22
Radierte Vertiefungen nutzten sich aufgrund ihrer geringeren Tiefe
schneller ab als Vertiefungen,
die mit dem Grabstichel geschnitten wurden. Die Angaben für die Anzahl der möglichen Abzüge
von Kupferplatten schwanken. Für radierte Kupferplatten rechnet Markus Heinz mit rund 1.000
Stück, bis die Linien verschwanden. Von gravierten Platten wäre es hingegen möglich gewesen,
zwischen 3.000 und 4.000 Abzüge herzustellen.
66
Auch Johannes Dörflinger hält 3.000 Abzüge
von einer gravierten Kupferplatte für realistisch.
67
Von einer Platte musste nicht die gesamte Auflagenzahl auf einmal gedruckt werden,
da die
Platte gereinigt und aufgehoben werden konnte, bis sie wieder gebraucht wurde.
68
Koloriert wurden die Karten in Heimarbeit nach Vorgaben des Verlages mit Wasserfarben in
Rot-, Gelb-, Grün- und manchmal Violettschattierungen. Markus Heinz zufolge beschäftigte der
Homännische Verlag zeitweise bis zu 30 externe Arbeitskräfte für die Koloration seiner Karten.
69
Der Begriff, der von Zeitgenossen für den Vorgang der Farbgebung von Landkarten benutzt
worden war, lautet „Illumination“. Eingefärbt wurden die zentralen Gebiete der Karte, wobei
Grenzverläufe durch einen dunkleren Farbton betont wurden. Die Färbung
von Karten orientierte
sich also zum Großteil an politisch-administrativen Einheiten.
70
Aus der Anzeige von Sebastian Hartl in der Wiener Zeitung vom 15. 07. 1789 ist herauszulesen,
dass Landkarten entweder unkoloriert oder, gegen einen höheren Preis, mit Kolorit vom Verlag
zu erwerben gewesen sind (siehe 8.1 Anhang 1).
„Neueste Kriegskarte Oesterreichs, Rußlands und der Türkey für Zeitungsleser. Kostet illuminirt
10 kr. Schwarz 7 kr.“
71
Besitzt eine Karte bemalte Flächen und verstärkte Grenzverläufe,
spricht man von Grenz- und
Flächenkolorit. Grundsätzlich unkoloriert blieben die dekorativen Elemente der Karte, also der
Bildschmuck und die Titelkartuschen, es sei denn, der Kunde wünschte
dies ausdrücklich oder
kümmerte sich nachträglich selbst um die Illuminierung.
72
In den letzten Jahren des 18.
Jahrhunderts ging der Trend vom barocken Grenz- und Flächenkolorit hin zum schlichten,
klassischen Grenzkolorit, bei dem nur die Grenzverläufe farbig dargestellt wurden. In einigen
66
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 97f.
67
Dörflinger, 19.
Jahrhundert, 796.
68
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 797.
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 97.
69
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 98-100, 102.
70
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 125.
71
Wiener Zeitung, 15. 07. 1789, 14f. In: Anno. Historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften,
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=17890715&seite=17&zoom=33
(eingesehen am 4. März
2012).
72
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 98.
Manasek, Maps, 66f.
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 809.
23
Fällen verzichteten die Verlage ganz auf die Illumination ihrer Produkte.
73
Der Wechsel der
Farbgebung fällt in die Zeit, in der sich auch das Kartenbild zu verändern begann,
in dem auf
dekorative Elemente verzichtet wurde und ein schlichter Stil auf den Kartenblättern
vorzuherrschen begann.
74
3.1.3.3 Vertrieb
Die Atlanten der süddeutschen Verlage im 18. Jahrhundert wurden ungebunden verkauft. Die
Kartenblätter konnten also auch einzeln erworben werden. Für die Atlanten waren auch jeweils
gedruckte Titelblätter und Inhaltsverzeichnisse erhältlich.
75
„Der Verlag stellte für die Atlanten keine eigenen Karten her. Alle Foliokarten wurden sowohl für
die Zusammenstellung der Atlanten verwendet als auch einzeln verkauft.“
76
Daraus ergab sich ein einheitliches Format der Verlagskarten, wobei es durch das Anfeuchten
und Trocknen des Papiers beim Druckvorgang zu Dehnvorgängen kam,
die geringe
Größenunterschiede der fertigen Karten zur Folge hatten.
77
Einen Verlagsatlas, dessen Inhalt mit
dem gedruckten Titelblatt und dem gedruckten Inhaltsverzeichnis übereinstimmte, konnte der
Kunde direkt beim Verlag zusammenstellen lassen, oder er kaufte die Einzelblätter
bei einem
Händler und brachte sie anschließend zum Buchbinder.
78
Im Schottenstift ist in Sammelatlas 3
mit der Signatur 108.8. ein gedrucktes Titelblatt eingebunden (Abb. 5).
79
73
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 809f.
74
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 806f. Schön ist diese Veränderung auch in den Sammelatlanten aus dem Schottenstift
nachvollziehbar, wenn man die einzelnen Karten miteinander vergleicht.
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-28, Charte von Oesterreich unter der Enns (Wien 1803). Diese von Kindermann
entworfene Karte ist ein typisches Beispiel für eine klassische Landkarte mit Grenzkolorit und schlichtem Design des
Titels.
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-27, Archiepiscopatus Salisburgensis (Augsburg, s.a.). Diese Karte von Salzburg
aus dem Verlag Seutter wurde mit Grenz- und Flächenkolorit ausgestattet und ist mit dieser Farbgebung und
prächtigen dekorativen Elementen ein typisches Beispiel für eine barocke Karte.
75
Heinz, Zweck und Verwendung, 158.
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 102f.
76
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 103.
77
Sandler, Homann, 62.
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 122. Verner,
Copperplate printing, 68.
78
Sandler, Homann, 62.
Heinz, „allerneueste Landkarten“
79
Schottenstift, Sammelatlas 3, 108.8.