ERMLANDBRIEFE
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Sommer 2005
Sr. Friedburga: Solche
Schwer-
punkte haben wir gerade auf unserem
Provinzkapitel gemeinsam überlegt
und festgelegt:
Im festen Vertrauen auf die führende
Hand Gottes wollen wir uns mit unse-
ren schwachen Kräften den Nöten der
Menschen stellen. Aufgaben, die sich
daraus ergeben, könnten sein:
• Zeit für die Menschen haben
• Besuchsdienste bei alten und kran-
ken Menschen
• Obdachlosenhilfe
• Hilfestellung in besonderen Notla-
gen
• aktive Teilnahme am Leben der
Pfarrgemeinde (z. B. an den ver-
schiedenen Gremien, Gebet mit der
Gemeinde, Küsterdienst, Kirchen-
schmuck, Kirchenwäsche usw.)
• Kontakt zu Kindern und Jugendli-
chen
• von besonderer Bedeutung ist gera-
de für unsere alten und kranken
Schwestern das Gebetsapostolat.
Ich persönlich möchte durch meine
vermehrten Besuche in den einzelnen
Konventen die Schwestern in ihrem
Sein und Tun stärken und sie motivie-
ren, neue und kreative Wege mutig zu
gehen.
np:
Was passiert mit den Ordens-
häusern - Immobilien - in Berlin und
Münster? Behalten sie ihre bisherigen
Funktionen, werden sie anderen Nut-
zungen zugeführt oder gar verkauft?
Sr. Friedburga: Ich denke, zurzeit ist
es noch verfrüht, eine endgültige Ant-
wort zu geben. Wir wollen ganz be-
wusst verschiedene Möglichkeiten der
Nutzung andenken, wobei an Verkauf
zunnächst überhaupt nicht gedacht ist.
np:
Könnten Sie sich vorstellen, die
hervorragend ausgestatteten Räum-
lichkeiten und die lokale Infrastruktur
(Unterbringungsräumlichkeiten, Spei-
sesäle, Tagungsräume und natürlich
Sakrale Räume) eines „ehemaligen"
Klosters als günstige Familien-Bil-
dungsstätten zu nutzen?
Sr. Friedburga: Gewiss können wir
uns vorstellen, dass wir Räume, die wir
selbst nicht mehr nutzen, für andere so-
ziale Dienste zur Verfügung stellen.
np:
Die klassischen Aufgaben Ihres
Ordens sind ja Krankenpflege und
Ausbildung. In der Kranken- und Al-
tenpflege, so denke ich, werden die
Katharinenschwestern weiterhin tätig
sein. Wird die Kommunität in Deutsch-
land sich in der Ausbildung junger
Menschen - abgesehen von den Kran-
ken- und Altenpflegeschulen - weiter
engagieren?
Sr. Friedburga: Dabei möchte ich
die Kranken- und Altenpflege umfas-
send verstanden sehen. Es geht hier
nicht nur um die körperliche Pflege,
die unsere Schwestern zum Teil nicht
mehr leisten können, sondern auch ge-
rade um die pastorale Betreuung der
alten und kranken Menschen.
Ein weiterer Schwerpunkt sollte in
Zukunft die Berufungspastoral sein,
d. h. wir wollen verstärkt Hilfen an-
bieten bei der Entdeckung und Entfal-
tung der ureigenen Berufung. Berufen
zum Menschsein, zum Christsein,
zum je eigenen Weg.
Wir dachten an die Bildung von
Teams, die sich verstärkt in Familien-
kreisen, Pfarrgemeinden, Schulen und
in der Diözese durch ihr Sein und Tun
einbringen. Wir wollen Menschen an
unserem Leben teilnehmen lassen, da-
mit sie etwas von der Spiritualität und
dem Charisma unserer Stifterin, der se-
ligen Regina Protmann erspüren.
np:
Wäre vielleicht eine aktive Missi-
on in Deutschland, in einem ganz
schwierigen Gebiet also, eine denkba-
re Aufgabe, die ja auch ganz eng mit
Bildung und Ausbildung verbunden
ist, für die Katharinenschwestern?
Sr. Friedburga: Diese Frage ist nicht
einfach zu beantworten, da es uns ein-
fach an jungen Schwestern fehlt, die be-
reit wären, eine solche Aufgabe zu über-
nehmen. Wohl können wir uns vorstel-
len, an bestehenden Projekten z. B. Ge-
sundheitsbetreuung von Obdachlosen
in Wohnmobilen oder bei Betreuung
von Straßenkindern mitzuhelfen.
np:
Einst sind Katharinerinnen von
Deutschland aus in die Welt gegangen,
um dort durch ihr Engagement von der
Liebe Christi Zeugnis zu geben. Kön-
nen Sie sich vorstellen, liebe Sr. Fried-
burga, dass nun Katharinerinnen aus
Brasilien oder Afrika nach Deutsch-
land kämen, um hier zu missionieren?
Sr. Friedburga: Ja, das kann ich mir
sehr gut vorstellen. Schon seit Jahren
leben 3 junge Schwestern aus Polen in
unserer Provinz. Gerne würde ich eine
Einladung an Schwestern in Brasilien
und Afrika aussprechen.
np:
Menschen in „geistlicher Beklei-
dung“ - Ordens-Schwestern und -Brü-
der, Patres und Priester - sieht man in
Deutschland in der Öffentlichkeit
kaum noch. Lediglich in kirchlichen
Räumen kann man noch einen Habit,
eine Soutane sehen. Sind wir als Ka-
tholiken nicht präsent genug in der Öf-
fentlichkeit?
Sr. Friedburga: Da
stimme ich mit
Ihnen überein, wir Katholiken müssten
oft mehr Zivilcourage haben, müssten
uns auch in der Öffentlichkeit mehr für
unseren Glauben einsetzen. Da kön-
nen wir von anderen Religionsgemein-
schaften lernen.
Wir haben uns auf dem Provinzkapi-
tel ganz bewusst zur Beibehaltung un-
serer Ordenstracht entschieden, um so
auch ein äußeres Zeichen unserer Zu-
gehörigkeit zu einer Ordensgemein-
schaft zu geben. Wobei uns sehr be-
wusst ist, dass das äußere Erschei-
nungsbild mit der inneren Haltung und
dem Sein übereinstimmen muss.
np:
Liebe Sr. Friedburga, nun lastet
auf Ihren Schultern die schwere Bürde
der Leitung einer „doppelten“ Provinz.
Sehnen Sie sich nicht manchmal als
ehemalige Kindergärtnerin / Erzieherin
nach grellem Kinderlachen in einem
voller Leben tosenden Kindergarten?
Sr. Friedburga: Ich habe 25 Jahre
sehr gerne bei Kindern gearbeitet und
danach fast 15 Jahre mit der gleichen
Freude die Leitung eines Altenheimes
innegehabt. Nun ist diese Aufgabe
dran und ich will versuchen, meine
ganze Kraft und Liebe für unsere Pro-
vinz einzusetzen, wobei die Freude
und das Lachen bei den Schwestern
nicht zu kurz kommen darf, denn wir
dienen einem Herrn, der auch ein Gott
der Freude ist.
np:
Was ist Ihr besonderes Anliegen,
und was möchten Sie uns Ermländern
auf den Weg geben?
Sr. Friedburga: Ein besonderes An-
liegen ist für mich, dass wir Kathari-
nenschwestern durch unser Sein und
Handeln, im Miteinander und im Zu-
sammenleben mit den Menschen den
Geist unserer Stifterin, der seligen Re-
gina Protmann, weitergeben und da-
durch christliche Werte vermitteln und
bestärken.
Und da möchte ich auch besonders
die Ermländer ermutigen durch ihr Le-
ben zu zeigen, dass es auch in der heu-
tigen Welt und Zeit möglich ist, als
Christ zu leben. In solch einer Atmo-
sphäre wird es dann auch möglich
sein, dass geistliche Berufe wachsen
und sich junge Frauen für ein Leben
entscheiden, nach den evangelischen
Räten zu leben.
np:
Liebe Sr. Friedburga, herzlichen
Dank, dass Sie sich für dieses Inter-
view Zeit genommen haben. Für Ihre
neuen und alten Aufgaben wünschen
wir gutes Gelingen. Der Wahlspruch Ih-
rer Ordensgemeinschaft ist der Wahl-
spruch Ihrer Ordensgründerin, der se-
ligen Mutter Regina Protmann: „Wie
Gott will!“ Möge Ihr Tun und das Ihres
Ordens getreu diesem Wahlspruch se-
gensreich in der Welt wirken. - Danke!
Sr. Friedburga: Ich
danke Ihnen
auch!
Fortsetzung von Titelseite:
Interview mit Provinzoberin
Sr. Friedburga
Ermlandkreis Helle
Ostertagung in Gehrden
Ostertagung des Familienkreises
Helle im Schloss Gehrden - immer ei-
ne aufregende Sache für Groß und
Klein. Mit 71 Teilnehmern, davon 30
Kindern, war die Tagung 2005 aller-
dings nicht ausgebucht - erstmals seit
vielen Jahren. Grund dafür waren ver-
mutlich auch die gestiegenen Kosten.
Das Tagungsthema „Ansichtssache
Ost - West“ wurde von mehreren Seiten
beleuchtet. Benedikt Voigt und Lars
Geismann (Junge Grafschaft) berichte-
ten von Ihrer „Europäischen Versöh-
nungsfahrt 2004“. Selbst Enkel von Ver-
triebenen, haben sie Vertriebene aus
Glatz sowie dortige polnische Bewohner
- Vertriebene aus der heutigen Ukraine -
zusammengebracht, um gemeinsam in
deren ehemalige Heimat Lemberg zu
fahren. Am nächsten Tag widmete Bru-
no Riediger sein Referat den Sicher-
heitsrisiken innerhalb der europäischen
Völkergemeinschaft, die im Vergleich zu
anderen Krisenherden wohl eher unter-
geordnete Bedeutung haben.
Die Kar- und Ostertage feierte mit
uns wieder der Altvisitator Prälat Jo-
hannes Schwalke, auch für die Gehrde-
ner Kirchengemeinde. Er wurde unter-
stützt vom Pater Afonso Adelino Kan-
jengenga, den das Tagungsteam einge-
laden hatte. Er kommt aus Ghana und
promoviert derzeit an der Kath. Hoch-
schule in Eichstätt.
Dank an das Tagungsteam, in diesem
Jahr erstmals unter Leitung von Dr.
Martin Gumbiowski. Fazit: Wieder eine
sehr schöne Ostertagung, bei der aller-
dings ein paar gewohnte Gesichter fehl-
ten. Im nächsten Jahr hoffen wir wieder
auf mehr Teilnehmer. So viel bereits
vorweg: Die Kosten werden erträglicher
sein, weil uns zusätzliche finanzielle Un-
terstützung zuteil wurde.
Beate und Dr. Thomas Rätz
Oben: Ermlands Zukunft auf der Stange. Mädchen des Vor-GJE-Alters genießen
die warmen Strahlen der Ostersonne.
Unten: Das obligatorische Gruppenbild mit beiden Visitatoren. Ein Querschnitt
durch alle Generationen
Alle Fotos: Beate Rätz
Der Ermlandfamilie oberste Geistlich-
keit: Altvisitator Prälat Johannes Schwal-
ke und Visitator Domkapitular Msgr. Dr.
Lothar Schlegel