Die verkannte Tamar (Genesis 38) Eine Bibelarbeit zu Ehren des Mit-Entdeckers der Evolutionstheorie



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Denn dann würden, so Wallace, „die Frauen der Zukunft“ wieder von ihrem Recht auf 



Familienplanung  und  Partnerwahl  Gebrauch  machen  und  von  ganz  alleine  jene 

Männer  auswählen,  die  ihnen  körperlich  und  geistig-charakterlich  zusagten.  Nicht 

dem  Staat  und Wissenschaftlern,  sondern dem  freien Werben, Binden, Verhandeln, 

Lieben  und  Familiengründen  der  jungen  Leute  sollte  die  gegenseitige 

„Qualitätskontrolle“ (wieder) überlassen werden! Dafür wurde Wallace heftig verlacht, 

obwohl  seine  Position  demografisch  und  evolutionslogisch  viel  „natürlicher“  und 

besser  begründet  war  als  die  der  „darwinistischen“  Kollegen.  Eugenik  erkannte 

Wallace  damit  nicht  nur  als  unnötig,  sondern  als  zutiefst  gefährliche  Anmaßung,  ja 

als  Verbrechen  -  wiederum  gegen  die  Mehrheit  der  wissenschaftlichen  Zunft  und 

säkularen  Ideologen  seiner  Zeit,  die  seine  dringenden  Warnungen  schlicht 

ignorierte.

8

 



 

Gretchenfrage'>Kooperationsspiel

Sexuelle Selektion / Gretchenfrage

 

 



Ohne  die Daten  schon zu verraten (noch etwas Geduld, bitte (-; ), sei auch hier der 

Hinweis  gestattet,  dass  der  heutige  Befund  Wallace  stärkt  –  gerade  auch  in 

Verbindung mit der Religion. Die deutsche Literatur hat in Goethes Faust sogar einen 

ganz  starken  Hinweis  auf  den  Zusammenhang  von  Religiosität  und  „Damenwahl“ 

unsterblich eingefangen. Als Faust mit Gretchen das Bett teilen will, stellt sie ihm die 

zum Sprichwort gewordene Gretchenfrage: „Sag, wie hältst Du’s mit der Religion?“. 

Dass  sich  Gretchen  dann  mit  einer  undeutlichen  Antwort  abspeisen  lässt,  wird  ihr, 

ihrer Familie und ihrem Kind zum Verhängnis. 

 

Die  starke  Tamar  hat  (nach  der  Gretchenfrage?)  gegen  die  Familie  des  Juda  kein 



Veto  eingelegt,  sondern  klar  und  mehrfach  ihre  Wahl  bestätigt.  Und  auch  sie  wird 

darüber  hinaus  die  Männer  und  sogar  den  Patriarchen  selbst  erziehen  müssen, 

bevor aus der Familie ein Stamm, ein Volk, eine Weltreligion werden konnte. So wird 

verständlicher, warum sowohl das davidische Königshaus wie auch die Kompilatoren 

der  Bibel  und  auch  noch  der  Verfasser  des  Matthäusevangeliums  ehrfürchtig 

wussten oder ahnten, was sie ihr zu verdanken hatten. 

 



 

Als eine biblische Erinnerung an die (glücklicheren?) Zeiten sexueller Selektion auch 



durch  die  Frauen  mag  übrigens  auch  die  Paradiesgeschichte  gewesen  sein,  in  der 

ausdrücklich  festgehalten  wird,  dass  direkt  nach  der  Menschwerdung  der  Mann  zu 

seiner Frau zu ziehen hatte. (Gen 2,24) Diese Matri- oder (genauer) Uxorilokalität tritt 

bis  heute in  wenigen  Kulturen  auf,  meist  solchen,  deren Wirtschaftsordnung  sie  vor 

Territorialkonflikten bewahrte. Erst nach der Vertreibung aus dem Paradies kehrt sich 

laut  Bibel  dieses  Verhältnis  im  Rahmen  des  menschlichen  Verfalls  um,  erst  jetzt 

erhält  der  Mann  eine  stärkere Dominanz.  (Gen  3,16)  Heute  bilden  die  Abkehr  auch 

von  patri-  bzw.  virilokalen  Familienmodellen  und  der  Wechsel  zur  Neolokalität  (das 

Paar gründet einen gemeinsamen Haushalt) einen nahezu globalen Trend.  

 

Genesis 38, 7 



Aber Er war böse vor dem HERRN, darum ließ ihn der HERR sterben. 

 

Wir  kommen  hier  zur  dritten  und  letzten  der  genannten  Fragen,  in  denen  Wallace 



gegenüber  den  späteren  Darwinisten  die  stärkeren  Argumente  hat:  der  Bedeutung 

von  Religion.  Religiosität  gehört  zu  den  Universalien  menschlichen,  und,  soweit  wir 

wissen,  nur  menschlichen  Daseins.  Es  wurden  Einzelpersonen,  nie  aber  auch  nur 

eine menschliche Gesellschaft ohne überweltlich legitimiertes Verhalten entdeckt. 

 

Bereits  Darwin  wusste,  was  dies  evolutionslogisch  bedeutete:  Religion  musste  mit 



biologischen  Vorteilen  verbunden  gewesen  sein,  sonst hätte  sie  sich  nicht entfalten 

und  ausbreiten  können.  Veranlagungen,  die  mit  so  hohen  Kosten  verbunden  sind, 

und  dann  nur  schaden  würden,  hätte  der  Evolutionsprozess  auf  jeden  Fall 

aussortieren müssen. Stattdessen war (und wie wir sehen werden, ist) das Gegenteil 

der  Fall:  der  biologische  Erfolg gehörte  (und  gehört!)  den  religiösen  Homo  sapiens. 

Wir  wissen  von  Bestattungen  als  ersten,  gesicherten  Spuren  menschlicher 

Religiosität seit etwa 120.000 Jahren. Wir wissen sogar, dass sie sich zuvor bei zwei  

Jahrhunderttausende  getrennten  Menschenzweigen  konvergent  entwickelte:  bei 

Neandertalern  und  Homo  sapiens.  Und  wir  wissen,  dass  sie  sich  dynamisch 

ausbreitete  -  Bestattungen  wurden  immer  komplexer,  den  Toten  werden  rituelle 

Grabbeigaben  mitgegeben,  später  treten  Schmuck  und  Symbolfiguren  hinzu.  Das 

Aussterben  der  Neandertaler  korrespondiert  mit  einer  weniger  ausgeprägten 

Bestattungs-  und  Religionskultur.  Statt  Survival  of  the  Fittest  gilt  in  den  letzten 

Jahrzehntausenden  der  menschlichen  Evolution,  bis  heute:  Survival  of  the 

Faithfullest. 

 

Obwohl  er  diese  detaillierten  Daten  noch  nicht  haben  konnte,  war  Darwin  selbst 



daher  völlig  klar,  dass  es  sich  bei  Religion  nicht  um  einen  Unfall  der  Evolution 

handeln  konnte.  Er  vermutete  ihren  biologischen  Vorteil  darin,  dass  sie  biologisch 

und  über  Erziehung  Moral  und  Gruppenzusammenhalt  „nach  innen“  fördere:  ein 

religiöser  Stamm  werde  also  besser  kooperieren  und  zusammenhalten  als  ein 

säkularer  Stamm,  und  so  habe  sich  die  Religion  in  dem  von  ihm  vermuteten 

Evolutionskrieg  der  Menschen  durchgesetzt.  Die  Religion  wurde  damit  faktisch  der 

Gewalt untergeordnet. Zumal sich aber viele Vertreter des Christentums und anderer 

Weltreligionen  keinesfalls  nur  als  „Stammesreligionen“  verstanden  und  die  besten 

von  ihnen  daran  festhielten,  auch  in  Menschen  anderer  Herkunft,  Hautfarbe  und 

Sprache  keine  Feinde,  sondern  potentielle  Brüder  und  Schwestern  zu  sehen,  fand 

diese  These  weder  in  der  Religion,  noch  in  der  Wissenschaft  breite  Anerkennung. 

Unter  den  weniger  begabten  Nachfolgern  Darwins  setzte  sich  daher  sogar  die 

Auffassung durch, dass die ganze Religion ein Irrtum oder wenigstens ein überholtes 



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