Johann Heinrich Bisterfeld



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Die Frage ist es, ob diese Werke in Zsigmonds Bibliothek vorhanden waren. Auf den Regalen und in Kisten fand man Tommasso Campanellas Universalis philosophiae seu opus Metaphysicarum, Philosophia rationalis und Astronomia, Bacons Novum Organum und Silva Silvarum, bzw. mehrere Sprachlehrbücher von Comenius.

Aber es kam auch vor, dass gerade Bisterfeld Bücher von Zsigmond erhielt, so schickte Zsigmond nach Karlsburg [Gyulafehérvár] das neulich in Bartpha [Bártfa] veröffentlichte Werk von Pál Medgyesi Dialogus politico-ecclesiasticus. Medgyesi schrieb diese Streitschrift über die Presbyterien im Auftrag von Zsigmond: die kirchenpolitische Frage der Presbyterien sorgte für Spannungen innerhalb der reformierten Kirche bereits seit dem Ende der 1630er Jahre. Bisterfeld selber spielte eine wichtige Rolle im Herausbilden des Puritanismus in Ungarn und Siebenbürgen, er musste also die diesbezügliche Streitschriftenliteratur gut gekannt haben. Aber im allgemeinen mag er wohl auch die Literatur und die Autoren aus Siebenbürgen, und sogar aus weiteren Regionen verfolgt haben, wie die Werke von István Geleji Katona und Pál Keresztúri, zumal er zu mehreren von diesen Schriften Widmungen und Begrüßungsgedichte verfasste. Mit dem Mathematiker und Astronomen David Fröhlich aus Ober-Ungarn führte er auch einen intensiven Briefwechsel.

Nach diesem Überblick der Buchanschaffungen von Bisterfeld soll im folgenden das Verzeichnis konkret analysiert werden. Inwieweit wird die oben skizzierte Eruditio in den im Katalog auffindbaren Werken widerspiegelt?

Beschreibung der Bibliothek

I. Die Größe der Bibliothek

Obwohl der Abschreiber insgesamt 247 Werke auflistet, es kommt mehrmals vor, dass zu einem Item auch mehrere Werke zugewiesen werden: so z.B. unter Nr° 159. befinden sich gleich zwei Werke von Borelli, unter Nr. 131 gleichfalls zwei Werke von Campanella, bzw. unter Nr° 150. findet man zwei Schriften von Christoph Wittich. Es ist auch nicht bekannt, ob es sich um Kolligate, bzw. Verlagskolligate handelt, von denen bloß die jeweiligen ersten Stücke angegeben wurden. Demgegenüber finden wir auch solche Fälle, wo der gleiche Titel zweimal vorkommt: so das Werk Idololatria von Vossius (Nr° 62. und 185.) oder Julius Caesar Scaligers Exercitationum (Nr° 1. und 188). Wir können auf jedem Fall mit mehr als 247 Werken rechnen.

Leider konnten nur relativ wenige aus den Titeln vollständig identifiziert werden. Der Grund dafür ist, dass der Abschreiber in zahlreichen Fällen nur den Namen des Autors angibt, wie z.B. im Falle von Coelius Rhodiginus (Nr° 6.) oder von Aristoteles (Nr° 14.). Dies bezieht sich vor allem auf die Autoren der Antike und des Humanismus. An anderen Stellen findet man zwar der abgekürzte Titel des jeweiligen Werkes, aber oft waren so viele verschiedene Ausgaben in der frühen Neuzeit vorhanden, dass es beinahe unmöglich ist, all die Ausgaben aufzulisten: dies gilt z.B. für Ciceros De natura Deorum (Nr° 4.) oder für Cardanos De subtilitate (Nr° 187.). Natürlich waren trotzdem einige Werke vollständig identifizierbar, wie beispielsweise die Frankfurter Gesamtausgabe von Bacons Werken aus dem Jahre 1665, denn der Abschreiber notierte hier die Jahreszahl neben dem Namen des Autors und dem Werktitel (Nr° 136.), oder das Werk Centuria von Joachim Camerarius aus 1661, gleichfalls aus Frankfurt (Nr° 196.). Man konnte die Identifizierung mit beinahe völliger Sicherheit im Falle von denjenigen Titeln festlegen, bei denen - meines Wissens - das jeweilige Werk nur einmal im Laufe des XVII. Jahrhunderts veröffentlicht wurde: z.B. bei Heinrich Nolles Physica Hermetica (Nr° 18.) ist bloß eine Hanauer Ausgabe aus dem Jahre 1617 bekannt. In bestimmten Fällen, wo es sinnvoll war, gab ich auch die Daten der zweiten Ausgabe an. Ungefähr die Hälfte der so identifizierten Ausgaben (etwa 80 Werke, d.h. 15-18% der 247 Item) stammen aus den Jahren nach 1655, aus den Jahrzehnten nach Bisterfelds Tode. Die beiden spätesten Werke sind aus dem Jahre 1688 - eines von ihnen wurde für den französischen Adel verfasst, und ist die klassische Pariser Ausgabe der gesamten Werke von Apuleius mit den Kommentaren von Julianus Floridus (Nr° 46.), das zweite ist Caspar Cramers Collegium Chymicum (Nr° 244.). Daraus lassen sich zwei wichtige Schlussfolgerungen ziehen:

1. der Katalog wurde nach 1688 zusammengestellt,

2. die hier aufgezeichnete Bibliothek gehörte nicht Bisterfeld.

II. Sprachliche Zusammensetzung der Bibliothek

Die Mehrheit der identifizierten Titel ist in lateinischer Sprache verfasst. Auch dort, wo nur der Name des Autors bekannt ist, kann mit guten Gründen angenommen werden, dass auch diese Werke auf Latein verfasst waren, denn es handelt sich um antike und humanistische Autoren. Es können nur wenige Ausnahmen erwähnt werden: man findet mehrere deutsch­sprachige Werke - z.B. Abraham Rogerius Offne Thür zu dem verborgenen Heydenthum (Nr° 43.), Johann Daniel Majors See-Farth (Nr° 206.) und der Lustige Schawplatz von Polus (Nr° 209.), auch mehrere französischsprachige - Le Journal des Sçavans (Nr° 200.) und ein Werk von Bernier (Nr° 242.), und ein italienischsprachiges - Ferrante Imperatos Dell’Historia Naturale (Nr° 186.). Daraus lässt sich folgern, dass der Besitzer der Bibliothek bewandert sein musste in der lateinischen und deutschen, und vielleicht auch in der französischen und der italienischen Sprache.



III. Inhaltliche Eigenschaften der Bibliothek

Traditionen und Kommentare: Schwerpunkt Aristoteles

In der frühen Neuzeit basierte der Schulunterricht vor allem auf den Werken von Aristoteles. Dies bedeutet, dass seine Terminologie, Methoden, Klassifikationen und Definitionen verwendet wurden, auch wenn in einer modernisierten und christianisierten Form. Aristoteles ist im Verzeichnis zwar nur mit einem Werk vertreten (Nr° 14.), aber umso mehr sind Kommentare zu seinen Werken zu finden: der bedeutendste von ihnen ist das Werk von Alexandros Aphrodisiensis (Nr° 100. und 217.), der die Lehren von Aristoteles in einer naturalistischen Richtung modifizierte, während der arabische Philosoph Averroës den Lehren eine reinere Form verlieh (Nr° 101.). Philoponus (Nr° 220.) und Ephesius (Nr° 221.) waren namhafte Kommentatoren aus dem Mittelalter. Im Verzeichnis ist die Präsenz der frühneuzeitlichen Rezeption der Werke von Aristoteles viel bedeutender, und das in einer vielfältigen Form: der heftige Prediger und Reformator Savonarola zählt in der Philosophiegeschichte zu einem der Anhänger von Aristoteles (Nr° 122.), während die kritischen Kommentare des Humanisten Barbaro, die er aufgrund von Originaltexten verfasste, ergeben bereits feine Unterscheidungen (Nr° 111. und 232.). Die spanische Universität in Coimbra versah zahlreiche Werke von Aristoteles mit Kommentaren, die auch in protestantischen Gebieten weit verbreitet waren (Nr° 228.), wie auch die im Geiste der Scholastik verfassten Werke des spanischen Jesuiten Pereira (Nr° 115.), bzw. des Kapuzinermönchs Franciscus Titelmannus (Nr° 113.). Der vom Franz I. berufene Professor Vimercati in Paris (Nr° 173), der Arzt des spanischen Herrschers Philipp II., Valles, in Madrid (N° 156.) sind heute Klassiker zur aristotelischen Physik. Jean de Launoy gehörte in französischen Gelehrtenkreisen nicht zu den gewöhnlichen katholischen Theologen: er griff auf historisch-kritischer Grundlage intensiv die Legenden der Märtyrer und Heiligen an, weshalb er auch als Heiligenmörder bezeichnet wurde. Seine Pariser Streitsitzungen wurden 1676 auf königlicher Verordnung verboten (Nr° 97.).

Auch protestantische Gelehrte trugen der Aufrechterhaltung der neuaristotelischen Philosophie bei: wie z.B. David Chytraeus von der Rostocker Universität (N° 116.), oder einer der bedeutendsten protestantischen Metaphysiker Clemens Timpler (Nr° 127.), bzw. Jacob Schegk (Nr° 231.). Der in Strassburg zuerst Medizin lehrende Havenreuter vertiefte sich später in der Physik und der Philosophieforschung so sehr, dass er dank seiner Ansichten auch als der zweite Aristoteles genannt wurde (Nr° 223.). Melchior Zeidler, Theologieprofessor in Königsberg, schrieb ein Lehrbuch zu den Werken Aristoteles (N° 96. und 163.). Der Schotte Boate formulierte bereits bedeutende Einwände (Nr° 236).

Natürlich erlebten auch andere hellenistische Strömungen ihre Blütezeit im XVI-XVII. Jahrhundert: die Stoiker sind im Verzeichnis mit Seneca (Nr° 5.) und mit zwei grundlegenden Werken von Lipsius (Nr° 93. und 94.), die Skeptiker mit einem Werk von Diogenes Laertios (Nr° 15.), und mit Ciceros Academia vertreten (Nr° 90.), bzw. mit dem Adversus mathematicosa von Sextus Empiricus, der eine der wichtigsten Quellen der Geschichte des Skeptizismus in der frühen Neuzeit ist (Nr° 38.).

Libertas philosophica“ versus „philosophia recepta“

Der markanteste und wichtigste Teil des Verzeichnis wird von denjenigen modernen philosophischen Werken gebildet, die in der Geschichte des frühneuzeitlichen Denkens - gegenüber der oben aufgezählten - die meisten Veränderungen hervorriefen. Äußerst spannend ist die Anwesenheit der italienischen Häretiker Giordano Bruno und Campanella an der Seite von solchen Erneuerern der englischen Philosophie wie Bacon, Hobbes und Robert Boyle. Andererseits ist bewundernswert die Reihe der Werke von Descartes und von der ihm folgenden cartesianischen Generation. Unter ihnen ist besonders Spinoza hervorzuheben. Betrachten wir zunächst die italienischen Autoren:

Natürlich fällt gleich Cardano ins Auge (zwei Item: Nr° 133. und 187.), mit dem der Kampf gegen die scholastische aristotelische Auffassung ansetzte. Aus wissenschafts-geschichtlicher Sicht ist vielleicht Telesio (Nr° 129) von noch größerer Bedeutung, der „den ersten ernsten Versuch unternahm, die Naturphilosophie von Aristoteles auszuarbeiten“, wie auch Patrizi, der einen eigenen Lehrstuhl in Ferrara, später in Rom hatte, und die Philosophie von Platon lehrte mit Widerlegung der aristotelischen Philosophie (Nr° 130.). In der frühneuzeitlichen Lesekultur im Karpatenbecken kann kein einziges Werk von Giordano Bruno nachgewiesen werden, in unserem Verzeichnis jedoch finden sich gleich drei Werke von Bruno (Nr° 134.). Die Stücke De immenso, De monade und De minimo der Trilogie sind naturphilosophische Lehrgedichte: nach der Meinung der Kritiker sind diese wenn auch nicht die originärsten im Gesamtwerk von Bruno, so doch die komplexesten. Jedes Element der eklektischen Weltanschauung Brunos ist hier aufgereiht: der Atomismus, die pythagoreische Numerologie, die Kombinatorik, die Gedächtniskunst, die Naturmagie und die konkrete Geometrie. Der als Genie bezeichnete Bruno ist einer der bedeutendsten Wortführer der Konzeption eines mittelpunktlosen, endlosen Universums und der Pluralität der Welten am Ende des XVI. Jahrhunderts. Auf katholischen Gebieten waren seine Werke seit 1603 auf der Liste der verbotenen Bücher. Gleichzeitig mit der Hinrichtung Brunos kam auch Campanella ins Gefängnis, dessen Werk De sensu rerum auch in Frankfurt dank dem Deutschen Tobias Adami veröffentlicht werden konnte (Nr° 212.). In den vier Büchern werden seine Erkenntnistheorie und Anthropologie dargelegt: von besonderer Bedeutung ist das zweite Buch, das der Analyse der materielosen und ewigen Seele gewidmet ist. Die Identifizierung eines zweiten Campanella-Items stieß auf Schwierigkeiten, da Campanella kein Werk mit dem Titel Reformatio Scientiarium verfasste. Er begann aber seine ersten Sammelbände 1636, nach der Flucht nach Paris für den Druck vorzubereiten, aus den geplanten 10 Bänden konnten jedoch nur vier bis 1639 (d.h. bis zu seinem Tode) erscheinen, alle unter dem Haupttitel Instauratio magna scientiarum. Eines (oder vielleicht alle) von diesen mag der Eigentümer der Bibliothek besessen haben (Nr° 131.).

In der Geschichte des frühneuzeitlichen Denkens wird besondere Wichtigkeit drei weiteren, auch im Verzeichnis angeführten, aus Frankreich stammenden italienischen Philosophen zugeschrieben. Ihre Bedeutung besteht darin, dass sie auf einem sehr hohen Niveau den Atomismus neu zu beleben versuchten, und damit den modernen Wissenschaftsdisziplinen neue Wege bereiteten. Von Sébastien Basson ist nur ein auch im Verzeichnis vorhandenes Werk bekannt geworden, das aber im ganzen Jahrhundert in hohem Ansehen stand (Nr° 137. und 238.). Seine Polemik war vor allem gegen Aristoteles gerichtet, und er plädierte - im Gegensatz zu Aristoteles - für eine korpuskulär-atomistische Auffassung der Materie. Jean-Chrysostome Magnen war an der Universität von Pavia tätig, wo er Medizin, später auch Philosophie lehrte, und in seinem Hauptwerk die atomistische Philosophie von Demokritos vom neuen aufnahm (Nr° 82.), obwohl er behauptete, dass in der Öffentlichkeit Aristoteles den Jugendlichen unterrichtet werden müsse, während Demokritos nur in Privatstunden gelehrt werden dürfe. Claudio Berigardo war zuerst in Pisa, dann in Padua als Philosophieprofessor tätig, und wurde durch sein Werk Circulus Pisanus berühmt (N° 237.). In diesem Werk stehen zwei Personen im Dialog einander gegenüber, von denen die eine als Wortführer von Aristoteles, die andere als der von vorsokratischen Denkern (wie Empedokles und Demokrit) auftritt. Berigardo steht - wenn auch nicht eindeutig, jedoch eher - auf dem Standpunkt der letzteren.

Unter den englischen Denkern springt zuerst das Werk Utopia von Thomas Morus ins Auge (Nr° 197.), das einen seltenen Schatz in den ungarischen Buchnachlässen der frühen Neuzeit darstellt. Beinahe als einzige konnte die Frankfurter Gesamtausgabe von Francis Bacon aus dem Jahre 1665 im Verzeichnis mit völliger Sicherheit identifiziert werden (Nr° 136.), aber der Besitzer verfügte auch über ein weiteres Werk von Bacon (Nr° 64.). Rossis Meinung über Bacon ist sehr treffend:

Sein gesamtes Lebenswerk richtete sich darauf, anstelle der rhetorischen, literarisch geprägten Kultur eine wissenschaftlich-technisch geprägte Kultur zu stellen. Bacon war sich völlig bewusst, dass die Verwirklichung dieses Reformprogramms eine Verabschiedung der Tradition bedeutet.

Die Tradition in diesem Falle bezeichnet diejenige zweitausendjährige Kultur, die mit dem Namen von Aristoteles, Platon, Demokrit, Hippokrates, Euklid und Archimedes gekennzeichnet ist, und diejenige Wissenschaft, die seitdem nicht von der Stelle kommt und sich nicht bereichern kann. Bacon rechnete also mit der Tradition ab, und stattdessen kam er auf ein neues System, dessen Wesen in der wissenschaftlichen Aufarbeitung des auf Erfahrung ruhenden Datensammelns bestand (inductio). Auch Kenelm Digby ist ein englischer Philosoph, der lange Zeit in Paris lebte und zum Kreis von Mersenne gehörte. Sein Hauptwerk trägt den Titel Demonstratio immortalitatis (Nr° 154.), das die Beweise der Unsterblichkeit der Seele erschließt. Digby zählte zu den anerkanntesten Philosophen seiner Zeit, zu einem der Hauptvertreter des Atomismus neben Descartes und Gassendi. In den letzten Jahren seines Lebens wurde Bacon vom jungen Thomas Hobbes unterstützt, wobei Hobbes auch mit Digby eine Korrespondenz führte. Der Titel des Werks von Hobbes wurde vom Abschreiber nicht vollständig angegeben, nur so viel ist im Verzeichnis zu lesen, dass die Schrift Opera hieß (Nr° 155.). Es ist anzunehmen, dass es sich um einen Sammelband von Hobbes Werken handelt, der 1668 in Amsterdam herausgegeben wurde. Dies beinhaltete auch die Schrift Leviathan, auf die eine Art Hetzjagd in ganz Europa angesagt wurde. Die Bedeutung dieses im westlichen politischen Denken eine wichtige Wende bringenden - und in der Epoche leidenschaftlich abgelehnten - Autors pflegt man mit der von Spinoza zu messen. Leider wurde auch das Werk des irischen Chemikers, des Sekretären der Royal Society Robert Boyle vom Abschreiber nicht detailliert angegeben (Nr° 158.). Man kann nur hoffen, dass es sich um das Werk Der skeptische Chemiker (aus dem Jahre 1661 oder 1679) oder um das in Genf, 1680 herausgegebene Opera varia handelt, in dem Boyle in Form von Dialogen die aristotelische Lehre der vier Elemente zu widerlegen, bzw. die Theorie von Paracelsus über die drei Prinzipien (Salz, Quecksilber und Schwefel) auch experimentell zu begründen versuchte.

Um auf den europäischen Kontinent zurückzukehren, findet man nur ein einziges Werk von René Descartes (Nr° 141.), und leider konnte nicht nachgewiesen werden, um welches seiner Werke es sich handeln mag. Nach der Erscheinung der Abhandlung über die Methode (Leiden, 1637) wurde die Akzeptanz oder die Ablehnung der cartesianischen Philosophie zu einem der wichtigsten Probleme an den niederländischen Universitäten. Die cartesianische Philosophie, die einen Bruch mit den Traditionen bedeutete, war weniger ein philosophisches System als eher eine Denkmethode, die vor allem auf Ärzte und Theologen einen bedeutenden Einfluss ausübte. An der Universität von Utrecht sorgte für besondere Aufregung, als ein Professor der Medizin Henricus Regius öffentlich gegenüber Voetius die Gültigkeit der cartesianischen Philosophie verteidigte (Nr° 142.), aber diese Denkrichtung im Jahre 1643 vom akademischen Senat auch offiziell verurteilt wurde. An der Universität in Leiden brach diese Polemik während der langen Professur von Adriaan Heerebord (1640-1661) und Johannes de Raei (1653-1668) aus. Die in den niederländischen Traditionen wurzelnde Offenheit und Kompromissbereitschaft trat mit ihrer ganzen Schärfe im Werk von Heerebord auf: durch die Verbreitung des libertas philosophica und der Werke folgender Autoren: Descartes, Gassendi, Basson, Berigard und Magnen (alle auf der Liste). Die Disputationen während der Professur von Heerebord kamen kaum aus den Grenzen der recepta philosophia hinaus, aber in den Korollarien der Disputationen waren sämtliche Argumente von solchen neuen Philosophen angeführt, wie z.B. Basson, Bacon, Campanella, Johannes Sperling und natürlich Descartes (N° 145.). Die Bedeutsamkeit von Heerebord zeigte sich weniger in seinen Werken, als darin, dass er die Universität für moderne Denkrichtungen öffnete. Johannes de Raei, der übrigens ein Anhänger von Regius war, wurde bereits am Anfang seiner Laufbahn dessen bezichtigt, dass er zu sehr im Geiste von Descartes lehrte. Im Jahre 1651 erhielt er eine Erlaubnis, Vorlesungen in Physik zu halten, nur unter der Bedingung, dass er versprach, nicht die Grenzen der aristotelischen Physik zu überschreiten. Dank dieser Vorlesungen entstand das Werk Clavis philosophiae naturalis (Nr° 167., und auch ein nicht identifiziertes Werk unter Nr° 146.), in dem er versuchte, Aristoteles und Descartes in Einklang zu bringen mit der Begründung, Descartes stehe viel näher zu Aristoteles als alle andere Scholastiker. In Groningen sind die Angriffe gegen Descartes mit dem Namen von Marten Schoock, Professor für Logik, gekennzeichnet, der in einem Pamphlet mit dem Titel Philosophia cartesiana (Utrecht, 1643) seine Descartes entgegengesetzte Meinung formulierte (Nr° 143., obwohl es sich nicht mit Sicherheit feststellen ließ, ob es sich tatsächlich um dieses Werk von Schoock handelt). Descartes brachte diese Angelegenheit vor den akademischen Senat.

Einer der Vertreter der ersten cartesianischen Generation war der Astronom und Jurist Daniel Lisptorp aus Uppsala, der auf den letzten Seiten seines Descartes’ Lehren erklärenden Werkes (Nr° 152.) einige Daten aus dem Leben des angesehenen Philosophen, die er aus den vertraulichen Berichten seiner niederländischen Freunde erhielt, anführte. Für Aufregung sorgte auch der Philosophieprofessor Johannes Clauberg an der Hochschule in Herborn, der ab dem Jahre 1649 den Unterricht der cartesianischen Philosophie einführte (Nr° 147.). Die Diskussion wurde dank der Dissertation von Samuel Maresius neu belebt, der die Dissertation 1670 der reformierten Kirche der Vereinigten Niederländischen Erbländer widmete, und der sich - seinen früheren cartesianischen Standpunkt revidierend - gegen diejenigen Theologen wandte, die sich im Unterricht auf die Lehren von Descartes stützten (Nr° 144.). In diesen Bücherkrieg intervenierte auch der in Nimwegen wirkende, der cartesianischen Generation angehörende Philosoph Christoph Wittich, der doch im Streit selber betroffen war, und zwar mit seinem Werk Consensus (Nr° 150.), in dem er, Descartes ähnlich, für die Notwendigkeit der Trennung der Philosophie und der Theologie plädierte, und gleichzeitig diejenigen Anschuldigungen zurückwies, die von Seiten der Vertreter der geozentrischen Weltanschauung stammten - unter anderen von auch im Verzeichnis angeführtem Johannes Herbin (Nr° 149.) und Peter van Mastricht (Nr° 148.).

Nicht unwichtig ist die Tatsache, dass der Sammler, der diese cartesianischen Diskussionen an den niederländischen Universitäten mit größter Aufmerksamkeit verfolgte, sich auch weitere zu diesem Thema verfasste Werke anschuf, die uns als exotisch vorkommen mögen. Der Brief des Neuplatonikers Henry More wurde als eine Verteidigung Descartes abgefasst (Nr° 153.), in dem er die Kraft und Reinheit von Descartes’ Denken lobt, auch wenn er nicht mit all seinen Lehren einverstanden ist. Dieser Brief soll jedoch nicht mit den Briefen verwechselt werden, die More an Descartes, mit dem er 1648-1649 eine rege Beziehung pflegte, schrieb. Auch der französische Jesuit Pierre-Daniel Huet konnte Descartes nicht entgehen. Obwohl er in seiner Jugend noch für Descartes schwärmte, wandte er sich 1679 in seinem Hauptwerk, dem Demonstratio Evangelica (einer vergleichenden Religions­geschichte) gegen Descartes, aber vor allem gegen Spinoza (Nr° 41.). Er widmete Descartes ein eigenes Traktat mit dem Titel Censura philosophiae cartesianae (Paris, 1689).



Im Verzeichnis sind zwar die Werke von Descartes und von seinen Anhängern in überwiegender Mehrzahl zu finden, es ist jedoch ein anderer zeitgenössischer französischer Philosoph, der mit den meisten eigenen Schriften im Verzeichnis repräsentiert ist, und zwar Pierre Gassendi. Er belebte die Lehren von Epikur mit in der Tradition des kritischen Humanismus wurzelnden Methoden neu, um sie anstelle der scholastischen aristotelischen Richtung vorzuschlagen. Er war als praktizierender Astronom auch ein leidenschaftlicher Vertreter und Verbreiter der Lehren von Galilei. Sein Hauptwerk - De vita et doctrina Epicuri - handelt von der Philosophie Epikurs, an dem er lange Jahre arbeitete. Zu dieser Schrift wurde auch eine kürzere Zusammenfassung mit dem Titel Philosophiae Epicuri syntagma verfasst (Nr° 140.). Leider konnte nicht festgestellt werden, welche Werke sich hinter den zwei anderen Gassendi-Item verbergen (Nr° 84. und 241.). Es soll jedoch noch ein hierzu gehörendes Item erwähnt werden, und zwar das Werk des Schülers und Freundes von Gassendi, François Bernier (Nr° 242.). Gabriel Naudé, obwohl er mit Gassendi nicht in Beziehung stand, war eine wichtige Persönlichkeit des französischen Humanismus, der lange Zeit in Italien lebte, und nach seiner Rückkehr nach Paris als Bibliothekar des Kardinals Mazarin tätig war. Später bekleidete er dieselbe Funktion bei der schwedischen Königin Christine. Der Abschreiber gab bloß den Namen von Naudé auf der Liste an (Nr° 119.). Als letzte Item sollen vier wissenschaftsgeschichtliche Raritäten erwähnt werden, denen ich noch auf keinen aus dem Karpatenbecken stammenden Bücherverzeichnissen des XVII. Jahrhunderts begegnete: Le Journal des Sçavans (Nr° 200.) war die erste wissenschaftliche Zeitschrift der Welt. Es war Denys de Sallo, der die Zeitschrift ab dem Jahre 1665 in französischer Sprache wöchentlich herausgab. Sallos Ziel war, interessante Bücher dem Publikum vorzustellen, berühmte Persönlichkeiten unter die Lupe zu nehmen, über neue Ergebnisse der Physik und Chemie, und andere wissenschaftliche Entdeckungen zu berichten. In der ersten Nummer wurde ein in der Nähe von Oxford geborenes Ungeheuer mit zwei Köpfen vorgestellt, aber auch über ein neues Teleskop und neue Linsen, und es wurde über ein Buch von Descartes auch berichtet. Die Acta philosophica Societatis Regiae in Anglia (Nr° 199.), der Blatt der Royal Society, der von Henry Oldenburg herausgegeben wurde, war das englische Gegenstück der Le Journal des Sçavans. Selbstverständlich durfte auch die erste deutsche wissenschaftliche Zeitschrift nicht fehlen: die Akademie der Wissenschaften in Deutschland, die Leopoldina hat 1670 das Blatt Miscellanea curiosa (N° 203.) gegründet. Es wurde dem Kaiser Leopold I. gewidmet, um der Menschheit besonders im Bereich Heilkunde mit neuen Ergebnissen gut zu tun. Mit ähnlicher Zielsetzung hat 1673 Thomas Bartholinus - das Mitglied einer berühmten dänischen Artzdynastie, der als Erster die regelmäßige Obduktion in Dänemark eingeführt hat - die erste dänische wissenschaftliche Zeitschrift Acta medica et philosophica Hafniensia (N° 201.) in Gang gesetzt.

Angesichts dieser Raritäten wirkt das Werk Tractatus theologico-politicus des sonderbarsten und berüchtigten Philosophen des XVII. Jahrhunderts Spinoza kaum als eine Überraschung (Nr° 151.). Das Buch sorgte für Empörung in ganz Europa. Ich möchte besonders die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass der Abschreiber des Verzeichnisses in Hinsicht auf den Autor besonders gut informiert sein mochte, vielleicht selber ein gelehrter Leser, denn die Verleger verschwiegen den Namen von Spinoza am Deckblatt sowohl der ersten wie auch der zweiten Ausgabe (obwohl man in Gelehrtenkreisen ganz genau wusste, von wem das Werk stammt). Unter den Bücherverzeichnissen aus dem XVII. Jahrhundert im Karpatenbecken ist mir bloß ein einziger Fall bekannt (ebenfalls aus den 80er Jahren), wo ein Werk von Spinoza angeführt wird, besser gesagt ein Werk von Descartes durch Spinoza verlegt. Das oben angesprochene Traktat Spinozas war 1676 in den ganzen Niederlanden verboten, wie auch seine späteren Werke. Auch in Ungarn und Siebenbürgen wurde sein Name nur mit heiligem Schauder erwähnt, was auch das folgende besondere Zitat bezeugt - das Zitat ist deshalb besonders, weil es vom Unitarier János Kénosi Tőzsér, von der Mitte des XVIII. Jahrhunderts stammt, der folgendes gerade im Bezug auf einer der Stellen in Bisterfelds Metaphysica schreibt:


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