Die Konzeption von Freiheit in Schillers „Don Karlos“ und „Maria Stuart“



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dass Elisabeth mit ihr verwandt, Frau und Königin ist;



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 in letzterem Punkt spielt auch das 

vergangene Verfahren vor Männern, die nicht ihres Ranges waren, eine Rolle. 

Zusammenfassend kann man also feststellen, dass Maria ihre Hoffnung, durch Elisabeths 

freien Willen begnadigt zu werden, aus folgenden Punkten ableitet: 1. aus den groben 

Verfahrensfehlern und einem unzutreffenden Anklagepunkt; 2. aus der einer Königin 

unwürdigen Behandlung in Gefangenschaft und 3. aus Gleichheit auf geschlechtlicher, 

verwandtschaftlicher und politischer Ebene. 

Maria erkennt aber auch, dass sie Elisabeths Willen in Gefangenschaft auf Gedeih und 

Verderb ausgeliefert ist, daher verlässt sie sich nicht allein auf eine potentielle Begnadigung: 

Ich bin die Schwache, sie die Mächt’ge – Wohl! 

Sie brauche die Gewalt, sie töte mich, 

Sie bringe ihrer Sicherheit das Opfer. 

Doch sie gestehe dann, dass sie die Macht 

Allein, nicht die Gerechtigkeit geübt. (I/7, V. 961-965) 

 

Maria hält Elisabeth für die Urheberin der Rechtsverstöße – des „Gaukelspiel[s]“ (V.970) – 



gegen sie. Daher erklärt sie Folgendes: „Ermorden lassen kann sie mich, nicht richten!“ 

(V.971). Die böse Vorahnung ermordet zu werden, wird von Maria ganze viermal geäußert;

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eine Befürchtung, die berechtigt erscheint, weil Elisabeth – über Burleigh bzw. Paulet und 



Mortimer

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 - solche Anstrengungen unternommen hat. Maria sinnt daher auf verschiedene 



Rettungsmöglichkeiten, um dieser Gefahr zu entgehen. Dazu gehören das ausgeübte 

„Zwangsrecht“ (V.946), „alle Staaten dieses Weltteils / Zu […ihrem] Schutz auf[zu]rühre[n]“ 

(V.948f.) und zum anderen ihr heimlicher Versuch, den Gärtner mit dem herab geworfenen 

Schmuck zu bestechen (V.3-5).

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 Marias Hoffnungen, der Gefangenschaft und der latenten 



Ermordungsgefahr zu entkommen, gründen sich aber auch auf Mortimer und Leicester, die für 

zwei unterschiedliche Befreiungsmethoden stehen.

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 Jedoch deutet Marias prophetische 



Aussage „Mich rettet nicht Gewalt, nicht List“ (V.661) bereits das Scheitern sämtlicher 

Fluchtpläne und Marias tragisches Ende voraus. Im Bewusstsein der eklatanten Rechtsverstöße 

muss Maria sich fragen, warum sie sich solch einem Urteil unterwerfen solle, das für sie 

„Gewalt“ darstellt: „Denn nicht vom Rechte, von Gewalt allein / Ist zwischen mir und 

Engelland die Rede. (V.956-958) 

                                                 

13

 Vgl. V.174-176. 



14

 V.197f.; 238f.; 622-630; 971. 

15

 Siehe II/5. 



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 Siehe auch Marias Hoffnung in Szene III/1, von einem Fischer gerettet zu werden (V.2107-2114). 

17

 Siehe auch Marias Befreiungshoffnungen in III/1. 




 

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2.1.2 Elisabeth 

 

Elisabeths Dilemma 

Elisabeth muss nun, nach der Verurteilung durch das Gericht, das Urteil entweder vollstrecken 

lassen oder Maria begnadigen. Beides ist für sie mit Vor- und Nachteilen behaftet. Es muss 

geklärt werden, was aus Elisabeths Perspektive für und wider eine Hinrichtung von Maria 

spricht. 

Elisabeths dynastischer Herrschaftsanspruch ist durch Marias bloße Existenz in Frage 

gestellt, denn Elisabeths Tod würde Maria sofort zur Königin von England erheben, da 

Elisabeth keine eigenen Nachkommen hat.

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 In IV/10 spricht Elisabeth selber vom „Flecken 



meiner fürstlichen Geburt, / Wodurch der eigne Vater mich geschändet“ (V.3223). Dieser 

„Flecken“ besteht darin, dass Heinrichs erste Ehe nicht vom Papst geschieden wurde; dies 

machte Elisabeth in der katholischen Welt zur „Bastardtochter“. Erst durch „Heinrichs letzten 

Willen“ (V.1422) wurde sie wieder als Thronerbin eingesetzt, nachdem ihr Vater sie zeitweilig 

durch das Parlament als illegitim erklären und von der Thronfolge ausschließen ließ (V.777-

783).


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 Marias Hinrichtung würde also Elisabeths Thronanspruch absichern. Elisabeth

 

konstatiert treffend: „Doch ewig wankt die Kron’ auf meinem Haupt, / Solang sie lebt“ 



(V.1586 f.). Zudem würde die Hinrichtung Marias eine Stärkung Englands gegenüber 

katholischen Machtinteressen bedeuten, die Elisabeth innerhalb und außerhalb Englands 

bedrohen.

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Auch muss Elisabeth davon ausgehen, dass Marias Tod sie vor weiteren Mordanschlägen 

schützt, denn sie hält Maria für die Anstifterin der Mordkomplotte.

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 Burleigh legt Elisabeth 



die Situation so dar: „Du musst den Streich erleiden oder führen. / Ihr Leben ist dein Tod! Ihr 

Tod dein Leben!“ (V.1293 f.). 

Nachteilig erscheint eine Hinrichtung aus Elisabeths Sicht, da diese auch für Elisabeth als 

Rechtsbeugung aus Gründen der Staatsräson erscheinen muss;

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 denn Maria ist nicht 



                                                 

18

 Siehe V.1109-1112. Maria besteht trotz Gefangenschaft auf ihren Anspruch auf den englischen Thron, denn 



als ihr während der Gefangenschaft angetragen wird, „den Edinburger/ Vertrag zu unterschreiben [… und 

damit] ihren Anspruch auf England aufzugeben“ (V.105-111), lehnt sie dieses Angebot vehement ab. 

19

 V. 522-524; Elisabeth wurde wieder durchs Parlament eingesetzt und durch Heinrichs letzten Willen bestätigt 



781-783; V.1422. 

20

 Vgl. V.3214-19; V.1261-63. 



21

 Vgl. V. 2286 f. 

22

 Das Recht wurde bisher aus Gründen der Staatsräson (Vorteil des Staates als entscheidendes Kriterium des 



Handelns) bewusst zu Marias Nachteil gebeugt. Die Staatsräson wird offen von Elisabeths Staatsdiener 

Burleigh vertreten (V.1525-27; 985-996) und auch Leicester befürwortet den Vorrang der Staatsräson 

(V.1440f.) allerdings als taktisches Argument, um eine Hinrichtung Marias zu verhindern.  



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