Biographien und biographische Skizzen



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Wann aber um das Heiligtum, Die dunklen Wolken niederrollen, Dann ist's vollbracht, du kehrest um, Beseligt von dem Wundervollen. In stiller Rührung wirst du gehn, Du trägst in dir des Liedes Segen; Das Lichte, das du dort gesehn, Umglänzt dich mild auf finstern Wegen.

Stimmungen, aus ähnlich romantischem Geist heraus, kommen in den Liedern: «An den Tod», «Der König auf dem Turme», «Maiklage», «Lied eines Armen», «Wunder», «Mein Gesang», «Lauf der Welt», «Hohe Liebe», und anderen, die aus Uhlands Studentenzeit stammen, zum Ausdruck. Und dieselbe romantische Vorstellungsart herrscht in den Romanzen und Balladen, die Uhland damals schrieb: «Der Sänger», «Das Schloß am Meere», «Vom treuen Walter», «Der Pilger», «Die Lieder der Vorzeit» u. a.

Und dennoch: bei aller romantischen Grundstimmung in Uhlands Wesen und bei aller Sympathie, die er der romantischen Zeitströmung entgegenbrachte, ist ein Gegensatz zwischen ihm und der eigentlichen Romantik vorhanden. Diese ist aus einer Art Widerspruchsgeist erwachsen. Ihre Haupt-

träger wollten der Kunstdichtung, wie sie in Schiller ihren Vertreter fand, und der Aufklärung etwas entgegenstellen, was tief im Volksleben und im Gemüt wurzelte. Sie kamen durch Studium und Gelehrsamkeit zu den Zeiten, in denen, nach ihrer Meinung, Volksgeist und natürliche Herzensfrömmigkeit herrschten. Bei Uhland war das Volkstümliche und Gemütstiefe von vornherein als ein Grundzug seiner Natur vorhanden. Findet man deshalb bei vielen Romantikern, zum Beispiel bei de la Motte Fouque, bei Clemens Brentano, daß ihr Streben nach dem Mittelalter, nach dem ursprünglichen Volkstum, etwas Gesuchtes hat, daß es sogar vielfach nur wie eine äußere Maske ihres Wesens erscheint: so sind diese Züge bei Uhland etwas durchaus Natürliches. Er hatte sich nie mit seinem Denken und Empfinden von der Einfachheit des Volksgeistes entfernt; deshalb brauchte er sie auch nie zu suchen. Er fühlte sich wohl und heimisch im Mittelalter, weil die besten Seiten desselben zusammenfielen mit seinen Neigungen und Gefühlen. Bei solchen Anlagen mußte es für ihn geradezu ein Erlebnis bedeuten, als in Heidelberg Achim von Arnim und Clemens Brentano «Des Knaben Wunderhorn» (1805) herausgaben, in dem sie die schönsten Blüten der Volksdichtung sammelten.

Reise nach Paris. Tagebuch

Im Jahre 1810 hatte der Dichter seine Studien vollendet, Staats- und Doktorexamen lagen hinter ihm. Er konnte daran denken, sich in der Welt umzusehen und nach der Nahrung für seinen Geist zu suchen, nach der er lechzte. Paris mußte ihn anziehen. Da waren die Handschriftenschätze alter Volks- und Heldendichtung, die ihm den tiefsten Ein-

blick in die Zusammenhänge von Leben und Schaffen der Vorzeit gewähren konnten. Die Reise nach der französischen Hauptstadt und der Aufenthalt dort haben eine bleibende Wirkung auf sein ganzes Leben ausgeübt. Er reiste am 6. Mai 1810 von Tübingen ab und langte am 14. Februar des folgenden Jahres wieder in der Heimat an. Von den Jahren 1810 bis 1820 hat Uhland ein ausführliches Tagebuch geführt, das von J. Hartmann herausgegeben worden ist. Von unschätzbarem Werte für die Erkenntnis seiner Persönlichkeit sind diese Aufzeichnungen; vor allem die, welche von der Pariser Reise handeln. Schweigsam, wie Uhland überhaupt ist, erweist er sich allerdings auch in diesem Tagebuche. Nur spärlich sind Empfindungen und Gedanken zwischen das rein Tatsächliche, das verzeichnet wird, eingestreut. Um so bedeutungsvoller sind diese. Sie lassen uns tiefe Blicke in seine Seele tun. Er reiste über Karlsruhe Heidelberg, Frankfurt, Mainz, Koblenz, Trier, Luxemburg, Metz, Verdun, Chalons. Er schreibt: «Mein Aufenthalt in Karlsruhe, der vom Montag bis Sonntag (7. bis 13. Mai) dauerte, wird mir immer eine teure Erinnerung sein.» Da lernte er den Dichter der «alemannischen Gedichte», Johann Peter Hebel kennen. Diese echt volkstümliche Persönlichkeit zog Uhland ungemein an. Über diesen Karlsruher Aufenthalt drückt er sich später, als er in Koblenz weilt, aus: «Abends Erinnerung mit Tränen an Karlsruhe.» Eine Tagebucheintragung, die sich auf die Rheinfahrt bezieht, zeigt, wie Uhland gerne geheimnisvollen Zusammenhängen im Leben nachgeht und seine sinnende Phantasie daran erbaut: «Altes Ansehen von Bacharach. Der lustige unbekannte Geselle mit dem Posthorn, das er zwar schlecht blies, wovon sich jedoch die Töne im Widerhall verklärten. Der Breslauer

Reisende, der auf einmal mit der Flöte hervorkam. Gesang und Musik auf dem Schiffe. Sonderbares Zusammentreffen mit meinem Liede: das Schiff lein.» Er hatte drei Monate vorher das Gedicht «Das SchirTlein» gedichtet, in dem er das Erlebnis, das ihm jetzt wirklich vor Augen trat, aus der Phantasie geschildert hatte. Das Tagebuch zeigt uns an mancher Stelle, daß Uhland auch im späteren Leben solchen Dingen nachging, die auf die Phantasie einen geheimnisvollen Zauber ausüben, obwohl sie der verständigen Betrachtung zu spotten scheinen. So schreibt er sich am 3. April 1813 einen Traum auf, den er gehabt hat. Ein Mädchen wurde durch einen leichtsinnigen Geliebten verleitet, die Bodenkammer eines Hauses zu betreten und sich auf einem Klavier vorspielen zu lassen, auf dem, einer alten Sage zufolge, niemals gespielt werden darf, weil der Spieler und der, welcher die Töne hört, sogleich altern und dem Tode verfallen. Uhland sieht sich selbst in Gesellschaft der Geliebten. Er fühlt in sich das Alter; und die Szene geht furchtbar aus. Uhland schreibt dazu: «Man könnte diesen Traum so erklären: das Klavier ist die Sünde, welche auch im frömmsten Hause irgendwo verborgen lauert und auf Anklang wartet. Der Geliebte des Mädchens ist der Teufel, er weiß die Sünde zu handhaben, daß sie erst ganz unverfänglich, gewöhnlich tönt. Der Klang wird immer süßer, lockender, halt mit Zaubergewalt fest, dann wird er fürchterlich, und in wilden Stürmen geht das einst fromme und friedliche Haus unter.» Besonders charakteristisch in dieser Beziehung ist aber eine Aufzeichnung vom 1. März 1810. «Nachts Idee zu einer Ballade: die Sage, daß die dem Tode Nahen Musik zu hören glauben, könnte so benutzt werden, daß ein krankes Mädchen vor ihrem Fenster gleichsam ein geistiges, über-

irdisches Ständchen zu hören meinte.» Diese Idee haftet so fest in seinem Geiste, daß er sie am 4. Oktober in Paris in einem Gedicht: «Ständchen» zum Ausdruck bringt. In diesem Gedichte wird ein Mädchen geschildert, das sterbend «nicht irdische Musik» hört, sondern das vermeint: «mich rufen Engel mit Musik». Man vergleiche damit, was Uhland am 8. Juni 1828 mit Bezug auf einen Traum niederschrieb, und man wird erkennen, wie in solchen Zügen sich ein Bleibendes in seinem Charakter verrät: «Unter den überraschenden Erscheinungen einer künftigen Welt wird auch die sein, daß, sowie wir himmlische Gedanken und Empfindungen haben werden, so auch für die Äußerung derselben sich uns ein neues Organ erschließen, aus der irdischen Sprache eine himmlische hervorbrechen wird. Eine Ahnung von dieser kann uns nicht sowohl der Glanz und Pomp der jetzigen Sprache, als die Ruhe und (belebte) Stille der Sprache der altern deutschen Dichter geben, wie in meinem Liede in der Stille des Sonntagsmorgens der Himmel sich öffnen will, wie nur, wenn es ganz stille ist, die Töne der Äolsharfe oder der Mundharmonika vernommen werden.» Zugleich zeigt sich hier, wie Uhlands ganze Vor Stellungsart ihn zu der «Stille und Sprache der älteren deutschen Dichter» hinführen mußte, mit denen er sich so innig verwandt fühlte.

In Paris findet Uhland, was er gesucht. Er vertieft sich in die altfranzösische, in die spanische Literatur. Die inhaltvolle Schrift «Das altfranzösische Epos», die dann 1812 in der Zeitschrift «Die Musen» erschien, ist ein erstes Ergebnis dieser Studien. Er faßte die Idee zu einer Dichtung: «Das Märchenbuch des Königs von Frankreich», die allerdings nicht ausgeführt worden ist. Er lernt den Dichter Chamisso kennen und verlebt mit diesem schöne Tage. Auch Varn-

hagen trifft er wieder. Einer Aufzeichnung vom 17. November 1810 kann man entnehmen, was Uhland in Paris mit seinen Studien verfolgte: «Bestimmte Auffassung der Tendenz meiner Sammlung altfranzösischer Poesien: hauptsächlich Sage, Heldensage, Nationalsage, lebendige Stimme, mit Hintansetzung des Künstlerischen, Bürgerlichen usw.» Beharrlich ist er im Abschreiben von Manuskripten. Man kann kaum sagen, welche Früchte Uhland noch aus seinem Pariser Aufenthalte gewonnen hätte, wenn er ihm nicht von außen her verkürzt worden wäre. Er brauchte zum Aufenthalt im Auslande die Erlaubnis des Königs von Württemberg. Leider mußte ihm der Vater im Dezember mitteilen, daß die königliche Erlaubnis für einen weiteren Aufenthalt nicht gegeben werde. Der Dichter lernte aber nicht nur die Schätze der Pariser Bibliothek kennen, sondern auch die andern Schätze und Schönheiten der großen Weltstadt. Aus seinen Aufzeichnungen und Briefen kann man ersehen, wie er es sich angelegen sein läßt, Leben und Kunst zu studieren, und wie sich sein Blick erweitert. - Was ihm Paris bedeutete, das geht aus der trübseligen Stimmung hervor, die ihn zunächst nach seiner Rückkehr befällt. Die Aussicht, daß er nun in irgendeine juristische Stellung eintreten müsse, trug nicht weniges noch zu dieser Stimmung bei. Einen Lichtpunkt bildete allerdings die Bekanntschaft mit Gustav Schwab, dem Dichter volkstümlicher Romanzen und Lieder und prächtiger Jugendschriften, der damals in Tübingen studierte. Er ist Uhland ein treuer, hingebender Freund geworden. Zu welcher Stufe des dichterischen Schaffens sich Uhland damals hindurchgearbeitet hatte, zeigen die Schöpfungen: «Rolands Schildträger», «St. Georgs Ritter» und das herrliche: «Der weiße Hirsch», nebst vielen

anderen, die dieser Zeit entstammen. Die hohe Formvollendung, die uns hier entgegentritt, hatte er allerdings schon früher erreicht, wie aus einer seiner populärsten Balladen: «Es zogen drei Bursche wohl über den Rhein», die im Jahre 1809 entstanden ist, hervorgeht. Dagegen klingt aus den Dichtungen, die nach der Pariser Zeit geschrieben sind, deutlich durch, wie sich seine Vorstellungswelt durch die Versenkung in die Vorzeit bereichert hat. Er ist jetzt nicht nur imstande, fremde Stoffe anschaulich zu gestalten, sondern auch in allen Äußerlichkeiten des Versmaßes und des Rhythmus einen vollständigen Einklang von Inhalt und Art der Darstellung zu geben.



Uhland als Beamter

Nach der Rückkehr aus Paris mußte Uhland sich nach einer Lebensstellung umsehen. Er hatte Gelegenheit, sich dadurch ein wenig in den praktischen Beruf hineinzuarbeiten, daß ihm in den Jahren 1811 und 1812 eine Reihe von Verteidigungen in Strafsachen und auch die Führung in Zivilprozessen übertragen wurde. Die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden, ließen ihm den Beruf eines Anwalts nicht gerade wünschenswert erscheinen. Deshalb war er zufrieden, als sich ihm die Möglichkeit bot, als unbesoldeter Sekretär beim Justizministerium einzutreten, jedoch mit der bestimmten Versicherung, daß er vor Ablauf eines Jahres Besoldung erhalten werde. Er trat am 22. Dezember sein Amt in Stuttgart an. - Das Leben, in das er nun eintrat, hatte für ihn manche Schattenseiten. Die amtliche Tätigkeit brachte manche Schwierigkeiten mit sich. Er hatte die Aufgabe, die Vorträge zu bearbeiten, welche der Minister über die Gerichte

dem König hielt. Der selbständige und gerade Sinn, mit dem Uhland die Abfassung dieser Vorträge besorgte, erregte dem Minister manche Bedenken. Dieser war ja vor allem darauf bedacht, mit seinen Berichten einen möglichst günstigen Eindruck hervorzurufen. Dazu kam, daß Uhland es recht schwer wurde, sich an andere Menschen anzuschließen. So geschah es, daß er in einem Kreis von Freunden, der sich jeden Montag und Freitag abends unter dem Namen «Schatten-Gesellschaft» in einer Wirtschaft versammelte, erst vom September 1813 an als Mitglied aufgenommen wurde, obgleich er schon am 18. Dezember, wenige Tage nach seiner Ankunft, an einem der Abende teilgenommen hatte. Es gehörten zu diesem Kreise Köstlin, Roser u. a. Die anstrengende Arbeit im Amte und das wenig reizvolle Leben bewirkten, daß sich Uhland im Anfang seines Stuttgarter Aufenthaltes zu schöpferischer Tätigkeit nicht sehr ermuntert fühlte. Wie er sich innerlich aber trotzdem zurechtfand, und welchen Entwickelungsgang seine Persönlichkeit nahm, das kann man aus Äußerungen entnehmen, wie die aus einem Briefe an Mayer vom 20. Januar 1813 ist: «Gedichtet habe ich freilich noch nichts, doch wird mir die Poesie in dieser äußeren Abgeschiedenheit von ihr gewissermaßen innerlich klarer und lebendiger, wie es oft bei entfernteren Freunden der Fall ist.»

Äußere Ereignisse konnten die Dichterkraft Uhlands nur in geringem Maße erregen. Ihnen konnte er sich als Charakter, als Tatenmensch ganz hingeben. Das zeigt seine spätere aufopfernde Tätigkeit als Politiker. Die Dichtung wurde in ihm, da wo sie die schönsten Früchte zeitigte, durch eine innere geistige Veranlassung erweckt. Deshalb hat auch der große Freiheitskampf, an dem sein Herz in vollstem Maße

Anteil nahm, ihn nur zu wenigen Gesängen begeistert. Sie zeigen allerdings, wie seine Persönlichkeit mit dem Freiheitsstreben seines Volkes verwachsen war. Das «Lied eines deutschen Sängers», «Vorwärts», «Die Siegesbotschaft» und «An mein Vaterland» sind Lieder, mit denen er in den Chor der Freiheitssänger einstimmte. - Die Besoldung, welche man Uhland in Aussicht gestellt hatte, blieb lange aus. Er wurde des Wartens müde, und war auch sonst in seiner Stellung wenig zufrieden. Aus diesen Gründen trat er im Mai 1814 aus dem Dienst des Staates. Er ließ sich nun als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Obwohl auch dieser Beruf ihn wenig befriedigte, so fühlte er sich bei der äußeren Unabhängigkeit, in der er nun war, doch glücklicher. Auch der Quell der Dichtung floß wieder reichlicher. Entstanden doch im Jahre 1814 das «Metzelsuppenlied» und die Balladen: «Graf Eberstein», «Schwäbische Kunde» und «Des Sängers Fluch».

Herausgabe der «Gedichte» und der «Vaterländischen Gedichte*

Im Herbst 1815 konnte Uhland die Sammlung seiner Gedichte erscheinen lassen. Cotta, der auf ein erstes Anerbieten im Jahre 1809 den Verlag wegen der «Zeitumstände» abgelehnt hatte, erklärte sich nun zur Übernahme derselben bereit. Lernte man durch diese Veröffentlichung den Dichter Uhland in weiteren Kreisen kennen, so sollte sich dazu auch bald Gelegenheit in bezug auf seine persönliche Charakterfestigkeit und Seelenstärke bieten. Er griff von jetzt ab tätig in die politischen Angelegenheiten seines Heimatlandes ein. - Im Jahre 1805 waren in Württemberg bedeutsame Verfassungsänderungen eingeleitet worden. Der Herzog

Friedrich IL hatte es im Verlaufe der durch Napoleon verursachten Wirren in Deutschland dahin gebracht, daß Württemberg ein unabhängiger Staat und im Jahre 1806 ihm die Königswürde beigelegt wurde. In dieser Zeit hatte das Land auch bedeutende Gebietserweiterungen erreicht. Zu gleicher Zeit aber nahm der Regent dem Lande seine alte, auf mittelalterlichen Einrichtungen beruhende Verfassung. Wenn auch vieles in dieser ständischen Verfassung der neuen Zeit nicht mehr entsprach, so hing doch das schwäbische Volk mit Zähigkeit an seinen ererbten Rechten; es wollte sich wenigstens nicht einseitig von der Regierung neue Gesetze aufdrängen lassen. Es bildete sich ein Gegensatz heraus zwischen dem König und dem Volke, der sich durch die Jahre der Aufregung bis zum Wiener Kongreß im Jahre 1815 hinzog. Nach den Verhandlungen dieses Kongresses hoffte das Volk auf eine Neugestaltung seiner politischen Zustände im freiheitlichen Sinne. Der König legte dann auch schon 1815 einer einberufenen Versammlung einen Verfassungsentwurf vor. Er fand aber weder bei dem Adel noch bei dem Volke Zustimmung. Das letztere verlangte, daß nicht in willkürlicher Weise ganz neue Zustände geschaffen werden, sondern daß unter voller Anerkennung der 1805 aufgehobenen ständischen Rechte die alten Verhältnisse auf Grund von Unterhandlungen in neue übergeführt werden. An dem Widerstände des Volkes scheiterte auch ein zweiter von dem König 1816 vorgelegter Verfassungsentwurf. In diesem Jahre starb der König; seine Bemühungen, mit Außerachtlassung der alten Rechte, im Lande neue Verhältnisse zu schaffen, wurden von seinem Nachfolger, Wilhelm IL, zunächst fortgesetzt. - Uhlands politische Überzeugung stimmte mit derjenigen des Volkes überein. Wie er innerhalb des Geistes-

lebens mit Ehrfurcht an den Erzeugnissen des Mittelalters hing, so hatten auch im öffentlichen Leben die althergebrachten Einrichtungen für ihn etwas so tief Berechtigtes, daß sich sein Innerstes empörte, wenn in willkürlicher Weise einseitig an ihnen gerüttelt wurde. Er stellte sich auf den Standpunkt, daß niemand befugt sei, dem Volke ein neues Recht zu schenken, sondern daß den Besitzern des «alten, guten Rechtes» dieses gewahrt bleiben müsse, bis sie auf Grund desselben selbst sich Neuerungen schaffen. In diesem Sinne sprach er sich 1816 in dem Gedichte: «Das alte, gute Recht» aus; er wollte dieses «Recht», des «wohlverdienten Ruhm Jahrhunderte bewahrt, das jeder wie sein Christentum von Herzen liebt und ehrt». So wie in diesem bringt er seine Überzeugung noch in einer Reihe von anderen Gedichten zum Ausdruck. Sie erschienen von 1815 bis 1817 in kleinen Broschüren als «Vaterländische Gedichte». Er hat durch sie auf seine Landesgenossen eine starke Wirkung hervorgebracht. Man wußte den im tiefsten Herzen freisinnig, demokratisch gesinnten Mann zu schätzen und verehrte in ihm immer mehr einen der besten Hüter der württembergischen Volksrechte. Die Folge war, daß man sich nach der Zeit sehnte, in der er das nötige Alter zum Landtagsabgeordneten erreicht haben würde. Bis dahin, nämlich bis zu seinem dreißigsten Jahre, konnte er nur als Schriftsteller für Recht und Freiheit seines Landes wirken.



«Herzog Ernst». Dramatische Versuche «Ludwig der Bayer*. Dramatische Pläne

Noch vor dieser Zeit lernte die Welt Uhland auch als Dramatiker kennen. Im Jahre 1817 vollendete er sein Trauerspiel «Herzog Ernst», das er im September des vorhergehenden Jahres begonnen hatte. Es behandelt das Schicksal des Schwabenherzogs Ernst, der gegen seinen Stiefvater, den Kaiser Konrad II. von Franken (1024-1039) wiederholt die Waffen ergriffen, und der im Jahre 1030 mit seinem Freunde Werner von Kyburg den Tod bei Verteidigung seines vermeintlichen Rechtes gegen den Kaiser gefunden hat. In das Drama hat Uhland seine ganze Begeisterung für das deutsche Mittelalter und für sein schwäbisches Heimatland gelegt. Wenn auch die dramatische Lebendigkeit mit Recht an dem Werke vermißt wird, so ist doch stets die Wärme der Darstellung und die lyrische Kraft desselben bewundert worden. Es wurde im Mai 1819 im Stuttgarter Hoftheater zum ersten Male aufgeführt und erzielte einen großen Erfolg. - Die größte dramatische Kraft hat Uhland im ersten Akt entfaltet, der ein Bild von erschütternden Verwickelungen gibt. Gisela, des Kaisers Gemahlin, die diesem aus ihrer ersten Ehe die Söhne Ernst und Hermann zugeführt hat, bittet den Gatten, am Tag der Krönung zum römischen König, wo jeder sich eine Gunst erflehen darf, um die Freigabe ihres seit zwei Jahren auf Gibichenstein gefangen gehaltenen Sohnes Ernst. Ihr Sohn hätte sich durch jugendlichen Übermut, und da er ein Recht auf das burgundische Königstum zu haben glaubte, empört, weil der Kaiser dies Land für das Reich in Anspruch genommen habe. Gisela bittet um Begnadigung des Schwergeprüften, der einen «Schein des Rechtes» für sich hatte, und dessen junges Herz

sich leicht empören konnte. Der Kaiser will die Bitte gewähren, wenn Ernst sich fügt und von Burgund ablasse. Ergreifend ist die Szene, in der Ernst auftritt, hager, bleich und gealtert. Er soll mit Schwaben belehnt werden, wenn er auf Burgund verzichte und den getreuen Freund Werner, der ihm stets beigestanden, ausliefere. Auf die erstere Bedingung will er eingehen; an Werner will er auf keinen Fall zum Verräter werden. Der Kaiser läßt ebensowenig wie Ernst von dem einmal eingenommenen Standpunkt. Ernst und Werner bleiben einander treu. Die Reichsacht und der Kirchenbann treffen beide. Sie sind aufs neue dem Unglück ausgeliefert. Mit eiserner Folgerichtigkeit entwickelt sich nun alles Weitere bis zum Untergang Ernsts und Werners, wenn auch das dramatische Leben sich zu der im ersten Aufzug erreichten Höhe nicht mehr erhebt.

«Herzog Ernst» war nicht Uhlands erste dramatische Arbeit, wenn auch die erste, die er zum Abschlüsse gebracht hat. Wenn man seine dramatischen Entwürfe verfolgt, so sieht man, wie beharrlich er an seiner Vervollkommnung auf diesem Gebiete der Dichtung arbeitete, und wie er immer neue Ansätze in dieser Richtung machte. Man darf deswegen den «Herzog Ernst» als die reiche Frucht jahrelangen Strebens bezeichnen. Zur Zeit seiner Universitätsstudien hat er sich in der freien Bearbeitung des Seneca'schen Stückes «Thyestes» versucht, die erhalten ist. (Vgl. Adalbert von Keller, Uhland als Dramatiker, S. 15 ff.) - In das Jahr 1805 fällt der Plan zu einer Achilleus-Tragödie. Was Uhland darüber am 6. März 1807 an Leo Freiherrn von Seckendorf schrieb, zeigt, wie tief er mit diesem Drama in die Geheimnisse von Leben und Schicksal führen wollte: «Vor etwa zwei Jahren begann ich, eine Tragödie zu ent-

werfen, Achilleus Tod. Sie sollte die Idee darstellen: wenn auch das Schicksal die Ausführung unserer Entschlüsse hindert, haben wir sie nur ganz und fest in uns gefaßt, so sind sie doch vollendet. Was in der Wirklichkeit Bruchstück bleibt, kann in der Idee ein großes Ganzes sein. Die Idee bleibt unberührt vom Schicksal. Verschiedene Ursachen, besonders aber meine Vorliebe für das Romantische, dem der griechische Boden nicht gewachsen war, hielten mich von der Ausführung ab.» Es ist schade, daß sich von dem Entwürfe nichts erhalten hat, denn man könnte aus demselben Aufschluß gewinnen, in welcher Beziehung sich die romantische Geistesart Uhlands dem griechischen Kulturelement fremd fühlte. — Nach weniger bedeutsamen dramatischen Versuchen fing im Jahre 1807 Uhland die Geschichte der Franceska von Rimini zu interessieren an. Er las damals Dantes «Göttliche Komödie» und wurde dadurch mit dem Stoffe bekannt. Das Trauerspiel, das er aus demselben herausarbeiten wollte, beschäftigt ihn mehrere Jahre. Er gibt den Plan 1810 auf, aus einem Grunde, über den wir durch einen Brief vom 6. Februar 1810 an Karl Mayer Näheres erfahren: «Zu Größerem, zum Beispiel der Franceska, fehlt mir Muße, innere Ruhe, Lebensanregung; ich kann alles nur fragmentarisch treiben.» Der Plan und einzelne Szenen haben sich erhalten (vgl. Keller, Uhland als Dramatiker, S. 91 ff.) - Aus einem alten Volksbuche erhielt Uhland die Anregung zu einem Drama «König Eginhard». Er machte sich 1809 — wie ein Exzerptenbuch zeigt - Auszüge aus diesem Volksbuche. Auch Justinus Kerner zog die Eginhard-Sage an. Dieser bearbeitete sie in einem chinesischen Schattenspiel, das 1811 in Karlsruhe erschienen ist. Das Buch, aus dem Uhland die Sage entnommen, heißt: «Riesengeschichte

oder kurzweilige und nützliche Historie von König Egin-hard aus Böhmen, wie er des Kaisers Otto Tochter aus dem Kloster bringen lassen usw. Item, wie die großen Riesen dasselbe Königreich überfallen usw. Alles sehr nützlich und lehrreich beschrieben von Leopold Richtern, gebürtig zu Lambach in Ober-Österreich.» Ein Teil des Eginhard-Dra-mas ist das dramatische Märchen «Schildeis», das Uhland 1812 veröffentlicht hat. - Auch scherzhafte Stücke versuchte Uhland während seiner Studentenzeit zu schreiben. «Die unbewohnte Insel» und »Der Bär» sind solche. Das letztere ist eine Posse, die in Spanien spielt, und welche Uhland gemeinsam mit Justinus Kerner im Jahre 1809 geschrieben hat. In das Jahr 1809 fällt ferner die Dichtung eines kleinen Lustspiels: «Die Serenade», das ebenfalls in Spanien spielt. -Am 21. Januar 1810 gibt Uhland in einem Briefe an Kerner Nachricht, daß er mit einem Drama «Tamlan und Jannet» beschäftigt sei. Es sollte ein nach einer schottischen Ballade dramatisiertes Elfenmärchen werden. Eine Andeutung des Briefes verrät zugleich, warum auch dieser Plan nicht zur Ausführung gekommen ist. Uhland schreibt: «Zum Tamlan hab* ich den ersten Akt und noch eine weitere Szene ausgearbeitet. Drei Akte sollen es werden. Du erhälst hiebei einige Szenen daraus. Junker David ist ein von den Elfen statt des geraubten Tamlans ausgesetzter Wechselbalg. Sowie Tamlan zurückkommt, verschwindet jener. Die Mißtöne lösen sich in Harmonie auf, Absalon findet die gewünschte Musik.» Zu den beiden Gedichten «Harald» und «Die Elfen» hat Uhland die Anregung aus diesem Stoffe empfangen. —


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