Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 16/121 16. Wahlperiode 15. 09. 2016 121. Sitzung



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Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Beer. – Für die Piratenfraktion spricht nun Frau Pieper.

Monika Pieper (PIRATEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der letzten halben Stunde habe ich nichts gehört, was wir nicht schon letzte Woche im Ausschuss besprochen hätten – nur nicht mit so supertoller Empörung.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Es wurden zwei Sachen gesagt, die ich mir nicht verkneifen kann, anzusprechen. Sich hier hinzustellen, und Erlasse vorzulesen – den und den –: Ich hoffe doch, dass wir alle in der Lage sind, uns ein Papier durchzulesen, um dann vergleichen zu können. Zeit damit zu verbringen, sich gegenseitig Dinge vorzulesen, halte ich nicht für zielführend.

Frau Vogt, Sie sagten gerade, Sie hätten ein Konzept zur schulischen Integration vorgelegt. Das ist nicht wahr. Sie haben einen Antrag geschrieben: „Die Landesregierung soll ein Konzept vorlegen“, das steht in diesem Antrag. Sich hier daher hinzustellen und zu sagen, man habe ein Konzept für die schulische Integration, halte ich nicht für richtig.

Wir haben im Ausschuss lange über diesen Erlass diskutiert. Jetzt gebe ich meinen Senf halt auch noch einmal dazu. Vor den Sommerferien kam es hier zu dem kleinen Eklat, weil der Erlass von der Landesregierung kam. Ich war irritiert, und offensichtlich – das wurde gerade gesagt – war auch die SPD irritiert. Wir waren alle irritiert, und wollten hier darüber sprechen. Das wurde abgelehnt. Dazu kann man stehen, wie man will.

Im Ausschuss ist dann diskutiert worden. Frau Ministerin Löhrmann, Sie haben damals gesagt, dieser Erlass müsste nicht im Ausschuss abgestimmt werden, das sei eine Ermessenssache. Das mag so sein, aber im Nachgang muss man zumindest sagen, dass es sehr unsensibel war, diesen Erlass zu diesem Zeitpunkt herauszubringen, ohne die anderen Fraktionen zu beteiligen, weil wir uns in dem Prozess des Integrationsplans befanden. Das ist vielen aufgestoßen. Es wäre sicherlich kein falsches Signal gewesen, zu sagen: Ich bespreche das im Landtag mit den anderen Fraktionen.

Zum Inhalt – ich kann nämlich auch lesen –: Schüler sollen vermehrt in die Regelklassen integriert werden.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Prinzipiell ist das erst einmal nichts Schlechtes. Das wollen wir alle. Integration geht nur im gemeinsamen Tun. Das geht nicht in einer Parallelstruktur, in der sich Förderklassen über Jahre etablieren und keine Chance haben, in dieses Regelsystem zu kommen. Da bin ich komplett bei.

Es hat aber nicht nur bei uns Irritationen gegeben, sondern es gab auch Zuschriften von der GEW und von LehrerNRW. Wir müssen jetzt einfach beobachten, wie sich das entwickelt. Ich habe die Rückmeldung von den Schulen: Es hat sich überhaupt nichts verändert. – Das ist das, was sie sagen, dass alles weiterläuft.

Wir werden sicherlich weiterhin einen sehr kritischen Blick auf diese Dinge haben. Sollte sich irgendwie abzeichnen, dass sich die Aufgaben derart verändern und für die Schulen nicht mehr lösbar sind, werden wir das Thema auch wieder ins Plenum holen. Heute würde ich diese unsägliche Debatte jedoch beenden wollen. Wir werden uns an dieser Stelle enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Pieper. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Löhrmann das Wort.

Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Weiterbildung: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Pieper, ich bin Ihnen für die letzte Aussage ausgesprochen dankbar, …

(Monika Pieper [PIRATEN]: Dann habe ich irgendwas verkehrt gemacht!)

… weil man daran abliest, dass es zumindest sinnvoll war, im Ausschuss ausführlicher darüber zu sprechen. Ich bitte ausdrücklich alle, sich diesen Audiomitschnitt – dazu haben Sie natürlich das Recht, Frau Gebauer – noch einmal anzuhören, damit auch klar wird, was ich gesagt habe und wie die Diskussion war.

Frau Vogt, bei aller Auseinandersetzung: Wenn Sie nach dieser Ausschusssitzung sagen, ich hätte gesagt, alle Kinder sollten ohne Deutschkenntnis sofort in die Regelklassen, dann sage ich: Das habe ich im Ausschuss nicht gesagt und dort schon zurückgewiesen. Dennoch haben Sie es in Ihrer Presseerklärung geschrieben und hier eben wiederholt. Diese Aussage entspricht nicht dem, was ich gesagt habe. Sie entspricht nicht der Wahrheit!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich finde bezeichnend, dass Sie nicht die Größe haben, das dann zurückzunehmen. Sie haben auch nicht die Größe, wenn Sie sich die Texte genau ansehen, zu sagen, Sie seien hier offenbar auf einen Baum geklettert und anders als andere, die erfreulicherweise von den Bäumen auch wieder herunterkommen, dazu nicht bereit seien. Denn Sie wollen dieses Thema ausschlachten für vermeintliche Unruhestiftung und ich weiß nicht was sonst noch. Ich möchte in aller Klarheit sagen: Ich finde es der Sache nicht angemessen, was Sie hier tun.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Frau Hendricks und Frau Beer haben erfreulicherweise die Erlasse zitiert. Das tue ich jetzt natürlich nicht mehr. Allerdings weise ich auf etwas hin, das den Weg auch bereits weist, und zwar das Schulgesetz. Ein Erlass hat den Auftrag, das Schulgesetz umzusetzen und nicht zu verändern, und § 2 Abs. 10 Schulgesetz bestimmt, dass die Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, gemeinsam mit allen anderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden sollen.

Es ist das Ziel der Gesetzgebung von Nordrhein-Westfalen, dass die Kinder Schritt für Schritt mit zusätzlicher Sprachförderung möglichst mit den anderen Kindern zusammen lernen. Das ist in Nordrhein-Westfalen seit etlichen Jahrzehnten eine gute und gängige Praxis, die sich natürlich auch in der derzeitigen Situation bewährt.



Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Vogt?

Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Weiterbildung: Aber sicher.

Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön, Frau Vogt.

Petra Vogt (CDU): Frau Ministerin Löhrmann! Wenn Sie uns unterstellen, wir würden Unruhe stiften wollen, wie erklären Sie sich dann den Brief der Direktorenvereinigung und die Klage des Personalrates?

Sylvia Löhrmann, Ministerin für Schule und Weiterbildung: Jeder Mensch hat hier das Recht, Klageverfahren einzuleiten, die ihren geordneten Gang gehen. Die Zuschrift der Direktorenvereinigung haben wir genauso, wie andere Zuschriften, zum Anlass genommen, um mit den Kolleginnen und Kollegen zu sprechen. Wir haben dazu auch die Rückmeldung bekommen: Die Bedenken sind ausgeräumt. – Wir haben von Schulleitungen die Rückmeldung bekommen, sie hätten sich das über die Ferien genau angesehen und festgestellt, vielleicht etwas zu früh auf die Bäume geklettert zu sein.

Wir haben viele entsprechende Rückmeldungen bekommen.

(Zuruf von Petra Vogt [CDU])

– Ja, aber ich habe Ihnen vorgeworfen, dass Sie mich hier der Lüge bezichtigt haben.

(Zuruf von Petra Vogt [CDU])

– Doch! Sie haben hier etwas wiedergegeben, das ich nachweislich nicht gesagt habe. Das werfe ich Ihnen vor allem vor, weil das den Raum und die Diskussion der politischen Auseinandersetzung übersteigt. – Ich finde das unerträglich. Jetzt berichte ich Ihnen aber jetzt gerne noch zusätzlich aus der Zusammenkunft der Referenten „Migration“, die sich bundesweit austauscht.

(Unruhe bei der CDU)

– Vielleicht hören Sie einmal zu!

Weil nämlich das, was wir tun, in allen anderen Bundesländern auch Praxis ist. Wie in Nordrhein-Westfalen gibt es unterschiedliche Beschulungsmodelle. Diese reichen von der sofortigen Teilnahme am Regelunterricht über die Teilintegration mit individueller Teilnahme am Regelunterricht fließend und steigend bis hin zur Bildung von sogenannten Sprachlernklassen, die bei uns internationale Förderklassen und Vorbereitungsklassen heißen.

Die Bundesländer berichten, dass diese Praxis überall akzeptiert ist, sich jedoch nicht in allen gültigen Rechtsvorschriften finden lässt. So schilderte beispielsweise der Kollege aus Bayern, dass es in Bayern laut Erlass eigentlich immer feste Sprachfördergruppen geben müsste, dies aber rein organisatorisch in ländlichen Gebieten gar nicht möglich wäre, da nicht genügend Schülerinnen und Schüler zur Bildung einer solchen Gruppe vorhanden sind.

Ich möchte damit deutlich machen: Alle Bundesländer, alle Schulen, alle Schulaufsichtsbehörden bemühen sich nach Kräften, den Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden. Sie führen hier eine Phantomdebatte, indem Sie Texte bewusst falsch auslegen. Das finde ich einer zukunftsgerichteten Integrations- und Schulpolitik nicht angemessen. Das möchte ich Ihnen hier in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mein letzter Punkt. Es ist formuliert worden, wir würden etwas ändern, weil wir weniger Geld ausgeben wollten. Wir haben nun gestern deutlich gemacht, dass wir nicht weniger, sondern mehr Geld ausgeben: im Grundstellenbedarf und zur zusätzlichen Sprachförderung über 6.000 Lehrerstellen. Kein anderes Bundesland hat vergleichbar in Stellen investiert, Stellen geschaffen und viele dieser Stellen auch schon besetzt. Das ins Feld zu führen und so zu tun, als wollten wir das machen, um zu sparen, auch das ist ein unhaltbarer Vorwurf. Und auch das möchte ich hier noch einmal deutlich machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das einzige, was untersagt ist – damals und heute –, ist, dass es reine Klassen für Flüchtlinge oder für Ausländer dauerhaft gibt. Das möchten wir nicht. Ich bin froh, Frau Gebauer, dass Sie wenigstens gesagt haben, dass Sie das auch nicht möchten. Dann müssten Sie nämlich froh sein, dass der Erlass dieses klarstellt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)



Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Ministerin Löhrmann. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kommen wir zur Abstimmung.

Die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP haben direkte Abstimmung beantragt. – Wer stimmt dem Antrag zu? CDU und FDP. – Wer stimmt gegen diesen Antrag? SPD und Grüne stimmen gegen diesen Antrag. – Wer enthält sich? Der fraktionslose Kollege Schwerd und die Piraten. – Ich habe gesehen, Herr Stüttgen, als fraktionsloser Abgeordneter haben Sie wie die SPD abgestimmt, also dagegen gestimmt.

Das Ergebnis ist eindeutig: Mit breiter Mehrheit ist dieser Antrag Drucksache 16/12466 abgelehnt.

Ich rufe auf:

4 Anerkennung der Gemeinnützigkeit für Freifunk durch die zuständige Landesbehörde sofort erwirken!

Antrag
der Fraktion der PIRATEN


Drucksache 16/12843 – Neudruck

In Verbindung mit:

Freifunk-Initiativen als gemeinnützig einstufen!

Antrag
der Fraktion der SPD und


der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/12855

Entschließungsantrag


der Fraktion der FDP
Drucksache 16/12934

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Piratenfraktion Herrn Lamla das Wort.

Lukas Lamla (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freifunkengagierte! Liebes Backbone Team! Wir verfolgen ausschließlich gemeinnützige Ziele. Natürlich hat uns seit etwa eineinhalb Jahren die Arbeit mit Geflüchteten und für Geflüchtete massiv beschäftigt und sie beschäftigt uns weiterhin.

Ich zitiere an dieser Stelle Herrn Philip Berndroth, Vorstand des Freifunk Rheinland e. V., aus der Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien vom 3. Mai 2016.

Worum ging es da? Es ging um den Integrationsplan, um Hilfen für Geflüchtete. Vertreter des Freifunks saßen hier wie selbstverständlich gleichberechtigt am Tisch.

Da sind wir schon bei einem der Punkte im Katalog der gemeinnützigen Zwecke. § 52 Abs. 2 Nr. 10 Abgabenordnung: Hilfe für Verfolgte, für Flüchtlinge. In diesem Katalog sind noch 24 weitere Punkte, zum Beispiel Punkt 7: Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung. Auch das machen die Menschen vom Freifunk. Sie bieten regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen rund um die Nutzung und Entwicklung von offener Software, Netzsicherheit und um den Aufbau von gemeinschaftlich getragener Infrastruktur.

(Unruhe)

Ich warte, bis es ein wenig ruhiger wird. Ich höre mich kaum selbst. – Vielen Dank, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

Ich möchte noch Punkt 1 aufführen: Förderung von Wissenschaft und Forschung. Auch das ist ein originärer Zweck von Freifunk. Denn die Freifunkenden selbst betreiben wissenschaftliche Forschung an Netzwerktechnologie und Infrastruktur. Teilweise haben sich sogar Universitäten mit an das Freifunknetz geklemmt, um wertvolle Informationen über Mesh-Netzwerke zu bekommen.

Viele andere Punkte aus dem Katalog sind nicht so unmittelbar wie diese genannten, aber dennoch mittelbare Zwecke von Freifunk: Förderung von Kunst und Kultur. Förderung von Jugend- und Altenhilfe. Förderung eines bürgerschaftlichen Engagements zugunsten mildtätiger Zwecke. Wenn nicht sogar fast alle Zwecke in der Abgabenordnung haben irgendwie Bezug zur Freifunkidee.

Jetzt geht es hier um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Wie kommt es dazu? Bundesweit – auch in NRW – werden Freifunkvereine nicht einheitlich als gemeinnützig anerkannt. Ein mehr oder weniger cleveres Kerlchen aus der SPD-Bundestagsfraktion, Herr Dirk Wiese, hat beim Bundesfinanzministerium nachgefragt: Wie ist es denn mit dem Freifunk und der Gemeinnützigkeit? Die vom Bundesfinanzministerium haben gesagt: Freifunk: gemeinnützig? Nein.

Grundlage dieser Einschätzung war eine völlig unzureichende Recherche und mangelnde Kenntnis sowohl auf organisatorischer als auch auf konzeptioneller und vor allem auch technischer Ebene. Aber nun hatten wir diesen Salat.

Netterweise lautete die Antwort der NRW-Landesre-gierung darauf umgehend „Doch!“, und wir werden uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass es so bleibt bzw. so kommen wird.

An dieser Stelle würde ich mich ganz gerne persönlich bei Herrn Minister Lersch-Mense bedanken, aber leider ist er jetzt nicht da.

(Minister Michael Groschek: Ich gebe es weiter!)

– Vielen Dank.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Wir Piraten arbeiten eigentlich in Sachen Freifunk ganz gut mit der Landesregierung zusammen. Aber warum wendet man sich zuerst an die Bundesebene? Warum trifft das NRW-Finanzministerium nicht selbst eine Entscheidung dazu? Zuständig ist doch eigentlich erst einmal unser Finanzminister Dr. Walter-Borjans. Leider ist er auch nicht da. Warum äußert sich an dieser Stelle zuerst der Medienminister und nicht der eigentlich zuständige Finanzminister?

Angenommen – wirklich nur einmal angenommen –, keiner der Punkte aus der Abgabenordnung würde unmittelbar für Freifunk gelten. Dann läge es an der obersten Finanzbehörde in NRW, zu entscheiden. So einfach ist das eigentlich.

Wir sind uns eigentlich alle einig darüber, dass wir mit dem Freifunk die Allgemeinheit selbstlos fördern. Deshalb muss NRW in dieser Hinsicht sofort aktiv werden; denn, glauben Sie mir, niemand will hier vor dem Finanzgericht klagen, ob Freifunk gemeinnützig ist oder nicht. Das ist nun mal eine politische Frage, die wir hier klären können.

Als bevölkerungsreichstes Bundesland können wir hier in NRW wieder einmal Vorreiter in Sachen Freifunk sein. Also, lassen Sie uns die Chance ergreifen.

Unser Antrag wird übrigens, entgegen der Verlautbarung in der ersten Version der Tagesordnung, direkt abgestimmt. Zwischenzeitlich haben SPD, Grüne und FDP sich zu dem Sachverhalt mit einem eigenen Antrag positioniert, weshalb ich denke, dass eine Diskussion in den Ausschüssen hinfällig geworden ist.

Trotzdem werden wir Piraten der Landesregierung natürlich auf die Finger schauen, ob sie auch wirklich an der Anerkennung der Gemeinnützigkeit für Freifunkvereine arbeitet. – Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)



Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Lamla. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Vogt.

Alexander Vogt (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Freier Zugang zum Internet ist für viele Menschen wichtig – ob im Café oder in Bildungseinrichtungen. Wir sind uns einig, dass unter wirtschaftlichen, kulturellen und natürlich auch unter Bildungs- und Teilhabeaspekten ein freier Zugang zum Netz sinnvoll ist. Dies hat Nordrhein-Westfalen früher als viele andere Bundesländer erkannt. Die Landesregierung und auch wir hier im Landtag haben uns frühzeitig dafür eingesetzt, dass die Rahmenbedingungen für Initiativen, die offene WLAN-Zugänge einrichten, verbessert werden.

Wir haben hier gemeinsam mit Piraten, Grünen und SPD im Juni 2015 einen Antrag beschlossen, der besagt, dass Gebäude, die in Landeseigentum stehen, leichter für offene WLAN-Projekte zugänglich gemacht werden sollen. Wir haben beschlossen, dass die Vorteile und Möglichkeiten von Freifunk besser dargestellt werden sollen, und wir haben darüber hinaus finanzielle Förderungen beschlossen.

Diese Projekte wurden alle auf den Weg gebracht, aber Nordrhein-Westfalen war auch auf Bundesebene aktiv. Insbesondere beim Thema „Störerhaftung“ war diese Landesregierung engagiert und hat mit dafür gesorgt, dass dieses Problem für offene WLAN-Anbieter gelöst wurde.

Ein weiteres Projekt des Landes trägt den Titel „100xWLAN“. Hierzu stehen 1 Million € zur Verfügung, mit denen ebenfalls in Zusammenarbeit mit Freifunkinitiativen Landesgebäude mit freien WLAN-Zugängen ausgestattet werden.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, vieles ist auf den Weg gebracht. Vieles, was gut läuft, wird ehrenamtlich organisiert. Die Errichtung der Router, der Netzwerke und auch die Vermittlung von Medienkompetenz werden von vielen Ehrenamtlern geleistet. Das Ehrenamt ist häufig in Vereinen organisiert. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit dieser Vereine würde ihre Arbeit in vielen Fällen erleichtern.

Das CDU-geführte Bundesfinanzministerium

(Zuruf von Robert Stein [CDU])

weiß dieses Engagement – Herr Stein, Sie nicken – aber anscheinend nicht richtig zu schätzen. Das Schäuble-Ministerium erteilte einer generellen Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunkvereinen eine Absage.

Ja, es gibt derzeit auch in NRW einzelne Vereine, denen die Gemeinnützigkeit anerkannt wurde, beispielsweise über die Argumentation, zur Bildung beizutragen.

Wir als SPD wollen eine rechtssichere Regelung, die die Arbeit der Freifunkvereine erleichtert und auf einen sicheren Boden stellt. Darum fordern wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner in unserem Antrag nicht nur eine weitere ideelle und finanzielle Unterstützung der Freifunkinitiativen durch die Landesregierung, sondern wir fordern auch, dass sich NRW auf Bundes- und EU-Ebene weiterhin für gute Rahmenbedingungen zur Einrichtung offener WLAN-Zugänge einsetzt. Schließlich soll sich NRW für eine umfassende Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunkinitiativen starkmachen.

Dass dies nicht immer einfach ist – Sie hatten es gerade schon angesprochen, Herr Lamla –, sehen wir auch bei der Diskussion um Gemeinnützigkeit von Journalismus. Die FDP hat hierzu einen zusätzlichen Antrag gestellt. Grundsätzlich sind wir darüber noch in der Diskussion, Herr Nückel. Das heißt, wir haben es nicht abgelehnt. Aber wir wollen beim Thema „Gemeinnützigkeit von Journalismus“ durchaus ein paar andere Rahmenbedingungen setzen. Wir haben andere Arbeitsbedingungen, wir haben andere Player, wir haben die Journalistenverbände, die dazu sehr differenziert Stellung nehmen, weshalb wir diese beiden Themen nicht einfach in einem Antrag mixen können.

Unser Antrag ermöglicht der Landesregierung mehrere Optionen, im Bereich Freifunk Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung im Sinne der Vereine zu erzielen. Nur auf die Abgabenordnung Bezug zu nehmen, ist uns zu wenig. Sie sehen: Wir wollen NRW weiterhin als das Unterstützerland für offene WLAN-Zugänge voranbringen und werben um Zustimmung für unseren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)



Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Vogt. – Nun spricht Herr Bolte für die Grünenfraktion.

Matthi Bolte*) (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Lamla, Sie haben eben gesagt, wir hätten uns zwischenzeitlich zu dieser Frage positioniert. Wir haben die Anträge am selben Tag eingebracht. Das muss man der guten Ordnung halber vielleicht für das Protokoll festhalten. Mit dem Entschließungsantrag der FDP haben wir erst recht nichts zu tun. Das wollte ich nur zur Klarstellung sagen, gerade weil wir uns in Bezug auf das Ziel an so vielen Stellen einig sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Nachrichtenlage scheint heute schon ein ganz guter Tag für die digitale Teilhabe zu sein.

Der Europäische Gerichtshof hat heute eine weitere grundsätzliche Klärung zur Frage der Störerhaftung, die uns ja im Zusammenhang mit Freifunk immer wieder beschäftigt hat, erzielt. Man muss bei diesem Urteil sicherlich noch auswerten, wo sich daraus gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt und ob es nicht vielleicht doch wieder Hintertüren für die Abmahnindustrie gibt, so wie das auch in der bundesrechtlichen Regelung an einigen Stellen zu sein scheint.

Dem Grunde nach ist heute ein guter Tag, weil der EuGH klargestellt hat, dass WLAN-Betreiber nicht für das haften, was über ihre Netzwerke abgewickelt wird. Diese Klarstellung ist – so einfach sie eigentlich klingt – erst mal gut.

Die Klarstellung klingt einfach. Wenn man sich aber die Geschichte anschaut, dann sieht man, wie lange es in Deutschland gedauert hat, diese doch eigentlich relativ einfache Frage der Haftungsfreistellung final zu klären. Das war für den WLAN-Ausbau in Deutschland und die Sicherung der digitalen Teilhabe schlecht. Umso wichtiger war es, dass sich in den vergangenen Jahren schon so viele Freifunkerinnen und Freifunker dieser Frage gewidmet und mit großem Engagement für digitale Teilhabe gesorgt haben.

Wir waren als Land in dieser inhaltlichen Frage immer klar. Wir waren auch bei der Schaffung von Rahmenbedingungen klar. Wir haben aber auch seit vielen Jahren und auch schon viel länger als andere Länder bereits an der Seite der engagierten Freifunkerinnen und Freifunker gestanden. Wir haben es gerade schon gehört: Wir fördern den Freifunk im Rahmen der Medienkompetenzförderung, wir fördern den Aufbau von Infrastrukturen. Außerdem macht das Land – das hat auch der Kollege Lamla gerade schon angesprochen – seine Liegenschaften für Freifunk zugänglich.

Wir wollen einen weiteren Schritt gehen und uns für die Gemeinnützigkeit von Freifunk einsetzen, denn das Engagement für digitale Teilhabe wird nicht nur durch viele engagierte Einzelpersonen, sondern auch durch viele engagierte Vereine vor Ort getragen. Gerade für Freifunkvereine wächst auch ein Stück weit mit dem Anwachsen der Bewegung in den letzten Jahren immer stärker die Herausforderung, von den Finanzbehörden in ihrer Gemeinnützigkeit anerkannt zu werden. Es gibt in Nordrhein-Westfalen anerkannte Vereine, es gibt aber auch andere Fälle, wo das eben nicht gelungen ist. Da gibt es bisher keine generelle Klärung.

Deshalb macht es Sinn, jetzt politisch aktiv zu werden und das zu ändern, denn klar ist, dass Freifunk einen Mehrwert für alle bietet. Ich weiß auch – das müssen wir als Fachkolleginnen und -kollegen noch einmal betonen, weil es für viele noch unklar ist –, dass Freifunk weit mehr ist, als einfach nur kostenloses Internet bereitzustellen.

Es bietet trotz alledem einen Mehrwert für alle. Es bietet denjenigen, für die der Zugang zum Netz nicht möglich ist, weil sie ihn sich nicht leisten können, die Chance auf digitale Teilhabe. Ich denke da ganz besonders an das letzte Jahr, in dem es viele Initiativen aus der Freifunkbewegung gab, die in einer durchaus angespannten Situation die Internetversorgung in den Geflüchteteneinrichtungen gewährleistet haben. Sie haben da eine große und wichtige Arbeit geleistet und ich bin dafür sehr dankbar.

Das ist nur ein sehr illustratives Beispiel dafür, dass digitale Teilhabe heute eine zentrale Gerechtigkeitsfrage ist und dass diejenigen, die an ihrer Verwirklichung mitwirken, Unterstützung verdient haben.

Wir wollen uns heute deshalb auf den Weg machen. Deshalb haben wir diesen Antrag eingebracht. Wir fordern die Landesregierung auf, eine Initiative auf Bundesebene zu unternehmen, die die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk zum Ziel hat.

Dafür ist es vernünftig, verschiedene Instrumente vorzuschlagen – nicht allein die Abgabenordnung, auch wenn der Kollege Lamla sie gerade sehr ausführlich durchgegangen ist. Wir stellen in unserem Antrag sehr vernünftige Instrumente vor, mit denen die Landesregierung auf Bundesebene und im Länderkreis auf dieses Ziel hinarbeiten kann.

Wenn uns das gelingt, dann haben wir die Chance, dass wir heute noch einen weiteren Beitrag leisten und es ein guter Tag für Freifunk und für digitale Teilhabe wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


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