Kirchengeschichte (Historia ecclesiastica)


Schreiben des Kaisers Konstantin an die Synode in Tyrus



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29. Schreiben des Kaisers Konstantin an die Synode in Tyrus1
Konstantin, der Erhabene, an die heilige Synode in Tyrus.
Es wäre ohne Zweifel angemessen und unseren glücklichen Zeitverhältnissen ganz entsprechend, wenn die katholische Kirche von keiner Spaltung wüßte und die Diener Christi jetzt frei wären von jeglicher Schmähsucht. Da aber manche, von dem Stachel einer ungesunden Streitsucht getrieben (denn ich möchte nicht sagen: ihrer selbst unwürdig lebend), alles in Verwirrung zu bringen suchen, ein Unheil, das mir jedes andere Unglück noch zu überbieten scheint: deshalb ermahne ich Euch, die Ihr, wie man zu sagen pflegt, ohnedies bereits laufet, ohne allen Verzug zusammenzukommen und eine Synode zu halten, den Hilfsbedürftigen beizuspringen, die in Gefahr schwebenden Brüder zu heilen, die entzweiten Glieder zur Eintracht zurückzuführen, die Fehler wieder gut zu machen, so wie es die Zeit gestattet, damit Ihr diesen so großen Provinzen die gebührende Eintracht wieder zurückgebet, die — welch eine Verkehrtheit! — der Hochmut ganz weniger Menschen zerstört hat.
Daß aber dieses Gott, dem Herrn der Welt, wohlgefällig und uns über alles erwünscht ist, und Euch selber, wenn Ihr den Frieden wieder herstellt, ein außergewöhnliches Ansehen verschaffen wird, darin sind wohl alle Menschen einig. Zögert also nicht mehr, sondern spannet nun sofort all Eueren Eifer an, beeilet Euch, die vorliegenden Fragen in geziemender Weise zu erledigen; kommet also zusammen mit aller Aufrichtigkeit und mit vollem Glauben, den der Heiland, dem wir dienen, überall beinahe mit lauter Stimme insbesondere von uns fordert!
Von dem, was meiner Frömmigkeit obliegt, soll nichts fehlen. Von mir ist alles geschehen, was Ihr in Eurem Schreiben beantragt habt. Ich habe zu jenen Bischöfen geschickt, von denen Ihr dieses wünschtet, auf daß sie sich einfinden und mit Euch an den Beratungen teilnehmen; ich habe den Konsular Dionysius gesandt, der die Bischöfe, welche mit Euch bei der Synode zu erscheinen haben, daran erinnern, den Verhandlungen anwohnen, sie überwachen, vorzüglich aber für die Aufrechterhaltung der guten Ordnung Sorge tragen wird. Sollte nämlich jemand, was ich ja nicht erwarte, es versuchen, unseren Befehl auch diesmal zu umgehen und nicht erscheinen wollen, so wird von uns sofort ein Bote abgesandt werden, der ihn kraft kaiserlichen Auftrags absetzen und belehren wird, daß es nicht angeht, zugunsten der Wahrheit erlassenen kaiserlichen Befehlen Trotz zu bieten.
Es wird nun die Aufgabe Euerer Heiligkeit sein, mit einhelligem Urteil, weder von Haß noch von Zuneigung geleitet, sondern nach den kirchlichen und apostolischen Vorschriften für alles, was gesündigt oder aus Irrtum gefehlt worden ist, das entsprechende Heilmittel ausfindig zu machen, damit Ihr die Kirche von jeder Schmähung befreiet, mir meine Sorgen erleichtert, den jetzt Streitenden die Wohltat des Friedens zurückgebet und so Euch selbst den herrlichsten Ruhm erwerbet. Gott schütze Euch, geliebte Brüder!“
Wie sich nun die Bischöfe in Tyrus versammelten, kamen auch einige andere, die falscher Lehren beschuldigt wurden; einer von diesen war Asklepas von Gaza; es kam aber auch der bewunderungswürdige Athanasius. Ich will nun die traurige Geschichte der Anklage auseinandersetzen und dann erzählen, was sich bei der vielbesprochenen Gerichtsverhandlung zugetragen hat.

30. Die Synode in Tyrus (335) und die Umtriebe gegen den seligen Athanasius mit der berüchtigten Hand des Arsenius
Ein gewisser Arsenius war Bischof der Partei des Melitius. Diesen hatten seine Parteigenossen versteckt und gebeten, sich so viel wie möglich verborgen zu halten. Dann schnitten sie irgendeinem Leichnam die rechte Hand ab, balsamierten sie ein, legten sie in ein hölzernes Kästchen, trugen sie überall herum, behaupteten, Arsenius sei umgebracht worden, und bezeichneten als Mörder den Athanasius. Aber das allsehende Auge Gottes ließ den Arsenius nicht allzu lange verborgen bleiben. Es wurde vielmehr zuerst in Ägypten und der Thebais ruchbar, daß er noch lebe; sodann führte ihn die göttliche Vorsehung nach Tyrus, wo jene zu einem so traurigen Spiel mißbrauchte Hand den Richtern vorgelegt wurde. Die Freunde des Athanasius hatten ihn nämlich entdeckt und mitgenommen und nötigten ihn, sich einstweilen in der Herberge verborgen zu halten. Der große Athanasius aber begab sich früh morgens in die Versammlung. Zuerst nun führte man ein Weibsbild herein, das bisher ein zügelloses Leben geführt hatte. Diese erklärte bestimmt und ohne Scham und Scheu, sie habe Jungfräulichkeit gelobt, Athanasius aber, der ihre Gastfreundschaft genossen, habe ihr Gewalt angetan und sie gegen ihren Willen entehrt. Nach dieser ihrer Aussage trat der Beschuldigte ein und zugleich mit ihm ein Priester von lobenswürdigem Lebenswandel mit Namen Timotheus. Als nun die Richter den Athanasius aufforderten, sich gegen die Anklage zu verteidigen, da schwieg dieser still, gleich als wäre er nicht Athanasius. Timotheus dagegen fragte das Weib: „Ich soll mit dir, o Weib, jemals zusammengetroffen, soll in dein Haus gekommen sein?“ Da wurde diese in ihrer Erwiderung noch unverschämter, fing mit Timotheus zu streiten an, streckte ihre Hand aus, zeigte mit dem Finger auf ihn und rief: „Ja, du hast mir meine Jungfräulichkeit geraubt, du hast mir meine Unschuld genommen!“ und anderes, was Frauenspersonen zu sagen pflegen, welche infolge eines maßlos zügellosen Lebens alles Schamgefühl verloren haben. Da nun auf solche Weise die Urheber des ruchlosen Planes zu Schanden geworden waren und auch von den Richtern diejenigen, die Mitwisser waren, erröten mußten, wurde das Weib wieder hinausgeführt. Da verlangte aber der große Athanasius, man solle die Frau nicht entlassen, sondern ins Verhör nehmen und erforschen, wer das angestiftet habe. Jene aber entgegneten, es lägen auch noch andere Anschuldigungen vor, die noch gewichtiger wären und keineswegs durch List und Geschicklichkeit entkräftet werden könnten. Denn das Auge, nicht das Ohr werde entscheiden über das, was gezeigt werden wird. Nach diesen Worten zeigten sie das vielbesprochene Kistchen vor und enthüllten die einbalsamierte Hand. Bei ihrem Anblick schrien alle laut auf; die einen, weil sie die behauptete Greueltat für wahr hielten, die anderen, weil sie zwar um den Betrug wußten, aber der Meinung waren, Arsenius sei noch verborgen.
Als endlich für kurze Zeit Ruhe eintrat, da fragte der Angeklagte die Richter, ob einer unter ihnen sei, der den Arsenius kenne. Da nun viele erklärten, sie kennten den Mann ganz genau, befahl er, denselben hereinzuführen. Und wiederum fragte er, ob dies jener Arsenius sei, der „von mir getötet worden ist, von ihnen aber gesucht wird, und der nach seiner Ermordung noch mißhandelt und der rechten Hand beraubt worden ist“. Als sie einstimmig bekannten, daß er es sei, da schlug Athanasius dessen Mantel zurück, zeigte die beiden Hände desselben, die rechte und die linke, und sprach: „Eine andere Hand möge niemand suchen! Denn jeder Mensch hat von dem Schöpfer der Welt nur zwei Hände empfangen.“ Aber trotzdem daß auf solche Weise auch diese Hinterlist aufgedeckt war, so daß die Ankläger und von den Richtern die mitwissenden nötig gehabt hätten, sich zu verbergen und zu wünschen, daß die Erde sich vor ihnen auftue, so erfüllten sie doch den Saal mit Geschrei und Tumult und nannten Athanasius einen Zauberer, der mit gewissen Blendwerken die Augen der Menschen zu täuschen verstehe. Und schon schickten sie sich an, ihn zu zerreißen und hinzuschlachten, sie, die doch unmittelbar vorher ihn des Mordes angeklagt hatten. Aber die vom Kaiser mit der Aufrechterhaltung der Ordnung betrauten Beamten verhinderten die Ermordung. Sie entrissen den siegreichen Kämpfer ihren Händen, brachten ihn auf ein Schiff und bewirkten so seine Rettung.
Dieser begab sich darauf zum Kaiser und berichtete ihm über das ganze traurige und verwegene Spiel, das man mit ihm getrieben hatte. Jene dagegen entsandten von ihren Gesinnungsgenossen einige Bischöfe in die Mareotis, nämlich den Theogonius von Nizäa, Theodor von Perinth, Maris von Chalzedon, den Zilizier Narzissus und diejenigen, die mit diesen gleicher Gesinnung waren. Die Mareotis ist ein Teil von Alexandrien, so genannt von dem See Maria. An diesem Orte woben sie ihr Lügengewebe, fertigten einige Schriftstücke, stellten ihre bloßgelegten Verleumdungen als wahrheitsgemäße Anklagen hin und sandten sie dem Kaiser. Sie selbst begaben sich nach Aelia.

31. Die Kirchweihe in Jerusalem und die Verbannung des großen Athanasius
Der Kaiser hatte nämlich angeordnet, daß die ganze Versammlung von Tyrus nach Aelia sich begebe1, und befohlen, daß auch alle anderen von allen Seiten her hier zusammenkommen und die von ihm erbauten Tempelgebäude einweihen sollten. Gleichzeitig schickte er auch einige besser gesinnte Beamte, die sich durch Frömmigkeit und Glauben auszeichneten, dorthin mit dem Auftrage, in freigebiger Weise allen alles zu liefern, nicht nur den Bischöfen und Priestern und ihrem Gefolge, sondern auch allen Dürftigen, die von allen Seiten her zusammenströmten. Es wurde auch der göttliche Opferaltar mit königlich schönen Vorhängen und goldenen, juwelenverzierten Kleinodien geschmückt. Nachdem sodann das Fest in der glänzendsten Weise gefeiert worden war, kehrten alle wieder in ihre Heimat zurück; der Kaiser aber ward, als er von dem Glanz und der Pracht der Festfeier erfuhr, von inniger Freude durchdrungen und pries den Geber alles Guten dafür, daß er auch diesen Wunsch ihm erfüllt habe.
Als dann der bewunderungswürdige Athanasius kam und sich über das ungerechte Prozeßverfahren beschwerte, ließ der Kaiser die beschuldigten Bischöfe herbeirufen. Diese kamen, ließen aber jetzt die früheren Verleumdungen angesichts der offenkundigen Widerlegung fallen, versicherten dagegen dem Kaiser, Athanasius habe mit Verhinderung der Getreideausfuhr (aus Ägypten) gedroht. Diesen Versicherungen schenkte der Kaiser Glauben und verbannte den Athanasius in eine Stadt des sogenannten Galliens mit Namen Trier. Es war dieses das dreißigste Jahr seiner Regierung.

32. Die letzten Verfügungen des seligen Kaisers Konstantin
Nachdem noch ein weiteres Jahr und einige Monate verflossen waren, fiel der Kaiser, während er zu Nikomedien in Bithynien weilte, in eine Krankheit. Und da er die Unsicherheit des menschlichen Lebens wohl erkannte, empfing er die Gnade der göttlichen Taufe. Er hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt aufgeschoben, weil er immer gewünscht hatte, sie im Jordanflusse zu empfangen. — Er hinterließ drei Söhne als Erben seines Reiches, Konstantin, Konstantius und als jüngsten Konstans. Er traf auch noch die Verfügung, daß der große Athanasius wieder nach Alexandrien zurückkehren solle, und zwar tat er dieses, obschon Eusebius bei ihm war und ihm das Gegenteil einzureden suchte.

33. Apologie des Kaisers
Es möge sich aber niemand darüber wundern, daß er sich täuschen und verleiten ließ, so große Männer in die Verbannung zu schicken. Er glaubte eben den Vorspiegelungen von Hohenpriestern, die ihre Bosheit zu verhüllen wußten, im übrigen aber eines großen Ansehens sich erfreuten. Diejenigen, welche in den heiligen Schriften bewandert sind, wissen, daß auch der göttliche David, dieser so sanftmütige und große Prophet, hintergangen wurde; und zwar hinterging ihn nicht ein Hoherpriester, sondern ein im Hause erzogener und der Peitsche unterworfener Knecht; ich meine den Siba, der dem Könige über Memphibosthe lügenhafte Angaben machte und dessen Besitztum zu eigen erhielt1. Ich erwähne dieses nicht, um den Propheten anzuklagen, sondern um für diesen Kaiser eine Entschuldigung vorzubringen, die Schwäche der menschlichen Natur zu zeigen und daraus die Lehre zu ziehen, daß man nicht den Anklägern allein glauben darf, auch wenn sie sehr angesehen und glaubwürdig erscheinen, sondern daß man von den zwei Ohren das zweite immer für den Angeklagten aufbewahren soll.

34. Das Ende des Kaisers
Der Kaiser ging also in ein besseres Reich hinüber. Die Statthalter und Feldherrn und die übrigen alle legten ihn in einen goldenen Sarg und brachten ihn nach Konstantinopel, während das ganze Heer vorausging und nachfolgte und seinen Verlust bitter beklagte; denn sie hatten ihn alle als einen gütigen Vater kennen gelernt. Welch großer Ehre aber sein Leichnam teilhaftig wurde und wie lange er im kaiserlichen Palaste verblieb, da die Beamten die Ankunft seines Sohnes2 erwarteten, dieses zu beschreiben halte ich für überflüssig, weil andere es bereits dargestellt haben3. Man kann dieses leicht nachlesen und daraus ersehen, wie sehr der Lenker aller Dinge seine treuen Diener ehrt. Wenn aber jemand diesen nicht glauben will, so möge er sich ansehen, was jetzt bei seinem Grabe und seiner Bildsäule geschieht4 und möge dann glauben den Berichten und dem Herrn, der da sagt: „Wer mich ehrt, den werde ich ehren, und wer mich verachtet, der wird verachtet werden1.“ Zweites Buch (337—361)

Zweites Buch [337—361]


1. Rückkehr des heiligen Athanasius
Nachdem der heilige Athanasius zwei Jahre und vier Monate in Trier geweilt hatte2, kehrte er nach Alexandrien zurück. Aus diesem Anlaß richtete der Kaiser Konstantin, der älteste unter den Söhnen Konstantins des Großen, der im Abendlande über Gallien herrschte, an die Kirche von Alexandrien folgendes Schreiben3.

2. Brief des Kaisers Konstantin, des Sohnes Konstantins, an die Alexandriner
„Der Kaiser Konstantin an das Volk der katholischen Kirche in Alexandrien.

Es wird, wie ich glaube, auch Euerer frommen Einsicht nicht entgangen sein, daß Athanasius, der Verkündiger des verehrungswürdigen (göttlichen) Gesetzes, deshalb für einige Zeit nach Gallien geschickt worden ist, weil die Erbitterung seiner blutgierigen und haßerfüllten Feinde sein geheiligtes Haupt mit Gefahr bedrohte, damit er also nicht durch die Bosheit der schlechten Menschen unheilbare Übel zu erdulden hätte. Um dem zuvorzukommen, wurde er dem Rachen seiner Verfolger entrissen und angewiesen, in dem mir unterstellten Lande sich aufzuhalten, und zwar so, daß er in eben der Stadt, in der er sich befand, an allem Notwendigen Überfluß hatte, obschon seine vielgerühmte Tugend im Vertrauen auf die göttliche Hilfe auch die Beschwerden einer rauheren Lebensweise ganz und gar für nichts halten würde. Nun hat schon unser Herr, der erhabene Konstantin seligen Andenkens, mein Vater, besonders mit Rücksicht auf Euere ihm so angenehme gottesfürchtige Gesinnung beschlossen, den genannten Bischof seiner Stadt zurückzugeben; da er aber, von dem allgemein menschlichen Lose zu früh hinweggerafft, vor der Erfüllung seines Wunsches zur ewigen Ruhe einging, so hielt ich es für angemessen, den Entschluß des hochseligen Kaisers wieder aufzunehmen und zur Ausführung zu bringen. Wenn nun jener sich Eueres Anblicks wieder erfreuen wird, dann werdet Ihr auch vernehmen, in welch hoher Achtung er bei mir gestanden ist. Denn es ist in der Tat nicht zu verwundern, wenn ich etwas für ihn getan habe. Denn sowohl der Gedanke an Euere Sehnsucht wie auch die ganze Erscheinung dieses so großen Mannes hat mein Herz dazu gedrängt und getrieben. Die göttliche Vorsehung beschütze Euch, geliebte Brüder!“


Mit diesem Schreiben langte der heilige Athanasius in Alexandrien an. Alle nahmen ihn mit Freuden auf, die Städter sowohl wie das Landvolk, die Vornehmen wie die gewöhnlicheren Leute. Nur die Anhänger des arianischen Irrglaubens fühlten sich durch seine Rückkehr beunruhigt. Deshalb begannen sie von neuem ihr altes Ränkespiel, Eusebius nämlich und Theogonius und alle, die zu ihrer Partei gehörten, und bestürmten von neuem das Ohr des Kaisers, der ja noch jung war. Ich werde nun erzählen, wie dieser von dem geraden Wege der apostolischen Lehre abgezogen wurde.

3. Kaiser Konstantius wird dem wahren Glauben entfremdet
Konstantia, ehedem die Gattin des Licinius, war eine Schwester Konstantins. Mit ihr wurde ein gewisser Priester befreundet, der den Krankheitsstoff des Arianismus in sich aufgenommen hatte. Er ließ zwar seine Krankheit nicht offen zutage treten, aber in den häufigen Unterredungen mit ihr pflegte er zu sagen, Arius sei das Opfer böswilliger Angeberei geworden. Dieser seiner Schwester wandte nun der allgepriesene Konstantin nach dem Tode ihres gottlosen Gemahls jegliche Fürsorge zu und duldete nicht, daß sie die Beschwerden des Witwenstandes kennen lerne. Ja selbst als sie zum Sterben kam, stand er ihr zur Seite und sorgte für die passendste Pflege. Damals nun ließ sie jenen Priester herbeirufen und empfahl ihn der Huld und Fürsorge des Kaisers. Konstantin versprach damals, ihre Bitte zu erfüllen, und er hat hinterher sein Versprechen auch gehalten; er gestattete jenem Manne freiesten Zutritt und freieste Aussprache seiner Meinung. Aber obschon derselbe so hoher Gnade gewürdigt wurde, wagte er doch nicht, seine Krankheit zu offenbaren, da er sah, daß die Gesinnung des Kaisers in religiösen Dingen unwandelbar feststehe1. Als aber Konstantin, im Begriffe, in das unvergängliche Reich hinüberzugehen, seine vergängliche Herrschaft hier auf Erden durch Testament unter seine Söhne teilte, da vertraute er, weil keiner von ihnen bei seinem Tode anwesend war, das Testament nur diesem Priester an mit dem Befehle, es dem Konstantius einzuhändigen. Dieser war nämlich weniger weit entfernt als die übrigen, und es stand deshalb zu erwarten, daß er vor den übrigen eintreffen werde. Auf diese Weise wurde der genannte Priester mit Konstantius bekannt — er übergab nämlich das Testament, wie es ihm aufgetragen war —, wurde mit ihm befreundet und eingeladen, ihn öfter zu besuchen. Da er nun wahrnahm, daß Konstantius unbeständigen Sinnes sei und ähnlich einem Schilfrohr, das von entgegengesetzten Winden hierhin und dorthin bewegt wird, so faßte er Mut und entschloß sich, den Kampf gegen die evangelische Lehre aufzunehmen. Er beklagte die in den Kirchen herrschende Verwirrung und bezeichnete als Urheber derselben diejenigen, welche das nicht schriftgemäße Wort „gleichwesentlich“ der Glaubenslehre eingefügt hätten; dies verursache die Spaltung wie im Klerus so auch im Volke. Sodann richtete er seine Anklage gegen Athanasius und dessen Gesinnungsgenossen und schmiedete Ränke gegen dieselben.
Diesen Mann nun benützten Eusebius, Theogonius und Theodorus von Perinth als Mitarbeiter und Gehilfen. Theodorus war ein Mann von hervorragender Gelehrsamkeit; er hat auch eine Erklärung der heiligen Evangelien geschrieben; gewöhnlich wird er der Herakleote genannt1. Diese Männer also, welche beständig in der Nähe des Kaisers waren und denselben oftmals sahen, bezeichneten die Rückkehr des Athanasius aus der Verbannung als die Quelle zahlreicher Übel und behaupteten, daß unter den Unruhen nicht nur Ägypten, sondern auch Palästina, Phönizien und die angrenzenden Provinzen zu leiden hätten.

4. Zweite Verbannung des seligen Athanasius. Erhebung und Ende des Gregorius
Mit solchen und ähnlichen Reden wußten sie den leichtbeweglichen Sinn des Kaisers für sich einzunehmen und zu überreden, den Athanasius von seiner Kirche zu vertreiben. Dieser gewahrte jedoch frühzeitig die drohenden Nachstellungen, ging ihnen aus dem Wege und begab sich nach dem Abendlande2. Die Eusebianer hatten nämlich ihre gegen Athanasius ersonnenen Anklagen auch dem Bischof von Rom übersandt. Julius regierte damals die dortige Kirche. Derselbe hielt sich an das kirchliche Gesetz und befahl deshalb den Anklägern, auch ihrerseits nach Rom zu kommen; ebenso berief er den heiligen Athanasius vor seinen Richterstuhl. Letzterer machte sich, nachdem er die Vorladung erhalten hatte, sofort auf den Weg; jene aber, welche das Ränkespiel angezettelt hatten, kamen nicht nach Rom, weil sie wohl erkannten, daß ihr Lügengewebe leicht zu zerreißen sei; dagegen stellten sie für die Herde, die sie ihres Hirten beraubt sahen, einen Wolf als Hirten auf. Derselbe hieß Gregorius und behandelte die Herde sechs Jahre lang grausamer als ein wildes Tier, bis er endlich für seine Frevel büßte, indem er von seiner eigenen Herde gräßlich ermordet wurde.
Athanasius aber begab sich zu Konstans — Konstantin nämlich, der älteste unter den Brüdern, war im Kriege gefallen —, beschwerte sich über die Nachstellungen der arianischen Partei, klagte über ihren Kampf gegen den apostolischen Glauben, erinnerte ihn an seinen Vater und an die von demselben berufene große Synode und wie derselbe an der Versammlung persönlich teilgenommen und die Beschlüsse der Bischöfe durch ein Staatsgesetz bestätigt habe. Durch solche Klagen und Vorstellungen rief er im Kaiser den Eifer seines Vaters wach. Denn kaum hatte dieser solches vernommen, da schrieb er sofort an seinen Bruder und ermahnte ihn das väterliche Erbe der frommen Rechtgläubigkeit unversehrt zu bewahren; denn jener habe durch seinen frommen Glauben seine Herrschaft befestigt, die tyrannischen Herrscher der Römer gestürzt und die ringsum wohnenden Barbaren unterworfen.
Auf dieses Schreiben hin erließ Konstantius den Befehl, daß die Bischöfe des Morgen- und Abendlandes in Sardika, einer Stadt Illyriens, der Hauptstadt der Provinz Dacien, sich versammeln sollten. Denn es gab in der Kirche auch noch viele andere Übelstände, welche eine synodale Behandlung erheischten1.

5. Paulus, Bischof von Konstantinopel
So hatten die Anhänger der arianischen Irrlehre auch den Bischof Paulus von Konstantinopel, einen Vorkämpfer der Rechtgläubigkeit, als Urheber von Unruhen bezichtigt und verschiedene andere Anklagen hinzugefügt, mit denen sie die Prediger der wahren Lehre zu verleumden pflegen. Doch das Volk duldete damals nicht, daß er nach Sardika gebracht werde, weil es die Nachstellungen seiner Feinde fürchtete. Kurze Zeit nachher aber wußten die Arianer den wankelmütigen Sinn des Kaisers für sich zu gewinnen, und nun vertrieben sie den Bischof aus der Kaiserstadt und verbannten ihn nach Kukusus. Es ist dieses eine kleine Stadt, die früher zur Provinz Kappadozien gehörte, jetzt aber zum zweiten Armenien gerechnet wird. Es genügte jedoch den Unruhestiftern nicht, daß der bewunderungswürdige Paulus in der Einsamkeit der Verbannung lebte, sie sandten dazu noch die Schergen ihrer blutdürstigen Gesinnung und überlieferten ihn einem gewaltsamen Tode. Es berichtet uns hierüber der heilige Athanasius, welcher in seiner Verteidigungsschrift wegen seiner Flucht unter anderem folgendes erzählt:
„Den Bischof Paulus von Konstantinopel haben sie verfolgt, und als sie ihn gefunden, haben sie ihn, wie offenkundig ist, erdrosseln lassen an dem Orte, genannt Kukusus in Kappadozien. Als Scharfrichter benützten sie hierzu den Eparchen Philippus, der einerseits führendes Haupt ihrer Häresie, andererseits aber ausführender Diener ihrer schlechten Pläne war2.“
Solch abscheuliche Mordtaten erzeugte die gottlose Lehre des Arius. Dem Kampfe gegen den Eingeborenen entsprechen eben auch die Freveltaten gegen seine Diener.

6. Macedonius und seine Irrlehre
Diesen Bischof schickten sie also in den Tod oder, besser gesagt, hinüber in das Reich der Himmel. Darauf setzten sie an seine Stelle den Macedonius, den sie für ihren Gesinnungsgenossen hielten, weil er ähnlich wie sie lästerlich vom Heiligen Geiste redete. Jedoch nach kurzer Zeit vertrieben sie auch diesen wieder, weil er es nicht über sich bringen konnte, den ein Geschöpf zu nennen, den die Heilige Schrift als Sohn bezeichnet. Daher ist er, getrennt von ihnen, Haupt und Führer einer besonderen Häresie geworden; zwar wollte auch er den Sohn nicht „gleichwesentlich dem Vater“ nennen, aber er lehrte doch, daß derselbe seinem Erzeuger in jeder Beziehung ähnlich sei; den (Heiligen) Geist dagegen nannte er ganz offen ein Geschöpf. Das geschah nicht lange nachher in der eben erwähnten Weise.

7. Die Synode in Sardika1
In Sardika fanden sich nach den alten Berichten zweihundertfünfzig Bischöfe ein2. Es kam auch der große Athanasius und Asklepas von Gaza, dessen ich schon früher Erwähnung getan habe3, und Marcellus von Ancyra, der Hauptstadt von Galatien, der schon zur Zeit der großen Synode (von Nizäa) Bischof war. Es kamen aber auch deren Ankläger und die Häupter der häretischen Partei, die vordem in der Angelegenheit des Athanasius Richter gewesen waren. Da sie jedoch die feste Haltung der Synode und ihre gesunden Anschauungen in bezug auf die göttlichen Lehren wahrnahmen, wollten sie trotz Einladung nicht einmal in der Versammlung erscheinen, sondern entfernten sich schleunig wieder, und zwar mit den ungerechten Richtern auch die Ankläger. Dieses zeigt noch besser das Schreiben der Synode selbst, das ich zum Zweck einer genaueren Darstellung meinem Werke hier einfügen will.

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