Robert Wilhelm Bunsen
* 30.03.1811 16.08.1899
Robert Wilhelm Bunsen wurde am 30. März 1811 als Sohn des
Professors Christian Bunsen und seiner Ehefrau Auguste Friederike
Quensel in Göttingen geboren. Schulzeit und Studium der Chemie,
letzteres bei dem bekannten Friedrich Stromeyer, absolvierte Bunsen
in Göttingen. Nach seiner Promotion im Jahre 1831 unternahm er eine
längere Reise nach Berlin, Wien und Paris, wo er die damals
berühmtesten Chemiker kennenlernte. Nach Göttingen zurückgekehrt
widmete er sich verstärkt seinen wissenschaftlichen Untersuchungen
und habilitierte sich 1834 mit einer Arbeit über Doppelsalze der
Cyanide.
Bis zur Berufung von Friedrich Wöhler verwaltete er für eine kurze
Zeit als Privatdozent nach Friedrich Stromeyers Tod dessen Professur.
Als Nachfolger Wöhlers übernahm er dessen Stelle als Chemielehrer
an der Gewerbeschule in Kassel. 1839 wurde Bunsen durch die
Regierung von Hessen-Kassel zum außerordentlichen Professor der
Chemie an der Universität Marburg ernannt, gleichzeitig wurde der
Marburger Stelleninhaber, der a.o. Professor Winkelblech als Lehrer
nach Kassel versetzt. Das alles geschah ohne Rücksprache mit den
Betroffenen und der Universität Marburg, was bereits in der
damaligen Zeit als ungewöhnlicher Vorgang empfunden wurde und
seitens der Universität Marburg aber auch seitens Justus Liebigs in
Gießen zu heftigen Protesten führte [1].
In
Bunsens
Kasseler
Zeit
fielen
seine
grundlegenden
Untersuchungen zu den Vorgängen im Hochofen und die Erkenntnis,
daß das Kohlenstoffmonooxid das wichtigste Reduktionsmittel beim
Hochofenprozeß ist [2, 3]. Auch seine nicht minder bekannten
Arbeiten
über
Kakodylverbindungen,
äußerst
giftigen
und
übelriechenden organischen Arsenverbindungen, begann er in Kassel
und setzte sie in Marburg fort [4]. Ein Ruf nach Dorpat, der ihn 1841
erreichte, bescherte ihm in Marburg die ordentliche Professur für
Chemie. 1842 erfand Bunsen die nach ihm benannte Bunsen-Batterie,
ein Zink/Kohle-Element [5]. Sie war die damals stärkste
elektrochemische Energiequelle, mit der einige Zeit später die
erfolgreiche Schmelzelektrolyse des Aluminiums unternommen
werden konnte.
1851 nahm Bunsen eine Berufung nach Breslau an, wo er allerdings
nur bis zum Herbst 1852 blieb. Er begann dort seine Arbeiten zur
Iodometrie
und
entwickelte
die
Destillationsverfahren
zur
iodometrischen Bestimmung von Braunstein, Bleidioxid und
ähnlichen Verbindungen [6]. In Breslau lernte er auch den 13 Jahre
jüngeren Physiker Gustav Kirchhoff (1824-1887) kennen. Als Bunsen
1852 einem Ruf an die alte Universität Heidelberg folgte, gelang es
ihm zwei Jahre später, Kirchhoff auf eine Professur für Physik nach
Heidelberg zu holen. In Heidelberg entwickelte er zunächst seine neue
Zink/Kohle-Batterie weiter und stellte mit ihr die Alkali- und
Erdalkalimetalle sowie Aluminium und Chrom her. 1855 erfand er das
Gerät, das auch heute noch seinen Namen trägt, den Bunsenbrenner.
Mit ihm konnte man sehr heiße nicht leuchtende Flammen erzeugen.
1859 erkannte Kirchhoff den grundlegenden Zusammenhang
zwischen Emission und Absorption von Licht- und Wärmestrahlen
und konnte die Natur der Fraunhofer'schen Linien in zwei berühmten
Arbeiten erklären.
1860 veröffentlichten Bunsen und Kirchhoff eine gemeinsame
Arbeit über die chemische Analyse durch Spektralbeobachtungen. Am
Schluß dieser Arbeit formulierten die beiden Forscher: „Für die
Entdeckung bisher noch nicht aufgefundener Elemente dürfte die
Spektralanalyse eine nicht minder wichtige Bedeutung gewinnen. Daß
es wirklich solche bisher unbekannte Elemente gibt, davon haben wir
bereits uns zu überzeugen Gelegenheit gehabt. Wir glauben auf
unzweifelhafte Resultate der spektralanalytischen Methode gestützt,
mit völliger Sicherheit schon jetzt die Behauptung aufstellen zu
können, daß es neben dem Kalium, Natrium und Lithium noch ein
viertes der Alkaliengruppe angehöriges Metall gibt, welches ein
ebenso charakteristisches und einfaches Spektrum gibt wie das
Lithium - ein Metall das mit unserem Spektralapparat nur zwei Linien
zeigt, eine schwach blaue ... und eine andere blaue, die ... an
Intensität und Schärfe
der Begrenzung mit der Lithiumlinie
wetteifert.“ [7, S. 161]
Nach weiteren Untersuchungen konnte Bunsen dann über dieses
neue, dem Kalium nahestehenden Metall, berichten [8]. Wieder
zusammen mit Kirchhoff schilderte er, wie sie aus 44.000 Liter
Dürkheimer Solwasser schließlich 50 g eines Salzes dieses neuen
Alkalimetalls gewinnen konnten, das sie aufgrund seiner blauen
Spektrallinien Caesium (Cs) (lat.: Himmelblau) nannten.
Bereits 1861gelang Bunsen dann die Entdeckung eines weiteren,
fünften Alkalimetalls. Er fand es im sächsischen Lepidolith einem
Lithiumglimmer, wo es neben dem Lithium in geringer Menge
vorkommt. Aufgrund seiner Spektrallinien im fernen Rot nannte er
dieses Element Rubidium (Rb) (lat.: dunkelrot). Er konnte zeigen, daß
Rubidium ein ständiger Begleiter des Kaliums ist [9]. 1862
veröffentlichten Bunsen und Kirchhoff erstmals Spektraltafeln der
Alkali- und Erdalkalimetalle und stellten einen Spektralapparat für die
Arbeit im Laboratorium vor [10].
Aufgrund der Spektralanalyse wurde von anderen Forschern eine
Reihe von weiteren Elementen entdeckt: 1861 von Crookes das
Thallium, so genannt wegen seiner intensiv grünen Linie (thallos:
griech. grüner Zweig). Reich und Richter fanden 1863 in der
Freiburger Zinkblende ein Element, das sie wegen seiner hellen
inoligoblauen Spektrallinie Indium nannten. Später wurde mit Hilfe
der Spektralanalyse durch Boisbandran bzw. Nilson und Cleve
Gallium und Scandium und schließlich 1894 durch Rayleigh und
Ramsay die Edelgase entdeckt.
Kirchhoff und insbesondere Bunsen waren nach ihrer spektakulären
Entdeckungen der neuen Metalle und der Spektralanalyse nun
weltberühmt. Eine Vielzahl von Ehrungen und Auszeichnungen
wurden Bunsen in dem nun folgenden Lebensabschnitt zu Teil. Er
arbeitete noch über Funkenspektren, insbesondere über das
Absorptionsspektrum des Didyms, das sein Schüler Auer von
Welsbach (1858-1929) dann als von zwei Metallen – dem Neodym
und dem Praseodym - erzeugt beweisen konnte.
Bunsen hatte sich bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1889 gerne
mit dem Laboratoriumsunterricht und den jüngeren Studenten
beschäftigt, ganz im Gegensatz zum älteren Liebig, dem diese Arbeit
zu einer unerträglichen Last wurde. John Tyndall, der die Absorption
der Wärmestrahlen der Gase wie Kohlenstoffdioxid, Methan und
Wasserdampf entdeckte und ihre Wirksamkeit für das Erdklima
erkannte, war Schüler Bunsens in Marburg. Er schrieb: „Die
hervorragendste Erscheinung an der Universität war Bunsen. Ich
blicke auf ihn zurück als auf den Mann, der meinem Ideal als
Universitätslehrer am nächsten kommt [1, S.77].
Nachfolger Bunsens in Heidelberg wurde 1889 sein Schüler Viktor
Meyer, der zwischenzeitlich in Göttingen gearbeitet hatte. Die letzten
Jahre seines Lebens verbrachte Bunsen relativ ruhig und bei passabler
Gesundheit, ehe er dann am 16.08.1899 – vor 100 Jahren – nach einer
kurzen Krankheit starb.
Er wurde auf dem neuen Friedhof in Heidelberg begraben. Auf
Vorschlag
von
Wilhelm
Ostwald
wurde
die
Deutsche
Elektrochemische Gesellschaft im Jahre 1901 unter Erweiterung ihres
Aufgabengebiets auf die gesamte Physikalische Chemie in „Deutsche
Bunsengesellschaft
für
angewandte
physikalische
Chemie“
umbenannt.
Literatur
[1]
Georg Lockemann, Robert Wilhelm Bunsen, Stuttgart 1949
[2]
R. W. Bunsen, Über die gasförmigen Produkte des Hochofens und ihre
Bedeutung als Brennmaterial, Poggendorffs Annalen der Physik und
Chemie 46 (1839) S. 193ff
[3]
B. Flintjer, Reduktion von Eisenoxiden mit Kohlenstoff und
Kohlenstoffmonooxid – Energetische Aspekte im Chemieunterricht,
PdN-Ch 8 (1991) 12-18
[4]
R. W. Bunsen, Untersuchungen ueber die Kakodylreihe, Liebigs
Annalen der Chemie 37 (1841) S. 1ff
[5]
R. W. Bunsen, Ueber eine Konstruktion der galvanischen Säule,
Liebigs Annalen der Chemie
38 (1841) S. 311ff
[6]
R. W. Bunsen, Ueber eine volumetrische Methode von sehr
allgemeiner Anwendbarkeit, Liebigs Annalen der Chemie 86 (1853)
S.265
[7]
G. Kirchhoff, R. Bunsen, Chemische Analyse, Poggendorffs Annalen
der Physik und Chemie 110 (1860)
[8]
R. Bunsen, Über ein neues dem Kalium nahestehendes Metall,
Monatsberichte der königlichen Akademie der Wissenschaften in
Berlin 1860, S.221
[9]
R. Bunsen, Ueber ein fünftes der Alkaligruppe angehörendes Element,
Monatsberichte der königlichen Akademie der Wissenschaften in
Berlin 1861, S.273
[10]
G. Kirchhoff, R. Bunsen, Die Spektren der Alkalien und alkalischen
Erden, Fresenius Leitschrift abalytische Chemie, 1 (1862) S. 1
Bunsen und Kirchhoff wandelten einst, in gelehrte Gespräche
vertieft, durch den sonnigen Garten ihres Hauses in Heidelberg. Dort
stand auf dem Rasen eine der großen, innen versilberten, spiegelnden
Zierkugeln, wie sie damals Mode waren. Im Vorüberschreiten strich
Bunsen spielerisch mit Hand über diese Kugel und fand sie auf der der
Sonne abgewandten Seite merkwürdigerweise ganz warm, während
die andere Seite, die der Sonne zugekehrt war, sich kühl anfühlte.
Bunsen machte Kirchhoff darauf aufmerksam, der fühlte ebenfalls die
beiden Kugelhälften an und war nicht minder erstaunt. Lange
debattierten die beiden Forscher über die Ursache und erwogen alle
physikalischen Gesetze, die hier in Frage kämen, um das Rätsel zu
lösen. Bunsen glaubte mit Hilfe einer scharfsinnigen Theorie sogar
beweisen zu können, daß es eigentlich so sein müsse. Da kam der
Gärtner vorüber und löste mit einem Schlage das Problem in sehr
einfacher Weise: Er drehte nämlich die Kugel herum, so daß nun die
Schattenhälfte zur Sonnenhälfte wurde. „Das tue ich immer, wenn ich
vorübergehe, sonst wird die eine Hälfte schneller blind als die
andere“, sagte er und die beiden gelehrten Herren gingen etwas
verblüfft und um eine Erfahrung reicher weiter.
Rober Bunsen wurde oft mit seinem bekannten Vetter, dem aus
Korbach stammenden Diplomaten und Geschichtsphilosophen
Freiherr Christian Carl Josias von Bunsen verwechselt, der sich in
seinen letzten Lebensjahren mit der Herausgabe eines Bibelwerkes
beschäftigte, es aber unvollendet hinterlassen mußte. Als Robert
Bunsen bei seinem Kollegen und Freund Sir Henry Roscoe in
England war, wurde er von einer sehr vornehmen Familie eingeladen.
Zuerst verstand er nicht, weshalb man ihm mit allerlei theologischen
Fragen auf den Leib rückte. Auf sie gab er wohl oder übel orakelhafte
Antworten, deren Gewagtheit nur durch sein nicht perfektes Englisch
eine Zeitlang verdeckt blieb. Als dann eine Dame in der Gesellschaft
an Bunsen die Frage richtete, warum er denn sein bedeutendes
„Bibelwerk für die Gemeinde“ nicht fertig geschrieben habe,
antwortete er mit kläglicher Stimme: „Dieses ausgezeichnete Werk ist
leider durch meinen frühzeitigen Tod unterbrochen worden.
Als Bunsen seine ersten Vorlesungen in Heidelberg hielt, erschien
jedesmal ein Student „älteren Semesters“, der nach der „Halbzeit“
geräuschvoll sein Frühstück auspackte und ebenso geräuschvoll
verzehrte. Bunsen gefiel das gar nicht. Doch trotz mahnender Blicke
ließ sich der Student nicht vom Essen abhalten. Als die Störung der
Vorlesung eines Tages wieder begann, erschien auf einen Wink des
Professors der Pedell und stellt einen Krug Bier geräuschvoll vor den
Studenten. Bunsen sagte sehr verständnisvoll: „Ich kann einfach nicht
mehr mit ansehen, daß Sie Ihr Frühstück so trocken verzehren. Bitte,
bedienen Sie sich aus dem Krug!“
Bunsen achtete streng darauf, daß in seinen Laboratorien jedes
Streichholz, das zum Anzünden eines Brenners benutzt worden war,
kaum angesengt daneben abgelegt wurde, weil man es nach seiner
Meinung immer wieder zum Experimentieren gebrauchen könnte.
Bunsen behauptete sogar, die Fähigkeit eines Experimentators schon
an der Zahl und Länge der an seinem Arbeitsplatz befindlichen
Hölzchen zu erkennen.
Eines Tages kam er unverhofft vor Arbeitsgebiet in das
Laboratorium – und was sah er mit Entsetzen? Sein erster Assistent
zündete ein Streichholz nach dem anderen an und blies es sofort
wieder aus. „Was machen Sie denn da?“ schrie Bunsen. „Verzeihung,
Herr Professor“, stotterte der Assistent, „ich präpariere die Hölzer für
den Tag, um Sie bei guter Laune zu halten.
B. Lingmann, Helga Schmiedel, Anekdoten, Episoden, Lebensweisheiten –
von Naturwissenschaftlern und Technikern, Aulis Verlag, Köln 1987