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3.3 Die Kartensammlung des Schottenstifts
3.3.1 Geschichte des Schottenstifts bis 1848
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Das älteste
Wiener Kloster, die Benediktinerabtei
Unserer Lieben Frau zu den Schotten, wurde
1155 gegründet.
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Heinrich II., genannt Jasomirgott, verlegte seine österreichische Residenz von
Klosterneuburg nach Wien. In den Jahren 1143-1154/55 war er nicht nur Markgraf von
Österreich, sondern auch Herzog von Bayern. Dadurch kam er mit den iro-schottischen Mönchen
der Benediktinerabtei St. Jakob in Regensburg in Kontakt. Von diesem
Konvent berief Heinrich
II. Mönche in die neue Residenzstadt, die das Kloster
Monasterium Beatae Mariae Virginis ad
Scotos gründeten, um durchziehenden Pilgern Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung zu
stellen.
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Nach dem Tod von Heinrich II. 1177 wurde das Schottenstift, das dem Bistum Passau
angehörte, gegen eine jährliche Abgabe von einem Goldstück
dem Schutz des Apostolischen
Stuhles übergeben und wurde damit ein päpstliches Eigenkloster.
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Bis zur Stadterweiterung
Anfang des 13. Jahrhunderts unter Leopold VI. lag das Kloster außerhalb der Stadtmauern.
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Ende April des Jahres 1276 erlitt das Schottenstift schwere Schäden durch einen Brand. Noch 20
Jahre später wurden Geldspenden eingehoben, um die Zerstörungen zu beheben. Ein weiterer
schlimmer Brand ereignete sich im Jahr 1488.
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1418 entschied Papst Martin V., dass auch
Mitglieder in den Orden aufgenommen werden könnten, die keine iro-schottische Abstammung
hatten. Vor dieser Entscheidung war
es der Stiftungsurkunde nur Scottos (Schotten) erlaubt, dem
Konvent beizutreten. Als
Scottos wurden sowohl die Bewohner Irlands als auch Schottlands
bezeichnet.
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Aufgrund dieser Entscheidung kam es zu einem Konflikt mit den iro-schottischen
Brüdern, die unter sich bleiben wollten und das Kloster verließen. Daraufhin führten
140
1848 wurde die Grundherrschaft abgeschafft, was die wirtschaftliche Situation von Klöstern veränderte. Daher
macht es Sinn, die Geschichte des Stifts bis zu diesem Jahr zu erzählen.
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Dörflinger, Landkarten und Atlanten, 56.
142
Willibald
Berger, Das Schottenstift zu Wien (Kleine Kunstführer 856, München 1966) 2. Cölestin Roman
Rapf,
Das Schottenstift (Wiener Geschichtsbücher 13, Wien-Hamburg 1974) 10f.
143
Rapf, Schottenstift, 15.
144
Rapf, Schottenstift 17. Die Lage des Schottenstifts innerhalb der Befestigungsmauern zeigen ein Plan aus dem
mittleren 15. Jahrhundert sowie zwei Grundrisspläne der Stadt Wien aus dem mittleren 16. Jahrhundert.
Augustin
Hirschvogel, Hanc Viennae quam vides geometricam faciem Archimedem Siracusanum Augustinus
Hirsfogel a suo depictam radio imitatus est anno M.D.XV VII (Wien 1547). Bonifaz
Wolmuet,
Die fürstlich Stat
Wien in Osterreich (Wien 1547).
145
Rapf, Schottenstift, 22f.
146
Rapf, Schottenstift, 9f.
Scotia minor = Schottland,
Scotia maior = Irland. Eine alternative Bezeichnung für die
iro-schottischen Mönche war
Hiberner.
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Benediktiner aus dem niederösterreichischen Stift Melk die Wiener Abtei weiter.
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Der Name
Schottenstift blieb aber weiter in Verwendung.
148
Im 16. Jahrhundert hatte das Schottenstift
aufgrund der Bedrohung durch das Osmanische Reich und der Reformation mit wirtschaftlichen
Schwierigkeiten zu kämpfen. 1523 wurde am Reichstag in Nürnberg eine Türkensteuer
beschlossen, die auch Klöster abzugeben hatten. Die Erste Türkenbelagerung Wiens 1529 ging
nicht spurlos am Schottenstift vorbei; das Archiv und die Bibliothek wurden geplündert.
Wolfgang Traunsteiner war von 1541 bis 1562 Abt im Schottenstift.
Er trat gegen die Lehren
Luthers auf und sah eine weitere Aufgabe in der Förderung der Wissenschaft im Kloster.
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1590
sorgte ein Erdbeben noch einmal für Zerstörungen.
150
In der Zeit der Gegenreformation und nach
der Zweiten Türkenbelagerung 1683 erholte sich die wirtschaftliche Situation des Klosters.
151
In
den 20er-Jahren des 17. Jahrhunderts ließ Kaiser Ferdinand II. dem Stift und dem damaligen Abt
August Pitterich Anerkennung und Ehren zukommen, da sie bedeutend zur Rekatholisierung
beigetragen hatten.
152
Im Dreißigjährigen Krieg fielen zwar Einkünfte von Besitzungen aus, im Kloster waren aber
genügend Reserven vorhanden, um sogar Bautätigkeiten zu verrichten.
153
Mit
einer Pestepidemie
und der Zweiten Türkenbelagerung 1683 verschlechterte sich die finanzielle Lage des
Benediktinerordens drastisch.
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In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besserte sich jedoch die
ökonomische Situation unter Abt Karl Fetzer.
155
Die Amtszeit von Abt Benno Pointner in den
Jahren 1765 bis 1807 zählt Cölestin Roman Rapf zu den bedeutendsten Epochen der
Stiftsgeschichte, obwohl sie in die Zeit des Josephinismus fiel. Das Kloster wurde nicht
aufgelöst. 1782 bestätigte Joseph II. alle Stiftsprivilegien bis auf das Asylrecht.
156
In den ersten
15 Jahren des 19. Jahrhunderts war die finanzielle Situation
des Stifts aufgrund der
Koalitionskriege karg. Französische Soldaten wurden zur Verpflegung aufgenommen und 1810
musste das Stift Gold- und Silbervorräte abliefern.
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In den späten 20er-Jahren des 19.
147
Rapf, Schottenstift, 26-28.
148
Berger, Schottenstift, 2.
Dörflinger, Maps, Atlases and Globes, 3.
Rapf, Schottenstift, 9.
149
Rapf, Schottenstift, 36f.
150
Rapf, Schottenstift, 40.
151
Berger, Schottenstift, 4.
Dörflinger, Maps, Atlases and Globes, 3f.
152
Rapf, Schottenstift, 41.
153
Rapf, Schottenstift, 44f. Abb. 6.
154
Albert
Hübl, Geschichte des Unterrichtes im Stifte Schotten in Wien (Wien 1907) 58f.
155
Rapf, Schottenstift, 54.
156
Rapf, Schottenstift, 61.
157
Rapf, Schottenstift, 64f.