Untersuchung von
Arsenkampfstoffen
Die Untersuchungen wurden gaschromatographisch unter fol-
genden Bedingungen durchgeführt: Säule: DB 5, Länge 30 m,
Durchmesser 0,25 mm, Filmdicke 0,25 µm; Trägergas: Stick-
stoff; Injektortemperatur: 250°C; Detektortemperatur: 300°C;
Detektor: ECD. Zur Trennung der Arsenkampfstoffe sowie
der Thiol- und Dithiol-Derivate wurde folgendes Säulen-
temperaturprogramm gewählt: Ausgangstemperatur: 100°C
(1 min), 10°C/min bis 230°C, 230°C (6 min).
Mit Ausnahme von LEWISIT I und ADAMSIT sind alle weite-
ren Arsenkampfstoffe gaschromatographisch mit ECD-Detek-
tor erfaßbar (
→
Tabelle 1). In Abbildung 1 ist die Trennung
eines Gemisches der Arsenkampfstoffe dargestellt; 1: Ethyl-
arsindichlorid (68 ng); 2: 2,2'-Dichlordivinylarsinchlorid
(85 ng); 3: Phenylarsindichlorid (300 ng); 4: 1,1',1'’-Trichlortri-
vinylarsin (16 ng); 5: Diphenylarsinchlorid (250 ng) [8].
Die Hydrolyse- und Oxidationsprodukte werden nicht detek-
tiert. Sie reagieren jedoch, ebenso wie die Ausgangsverbin-
dungen, mit Thiolen und Dithiolen in einer Substitutionsreak-
tion zu stabilen, mit GC/ECD im Spurenbereich erfaßbaren
Komplexen.
Oxidationsprodukte werden im ersten Schritt von den Thiolen
bzw. Dithiolen zu den jeweiligen dreiwertigen Arsenverbindun-
gen reduziert. Die Thiole werden zu Disulfiden oxidiert.
Das Schema der Reaktionen ist in Abbildung 2 am Beispiel
von CLARK und PFIFFIKUS dargestellt:
I) Reaktion von Diphenylarsinverbindungen mit Thiolen;
als Derivate entstehen Diphenylarsinthioether
Tabelle 1: Retentionszeiten (R
t
) und Nachweisgrenzen (NWG) von
Arsenkampfstoffen und Derivaten
Substanz
Thiol
R
t
(min)
NWG(ng)
DICK
-
2,80
3,5
PFIFFIKUS
-
7,79
4,0
CLARK I
-
13,77
0,6
CLARK II
-
14,37
0,3
LEWISIT II
-
6,93
0,35
LEWISIT III
-
9,30
0,03
CLARK I,II
EtSH
16,21
0,6
LEWISIT I
EtSH
10,71
0,4
LEWISIT II
EtSH
10,00
0,3
CLARK I,II
PrSH
17,44
0,6
LEWISIT I
PrSH
12,82
0,4
LEWISIT II
PrSH
11,10
0,3
DICK
Et(SH)
2
7,66
1,3
PFIFFIKUS
Et(SH)
2
13,95
0,1
LEWISIT I
Et(SH)
2
10,60
0,2
DICK
Pr(SH)
2
9,38
3,5
PFIFFIKUS
Pr(SH)
2
15,45
0,2
LEWISIT I
Pr(SH)
2
12,02
0,2
Abb. 1: Trennung eines Gemisches der Arsenkampfstoffe; 1: Ethyl-
arsindichlorid (68 ng); 2: 2,2'-Dichlordivinylarsinchlorid (85 ng);
3: Phenylarsindichlorid (300 ng); 4: 1,1',1'’-Trichlortrivinylarsin
(16 ng); 5: Diphenylarsinchlorid (250 ng)
II) Reduktion von Phenylarsonsäure durch Dithiole; als Reak-
tionsprodukte entstehen Phenylarsinoxid und ein Disulfid
III) Reaktion von Phenylarsinoxid mit Dithiolen zu cyclischen
Derivaten [9].
Analog reagieren DICK, LEWISIT I und LEWISIT II.
Die Derivatisierungen werden in acetonischer Lösung durch-
geführt. Zur Derivatisierung wird 0,5 ml Aceton-Lösung (mit
Referenzsubstanzen bzw. Aceton-Eluate von Bodenproben) mit
20 µl 10%iger Thiollösung in Aceton versetzt. Die Reaktions-
zeiten liegen bei Raumtemperatur bei weniger als 15 Minuten.
Die Derivate wurden massenspektrometrisch identifiziert.
Durch Einsatz verschiedener Thiole bzw. Dithiole werden Deri-
vate erhalten, die unterschiedliche Retentionszeiten, bei ver-
gleichbaren Nachweisgrenzen, besitzen. Auf diese Weise kön-
nen Matrixeffekte elegant eliminiert werden.
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Folgende Thiole und Dithiole wurden als mögliche Derivati-
sierungmittel untersucht:
1-Ethanthiol, 1-Propanthiol, Thioglycolsäuremethylester, Thio-
glycolsäureethylester, 1,2-Ethandithiol, 1,3-Propandithiol, 1,4-
Butandithiol, 1,5-Pentandithiol, 1,6-Hexandithiol und 1,8-Oc-
tandithiol.
Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefaßt werden:
1-Ethanthiol, 1-Propanthiol, Thioglycolsäuremethylester
[TGM] und Thioglycolsäureethylester [TGE] bilden mit Diphe-
nylarsinchlorid, Diphenylarsincyanid, Bis(diphenylarsin)oxid,
2-Chlorvinylarsindichlorid und 2,2'-Dichlordivinylarsinchlorid
stabile Thioether [9,10,11].
Abb. 2: Beispielhaftes Schema der Derivatisierungsreaktionen:
I)
Reaktion von Diphenylarsinverbindungen mit Thiolen; als Derivate entstehen Diphenylarsinthioether
II) Reduktion von Phenylarsonsäure durch Dithiole; es entstehen als Reaktionsprodukte Phenylarsinoxid und ein Disulfid
III) Reaktion von Phenylarsinoxid mit Dithiolen zu cyclischen Derivaten
Abbildung 3 zeigt ein Schema der untersuchten chemischen
Reaktionen von CLARK I mit Wasser, Alkoholen und Thiolen
(
→
aus: [10], S. 188, Abb. 4).
Ethanthiol- und Propanthiol-Derivate besitzen kürzere Reten-
tionszeiten und aussagekräftigere Massenspektren als TGM-
und TGE-Derivate.
Abbildung 4 zeigt beispielhaft die Umsetzungsprodukte von
400 ng CLARK I [Ph
2
As-Cl] mit äquimolaren Mengen von
Ethanthiol [EtSH], Propanthiol [PrSH], Ethandithiol [Et(SH)
2
],
Propandithiol [Pr(SH)
2
], Thioglycolsäuremethylester [TGM]
und Thioglycolsäureethylester [TGE]; chromatographische Be-
dingungen siehe oben, Säulentemperatur: 230°C isotherm.
Abb. 3: Untersuchte chemische Reaktionen von Diphenylarsinver-
bindungen mit Wasser, Alkoholen und Thiolen
Abb. 4: Gaschromatogramm von sechs Derivaten aus der Umset-
zung von 400 ng Diphenylarsinchlorid [CLARK I; Ph
2
As-Cl] mit
Thiolen. 1: Ph
2
As-SEt; 2: Ph
2
As-SPr; 3: Ph
2
As-SGM; 4: Ph
2
As-SEtSH;
5: Ph
2
As-SGE; 6: Ph
2
As-SPrSH
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Abbildung 5 zeigt ein Gaschromatogramm der getrennten
Ethanthiol-Derivate von LEWISIT I, LEWISIT II und CLARK I;
chromatographische Bedingungen siehe oben.
Die Reduktionsrate von Diphenylarsonsäure wurde für
1-Ethan
thiol zu 81,3% und für 1-Propanthiol zu 94,5% be-
stimmt [12].
Ethylarsindichlorid und Phenylarsindichlorid reagieren eben-
falls mit den o.g. Monothiolen, jedoch zu instabilen
Verbindungen.
Dithiole bilden mit den Dichlorarsinen Ethylarsindichlorid,
Phenylarsindichlorid, 2-Chlorvinylarsindichlorid sowie mit
Phenylarsinoxid stabile cyclische Derivate. Prinzipiell können
alle untersuchten Dithiole als Derivatisierungsmittel eingesetzt
werden. Systematische Untersuchungen mit Mischungen ver-
schiedener Dithiole zeigten, daß 1,2-Ethanthiol und 1,3-Pro-
pandithiol die stabilsten Komplexe bilden [13,14,15].
Abb. 5: Gaschromatogramm der Ethanthiol-Derivate von LEWI-
SIT II [1], LEWISIT I [2] und CLARK I [3]
Abb. 6: Gaschromatogramm der cyclischen Ethandithiol-Derivate
von DICK [1], LEWISIT I [2] und PFIFFIKUS [3]
Die Thiol- bzw. Dithiol-Derivate der Arsenkampfstoffe kön-
nen aus Wasserproben mit Pentan extrahiert werden. Boden-
proben werden mit Aceton im Ultraschallbad extrahiert, die
Derivatisierung wird im Aceton-Extrakt durchgeführt.
Methanol ist als Extraktionsmittel ungeeignet, da alle unter-
suchten Arsenkampfstoffe mit Alkoholen Derivate bilden. Die-
se Reaktionen verlaufen i.a. nicht quantitativ, die Produkte
sind z.T. nicht mit GC/ECD detektierbar.
Die Nachweisgrenzen liegen für alle untersuchten Derivate im
ng/µl-Bereich (
→
Tabelle 1).
Durch die Derivatisierung wird eine gruppenspezifische Sum-
menbestimmung vorgenommen (Summe Ethylarsin-, Phenyl-
arsin-, Diphenylarsin-, Chlorvinylarsin- und Dichlordivinyl-
arsin-Verbindungen incl. der jeweiligen Arsonverbindungen).
Durch Paralleluntersuchung von underivatisierten und deriva-
tisierten Teilproben kann der Anteil an Originalkampfstoffen
sowie deren Umwandlungsprodukte in Wasser- und Boden-
proben bestimmt werden.
Arsenkampfstoff-belastete Wasserproben standen für Unter-
suchungen nicht zur Verfügung.
Mit einer hochbelasteten Bodenprobe konnten die Metho-
den getestet und die Extraktionsraten bestimmt werden. Es
wurden jeweils Dreifachbestimmungen durchgeführt [12].
Die durch Mehrfachextraktion mit Aceton ermittelten Extrak-
tionsraten ergaben für die erste Extraktion folgende Ausbeu-
ten: CLARK I: 93%, CLARK-Metabolite: 94%, PFIFFIKUS:
98% und PFIFFIKUS-Metabolite 92% bzw. 93%. Eine Ein-
fachextraktion ist somit aufgrund der hohen Extraktionsraten
ausreichend.
Der CLARK I-Gehalt in der underivatisierten Teilprobe lag
bei 200 g/kg; in der mit Ethanthiol derivatisierten Teilprobe
wurden 400 g/kg, mit Propanthiol als Derivatisierungsreagenz
390 g/kg als "Summe Diphenylarsin- und Diphenylarson-
verbindungen" bestimmt.
Ähnliche Ergebnisse wurden für PFIFFIKUS erhalten: in der
underivatisierten Teilprobe wurden 220 g/kg PFIFFIKUS be-
stimmt, die "Summe Phenylarsin- und Phenylarsonverbin-
dungen" wurde mit Ethandithiol als Derivatisierungsreagenz
zu 395 g/kg und mit Propandithiol zu 465 g/kg ermittelt. Der
Mehrbefund nach Derivatisierung mit Propandithiol ist wahr-
scheinlich in der gegenüber Ethandithiol höheren Umsetzungs-
rate der Oxidationsprodukte (Benzolarsonsäure) begründet.
In Abbildung 6 ist ein Gaschromatogramm der cyclischen
Ethandithiol-Derivate von DICK, LEWISIT I und PFIFFIKUS
dargestellt.
Die Reduktionsrate von Benzolarsonsäure wurde für Ethan-
dithiol zu 31,5% und für Propandithiol zu 55,2% bestimmt
[12].
Dithiole sind für Dichlorarsine, mit denen sie cyclische Kom-
plexe bilden, als Derivatisierungsmittel geeignet. Monochlor-
arsine wie Diphenylarsinchlorid und 2,2'-Dichlordivinyl-
arsinchlorid bilden ebenfalls Derivate mit Dithiolen, jedoch
wurde beobachtet, daß bei Umsetzungen mit Reinsubstanzen
die Ergebnisse nicht immer reproduzierbar sind [14,16]. Auf-
grund möglicher Matrixeffekte bei Realproben können
Dithiole für diese Substanzen als Derivatisierungsmittel nicht
verläßlich eingesetzt werden.
ADAMSIT sowie das als Begleitsubstanz im Arsinöl vorhan-
dene Triphenylarsin können mit GC/ECD nicht detektiert wer-
den [9]. LEWISIT III (1,1',1'’-Trichlortrivinylarsin) besitzt kei-
ne freie Valenz und kann somit nicht mit Thiolen und Dithiolen
derivatisiert werden, es ist auch hydrolysebeständig. LEWI-
SIT III wird jedoch underivatisiert sehr empfindlich mit GC/
ECD detektiert. Es liegt als Isomerengemisch vor (
→
Abb. 1).
In Tabelle 1 sind die Retentionszeiten und Nachweisgrenzen
unter den o.g. chromatographischen Bedingungen für die
Arsenkampfstoffe sowie ausgewählte Thiol- und Dithiol-De-
rivate dargestellt.
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Mit einer niedrig belasteten Bodenprobe wurden vergleichba-
re Ergebnisse erzielt [12].
Aus den Ergebnissen wird deutlich, daß eine Untersuchung
der Ausgangsprodukte nicht hinreichend ist:
etwa 50% der Phenylarsin- und Diphenylarsinverbindungen
liegen als Umwandlungsprodukte vor, die gaschromatogra-
phisch nicht detektiert werden können.
Mit Modellversuchen konnte für CLARK I gezeigt werden,
daß Thiole (Ethanthiol, Propanthiol) stabilere Komplexe bil-
den als biochemisch relevante Peptide und Aminosäuren (Cy-
stein, Cysteamin, Glutathion), so daß mit den dargestellten
Derivatisierungsmethoden davon ausgegangen wird, daß ne-
ben den Ausgangsprodukten auch alle toxikologisch relevan-
ten Metabolite der Arsenkampfstoffe erfaßt werden [2].
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Kurznachrichten
Sanierung von schwermetallbelasteten Böden mit Phytoremedianten
Quelle: BioWorld 3/98: pp. 3-6. BioCom GmbH, CH-5612 Villmergen
Bislang existieren keine umweltschonenden und gleichzeitig ver-
gleichsweise kostengünstige Sanierungsverfahren für schwerme-
tallbelastete Kulturböden. Dies soll mit Hilfe von "metallzeh-
renden" Pflanzen in Zukunft möglich werden. Dazu muß die
Schwermetallaufnahmefähigkeit der eingesetzten Pflanzen
deutlich gesteigert werden. Ein Forschungsprojekt im Rahmen
des Schwerpunktprogrammes Umwelt des Schweizerischen
Nationalfonds versucht, mittels Gewebekulturtechniken sol-
che Pflanzen zu züchten, und zwar mit Hilfe von hyperakkumu-
lierenden Pflanzen. Diese sind in der Lage, dem Boden Schwer-
metalle zu entziehen und sie in hohem Maße in ihren oberirdi-
schen Sproßteilen einzulagern. Sie können nachher problem-
los geerntet und umweltschonend entsorgt werden.
Bisherige Gefäß- und Topfversuche haben gezeigt, daß dem
Boden auf diese Weise beachtliche Mengen an Schwermetal-
len entzogen werden können. Die Sanierung eines Bodens
würde derzeit jedoch mehrere Jahrzehnte dauern:
• Schwermetalle sind in der Regel an Bodenpartikel gebunden
und können daher von den Pflanzen nur schwer aufgenom-
men werden. Diese Schwierigkeit läßt sich durch eine kon-
trollierte Mobilisierung im Boden überwinden, wodurch die
Schwermetalle für die Pflanzen besser verfügbar werden.
• Die heute zur Verfügung stehenden Hyperakkumulatoren
produzieren nur wenig Biomasse, so daß der Gesamtentzug
an Schwermetallen zu gering ist. Dieser Nachteil kann durch
die Neuzüchtung von hochakkumulierenden Kulturpflan-
zen wie Tabak, Senf oder Sonnenblume behoben werden.
Solche Neuzüchtungen sollen im Idealfall die Eigenschaf-
ten der ewähnten Hyperakkumulatoren sowie die hohen
Ertragsleistungen von Kulturpflanzen aufweisen.
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