Die deutsche Gelehrtenrepublik. Ihre Einrichtung. Ihre Geseze. Geschichte des lezten Landtags. Auf Befehl der Aldermänner durch Salogast und Wlemar. Herausgegeben von Klopstock. Erster Theil


Der Abend. Aus einer neuen deutschen Grammatik. [Die Anmerkungen befinden sich am Ende des Abschnitts.] Umendungen der Hauptwörter. Einleitung



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Der Abend.

Aus einer neuen deutschen Grammatik.

[Die Anmerkungen befinden sich am Ende des Abschnitts.]
Umendungen der Hauptwörter. Einleitung. Die Endungen werden so genant: Die Wirkung. Der Tag leuchtet; der Tag wird verfinstert. Die Verkürzung. Die Schönheit des Tages. Die Abzweckung. Dem Ohre angenehm. (Der Begrif einer Abzweckung findet vielleicht in den meisten Fällen statt) Die Behandlung. Den Stein forttragen. (Auch dieser Begrif findet in nicht wenigen Fällen statt) Bey den Richtungen, die entweder mit der Abzweckung, oder Behandlung, oder mit beyden verbunden werden, hat man diese Begriffe nur selten; und den Begrif der Verkürzung gar nicht mehr, wenn diese durch eine Richtung entsteht.

Die Umendungen. Kenzeichen, die alle Umendungen gemein haben. 1 In der Mehrheit sind Wirkung, Verkürzung, und Behandlung einander gleich, 2 Die Abzweckung hat in der Mehrheit durchgängig n oder en. Kenzeichen, die einige Umendungen gemein haben, 1 Die zweyte, dritte, vierte und fünfte Umendung haben s oder es in der Verkürzung. 2. In der ersten, zweyten, und dritten Umendung sind sich Wirkung und Behandlung in der Einheit gleich. 3 Abzweckung, und Behandlung sind sich gleich in der ersten, zweyten, vierten, fünften, und sechsten Umendung. 4 Die vierte, fünfte und sechste Umendung haben niemals den Umlaut. 5 Die vierte, und fünfte Umendung haben: a) n oder en in der Abzweckung, und Behandlung, b) Dieses n oder en wird weggelassen, wenn ein Beywort voransteht, c) Ihre Wörter sind mänliches und weibliches Geschlechts. 6 Die dritte, und sechste Umendung haben die Buchstabenendung.

Umendung 1. Mit der gleichen Einheit. Einheit. Wirkung: Die Zahl. Verkürzung: der Zahl. Abzweckung: der Zahl. Behandlung: die Zahl. Mehrheit W. Die Zahlen, V. der Zahlen. A. den Zahlen.

Kenzeichen. 1 Die Wörter haben die Buchstabenendung, und die Sylbenendung. 2 Alle Endungen sind sich in der Einheit gleich. 3 Die Wirkung hat in der Mehrheit e und n oder en. N oder en ist am gewönlichsten. E wird nie an die Sylbenendung; beyde werden an die Buchstabenendung gesezt. 4 Alle Wörter weibliches Geschlechts, nur einige weibliche Namen und Vornamen ausgenommen, gehn nach dieser Umendung.

Wörter. Buchstabenendung: Jagd, That, Wahl, Spur, Maus, Freude, Finsternis, Au. Sylbenendung: Bildung, Leidenschaft, Klarheit, Heiterkeit, Einsiedeley, Jugend, Königin, Amsel, Mauer. Die Namen einiger Länder und Bezirke, als: die Schweiz, die Wetterau, gehn auch nach dieser Umendung.

Ausnamen. (Kenzeichen 2.) Zu unsrer lieben Frauen, auf Erden. (Kenzeichen 3. E wird nie an die Sylbenendung.) Die in nis Finsternisse. (Ich führe diese Ausname an, ob sie gleich nur scheinbar ist. Denn nis, das in der dritten Umendung als Stamsylbe angesehn wird, kann hier eben so wol dafür gelten) Mütter, Töchter bekommen keinen Zusaz.

Umendung 2. Mit der Wiederholung. Einheit, w. Der Himmel. V. des Himmels. A. dem Himmel. b. den Himmel. Mehrheit. w. Die Himmel, v. der Himmel. a. den Himmeln.

Kenzeichen. 1 Die Wörter haben die Sylbenendung. 2 Alle Endungen, ausser der Verkürzung, sind in der Einheit der Wirkung gleich. 3 Die Wirkung der Mehrheit wiederholt die Wirkung der Einheit. 4 Die Wörter sind mänlich, und geschlechtlos. Die Zahl der lezten ist die gröste.

Wörter. Räthsel, Richter, Namen, Kindlein, Athem, das Gehen, das Gerede, und die fremden: Puritaner, Tempo, Gummi, Physiker. Die Namen in n und m. Die Namen der Städte, und verschiedner Länder. Bey diesen braucht nicht darauf gesehn zu werden, ob sie die Buchstaben- oder Sylbenendungen haben.

Ausnamen. Die fremden Wörter in: or und um Doctoren, Privilegien. Die Namen der Städte, die in e, s nach einem langen Selbstlaute, x, z, st, xt, zt, seh, und sk endigen. Diese sezen, so wie die Wörter der fünften Umendung, ein n vor das s der Verkürzung.

Umendung 3. Mit dem E. Einheit, w. Der Tag. v. des Tages. A. dem Tage. B. den Tag. Mehrheit. w. Die Tage. v. der Tage. A. den Tagen.

Kenzeichen. 1 Die Abzweckung hat ein hinzukommendes E. 2 Die Wirkung hat in der Mehrheit e, er, und en. E ist am gewönlichsten, er nur in dieser Umendung, und n komt sehr selten vor. 3 Die Wörter haben den Umlaut am öftesten. 4 Die Wörter sind mänliches Geschlechts, und geschlechtlos. Die Zahl der ersten ist die gröste.

Wörter. Stab, Geripp, Pfad, Spott, Rath, Reif, Rock, Flug, Keil, Kern, Halm, Rohr, Gleis, Bliz, May, Klee, Auge, Thau, Stroh; auch die fremden Wörter: (es ist dabey gleichgültig, ob sie wirklich, oder nur dem Scheine nach, eine Stamsylbe ausmachen, oder mit einer endigen) Original, Officier, Factor, Creditiv, Baron, Faun, Phantom, Theorem, Decret, Subject, Discant, Centaur, Regiment, Chirurg u.s.w.

Ausnamen. Wir sagen nicht Gotte, wenn wir das höchste Wesen nennen; aber wol dem Gotte, wenn von einem Gözen die Rede ist. Drey Fuß lang, tausend Mann ist in seiner Art eben so fehlerhaft, als wenn commandirt wird: Herstelt euch. Unterdeß ist es einmal in der Sprache.

4. Umendung Mit zwey N. Einheit, w. Hermann, v. Hermanns. a. Hermannen. B. Hermannen. Mehrheit, w. Die Hermanne, v. der Hermanne. A. den Hermannen.

Kenzeichen. 1 Die Wirkung der Mehrheit wiederholt die Wirkung der Einheit, oder bekomt ein e. 2. Bey den alten Namen mänliches Geschlechts, die in o endigen, wird zwischen das o der Einheit, und das hinzukommende e der Mehrheit ein n gesezt.

Wörter. Namen der Männer und Weiber, der lezten nur wenige alte.

Ausnamen. Diese Umendung hat keine Ausnamen.

Umendung 5. Mit drey N. Einheit. W. Leibniz. v. Leibnizens. A. Leibnizen. B. Leibnizen. Mehrheit, w. Die Leibnize. v. der Leibnize. A. den Leibnizen.

Kenzeichen. 1 Die Wörter endigen in e, s, x, z, st, xt, zt, seh, oder sk. 2. In der Einheit wird vor das s der Verkürzung ein n gesezt. 3 Die Wirkung hat in der Mehrheit e und n oder en. E ist am gewönlichsten.

Wörter. Namen der Männer und Weiber.

Ausnamen. Das Herz in der Behandlung; dieß Wort ist auch geschlechtlos.

Die Namen in s mit vorhergehendem kurzen Selbstlaute, werden gar nicht umgeendet. Unsre Alten verstanden das besser, als wir. Sie sagten: Johanneses, Jonases.

Wer die vierte und fünfte Umendung lieber in Eine verwandeln wolte, hätte deswegen Unrecht, weil beyde Kenzeichen haben, die sie genung unterscheiden; und weil, wenn sie Eine Umendung ausmachten, mehr Ausnamen dabey seyn würden, als sonst wo in dieser Grammatik vorkommen werden. Eine Regel mehr mit wenigen oder fast keinen Ausnamen behält man viel leichter, als man es anrechnet, daß eine Regel weniger da ist, wenn diese Vermindrung der Regeln viele Ausnamen veranlasset.

Umendung 6. Mit dem herschenden N. Einheit, w. Der Mensch, v. des Menschen. a. dem Menschen. B. den Menschen. Mehrheit. w. Die Menschen, v. der Menschen. A. den Menschen.

Kenzeichen. 1 Ausser der Wirkung, sind alle Endungen n oder en. 2 Das Geschlecht ist das mänliche.

Wörter. Bote, Pfau, Graf, Gesell, Thor, Genoß, Gefährt, (der Geliebte, ein Geliebter, die Schöne, das Vortrefliche gehören zu den Umendungen der Beywörter) sonst auch noch fremde Wörter, als: Chinese, Philosoph, Theolog, Astronom, Tartar, Supplicant, Dissident, Eremit, Patriot, Enthusiast.

Ausname. Der Bauer.

Die kürzesten Benennungen der Umendungen wären wol diese: Nach welcher Umendung geht Zahl? Nach der gleichen. Nach welcher Himmel? Nach der Wiederholung. Und Tag? Nach E. Hermann? Nach zwey N. Leibniz? nach drey N. Und Mensch? nach N.

[Anmerkungen]


(Kenz. 1. einander gleich) Die Zahlen, der Zahlen, die Zahlen. Die Himmel, der Himmel, die Himmel. Die Tage, der Tage, die Tage. Die Hermanne, der Hermanne, die Hermanne. Die Leibnize, der Leibnize, die Leibnize. Die Menschen, der Menschen, die Menschen.

(Kenz. 2. durchgängig n oder en.) Den Zahlen. Den Himmeln. Den Tagen. Den Hermannen. Den Leibnizen. Den Menschen.

(Kenz. 1. s oder es) Des Himmels. Des Tages. Hermanns. Leibnizens.

(Kenz. 2. in der Einheit gleich) Die Zahl, die Zahl. Der Himmel, den Himmel. Der Tag, den Tag.

(Kenz. 3. sind sich gleich) Der Zahl, die Zahl. Dem Himmel, den Himmel. Hermannen, Hermannen. Leibnizen, Leibnizen. Dem Menschen, den Menschen.

(Kenz. 5. b) Dem grossen Hermann, den grossen Hermann. Dem tiefsinnigen Leibniz, den tiefsinnigen Leibniz.

(Sylbenendung) An den Sylbenendungen fehlen nur: en, em, und ein.

(Die Zahl der geschlechtlosen die gröste) Wir haben viel solche Wörter als Mädchen, das Sizen, Gelispel, Gewimmer, Gesinge. Gesinge, und solche haben zwar die Buchstabenendung; aber der ändern sind so viel, daß jene nicht in Betracht kommen.

(Namen) Die Dichter dürfen auch Name, Friede u.s.w. sagen.

Anmerkung. Daß wir König, Fittig, Zeisig, Wütrich, und ähnliche; Zierath, Kleinod, Heiland, Elend, Abend, Reichthum, Leichnam, Labsal, Frühling, Geständnis nach dieser Umendung verändern, auch dieß beweist, daß sie aus zwey Stamsylben bestehn. Von einigen derselben kann man es auch ausserdem beweisen. Nur and und end sind in: Heiland und Abend keine Stamsylben. Denn Heiland ist so viel, als: der Heilende, und Abend, als: der abende (weggehende) Tag.

(Kenz. 2. er nur in dieser Umendung) Sie drükt bisweilen etwas Unedles aus, als: Er macht Gesichter. Man sagt: Er sah Gesichte.

(n sehr selten) Mich deucht nur in: Ohren, Augen, Schmerzen, Strahlen.

(Kenz. 3. Umlaut am oftesten) Obgleich der Umlaut kein Kenzeichen werden kann, weil er bald hier, und bald da ist; so kann es doch der Umstand, daß ihn Eine Umendung am öftesten hat.

(die gröste) In Umend. 2 war sie die kleinste. Daher stehn diese Kenz. nicht S. [xxx].



(Kenz. 2. ein n gesezt) Die Cicerone, aber nicht: die Sapphone, auch nicht: die Sucrone.

Anmerk. Bey dieser vierten, und bey der fünften Umendung kommen Buchstabenoder Sylbenendung nicht in Betracht. Denn man sieht die Wörter derselben, wenn sie auch eine Bedeutung haben, nicht mehr von dieser Seite an. Es ist also nicht nötig, sich dabey auf die Regeln der Ableitung zu beziehen. Man bezieht sich aber auf diese Regeln, wenn man Buchstaben- und Sylbenendung unterscheidet.

(Kenz. 2. ein n gesezt) Gisekens, Thomasens, Rexens, Opizens, Kleistens, Calixtens, Duschens.

(Kenz. 3. am gewönlichsten) In Umend. i war's n oder en. Daher stehn diese Kenz. nicht S. [xxx].

Anmerkung. Einige fremde Wörter der dritten Umendung haben die Buchstabenendung auch. Diejenigen, welche davon geschlechtlos sind, kommen hier nicht in Betrachtung, weil diese Umendung keine geschlechtlose Wörter hat. Die wenigen ändern gleichendenden Wörter kann man leicht behalten, als: des Flors, des Thoren, des Discants, des Supplicanten, des Respects, des Patrioten.

Rohrdommels Verhör.


Die Geselschaft in der Laube wurde so groß, daß die, welche sich dorthin bestelt hatten, nach und nach die Unterredung abbrachen. Ein Aldermann machte dem unangenehmen Stillschweigen, das zulezt entstanden war, auf folgende Art ein Ende. Ihr wist, sagte er, was sich die vorige Nacht mit Rohrdommeln, und einigen Jünglingen zugetragen hat. Ich fürchte, daß die Sache morgen bey versammelter Landgemeine angeregt, und durch sie die Geschäfte des Landtages könten verzögert werden. Wenn ihr es genehmigt, so laß ich Rohrdommeln jezt kommen, verhör ihn, und spreche das Urtheil. Es komt freylich darauf an, ob er sich meinem Urtheile unterwerfen wolle. Denn verlangt er, daß die Sache vor der versammelten Landgemeine untersucht werde; so muß ich's mir gefallen lassen, und kann nichts gegen ihn machen. Doch so sonderbar er auch immer seyn mag; so ist er doch im Grunde ein gescheiter Mann, und ich hoffe, daß ihm an meiner Entscheidung gnügen werde. Wir können es wenigstens versuchen.

Rohrdommel, und die Jünglinge erschienen, und erklärten, daß sie sich dem Urtheile des Aldermanns unterwerfen wolten. Dieser sezte sich herum, und das Verhör nahm seinen Anfang.

Der Aldermann. Dein Namen? Rohrdommel. Laurenz Rohrdommel. A. Gebürtig? R. Aus dem Freyreichsdorfe Urlau belegen auf der leutkircher Heide in Schwaben. A. Dein Alter? R. Hundert und drey Jahre. A. Deine Wissenschaft? R. Die Zauberey. A. So? Was machst du hier? R. Ich bin seit meinem achtzehnten Jahre auf allen euren Landtagen gewesen; ich wolt auch auf diesem seyn. A. Warum hast du diese Jünglinge hier zu den Geisterbannungen verführt? R. Da's keiner von euch kann, sollet ihr's dem, der's allein kann, danken, daß er's thut. A. Kenst du unsre Verbote nicht? R. Was gehn mich eure Verbote an? A. So? Was thust du eigentlich, wenn du banst? Worauf komt's dabey an? R. So fragt man die Leute auch aus, die Goldmacher zum Exempel, oder mich! Die Schale davon steht dir zu Dienste; vom Kerne kriegst du nichts. A. Wie machst du's? Machst du einen Kreis? R. Was Kreis? Wer unter meiner Obhut und Einwirkung steht, wenn ich die Geister untergegangner Bücher, diese animulas vagulas, minime blandulas, aus ihren locis squalidis, luridis, tetricis herauf banne, nähert sich einem Druidenschuhe, den ich .. A. Wo hast du den Druidenschuh hergekriegt? R. Ey was? Ich zeichne den Schuh auf den Boden, mit einer Farbe, die theils aus Misteln gekocht ist. Du weist doch, daß ein Druidenschuh ein Fünfek ist ? In so was alltägliches, als ein Kreis ist, und das selbst ein Pfuscher in der Zauberey machen könte, komt kein Büchergeist; es müste denn etwa der Geist einer politischen Deduction seyn, der sich dahinein locken liesse. A. Und wenn der Schuh fertig ist; dann vermutlich allerhand Worte hergemurmelt? R. Unwissender! nie wird gemurmelt! gesungen wird! A. Kanst du denn singen? r. Ob ich kann? Da frag die hier.

Die Jünglinge betheuerten insgesamt, er hätte eine trefliche Kehle.



A. Und was wird denn gesungen? R. Die Titel der Bücher, denen die Geister ausgefahren sind, werden abgesungen. A. Der Namen des Verlegers auch mit? R. Allerdings. Manchmal auch die Überschrift der Dedication. Ja einmal hab ich so gar die ganze Dedication durchwaten, und bis auf den geliebten Leser, und den Anfang der Vorrede kommen müssen. So hartnäckig und starrköpfisch war dießmal der Geist, eh er sich wolte sehen lassen. A. Niemals weiter? r. Ach! erinre mich an den verdrieslichsten Vorfall meines Lebens nicht! Noch möcht ich vor Zorne bersten, wenn ich daran denke. Stelle dir's nur einmal vor! Ein dickes Buch mit Anmerkungen war's! ein Quartant war's! Und nun hatt ich schon bis in die Mitte hineingesungen; aber noch immer der Geist nicht! und nun bis zum Ende, und nun bis ins Register hinein; aber immer, immer noch kein Geist nicht! und nun gar das lezte Wort des Registers; und der widrigste unter allen Geistern, die jemals in einem Buche gewesen sind, noch, noch, noch nicht! Aber ich kriegt ihn auch dafür! Ich entschloß mich als ein Mann, und sang zurük. Davor hatte er sich nicht gehütet. Kurz, er kam, und ich ließ ihn aus Rache wenigstens so lange stehn, als ein Knecht, (ist aus'm Englischen) der was anhängig machen will, im Vorzimmer stehen muß, wenn der Fürst .. nichts zu thun hat. A. Wie geht dir's, wenn du ein Buch für Todes verfahren hältst; und es doch nicht Todes verfahren ist? R. Für erst weis ich so ziemlich gut, welche es sind, und welche nicht; und dann, wenn ich mich hier auch einmal irre, so geschieht es doch eben nicht sehr. Denn mit solchen Büchern, bey denen ich etwan einmal in Irthum gerathe, pflegt es auf die Neige zu gehen. Dieß wittre ich aus folgendem: Allerhand Geisterchen aus Zeitungen oder Monathschriften, in welchen dieß Buch sehr ist gelobpriesen worden, schleichen herbey, so bald das Beschwören angeht, und lassen ein gar klägliches Gewimmer von sich hören. Da hab ichs dann gleich weg, und singe, wenigstens diesen Tag, nicht weiter. A. Jezo, Jünglinge, mit denen wir eben nicht zufrieden seyn können, weil ihr unsre Verbote so wenig geachtet habt, ist die Reihe an euch. Ihr solt mir vornämlich auf zwey Dinge antworten: Welche Geister ihr habt in das Fünfek rufenlassen, und wie sie ausgesehen haben? Zweytens: Woher es gekommen ist, daß man euch wie todt gefunden hat ? War es zulezt nur nicht so schlimm abgelaufen, Alter! so möcht es dir allenfalls hingehn, daß du dich von der Neubegierde dieser jungen Leute zu deinen Bannungen hast verführen lassen. Wem ich unter euch winke, den frag ich. Der Anfang eurer Bekantschaft mit Laurenz Rohrdommeln? J. Gestern Abend beym Mondlichte. Wir sahen ihn gehn. Er strich sich den Bart, und sang dabey. Da gingen wir zu ihm hin. A. Was sagte er euch? J. Kein Aldermann könte, was er könte. Wir fragten ihn ziemlich hönisch: Was er denn könte? Nur nicht gespottet, junge Herren, sagte er. Wenn ich bey der Laune bleibe, in der ich jezo bin; so will ich euch noch diese Nacht zeigen, was ich kann. Und was kanst du denn ? riefen wir, was denn? was? Er antwortete: Die Geister verblichner Bücher in ihrer völligen langen hagern Gestalt vor eure sichtlichen Augen hinbannen, daß ihr sie, so lange ihr nur möget und wolt, da vor euch betrachten könt. Nun hatten wir schon oft von diesen Geisterbannungen gehört; freylich hatten wir's nie so recht glauben können: aber jezo war denn doch der Augenblik da, der's entscheiden konte, was an der Sache wäre. Ausser dem war unsre Neubegierde unaussprechlich groß. Weil einer von uns Unteraufseher des grossen Büchersaals ist; so konten wir mit Rohrdommeln, wie er verlangte, dahinein gehn. Kaum war die Thüre hinter uns verschlossen, so fing er an das Fünfek auf den Boden zu zeichnen. Als er fertig war, sagte er: Wir möchten uns nun auf die Bücher besinnen, von denen wir glaubten, daß es mit ihnen vorbey wäre, und deren Gespenster wir sehen wolten. Wären sie aber, seiner Einsicht nach, noch am Leben; so beschwur er nicht, und dann müsten wir andre nennen. Übrigens solten wir, wenn er sänge, so gut wir konten, aber nur leise, mitsingen. Uns war noch immer sehr lacherhaft zu Mute; aber wir nahmen uns gleichwol vor, zu thun, was er sagte. Er strich, so lange er redte, und eh wir uns besonnen hatten, diesen grossen Bart, den ihr vor euch sehet, mit besondrer Lebhaftigkeit und gleichsam nach dem Tacte, ja bisweilen kräuselte er auch daran. Wenn der erste Schrecken vorbey ist (wir mochten wol angefangen haben ein wenig blaß auszusehn) so ist aller Schrecken vorbey! rief er einmal übers andre; aber darinn hat er nicht wahr geredet. Denn zulezt wurd es leider! über die Maassen arg. r. Was kann ich davor, daß ihr so tollkühn wurdet, und das, mit solchem Ungestüme, von mir verlangtet? Must ich denn etwa nicht endlich nachgeben ? J. Als wir Rohrdommeln jezo zu erkennen gegeben hatten, daß wir uns auf Bücher besonnen hätten, so hieß er uns dem Fünfecke etwas näher treten. A. Nantet ihr dieß oder jenes Buch aus besondern Ursachen, oder nur, weil es euch zuerst eingefallen war ? J. Wir hatten die Schränke gegen uns über aufgemacht, und so wie unsre Augen auf ein Buch fielen, und wir mutmasten, es könte wol dahin seyn; so wählten wir's. Mich foderte er zuerst auf. Als ich ihm das Buch nennen wolte, sagte er: Bring mir's her, und dann stell dich wieder hin, wo du gestanden hast. Ich that's. Er sezte seinen Brill auf, hielt das Buch ganz dicht ans linke Auge, und nachdem er zwey dreymal recht kräftig Tobak genommen hatte, sang er. Sonderbar war es, daß er von unten zu singen anfing. Wir hätten fast gelacht; aber das Blatt wandte sich gewaltig, als nach Absingung der wenigen Worte: Ches Haude & Spener a Berlin der Geist auf Einmal vor uns in dem Fünfecke stand! Wir verlangen es gar nicht zu leugnen, daß dieser unser erster Schrecken groß war. Aber wie kont's auch anders seyn ? Denn hager, grau, wie ungebleichtes Leinen, breitköpfig war der Geist! Ein Spinnwebengesicht hart er! Augen hatt er nicht; aber wol eine Nase. Langnasig, spiznasig war er! Wir wünschten ihn weg; aber das half nichts. Denn Rohrdommel wolt's noch nicht; und so blieb er denn. Wie gesagt, grau, breitköpfig war er, und spinnwebig im Gesicht, und langnasig, und spiznasig! A. Wie machte es der Mann, daß er den Spuk wieder wegbrachte ? J. Er pfif auf dem Finger, daß es schmetterte, da war der Geist weg. Nur die Nase tummelte sich noch ein wenig allein in der Luft herum. Wir nahmen einen guten Schluk Wasser, um uns zu erholen; und keiner von uns hatte so recht Lust einen zweyten Gang zu wagen. Nun wie steht's? sagte Rohrdommel, kann ich nun Sachen, welche die Aldermänner nicht können ? Frisch! denn es soll noch viel ärger kommen. Wir fasten uns endlich. A. Ich seh es dir da an, daß du ihm das zweyte Buch gebracht hast, J. Das hab ich auch. Rohrdommel sang. Kaum war er auf dem Titel zu den Worten: Zusammengetragen, und nachgeahmet (mit deren vier Aaen er ungemein melodische Dehnungen verübte) gekommen; so war der Geist plözlich da! A. Vom Haupte bis zu den Füssen brauchst du ihn eben nicht zu beschreiben. Was war dir an ihm merkwürdig? J. Im Anfange fast nichts, als seine Gegenwart, ausser daß seine Finger aus Federn bestanden, deren Spizen beynah alle eben eingetunkt und gegen uns gerichtet waren. Aber zulezt erschrekte er uns doch ein wenig. Denn er nahm die Hirnschale ab, bükte sich gegen uns, und zeigte uns seinen leeren Kopf. Auch wanderte er', nachdem er uns nicht wenig solcher Büklinge gemacht hatte, mit der Hirnschale unter dem Arme, wieder fort .. A. Das war ein offenherziger Geist. Ihr hättet ihn wol ruhen lassen können. Die Bücher, mit denen es aus ist, sind uns sehr gut bekant; wir verlangen daher keine weitere Bannungen zu hören. Also nur noch einige Fragen. Wie sahen die Geister der Lehrgebäude aus? J. Sie waren lang und dürr wie Hopfenstangen; hatten stroherne Gesichter, gewönlich bleyerne Füsse, und nicht selten ein hölzernes Bein. A. Und die Gespenster der kritischen Ausarbeitungen ? J. Sie hatten Köpfe, wie Kalkuten ; der meisten Hände waren etwas krallenhaft. Wenn sie die Hände auf den Rücken hielten, so war das ein Zeichen einer sehr sichtlichen Krallenhaftigkeit. Pfif ihnen aber Rohrdommel, so musten sie gleichwol mit den Händen herum. Hierbey pflegten sie blauroth in den Gesichtern zu werden. Sehet nur recht hin, sagte Rohrdommel, und spiegelt euch daran. Denn ihr könt ja leider! nicht wissen, was einst aus euch werden wird. Das ist Röthe des Zorns, und nicht der Scham. Denn die Röthe der Scham fält nicht ins Bläuliche. A. Was für eine Stimme hatten sie? R. Kein Büchergespenst kann reden. Sie sind stumm, weil sie, da sie noch im Leben waren, so viel geschwazt haben, J. Gleichwol glaub ich doch gehört zu haben, daß etliche wie Mücken trompeteten. Eins muß ich doch noch erzählen. Als Rohrdommel, ich besinne mich nicht mehr, welchen Büchergeist (dieser Art sind so viele, daß man bey ihnen wol ein wenig vergeslich seyn darf) herbeybannen wolte, so kamen schon bey dem ersten Triller, den er machte, ganze Schwärme Geisterchen, und erhuben eine gar betrübte Wehklage. Da hörte er gleich auf. A. Wie sahn die Geisterchen aus ? J. Wie allerley Geschmeiß. A. Und wie ist's gekommen, daß man euch des Morgens in einem so schlimmen Zustande gefunden hat ? j. Damit ist es so zugegangen. Wir hatten nun schon so viele Gespenster gesehn, daß wir die neugerufnen ohne alle Furcht in den Schuh treten sahn. Da stand es uns nicht mehr an, sie nur einzeln zu sehen. Wir brachten Rohrdommeln durch vieles Bitten dahin, daß er einen ganzen Bücherschrank bante. Das that er auf folgende Art: Schrank! Schrank! tiefer Schrank! breiter Schrank! hoher Schrank! Schrank! Schrank! o du Schrank! Aber kaum hatte er auch ausgesungen, als das ganze wütende Heer Gespenster auf Einmal über uns herfiel, und uns so übel zurichtete, wie wir hernach sind gefunden worden. A. Nun ich hoffe denn doch, daß sich Andre an eurem Exempel spiegeln werden. Waren viel Streitschriften in dem Schranke? J. Vermutlich. Die Bücher standen in drey Reihen hinter einander. In der vordersten sah es, mich deucht, hier und da etwas polemisch aus. A. Kam Rohrdommel ganz unbeschadet davon? J. Was wolt er? Ihr sehet ja, wie ihm auf der linken Seite der Bart ausgerauft ist. Als wir wieder zu uns selber kamen, fanden wir um uns herum viel weisses Haar liegen. Am diksten lag's im Schuhe. Der Spuk mocht's wol aus Rache dahin zusammengeschlept haben. A. Wirst du fortfahren zu bannen, Rohrdommel? R. Warum nicht? A. So? Und ihr wolt ihr wieder bannen lassen? J. Ganze Schränke nun eben nicht; aber sonst .. wir glauben, daß es uns denn doch sonst wol könte verstattet werden; wiewol wenn in den Schränken keine Streitschriften wären .. A. Man kann es euch jungen Leuten eben nicht so sehr verargen, daß ihr gern wissen wolt, wie es mit der Dauer dieser und jener Schrift beschaffen sey. Diese Kentnis kann euch auf den Fall hin, daß ihr etwa selber was schreiben wollet, gar heilsam seyn: aber unsre Verordnung, die Todten in Ruhe zu lassen, ist gleichwol einmal da, und das habt ihr gewust; überdieß hättet ihr euch ja nur bey Zünftern, oder bey uns erkundigen können, wie es mit solchen Schriften stünde, und eben eure Zuflucht nicht zu einem Zauberer nehmen dürfen.

Herold! so lange der Landtag dauert, führst du Laurenz Rohrdommeln, und diese fünf Jünglinge, einen Abend um den andern, jedesmal auf eine Stunde, in den grossen Büchersaal. Dort solt ihr Rohrdommeln aus den Büchern, deren Gespenster ihr durch ihn habt bannen lassen, (ihr müsset Sorge tragen, daß er ja nicht darüber einschlafe, denn sonst würdet ihr ihm und euch nur neue Strafe zuziehn) diejenigen Stellen, wo die Bücher am kränksten gewesen sind, und wo sie die unheilbarsten Beulen gehabt haben, solt ihr ihm dort so gut, als es die sorgfältigste Declamation nur immer vermag, vorlesen. Und trift's Bücher, die bey ihren Lebzeiten eine blühende, hochrothe Farbe gehabt haben, und hernach an der gestorben sind, die solt ihr nicht stellenweise, sondern ganz vorlesen.

Rohrdommel hatte vom Anfange des Verhörs an die Hand von der linken Seite des Kinns nicht weggebracht; und da behielt er sie auch jezo, indem er von dannen schied, und sich dem Urtheile, über dessen Strenge er nur zweymal einen lauten Schrey gethan hatte, unterwarf.


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