Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 16/133 16. Wahlperiode 25. 01. 2017 133. Sitzung



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Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Piratenfraktion hat nun Herr Herrmann das Wort.

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank für die Erteilung des Wortes. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Zuallererst möchte ich natürlich sagen, dass auch wir Piraten den Einsatzkräften, die am Silvesterabend einen guten Dienst gemacht haben, selbstverständlich unseren herzlichen Dank aussprechen.

Dazu gehören die zahlreichen Polizistinnen und Polizisten, die diesen anstrengenden Job gut verrichtet haben, aber auch die Rettungskräfte, die Feuerwehren, die vielen Pflegekräfte, die ebenfalls an Silvester ihren nicht minder schweren Dienst in den Krankenhäusern und Pflegeheimen ableisten, sowie alle anderen, die ihren Dienst für die Allgemeinheit ausüben, wenn die meisten anderen Menschen feiern. Ein solcher Dank ist selbstverständlich.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Tatsache, dass uns nun zwei Anträge vorliegen, deren Dank sich speziell an die Polizei in Köln richtet, ist wohl dem Umstand geschuldet, dass es offenkundig doch Vorgänge gibt, bei denen sich in den letzten Wochen Widersprüche aufgetan haben, die bis jetzt nicht richtig aufgeklärt sind.

Als Erstes wäre der Umstand zu nennen, dass bis heute nicht restlos geklärt ist, wie es zu dem Tweet der Polizei Köln mit einer diskriminierenden Bezeichnung für eine Gruppe von Menschen kam; Frau Schäffer hat eben darauf hingewiesen. Für die Polizei hat sich Polizeipräsident Mathies dafür entschuldigt. Das begrüßen wir und hoffen, dass die entsprechenden Vorkehrungen getroffen wurden, dass Ähnliches nicht wieder passieren kann.

(Beifall von den PIRATEN)

Viel schwerwiegender ist jedoch der Umstand, dass nach diversen Presse- und Augenzeugenberichten Menschen rein nach deren Aussehen am Hauptbahnhof Köln aussortiert und dann bis nach Mitternacht ohne weitere Maßnahmen in einem Polizeikessel festgehalten wurden. Zunächst war die Rede davon, dass diese Menschen aufgrund einer aggressiven Grundstimmung festgehalten worden seien. Das klingt jetzt nur vordergründig nachvollziehbar; denn es ist nicht geklärt worden, woran eine aggressive Grundstimmung erkannt wird oder wie sich diese äußert. Im Ausschuss haben wir darüber gesprochen, und dort war die Rede davon, dass sie betrunken oder alkoholisiert waren.

Die Lageabschlussmeldung der Polizei in Köln sagt dann auch etwas ganz anderes – ich zitiere –:

„Ab 22:00 Uhr befanden sich in und um den Kölner Hbf bis zu ca. 1.000 Personen mit nordafrikanischem Hintergrund. Alle Personen, die dem nordafrikanischen Spektrum zugeordnet werden konnten, wurden außerhalb des Hbf im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einer Identitätsfeststellung unterzogen.“

Also wurden ausdrücklich alle Personen – nicht nur die mit einer sogenannten aggressiven Grundstimmung –, die dem nordafrikanischen Spektrum zugeordnet werden konnten, festgehalten.

Die Frage ist nun, wie diese Zuordnung geschah. Hier zitiert „SPIEGEL ONLINE“ einen Polizeisprecher mit den Worten: „Wie ein Nordafrikaner grundsätzlich aussieht, das weiß man.“ Also lässt sich festhalten, wenn man nach der Lageabschlussmeldung geht, dass die Polizei allein das Aussehen und eine danach beurteilte Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Menschen zum Anlass genommen hat, diese gesondert festzuhalten. Genau das ist Racial Profiling, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN)

Genau hier stellt sich heraus, dass dieses Kriterium – das Aussortieren, Festhalten und Kontrollieren von Menschen nach deren Aussehen – vollkommen untauglich ist. Ich zitiere einen Bericht der „tageszeitung“ vom 13. Januar:

„Von den 674 Personen, deren Identität die Kölner Polizei feststellte, wurden nur 17 als Marokkaner und 13 als Algerier eingestuft.“

Ansonsten waren unter den Kontrollierten Iraker, Afghanen, Syrer. Ja, es befanden sich auch 46 Deutsche darunter. Es waren also mehr Deutsche als Nordafrikaner.

(Marc Lürbke [FDP]: Alles vorläufig, Herr Kollege!)

– Das ist vorläufig.

Diese Bilanz ist der beste Beweis dafür, dass ein Aussortieren von Menschen nach vermeintlicher ethnischer oder nationaler Zugehörigkeit nicht nur diskriminierend, sondern auch ein völlig untaugliches polizeiliches Mittel ist.

Weiterhin bleibt unklar, wieso ein großer Teil der festgehaltenen Menschen nicht kontrolliert, sondern bis nach Mitternacht einfach nur festgehalten wurde. Das ist ein weiterer Umstand, den es auf jeden Fall aufzuklären gilt.

Der Antrag von SPD und Grünen bedankt sich nun dafür, dass ein friedliches und unbeschwertes Feiern ermöglicht wurde; Kollege Möbius hat das eben auch hervorgehoben. Das ist, wie ich soeben auszuführen versuchte, nicht ganz richtig; denn die 1.000 Menschen, die bis nach Mitternacht in einem Polizeikessel festgehalten wurden, konnten eben nicht unbeschwert und friedlich feiern.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht anfangen, für bestimmte Gruppen Ausnahmen von Grundrechten zu akzeptieren. Wenn so etwas geschieht, ist dies eine Gefahr, die man nicht nur thematisieren darf, sondern die man thematisieren muss, und dies, ohne dass daraus ein Angriff auf die jeweiligen Beschäftigten konstruiert wird.

Ich erwarte, dass die Vorgänge der letzten Silvesternacht in der Aus- und Weiterbildung der Polizei angesprochen werden, und ich erwarte auf jeden Fall, dass wir uns im Innenausschuss nochmals mit dem Thema befassen. Die beiden Anträge braucht es dazu nicht. Man könnte sogar sagen, dass sie kontraproduktiv sind; denn sie versuchen, mit Dankbarkeit ein Problem zu überdecken, und das ist nicht gut. Deswegen empfehle ich meiner Fraktion, beide Anträge abzulehnen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)



Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Nächster Redner ist der fraktionslose Kollege Schwerd.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und vor den Bildschirmen! Lassen Sie mich eines vorausschicken: Wenn wir anlässlich der letzten beiden Silvesternächte Kritik an der Polizei üben, dann sind damit nicht die einzelnen Polizeibeamtinnen und -beamten gemeint. Ich habe großen Respekt vor deren Leistung; denn sie sehen jeden Tag Gewalt, Kriminalität und die Folgen menschlicher Tragödien, und sie müssen es ausbaden, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Ich habe Respekt vor all denjenigen, die diese Arbeit tagtäglich leisten und das als ihre Berufung ansehen.

Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Fisch stinkt vom Kopf. Es ist die Polizeiführung, die jeweils für das Versagen am Kölner Hauptbahnhof verantwortlich ist. Es ist die Polizeiführung, die vorletztes Silvester viel zu wenige Kräfte einsetzte und auch dann keine Verstärkung schickte, als das notwendig war und dringend erbeten wurde. Es ist die Polizeiführung, die für die katastrophale Kommunikation während und nach Silvester verantwortlich ist.

Dieses Jahr ist das Pendel ganz offensichtlich in die andere Richtung umgeschlagen. Diesmal wurde mit fragwürdigen Methoden gearbeitet. Es wurden Hunderte von jungen Männern festgehalten, die offensichtlich nach dem Aussehen, nach Haut- und Haarfarbe, ausgewählt wurden: Deutsche durch die rechte Tür, ausländisch anmutende Männer durch die linke!

Insgesamt sind zahlreiche Widersprüche ungeklärt. Zuerst redet man von – ich setze das in Anführungsstriche – „Hunderten Nafris“ am Bahnhof. Später räumt man kleinlaut ein, es seien nach jetziger Kenntnis gerade einmal 30 Nordafrikaner unter den Kontrollierten gewesen. Die mitgeteilten Zahlen passen vorne und hinten nicht zusammen.

Während es offiziell heißt, es seien lediglich Gruppen von gemeinsam anreisenden Pöblern und Betrunkenen gezielt herausgegriffen worden, sprechen zahlreiche Zeugenberichte eine andere Sprache. Es gibt Berichte von Einzelreisenden, es gibt Berichte von einzelnen Personen, die aus größeren Gruppen herausgegriffen worden sind. Es gibt Berichte von Männern, die in weiblicher Begleitung unterwegs waren und von ihrer Begleitung getrennt worden sind.

Viele wurden auch erst mal gar nicht kontrolliert, sondern einfach in einem Kessel festgehalten. Um eine Minute nach Mitternacht wird dieser Kessel plötzlich aufgelöst, und alle Männer können gehen – unkontrolliert! Kann mir das einer erklären?

Wie wurden die Zielpersonen denn nun tatsächlich ausgewählt? Racial Profiling, also die Auswahl polizeilich zu kontrollierender Menschen alleine nach deren Hautfarbe oder Herkunft, ist von Gerichten klar verboten worden. Wenn man also zu dieser Maßnahme griff im berechtigten Bemühen, dass sich die Vorkommnisse vom letzten Silvester nicht wiederholen, dann war das ganz klar unzulässig. Man kann nicht ein Unrecht mit einem anderen bekämpfen.

Ich glaube, mit dieser Anzahl an Polizisten, die in Köln unterwegs waren, hätte man auch ohne Kessel die Sicherheit herstellen können. Hier sind zahlreiche Fragen offen und Konsequenzen erforderlich. Dazu liegt mein Entschließungsantrag vor, für den ich um Zustimmung bitte.

Bei allem berechtigten Dank an die Beamtinnen und Beamten, die für unsere Sicherheit sorgten, während wir Silvester feiern durften, darf man die Aufklärung dieser Vorkommnisse nicht vergessen. – Vielen herzlichen Dank.



Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Danke, Herr Kollege Schwerd. – Jetzt spricht für die Landesregierung Herr Minister Jäger.

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bild, das die Kölner Polizei und die NRW-Polizei an Silvester abgegeben haben, war das einer professionellen, einer gut vorbereiteten und einer wehrhaften Polizei. Dieses Bild gab es eben nicht nur in Köln, im ganzen Land wurde überwiegend friedlich und sicher gefeiert. Dafür danke ich nochmals allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, aber auch den eingesetzten Rettungskräften und Ordnungskräften. Das war wirklich gute Arbeit!

(Beifall von der SPD)

Ich war selbst in Düsseldorf und in Köln und konnte mir von der Arbeit der Polizei in der Silvesternacht einen guten Eindruck verschaffen. Die NRW-Polizei hatte die Lage stets unter Kontrolle, und diese Lage war alles andere als einfach. Es gab Situationen, in denen viele Personengruppen zu demselben Zeitpunkt in Köln eintrafen, darunter auch solche, die ein Jahr zuvor dafür gesorgt haben, dass es eben kein friedlicher Jahresausklang war. Diese Situation haben die Beamtinnen und Beamten souverän und konsequent bewältigt.

Das zeigt, dass Kritik, wie sie im Vorfeld an der Planung geäußert wurde, völlig fehlging. Wer im Vorfeld geglaubt hat, Silvester werde in diesem Jahr wegen der erhöhten Präsenz ein Selbstläufer, der hat sich geirrt. Es war trotz vieler Einsatzkräfte, trotz massiver Präsenz ein schwieriger Einsatz, der noch dazu unter dem Brennglas der Öffentlichkeit stattgefunden hat.

Es ist der Polizei gelungen, potenzielle Störer in Schach zu halten und den Menschen ein Gefühl der Sicherheit geben zu können. Die Menschen in Köln konnten den Jahreswechsel friedlich und ungestört feiern. Das ist auch den guten Konzepten zu verdanken, die im Vorfeld entwickelt wurden. Herr Polizeipräsident Mathies und sein Team waren auf die Silvesternacht gut vorbereitet.

Auch die Landesplanung ist gut gelaufen. Deshalb war es sogar möglich, dass die Kölner Polizei noch in der Nacht zwei weitere Züge der Einsatzhundertschaften nachordern konnte. Auch das ist für die Landesregierung ein dankbarer Umstand.

Unser Dank gilt aber nicht nur den Kölnern, sondern insgesamt allen Behörden in Nordrhein-Westfalen, den Beamtinnen und Beamten, die durch gute Vorbereitung gute Einsätze realisiert haben.

(Beifall von Stefan Engstfeld [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, es ist ein gutes Zeichen, dass dieses Parlament seinen Dank fraktionsübergreifend äußert.

Ich war am Silvesterabend auch bei der Feuerwehr in Duisburg. Wir dürfen bei unserem Dank an die Polizei nicht die Rettungskräfte und die Ordnungskräfte vergessen. Gerade in Köln gab es eine außerordentlich gute Zusammenarbeit zwischen der Polizei, der Stadt und den Rettungskräften der Feuerwehr. Das hat gut funktioniert, übrigens auch im Rest von Nordrhein-Westfalen. Darauf können diese Kräfte stolz sein. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)



Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar haben wir drei Abstimmungen vorzunehmen. Ich lasse erstens abstimmen über den Antrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/13944. Die antragstellende CDU-Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt, zu der wir jetzt kommen. Ich darf fragen, wer für den Antrag der CDU-Fraktion ist. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, die Piratenfraktion. Gibt es Enthaltungen? – Es gibt eine Enthaltung, nämlich die des fraktionslosen Kollegen Schwerd. Damit ist der Antrag Drucksache 16/13944 abgelehnt.

Ich lasse zweitens abstimmen über den Entschließungsantrag des fraktionslosen Abgeordneten Schwerd Drucksache 16/14074. Wer ist für den Entschließungsantrag von Herrn Kollegen Schwerd? – Herr Kollege Schwerd. Wer stimmt dagegen? – SPD, CDU, Grüne, FDP. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die Piratenfraktion. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/14074 mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse drittens abstimmen über den Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/13998. Auch hier haben die Antragsteller direkte Abstimmung beantragt. Wer ist für den Antrag der Koalitionsfraktionen? – Das sind SPD, Grüne, die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Die CDU-Fraktion und die Piratenfraktion. Wer enthält sich der Stimme? – Es enthält sich der Stimme der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Damit ist der Antrag Drucksache 16/13998 angenommen.

Ich schließe die Beratung zu Tagesordnungspunkt 8.

Ich rufe auf:

9 Effizienzgewinne, Kraftstoffersparnisse und positive Umweltauswirkungen – Lang-Lkw auf geeigneten Strecken auch in Nordrhein-Westfalen zulassen

Antrag
der Fraktion der FDP


Drucksache 16/14012

Entschließungsantrag


der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/14076

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Kollegen Rasche das Wort. Bitte schön.

Christof Rasche (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Fraktion hatte eigentlich schon gehofft, dass es bei Tagesordnungspunkt 8 zu einer großen Einigkeit in diesem Hohen Hause kommt. Das hat leider nicht geklappt. Aber wir geben nicht so leicht auf und versuchen es bei Tagesordnungspunkt 9 noch einmal.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es einen Regelbetrieb für Lang-Lkw auf ausgewählten Strecken in fast ganz Deutschland.

(Der Redner hält ein Schriftstück hoch.)

– Diese Karte zeigt Ihnen das deutlich: 11.600 km in 13 Bundesländern. Rheinland-Pfalz will demnächst mitmachen, und das Saarland hat großes Interesse bekundet. In fast ganz Deutschland fahren diese Lkw. Gelb eingezeichnet ist nur ein wichtiges, aber in diesem Fall sehr kleines Land: Nordrhein-Westfalen. Dort dürfen die Lang-Lkw nach der Aussage von Rot-Grün nicht fahren.

Was ist vor dem 1. Januar passiert? In vielen europäischen Ländern, auch in Nachbarländern, fahren Lang-Lkw seit gut zehn Jahren, übrigens ohne große Probleme und überaus erfolgreich. In Deutschland gab es einen fünfjährigen Feldversuch, der von Rot-Grün abgelehnt wurde. Dadurch hat sich Nordrhein-Westfalen leichtfertigerweise selbst ausgeschlossen.

Dieser Feldversuch brachte sehr positive Ergebnisse: Effizienzgewinne von rund 25 %, Kraftstoffersparnis von knapp 25 %. Das alles ist gut für das Wachstum, den Wirtschaftsstandort, die Logistik und die Umwelt in Deutschland; Nordrhein-Westfalen war leider nicht dabei. Zudem hat der Feldversuch ergeben: Straßen und Brücken werden geschont, da das Gewicht auf mehrere Achsen verteilt wird. Im Rahmen der Verkehrssicherheit gab es keine wesentlichen Probleme.

Seit Jahren – auch parallel zu diesem Feldversuch – gab es konkrete Forderungen aus der Wirtschaft und von zahlreichen Betriebsräten, die forderten, SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen sollten endlich die Blockade, die niemand von den Fachleuten aus diesem Bereich versteht, aufgeben, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, der deutschen Industrie vor allem in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Was hat diese Regierung bis gestern getan? Man kann es in einem Wort zusammenfassen: nichts. Jetzt gibt es einen neuen Entschließungsantrag. Koalition und Minister Groschek gehen von Stillstand und Blockade in das sogenannte Schneckentempo über. Das, lieber Herr Minister, ist ein typischer Antrag für die Galerie.

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP] und Bernhard Schemmer [CDU])

Bis zum 14. Mai wird sich in Nordrhein-Westfalen mal wieder überhaupt nichts tun.

(Lachen von Minister Michael Groschek)

Sie fordern in diesem Antrag, es sollten geeignete Strecken identifiziert werden. Erstens ist das nicht schwer, und zweitens, lieber Minister Groschek, hat sich das Ministerium schon 2009 in einem Abschlussbericht mit Lang-Lkw und geeigneten Strecken in Nordrhein-Westfalen befasst. Der Minister wurde zwar ausgetauscht, aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind noch die gleichen.

(Jochen Ott [SPD]: Sie sprechen über die A1 am besten! Leverkusen!)

Die können Sie einfach fragen, dann würden Sie auch lernen. Ich erinnere mich gut an die letzte Sitzung des Verkehrsausschusses, als Sie solche Empfehlungen an mich gerichtet haben.

(Jochen Ott [SPD]: Und was ist mit der Reparatur danach, Christof?)

Fragen Sie die Mitarbeiter, dann können Sie die Sache bewerten.

(Jochen Ott [SPD]: Wie viele Brücken sind denn seitdem in Reparatur gegangen?)

Hinzu kommt: Hätten Sie den Modellversuch nicht leichtfertig ausgeschlagen, sondern daran teilgenommen, wären die sinnvollen Strecken längst identifiziert.

(Beifall von der FDP und Bernhard Schemmer [CDU])

Zudem wollen Sie mit Ihrem Entschließungsantrag eine Scheindebatte führen. Natürlich können die Lang-Lkw nur auf bestimmten Strecken fahren. Das tun sie in allen Ländern, in denen sie eingesetzt werden. Dieser Sachverhalt ist seit Jahren klar, wird von Ihnen aber für eine Scheindebatte thematisiert.

Natürlich wollen wir den Anteil des Güterverkehrs, den Modal Split, auf der Schiene erhalten.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Erhalten!)

Aber leider ist die Schiene nicht einmal in der Lage, den Zuwachs, der auf uns zukommt, im Modal Split aufzunehmen. Da würden wir uns von der Schiene viel mehr wünschen.

Also: Alle Ergebnisse, alle Aussagen sprechen für den Einsatz von Lang-Lkw in Nordrhein-Westfalen auf bestimmten Strecken. Lieber Herr Minister, geben Sie endlich Ihren Widerstand auf und

(Britta Altenkamp [SPD]: Lieber Herr Minister, bitte nicht!)

stellen uns in der Sitzung unseres Ausschusses am 9. Februar endlich die identifizierten Strecken vor. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und Bernhard Schemmer [CDU])

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Becker.

Andreas Becker (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP spricht mit ihrem Antrag in der Tat ein wichtiges Thema an.

(Dietmar Brockes [FDP]: Ui!)

Aber für eine ultimative Lobhudelei auf die Lang-Lkw und deren Einsatz auf unseren Straßen, wie Sie sie in Ihrem Antrag und in Ihrem Wortbeitrag betreiben, besteht überhaupt kein Anlass.

(Beifall von der SPD und Arndt Klocke [GRÜNE])

Die Gründe, aus denen sich das Land Nordrhein-Westfalen nicht an dem Feldversuch beteiligt hat, sind doch heute – nach Ihrer Rede und auch nach dem Gutachten über den Feldversuch – nicht aus der Welt. Sie blenden das aus. Sie sprechen von 13 Bundesländern, 60 Unternehmen und 161 Fahrzeugen, die sich am Feldversuch beteiligten. Sie verschweigen aber, dass der Anteil von Bundes-, Land- und Kreisstraßen nur bei wenigen Prozent und der Anteil von Gemeindestraßen im Feldversuch sogar nur im Promillebereich liegen.

Vor diesem Hintergrund müssten wir in Nordrhein-Westfalen doch die Ohren spitzen, wenn im Ergebnis zum Feldversuch im Gutachten selbst – Kurzfassung, Seite 9 – festgestellt wird:

„Der Anteil von Lang-Lkw am Güterverkehrsaufkommen ist dabei maßgeblich für die Beurteilung der identifizierten Risiken. Geringe Anteile,“

– 161 Fahrzeuge von 2,8 Millionen –

„wie sie die aktuellen Erkenntnisse aus dem Feldversuch erwarten lassen, können dazu führen, dass diese als hinnehmbar oder beherrschbar einzustufen wären.“

Diese bei einem geringen Anteil von Lang-Lkw hinnehmbaren oder beherrschbaren Risiken sind vielschichtig. Ich nenne vier: Es geht um den Brandschutz und um Nothaltebuchten in Tunneln, um Aufhaltestufen an Mittelstreifen, um die Parkstände an Rastanlagen. Das lösen Sie in Ihrem Antrag ganz einfach, indem Sie sagen: Wenn es an Raststätten nicht möglich ist, nehmen wir die Strecke einfach heraus. – Da machen Sie es sich relativ leicht. Es geht viertens um die Ausgestaltung von Banketten und plangleichen Knotenpunkten an Kreisverkehren.

Vor diesem Hintergrund fällt sicher jedem von uns mindestens eine Straße ein, auf der der Einsatz von Lang-Lkw schlechterdings nicht vorstellbar ist. Hinzu kommt: Wer glaubt denn im Ernst, dass der Anteil von Lang-Lkw im Regelbetrieb vergleichsweise so gering bleibt wie im Feldversuch? Daran glaubt doch wohl niemand bei 2,8 Millionen Lkw, die 2016 zugelassen waren. 161 Lang-Lkw haben am Feldversuch teilgenommen. Die Wachstumsraten für den Güterverkehr auf unseren Straßen sind Ihnen allen bekannt.

Deshalb war, ist und bleibt die Auswahl der Straßen, die für ein entsprechendes Positivnetz infrage kommen, eine sehr wichtige und sensible Aufgabe. Es gilt, gewissenhaft zu prüfen, welche Strecken unter Berücksichtigung des bereits ausgelasteten und erheblich instandsetzungsbedürftigen und hoch verdichteten NRW-Straßennetzes grundsätzlich infrage kommen, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, die Stauanfälligkeit weiter erhöht oder die Infrastruktur übermäßig belastet wird.

Auf der anderen Seite – das ist unbestritten richtig, das haben wir übrigens auch gesagt – kann Nordrhein-Westfalen am Ende keine Insel bleiben. Es steht außer Zweifel, dass unsere Unternehmen bezüglich des Einsatzes von Lang-Lkw unter Berücksichtigung aller Umstände keine Wettbewerbsnachteile gegenüber Mitbewerbern aus anderen Bundesländern haben sollen.

Wir werden unsere verkehrspolitische Verantwortung wahrnehmen

(Christof Rasche [FDP]: Jetzt auf einmal?)

und Chancengleichheit für die NRW-Wirtschaft gewährleisten. Angesichts der Ergebnisse des Feldversuchs und der besonderen verkehrlichen Struktur in Nordrhein-Westfalen können wir aber keinen Blankoscheck für Lang-Lkw ausstellen, wie Sie das offensichtlich wollen.

In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die Diskussion im Ausschuss. Der Überweisung der Anträge werden wir natürlich zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schemmer das Wort.

Bernhard Schemmer (CDU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab ein kleiner Hinweis: Meine Rede ist nicht in einem Ministerium für mich aufgeschrieben worden, sondern die geht von mir aus.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Seit über zehn Jahren führen wir eine Diskussion über den Lang-Lkw, den Rot-Grün immer als Gigaliner verunglimpft hat. Unter Minister Wittke gab es 2006/2007 eine Untersuchung mit Lang-Lkw bis 25,25 m Länge und einer Gewichtsbegrenzung, so wie sie heute gilt, von 40 t/44 t im Kombiverkehr. Rot-Grün hat diese Diskussion immer anders geführt, hat immer 60 t gefordertes Gewicht unterstellt, was wir nie gewollt haben, was auch die Speditionswirtschaft nicht gewollt hat. Unsere Straßen waren, sind und werden nicht für 60-Tonner gebaut sein.

Ich sage es einmal so: Bei der Gigaliner-Diskussion, so wie Sie sie geführt haben, ist Nordrhein-Westfalen offensichtlich als einziges bzw. als zweitletztes Land übrig geblieben. Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass unser Autobahnnetz die Fahrzeuge gut aufnimmt. Der Feldversuch 2006/2007 hat gezeigt, dass die Lang-Lkw keine zusätzlichen Schäden verursachen, dass sie wegen der reduzierten Abgase und des geringeren Erdölverbrauchs ökologisch sinnvoll sind. Kurzum: weniger Verkehr, mehr Rechtssicherheit.

Im Jahr 2010 gab es hier den großen Paradigmenwechsel. Minister Voigtsberger wusste gar nicht, was ein Lang-Lkw war. Der zuständige Staatssekretär Becker bekämpfte die Lang-Lkw über die 60t-Diskussion. Kurzum: Nordrhein-Westfalen hat jede Beteiligung an weiteren Versuchen abgelehnt, die dann in der Zeit von 2012 bis 2016 vom Bund unter Beteiligung fast aller Länder durchgeführt wurden. Christof Rasche hat gerade noch einmal gezeigt, dass die kleine Teilrepublik Nordrhein-Westfalen außen vor war. Die wichtigen Länder wie Bremen waren auf jeden Fall dabei.

Ich meine, dass wir damals die falsche Lösung gefunden haben; denn zwei Lang-Lkw ersetzen nun einmal drei konventionelle Fahrzeuge. Es ist wichtig, dass wir dort weiter vorankommen.

Den Paradigmenwechsel aus dem Jahr 2010 haben wir angesprochen. Der jetzt vorliegende Antrag der FDP ist – auch bezogen auf die Anhörung im Jahr 2014 – gut und zustimmungsfähig. Er hebt die Bedeutung des Bundesfeldversuches hervor, begrüßt die Lösung von Bundesminister Dobrindt zum 1. Januar 2017 und fordert natürlich zu Recht, dass sich Nordrhein-Westfalen anschließt.

Dann möchte ich noch einen Hinweis zu dem Entschließungsantrag geben, der heute neu auf den Tisch gekommen ist. Rot-Grün hat offensichtlich doch noch gemerkt, dass sie seit zehn Jahren auf der falschen Spur sind, aber, wie bei allen wirtschaftlich relevanten Entwicklungen, zu spät. Ideologie statt Vernunft! Die durchgrünte Gesellschaft, Herr Minister, hat auch da eine Rolle gespielt. Wir stehen beim Wirtschaftswachstum ebenso wie beim Entschließungsantrag hintan. Wir sind das 14. von 16 Ländern, das hierzu etwas unternehmen will.

Seit dem 1. Januar fährt der Lang-Lkw im Regelverkehr, allerdings um uns herum. Wir müssen sicherstellen, dass wir auf Dauer zu einer besseren Lösung für Nordrhein-Westfalen kommen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)


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