9
Plattenzustände
von Walchs Polenkarte, die ursprünglich aus den 1790er-Jahren stammte, ist
nicht nur ein wertvoller Beitrag, um die Technik der Produktion von Karten zu verstehen. Durch
die Forschungsergebnisse machen sie auch die zeitgenössische Nachfrage nach aktuellen Karten
– und damit nach Informationen am Stand der Zeit – sichtbar.
15
2.2 Erschließung von Kartenbeständen
Wie schon erwähnt, könnte die Situation der Erschließung von Altkartenbeständen im
deutschsprachigen Raum besser sein. Wenn Bibliotheken und Archive ihre Kartensammlungen
aufarbeiten, liegt dies zumeist an den persönlichen Interessen der Bibliothekare und Archivare.
16
Ein Archivwissenschaftler, der sich schon in den 60er-Jahren
mit der Aufnahme von Karten
auseinandersetzte, war Johannes Papritz, der Dozent an der Archivschule Marburg war. Er
verfasste 1967 Richtlinien zur Kartentitelaufnahme im Archiv. Zwar ist die bibliographische
Erfassung von Archivkarten das Hauptanliegen Papritz’, jedoch konnten seinen Richtlinien viele
nützliche Anregungen für die Aufnahme der Einzelkarten aus den Sammelatlanten entnommen
werden.
17
Auch Thomas F. Faber und Hanns Peter Neuheuser halten sich in den 80er
Jahren bei der
Aufnahme der Kartensammlung des Geometers Michael Buyx im Museum Kevelaer
grundsätzlich an die Richtlinien, die von Papritz vorgeschlagen wurden.
18
Sie führen das
regionale Ordnungswort als
ein Hauptkriterium, da sie davon ausgehen, dass die Benutzer des
Sammlungskatalogs auf der Suche nach Darstellungen eines konkreten Raumes sind. Da es sich
bei den von Faber und Neuheuser aufgenommenen Karten hauptsächlich um archivisches
Kartenmaterial handelt,
macht diese Ordnung Sinn, da sie äußerst benutzerfreundlich ist.
Peter H.
Meurer, Ein Landkartenstich des elfjährigen Johann Christoph Homann (1703-1730). In: Cartographica
Helvetica 33 (2006) 17-20.
Michael
Ritter, Die Augsburger Landkartenverlage Seutter, Lotter und Probst. In: Cartographica Helvetica 25 (2002)
2-10.
Michael
Ritter, Der Landkartenverlag Johannes Walch in Augsburg. In: Cartographica Helvetica 26 (2002) 23-29.
Michael
Ritter, Der Verlag von Matthäus Seutter in Augsburg und andere Konkurrenten im Deutschen Reich im 18.
Jahrhundert. In: Michael
Diefenbacher, Markus
Heinz, Ruth
Bach-Damaskinos (Hrsg.), „auserlesene und
allerneueste Landkarten“. Der Verlag Homann in Nürnberg 1702-1848 (Nürnberg 2002) 186-195.
15
Kazimierz
Kozica, Michael
Ritter, Die Charte des Koenigreichs Polen von Johannes Walch. Eine Karte als
Spiegel der Zeit- und Verlagsgeschichte. In. Cartographica Helvetica 36 (2007) 3-10.
16
Faber, Neuheuser, Erschließung, 129.
17
Johannes
Papritz, Die Kartentitelaufnahme im Archiv (Veröffentlichungen der Archivschule Marburg 3,
Marburg
6
1998).
18
Faber, Neuheuser, Erschließung, 137.
10
Dass Faber und Neuheuser sich in den 80er-Jahren an die Erfassung dieser Sammlung machten,
lag im Forschungstrend der Zeit, da rund zehn Jahre davor
das erste Mal über die karge
Erschließung von Altkartenbeständen aufkam. Für die Erfassung und Katalogisierung der
Landkartendrucke im Rahmen der österreichischen Privatkartographie hat Johannes Dörflinger in
den 80er-Jahren die Bestände der wichtigsten Wiener Kartensammlungen benutzt, um die
Produktion der Verlage zu rekonstruieren.
19
Ebenfalls in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts fiel das Projekt
der Altkartendatenbank IKAR, in
der die Altkartenbestände der Staatsbibliothek zu Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz
20
, der
Bayrischen Staatsbibliothek München sowie der Niedersächsichen Staats- und
Universitätsbibliothek Göttingen aufgearbeitet worden sind. Mittlerweile steht die Datenbank seit
2000 öffentlich zugänglich zur Recherche beim Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV)
bereit.
21
In derselben Zeit, in der
die Arbeiten an IKAR begannen, arbeitete eine Kommission des
Deutschen Bibliotheksinstituts an Sonderregeln für kartographische Materialien im Rahmen der
"Regeln für die alphabetische Katalogisierung" (RAK-Karten).
22
Für die Katalogisierung der fünf Sammelatlanten des Schottenstifts wurden sämtliche Richtlinien
durchgesehen, formal und inhaltlich relevante Kriterien ausgewählt und so zusammengestellt und
abgeändert,
dass eine zeitliche, räumliche und inhaltliche Verortung der Karten möglich war, die
Arbeit aber von einer Person in einem angemessenen Zeitraum erledigt werden konnte.
23
19
Dörflinger, 18. Jahrhundert, 18-21, 156f.
Johannes
Döflinger, Die österreichische Kartographie im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Bd. 2:
Österreichische Karten des frühen 19. Jahrhunderts (Wien 1988).
20
Zu dieser Zeit Staatsbibliothek in West-Berlin.
21
Bernd Martin
Rohde, Landkartendrucke vor 1850. Die Altkartendatenbank und die Einbeziehung ausgewählter
baden-württembergischer Bibliotheken (Diplomarbeit, Stuttgart 2001), 26f.
IKAR, Projektgeschichte, http://ikar.sbb.spk-berlin.de/allgemeines/index.htm (eingesehen am: 12. 10. 2012).
22
Klaus
Haller, Peter
Baader (Hrsg.), Sonderregeln für kartographische Materialien: RAK-Karten (Regeln für die
alphabetische Katalogisierung 4, Wiesbaden 1987).
IKAR, Sonderregeln, http://ikar.sbb.spk-berlin.de/werkzeugkasten/sonderregeln/2_1.htm (eingesehen am 22. 06.
2012).
Rohde, Landkartendrucke 26-31, 50f.
23
Siehe: Kapitel 5.2 Aufnahme der Karten.