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zur Erde fallen - praktiziert also gekonnt den Coitus interruptus. Dies ist in der Tat
eine Impulskontrolle unseres Stirnhirns, wie sie kein Tier zu bewerkstelligen vermag!
Sowohl die jüdisch-orthodoxe wie die traditionelle christliche Theologie sah an dieser
Stelle die Hauptsünde des Onan: der Mensch, und nur der Mensch,
kann Sexualität
und Fortpflanzung kulturell und vorausplanend entkoppeln und darf es gerade
deswegen nicht. Er kann, wie der Medizinhistoriker Robert Jütte sein Buch über die
Geschichte der Empfängnisverhütung treffend betitelt hat, „Lust ohne Last“
praktizieren! Und während schon Charles Darwin seitenweise über die Praxis des
Kindesmordes bei Wildbeutervölkern und (wenn auch verschämt) ihre komplexen
Ehe- und Sexualtabus sinnierte, wissen wir dank ethnologischer Feldstudien
inzwischen auch, dass ausnahmslos alle bekannten Völker darüber hinaus über
komplexes Wissen und komplexe Regeln im Bezug auf Sexualität, Verhütung und
Fortpflanzung verfügen.
Genesis 38,10
Was er tat, war böse in den Augen des Herrn. Darum ließ Er auch ihn sterben.
Nun also bekommen wir eine Begründung für die göttlichen Urteile: gerade auch
wenn sie die individuelle Kosten-Nutzen-Rationalität (wie bei Onan, unserem Homo
oeconomicus) übersteigen, dienen sie der Entfaltung des Lebens! Wie auch die
nächsten Verse aufzeigen werden, geht es der Tamar-Geschichte eben nicht um
eine verklemmte Sexualmoral: es geht um die Rechte der Frauen, um Vertragstreue,
eine gesunde Demut vor den Grenzen der eigenen Kalkulationsfähigkeit und letztlich
das „Ja zum Leben“ selbst.
Bevor aber ein Vertreter von „Intelligent Design“ vorschnelle Freude anmelden
könnte, sei der Hinweis gestattet: diese lebensförderliche Wirkung von Religion(en)
ist keinesfalls notwendig auf einen direkten Designer, sondern empirisch auf
religiösen Wettbewerb zurück zu führen.
So bemerkte der berühmte Religionsethnologe Sir James Frazer, ein ausgemachter
Rationalist und Religionskritiker, in seinem Vortrag „Psyches Task“ (veröffentlicht
1909), dass sich auch in den Überlieferungen „primitiver“ Naturreligionen unzählige
komplexe und nicht selten mit Todesstrafen geschützten Institutionen der
Lebenssicherung, Regierung, Eigentumssicherung und Familie fanden, die kein
Einzelner rational ausgedacht haben konnte. Etwa acht Jahrzehnte später entdeckte
der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek, dass seine Theorie des
evolutiven Wettbewerbs passgenau zu Frazers Beobachtungen passte: nicht erst in
der (langsamen) biologischen Evolution, sondern gerade auch in der (um Potenzen
schnelleren) kulturellen Evolution des Menschen würden sich immer wieder jene
Variationen durchsetzen, die ihren Trägern (auch) Reproduktionsvorteile einbrächten.
Man könnte die Hayek-Frazer-Konvergenz in der Erkenntnis zusammenfassen: Auf
Dauer hält sich keine Tradition, die keine Tradenten hervorbringt! Und wer nicht nur
die Tamar-Geschichte, sondern auch die ersten Worte des biblischen Gottes an die
Menschen („Seid fruchtbar und mehret Euch!“, Gen 1,28), die Sorge und
Verheißungen Abrahams und seiner Frauen, der Johanneseltern Zacharias und
Elisabeth (Lk 1,5 f.) und vieler anderer betrachtet, kann auch die Bibel sowohl als
Produkt wie als Zeuge dieser evolutiv erfolgreichen Lebensbejahung zu schätzen
beginnen, auch unabhängig vom Glauben an einen göttlichen Urheber.
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Wir sind hier an einem Punkt angekommen, den wir empirisch überprüfen können.
Wenn Religionen komplexe Motivationen und Regeln der Nachwuchsförderung
entfaltet, getestet, gespeichert und schließlich vermittelt haben, so sollten sich
gerade auch in wohlhabenden, gebildeten und freien Menschenpopulationen
religiöse Menschen für durchschnittlich mehr Kinder entscheiden als säkulare. Und
genau das ist der Fall.
Im Folgenden sind die Ergebnisse der Schweizer Volkszählung 2000 aufgelistet,
geordnet nach der
Geburtenzahl aller erfassten, religionsbezogenen Kategorien.
Religion und Demografie
- Daten Zensus Schweiz (2000)
Religiöse Zugehörigkeit
Lebendgeburten pro
Frau (Rang)
Reproduktiver Vorteil zu „keine
Zugehörigkeit“
Hinduistische Vereinigungen*(Hin)
2,79 (1)
+151,4%
Islamische Glaubensgemeinschaft* (Isl)
2,44 (2)
+119,8%
Jüdische Glaubensgemeinschaft (Jüd)
2,06 (3)
+85,6%
Übrige protestantische Kirche (ÜpK)
2,04 (4)
+83,8%
Neupietistisch-evangelikale Gem. (Npt)
2,02 (5)
+82,0%
Pfingstgemeinden (Pfg)
1,96 (6)
+76,6%
Evang.-methodistische Kirche (EmK)
1,90 (7)
+71,2%
Andere christl. Gemeinschaften (Acg)
1,82 (8)
+ 64,0%
Christlich-orthodoxe Kirchen* (CoK)
1,62 (9)
+45,9%
Übrige Kirchen und Rel.gem.* (ÜKR)
1,44 (10)
+29,7%
Schweiz Gesamt (ScG)
1,43
+28,8%
Buddhistische Vereinigungen* (Bud)
1,42 (11)
+27,9%
Römisch-Katholische Kirche (RkK)
1,41 (12)
+27,0%
Neuapostolische Kirche (NaK)
1,39 (13)
+25,2%
Evangelisch-Reformierte Kirche (ErK)
1,35 (14)
+21,6%
Zeugen Jehovas (ZeJ)
1,24 (15)
+11,7%
Christkatholische Kirche (CkK)
1,21 (16)
+ 9,0%
Keine Zugehörigkeit (KeZ)
1,11 (17)
-
Schon auf den ersten Blick zu erkennen ist, dass Einwohnerinnen der Schweiz in
allen Religionsgemeinschaften durchschnittlich reproduktiv deutlich erfolgreicher sind
als ihre konfessionslosen Zeitgenossinnen. Dies gilt z.B. auch für Jüdinnen, die
deutlich häufiger in Großstädten leben und höhere Bildungsabschlüsse als die
Konfessionslosen haben. Und dies gilt ebenso für neupietistische und
pfingstkirchliche Christinnen, die durchschnittlich längst jünger sind und zu einem
geringeren Anteil Migrationshintergrund haben als ihre Mitbürgerinnen ohne
Religionszugehörigkeit.
Für einen zweiten Blick noch interessant könnte aber ggf. auch der Umstand sein,
dass
gerade
auch
zentralistisch-traditionelle
Gemeinschaften
wie
die
Neuapostolische Kirche oder die Zeugen Jehovas vergleichsweise niedrige
Geburtenraten aufweisen. Wir erinnern uns: im Wettbewerb der Religionen kommt es
eben nicht darauf an, bestimmte Familienformen unbeweglich festzuschreiben,
sondern immer wieder neue, lebensförderliche Antworten auf veränderte
Umweltbedingungen zu finden. Daher gehören die jüdischen Gemeinschaften, die
sich über Jahrhunderte an das städtische und gebildete Leben anpassen konnten
und in der Schweiz auch der Schoa entgingen, und protestantische Freikirchen, in