Ich wohnte in den Pferdeställen,
schlief auf dem Boden,
Seite an Seite mit Roger Baughmans Bulldogge,
oder manchmal in einer Box.
Ich konnte zwischen den Beinen der wildesten Pferde herumkriechen,
ohne getreten zu werden – wir waren gut miteinander bekannt.
An Frühlingstagen trieb ich mich überall in der Gegend herum,
ich wollte das Gefühl haben, das mir manchmal verloren ging,
dass ich nicht ein von der Erde getrenntes Ding war.
Es geschah mir immer wieder, dass ich mich selbst verlor, als würde ich schlafen,
wenn ich mit halb offenen Augen im Wald lag.
Manchmal redete ich mit Tieren – sogar mit Kröten und Schlangen –
wenn ich ihnen nur in die Augen sehen konnte.
Einmal sah ich einen Stein im Sonnenschein,
der versuchte, sich in einen Pudding zu verwandeln.
In diesem Friedhof scharten sich im April
tote Menschen um mich, es wurden immer mehr,
es war wie eine Gemeinde in schweigendem Gebet.
Ich wusste nie, ob ich ein Teil der Erde war
und Blumen in mir wüchsen oder ob ich einfach nur so dahin ging –
jetzt weiß ich s.
195 Willie Pennigton
Mich nannten sie den Schwächling, den Dummerjahn,
meine Brüder waren nämlich stark und schön,
ich dagegen war das jüngste Kind und meine Eltern schon alt,
so habe ich nur den kleinen Rest von Kraft geerbt, der noch in ihnen war.
Aber meine Brüder, die fraß das Toben des Fleisches auf, das hatte ich nicht.
Ihre Sinne waren scharf und sie machten Mist, das war bei mir nicht so.
Das Wachsen der Begierde machte sie hart, ich war da anders.
Auch wenn sie sich einen Namen machten und reich wurden ...
Und ich, der Schwächling, der Dummerjahn,
ich blieb in einem kleinen Winkel des Lebens
und hatte eine Vision, und durch mich hatten viele andere diese Vision,
nur wussten sie nicht, dass es durch mich geschah.
So wuchs aus mir ein Baum,
ich war das Senfkorn.
196 Der Atheist vor Ort
Ihr junge Leute debattiert über die Lehre
von der Unsterblichkeit der Seele.
Ich, der hier liegt, war der Atheist vor Ort,
redete gern, liebte den Streit, hatte die Argumente
der Ungläubigen parat. Aber während einer langen Krankheit –
ich hustete mich zu Tode – las ich
die Upanishaden und die Jesusdichtung.
Sie entzündeten die Fackel der Hoffnung, eine innere Stimme
und eine Sehnsucht, die der Schattenmann,
der mich hastig durch die Höhlen der Finsternis führte,
nicht löschen konnte.
Hört auf mich, ihr, die ihr lebt im Reich der Sinne
und nur durch diese Sinne denken könnt:
Unsterblichkeit ist kein Geschenk,
Unsterblichkeit ist eine Errungenschaft;
nur die, die auf Biegen und Brechen um sie kämpfen,
werden sie besitzen.
197 John Ballard
Im Überschwang meiner Kraft
verfluchte ich Gott, doch er schenkte mir keine Beachtung:
genauso gut hätte ich die Sterne verfluchen können.
Am Ende meiner Krankheit, ich lag im Todeskampf, aber ich war entschieden,
verfluchte ich Gott, weil er mich so leiden ließ;
noch immer schenkte er mir keine Beachtung;
er ließ mich allein, das hatte er stets so gehalten.
Genauso gut hätte ich den Turm der Presbyterianerkirche verfluchen können.
Als ich immer schwächer wurde, verfiel ich in Panik:
vielleicht hatte ich Gott durch mein Fluchen verprellt.
Eines Tages brachte mir Lydia Humphrey einen Blumenstrauß,
da kam ich auf den Gedanken mit Gott Freundschaft zu schließen,
also versuchte ich, mit ihm Freundschaft zu schließen;
aber genauso gut hätte ich mit dem Blumenstrauß Freundschaft schließen können.
Ich war jetzt ganz dicht dran an dem Geheimnis,
denn ich konnte wirklich mit dem Blumenstrauß Freundschaft schließen:
ich drückte die Liebe, die ich in mir für den Blumenstrauß empfand, ganz dicht an mich,
so kam ich dem Geheimnis allmählich näher, aber ...
198 Julian Scott
Als es aufs Letzte zuging,
war die Wahrheit der anderen Unwahrheit für mich,
ihre Gerechtigkeit ungerecht.
Ihre Gründe zu sterben waren bei mir Gründe zu leben,
ihre Gründe zu leben bei mir Gründe zu sterben.
Wen sie retteten hätte ich getötet
und die gerettet, die sie töteten.
Und ich, sah, wie ein Gott, wenn er auf die Erde verbracht würde,
nach dem, was er sähe und dächte, seine Rolle spielen müsste;
er könnte nicht in der Welt der Menschen leben
und unter und neben ihnen agieren
ohne ständige Zusammenstöße.
Der Staub ist da, um zu kriechen, der Himmel um zu fliegen –
Deswegen steig auf zur Sonne, Seele,
wenn deine Flügel gewachsen sind!
199 Alfonso Churchill
Sie lachten mich aus, sagten „Prof. Moon“ zu mir,
und ich war doch ein Junge von Spoon River, der, seit er geboren war,
den Drang hatte, alles über die Sterne zu wissen.
Sie verhöhnten mich, wenn ich von Bergen auf dem Mond
und dem spannenden Wechsel zwischen Hitze und Kälte,
von den pechschwarzen Tälern und den silberfarbenen Gipfeln sprach
und behauptete, Spica sei Quadrillionen Meilen von uns entfernt
und der Mensch eine Winzigkeit.
Jetzt aber, Freunde, ehrt man mein Grab,
und es sollte nicht geehrt werden, weil ich am Knox College unterrichtete,
was von den Sternen bekannt ist,
sondern eher deswegen: dass ich über das Wissen von den Sternen
vermittelte, wie groß der Mensch ist,
der trotz allem eine Rolle spielt in diesem System der Dinge,
was den Abstand zu Spica oder den Spiralnebeln betrifft
und der trotzdem eine Rolle spielt bei der Frage,
was dieses Drama zu bedeuten hat.
200 Zilpha Marsh
Letzten Oktober, vier Uhr war s,
da saß ich allein im Schulhaus des Bezirk,
das abseits der Straße zwischen Feldern liegt, die schon halb abgeerntet waren.
Ein Windwirbel blies Blätter gegen die Scheibe
und dröhnte im Rohr des Kanonenofens;
dessen Türchen stand offen und geisterhaftes Glühen
eines niederbrennenden Feuers verwischte die Konturen der Schatten.
Müßig ließ ich das Brettchen kreisen –
plötzlich wurde mein Handgelenk schlaff
und meine Hand bewegte sich rasch über das Brett,
bis „Charles Guiteau“ durchbuchstabiert war
und der Name drohte, sich vor mir zu materialisieren.
Ich sprang auf und floh aus dem Zimmer
barhäuptig hinaus in die Abenddämmerung,
so sehr machte mir meine Begabung Angst.
Danach umschwärmten mich Geister:
Chaucer, Cäsar, Poe und Marlowe,
Cleopatra und Mrs. Surratt –
mit Botschaften, ich konnte rennen, wohin ich wollte. -
Spoon River war sich einig, das war alles bloß seichtes Gewäsch.
Du erzählst den Kindern Unsinn, nicht wahr?
Angenommen, ich habe gesehen, was ihr nie saht,
wovon ihr nie gehört habt, wofür ihr nicht einmal Worte habt,
dann muss es ja so sein, dass ich Unsinn rede,
wenn ihr mich fragt, was ich sehe!
201 James Garber
Wenn du hier vorbeigehst, erinnerst du dich
an den Pfad, den ich quer durch das Grundstück ausgetreten habe,
auf dem jetzt das Opernhaus steht?
Jahrelang musste ich auf diesem Weg zur Arbeit gehen
und immer war ich in Eile.
Beherzige, was das bedeutet:
auch du machst vielleicht diesen Weg,
nachdem die Hügel bei Miller’s Ford
nicht mehr weit entfernt zu sein scheinen;
lang nachdem du sie zum Greifen nahe siehst,
nach vier Meilen über Wiesen;
und nachdem die Liebe einer Frau verstummt ist
und sie nicht mehr sagt: „Ich werde dich retten.“
Und nachdem die Gesichter von Freunden und Verwandten
unscharfen Photographien gleichen, erbärmlich verstummt sind,
den Blick traurig machen, was heißt:
„Wir können dir nicht helfen!“
Und nachdem du der Menschheit nicht länger vorwirfst,
dass sie sich heimlich verbündet hat gegen deine Seele, die die Hände zum Himmel hebt –
sie sind ja alle selbst gezwungen, sei es Mitternacht oder Mittag,
standhaft zu wachen über ihr Schicksal.
Nachdem du zu dieser Erkenntnis gekommen bist, gedenke meiner
und dieses Pfads, es war mein Weg und ich wusste,
dass weder Mann noch Frau, weder Mühe noch Pflicht,
weder Gold noch Macht
die Sehnsucht der Seele leichter macht,
ihre Einsamkeit lindert.
202 Lydia Humphrey
Vorwärts und rückwärts, rückwärts und vorwärts, in die Kirche hinein und wieder heraus,
die Bibel unter dem Arm,
bis ich alt war und grau;
ledig geblieben, allein auf der Welt.
Und fand doch Brüder und Schwestern in der Gemeinde
und Kinder in der Kirche.
Ich weiß, sie haben gelacht und sich gesagt, ich sei ein bisschen merkwürdig.
Ich weiß, dass Adlerseelen hoch über die Kirchturmspitze hinaus
im Sonnenlicht flogen und über die Kirche lachten
und mich verachteten und mich dabei gar nicht wahrnahmen.
Wenn aber die Luft hoch droben ihnen recht war, so war mir die Kirche recht.
Das war die Vision, die Vision, die Vision der Dichter
Im Geiste der Demokratie!
203 LeRoy Goldman
Was wirst du tun, wenn es mit dir zum Sterben kommt
und du hast dein ganzes Leben lang Jesus zurückgewiesen
und liegst da und weißt,
er ist nicht dein Freund?
Das sagte ich wieder und wieder, ich wollte meine Religion zu den Menschen bringen.
Ja! Aber es gibt solche und solche Freunde.
Gesegnet bist du, sagte ich, jetzt weißt du alles,
du hast doch, bevor du hinübergehst,
Vater oder Mutter verloren, einen alten Großvater vielleicht oder deine Großmutter, irgendeine schöne Seele, die ein strenges Leben führte
und dich durch und durch kannte und dich stets geliebt hat:
Sie wird nicht versäumen, für dich zu sprechen
und Gott einen tiefen Blick in deine Seele tun lassen,
wie es nur jemand kann, der von deinem Fleisch ist.
Nach dieser Hand wird sich deine Hand ausstrecken,
und sie wird dich durch den Gang führen in den Hof,
wo du ein Fremder bist!
204 Gustav Richter
Nach eines langen Tages Arbeit in meinen Gewächshäusern,
fiel ich in einen erfrischenden Schlaf, aber wenn du im Schlaf auf der linken Seite liegst, können deine Träume mit einem Schlag beendet werden.
Ich stand zwischen meinen Blumen,
da schien jemand sie anzuheben, wie um sie zu prüfen,
weil sie danach in einen größeren Garten in freiere Luft umgesetzt werden sollten.
Ich war nichts als Blick, ohne Körper,
in einem Licht, wie wenn die Sonne
hereingetrieben wäre und das Glasdach berührt hätte
wie ein Kinderballon, der leichthin zerplatzte
und sich in der goldenen Luft verflüchtigte.
Alles war Schweigen, nur der Glanz
war in mir mit einem Gedanken, so klar
wie eine Stimme, die spricht, und ich, als ein Gedanke,
konnte hören,
wie da jemand war und beim Herumgehen
zwischen den Pflanzwannen überlegte: er entfernte Blätter,
sah nach, ob da Käfer waren und notierte den Zustand der Pflanzen;
er überblickte alles:
„Oh ja, Homer, Perikles, gut.
Cesare Borgia, was fangen wir bloß mit dir an?
Dante, zuviel Dünger, möglicherweise.
Napoleon, lass ihn ein wenig, vorerst.
Shelley, mehr Humus. Shakespeare braucht dringend Sprühen –„
Wolken, was! -
205 Arlo Will
Hast du jemals einen Alligator gesehen,
der aus dem Schlamm heraus an die Oberfläche kommt
und im gleißenden Mittagslicht dich blind anstarrt?
Hast du die Pferde im Stall in der Nacht
zittern sehen und zurückweichen vor einer Laterne?
Bist du je im Dunkeln gegangen
und eine unbekannte Tür ging vor dir auf
und du standest, so schien es dir, im Licht von tausend Kerzen
aus zartem Wachs?
Bist du je gegangen mit dem Wind in den Ohren
und Sonnenlicht um dich herum
und auf einmal fandest du, dass plötzlich ein inwendiger Glanz sich auszubreiten begann?
Oft wirst du auftauchen aus dem Schlamm,
vor offenen Türen stehen,
über viele Felder aus Glanz gehen,
wo sich um deine Schritte tonlos ein Glorienschein legt
wie frisch gefallener Schnee.
So wirst du über die Erde schreiten, starke Seele,
und durch zahllose Himmel
zur letzten Flamme!
206 Hauptmann Orlando Killion
Ihr alle, junge Leute, radikal und verträumt,
die ihr furchtlos hineinspringen wollt ins Leben,
ihr geht an meinem Gedenkstein vorbei:
Macht euch nicht lustig dass da daran erinnert wird, dass ich Hauptmann der Armee war
und an Gott glaubte!
Das eine schließt das andere nicht aus.
Geht respektvoll vorbei und lest nüchtern und genau,
wie ein großes Volk mit frechem Geschrei
auf dem Kentaur der Revolution ritt,
ihm die Sporen gab und die Peitsche, dass er ganz wild wurde,
da scheute er in Panik, als er den Nebel der See sah,
der sich über den Abgrund gelegt hatte, dem sie sich näherten.
Sie stürzten von seinem Rücken in kopflosen Gehorsam,
feierten das Fest des Höchsten Wesens.
Es bewegte sie dabei das nämliche Gefühl der grenzenlosen Wirklichkeit
von Leben und Tod
und die Last des Schicksals ihrer Kultur.
Ich war ein kleiner Mann, der Gott lästerte,
wie sollte ich, erfasst von der Flutwelle der entfesselten Kraft eines Volkes,
weiter Gott lästern
und Hauptmann sein in der Armee?
207 Joseph Dixon
Wer hat diese zerschlagene Harfe in meinen Stein gemeißelt?
Ich bin zu euch hin gestorben, kein Zweifel. Doch wie viele Harfen- und Klaviersaiten
habe ich aufgezogen, festgezogen, zurechtgezurrt für euch,
dass sie wieder lieblich klangen – mit oder ohne Stimmgabel?
Oh ja - Eine Harfe springt aus dem Ohr eines Menschen, so sagt man,
doch woher kommt das Ohr, das über die Länge der Saiten bestimmt
und sie ordnet zu einer Zahlenmagie, die vor euren Gedanken herfliegt
durch ein Tor das sich vor eurem atemlosen Erstaunen schließt?
Ist denn da kein anderes Ohr um das menschliche Ohr herum,
dass es über Saiten und Luftsäulen die Seele des Tons erspüre?
Es erregt mich, wenn ich sage, es ist eine Stimmgabel,
die die Wellen einer Mischung aus Musik und Licht, das von weither kommt,
auffängt, gleichsam Gedankenfühler,
die so weit wie möglich hinaushorchen in den Raum.
Bestimmt beweist die Eintracht, die meinen Geist regierte,
dass da ein anderes Ohr ist, das mich gestimmt hat, das fähig ist, mich hinüber zu stimmen und von mir Gebrauch zu machen, wenn ich dessen würdig bin.
208 Russell Kincaid
Im letzten Frühling, den ich erlebte,
in diesen letzten Tagen saß ich in dem Obstgarten, den niemand mehr bewirtschaftete,
wo über dem Grün der Felder
die Hügel bei Miller’s Ford schimmerten.
Ich verlor mich in Gedanken über den Apfelbaum
mit seinem zerfressenen Stamm und seinen abgestorbenen Zweigen.
Grüne Sprossen mit zarten Blüten
verteilten sich über dieses Wirrwar aus totem Holz,
das nie mehr Früchte tragen würde.
Und ich saß da ganz versunken,
mein Körper halb tot, die Sinne ohne Empfindung,
dachte ans Jungsein und an die jugendliche Erde, -
wie solche Phantomblüten blass leuchteten
vor den leblosen Ästen der Zeit.
Erde, die du uns hier zurücklässt, bevor uns der Himmel aufnimmt!
Wenn ich bloß ein Baum gewesen wäre, den Träume
von Frühling, von jugendlichem Laubwerk erzittern ließen,
hätte mich der Wirbelsturm erfasst
und weggerissen aus der Zerrissenheit meiner Seele
dorthin, wo weder Erde noch Himmel ist.
209 Aaron Hatfield
Spoon River, ihr habt von mir ein Bild der Erinnerung behalten,
das besser ist als Granit,
ich stehe da nämlich vor den Pionieren, Männern und Frauen,
dort in der Kirche der Eintracht am Tag der Kommunion.
Ich spreche mit gebrochener Stimme von den jungen Bauern
von Galiläa, die in die Stadt gingen
und von Bankern und Anwälten ums Leben gebracht wurden;
meine Stimme ging auf im Juniwind,
der von Atterbury her über die Weizenfelder blies,
während die weißen Grabsteine
rings um die Kirche in der Sommersonne glänzten.
Und da standet ihr – meine eigenen Erinnerungen #waren gleichwohl zu schwer, um sie zu ertragen – ihr Pioniere,
mit gebeugten Köpfen, euer Leid ließ euren Atem stärker gehen,
denn eure Söhne waren gefallen in der Schlacht und Töchter
und Kleinkinder verschwunden am Morgen ihres Lebens
oder zu der unerträglichen Mittagsstunde.
Aber in diesen Augenblicken tragischen Schweigens,
als Wein und Brot ausgeteilt waren,
wurden wir versöhnt –
für uns, die wir den Acker bestellten und den Wald rodeten,
für uns Bauern, Brüder der Bauern von Galiläa:
der Tröster kam zu uns
und Trost in Flammenzungen!
210 Isaiah Beethoven
Man sagte mir, ich hätte noch drei Monate zu leben;
da kroch ich nach Bernadotte
und setze mich neben die Mühle, Stunde um Stunde,
wo das aufgestaute Wasser so stark bewegt war,
dass es bewegungslos schien:
So bist du, Welt!
Du bist einfach eine Stelle, wo der Fluss breiter ist,
wo das Leben herunterschaut und wir freuen uns, weil es da ist;
es spiegelt sich in uns und wir fangen an zu träumen.
Wir wenden uns ab, wenn wir aber dann wieder
auf das Gesicht blicken, schauen wir hinaus aufs Tiefland
und auf abgestorbene Baumwollsträucher, wo wir
in den größeren Fluss münden!
Hier aber, bei der Mühle, spielen die Wolkenschlösser Katz und Maus
mit sich selbst im kindischen Wasser.
Über dessen Oberfläche, die in der Nacht wie Achat schimmerte,
lief das flammende Licht des Mondes vor meinen Augen
mitten durch einen Wald. Dann brach ein Flötenton die Stille,
er kam von einer Hütte auf dem Hügel.
Als ich zuletzt bettlägrig war,
schwach und mit Schmerzen, aber die Träume waren bei mir:
die Seele des Flusses war in meine Seele gedrungen
und die gesammelte Kraft meiner Seele geriet in Bewegung,
so rasch, dass sie still zu stehen schien;
sie glitt dahin unter Wolkenstädten und silbernen Kugeln
und sich verwandelnden Welten –
bis ich Trompeten aufblitzen sah
hoch oben auf den Türmen über der Zeit.
211 Elijah Browning
Um mich herum tanzten Scharen von Kindern
am Fuß eines Berges.
Eine Brise erhob sich von Osten und blies sie fort, wie Blätter,
manche hügelauf ...
Alles war verändert:
fliegende Lichter, mystische Monde, Traum-Musik.
Eine Wolke ging über uns nieder.
Als sie sich wieder erhob, war alles verändert,.
Jetzt stand ich mitten in einer Menschenmenge, alle redeten wild drauflos.
Dann tauchte eine Gestalt aus schimmerndem Gold auf,
daneben eine andere mit einer Trompete,
eine dritte, die ein Zepter hielt, stand vor mir.
Sie verspotteten mich und tanzten einen Rigaudon. Und verschwanden. ...
Wieder war alles verändert.
Zwischen Mohnblüten lagerte eine Frau,
sie entblößte ihre Brüste und hob ihren geöffneten Mund herauf zu meinem.
Ich küsste sie.
Ihre Lippen schmeckten nach Salz.
Blut blieb auf meinen Lippen haften.
Erschöpft fiel ich zu Boden.
Ich erhob mich und stieg nach oben, aber Nebel, der von einem Eisberg kam,
machte meine Schritte unsichtbar.
Mir war kalt, alles schmerzte mich.
Dann überfluteten mich wieder Sonnenstrahlen.
Ich sah die Nebeldecke, die alles unter mir zudeckte.
Ich beugte mich über meinen Stab und erkannte meine Silhouette,
die sich gegen den Schnee abzeichnete.
Über mir war tonlose Luft, ein Kegel aus Eis durchstieß sie,
über dem ein einsamer Stern hing.
Mich überliefen Schauder von Ekstase,
Schauder von Furcht.
Aber konnte nicht zurück, nicht mehr abwärts steigen –
O nein! Ich wollte nicht umkehren.
Denn die kraftlosen Wellen der Symphonie von Freiheit
schwappten an die Klippen des Äthers um mich herum.
So kletterte ich auf den Gipfel.
Ich warf meinen Stab fort.
Ich berührte jenen Stern
mit meiner ausgestreckten Hand.
Dann verschwand ich ganz und gar.
Der Berg befreit nämlich jeden
zur unendlichen Wahrheit,
der den Stern berührt.
212 Webster Ford
Erinnerst du dich, o Delphischer Apollo,
an die Stunde des Sonnenuntergangs am Fluss, als Mickey M’Grew rief:
„Da ist ein Geist!“ und ich rief: „Es ist der delphische Apollo!“
Der Sohn des Bankers machte sich über uns lustig und sagte:
„Ihr seid ja beschränkt, es ist Licht bei den Fahnen am Rand des Wassers.“
Und lange danach, langweilige Jahre waren einander gefolgt,
stürzte der arme Mickey im Wasserturm tödlich ab,
tiefer und immer tiefer in die brüllende Finsternis.
Ich trug die Vorstellung in mir, die mit ihm zugrunde ging wie eine Rakete,
die in die Erde stürzt und erlischt, und ich verbarg sie aus Angst
vor dem Sohn des Bankers, hätte ich Pluto anrufen sollen, dass er mich rette?
Rache wurde dir dafür, dass ein ängstliches Herz sich schämte,
das mich im Stich ließ, bis ich dich noch einmal sah zu einer Stunde,
als ich anscheinend mich einem Baum zuwandte, dessen Stamm und Äste
sich verhärtet hatten, zu Stein geworden waren, und doch
wuchsen da Lorbeerblätter, züngelte Lorbeer,
zitterte, wiegte sich, rankte, bekämpfte die Taubheit,
die von den todgeweihten und Ästen, vom sterbenden Stamm in ihre Adern kroch.
Vergebens flieht ihr vor Apollos Ruf, junge Leute,
werft euch selbst ins Feuer, sterbt mit einem Frühlingslied,
wenn ihr im Frühling sterben müsst. Denn keiner darf
Apollo ins Gesicht blicken und leben, wählen müsst ihr
zwischen dem Tod in den Flammen und einem Tod nach Jahren des Grams,
fest verwurzelt in der Erde, spürt ihr die grässliche Hand,
nicht so sehr im Stamm als in der entsetzlichen Taubheit,
die hinaufsteigt zu den Lorbeerblättern, deren Blüten
niemals vergehen – bis ihr fallt. Ihr, meine Blätter,
für Kränze seid ihr zu sehr versengt, ihr taugt allein
für Urnen der Erinnerung, die man vielleicht schätzen wird als Thema
für heroische, furchtlose Sänger der Herzen, die ihre Lieder leben,
Delphischer Apollo.
The Spooniade
Nix mehr
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