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Problematisch wird diese Haltung vor allem dann, wenn andere ebenfalls auf die
Reputation durch Härte setzen. Im internationalen System wird diese Reputation
durch eine Politik der „Abschreckung“ etabliert (z.B. USA im Falle Vietnam u.a.).
Erkennbar wird diese Politik (Handlungsweise) z.B. durch Äußerungen „einen Ruf
als Supermacht verteidigen“ zu müssen. Die Aufrechterhaltung der Politik der Ab-
schreckung durch eine Reputation der Stärke ist in vielen Systemen und Organi-
sationen bedeutsam, sowohl nach außen wie nach innen. Eine grundsätzliche
Schwäche dieser Reputation liegt darin, zu ihrer Aufrechterhaltung im Rahmen
eines Konfliktes auf eine Herausforderung sehr viel massiver zu reagieren, als es
im Grunde erforderlich wäre. Die Folge können Echoeffekte sein, die den Konflikt
dauerhaft in einen Strudel der Gewalt ziehen.
•
Regeln
Die Regelhaftigkeit von Konflikten ist häufig in der Bildung von Stereotypen und
der Etablierung problematischer Reputationen begründet. Prinzipiell liegt die
Schwierigkeit jedoch an der Orientierung der Konfliktparteien im Sinne eines
„Gewinner-Verlierer“-Schemas. Soziale Konflikte verschärfen sich meist durch die
Grundannahme, dass es dem Gegenüber wie beim Schachspiel prinzipiell ums
Gewinnen gehe. Die dadurch etablierten (oft unbewussten) Regeln unterstützen
den Verlauf von Konflikten zu Krisen und weiter zu Katastrophen nicht unwe-
sentlich. Versuchen Sie Regeln zu finden und zu etablieren, die gerechten Aus-
tausch und Gleichgewicht der Kräfte und Interessen unterstützen.
Da die Dauer von Konflikten durch Echoeffekte geprägt ist, besteht unter
Umständen eine Lösung darin, eine Zentralgewalt zur Überwachung beider Seiten
heranzuziehen, die rechtliche (oder völkerrechtliche) Regeln etabliert. (Siehe UNO
in Ex-Jugoslawien)
•
Territorialität
Territorien können sowohl abstrakte, als auch geographische Räume sein. Die
Bedeutung der Territorialität in Konflikten liegt im Symbolcharakter der betroffenen
Räume begründet.
3 spezifische Konflikträume:
• Heimat (jene Räume, in denen die Konfliktpartner zu Hause sind)
• Turnier- oder Kampfplatz (jene Räume, in denen die Streitigkeiten aus-
getragen werden)
• Tribüne (jene Räume, in denen die Außenwelt als Beobachter, Zuschauer etc.
auftritt)
Konflikträume haben meist genaue Grenzen und Rahmenbedingungen. Achten Sie
auf Übertretungsregeln und die Art der „Grenzbefestigungen“.
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6.2.
Konfliktrepräsentanten
nach Glasl
• Volkstribun
Versteht sich in allem als Sprachrohr der Gruppe. Er glaubt sich in einem starken
Abhängigkeitsverhältnis zur Gruppe und wird weitgehend von deren Stimmungen
und Erwartungen geprägt.
• Senator
Vertritt die Interessen der Gruppe, bewahrt sich jedoch einen eigenen Ermes-
sensspielraum. Er beurteilt die Situation eigenständig und ist bereit, seiner Gruppe
gegenüber auch unpopuläre Ansichten zu vertreten.
• König im Exil
Er hat praktisch keine Verbindung zu irgendeiner Hintermannschaft, pocht aber
fortwährend auf die „Stimme des Volkes“ und legitimiert sich damit als Vertreter der
„schweigenden“ Mehrheit. Im Grunde handeln sie völlig eigenmächtig und legen oft
ein extremes und radikales Verhalten an den Tag (z.B. Anführer wilder Streiks).
Man spricht deshalb auch vom Typus der Selbstmandatierung und Quasi-
Repräsentanz.
• Graue Eminenz
Handelt im Hintergrund; ist mächtig, aber selten verantwortlich zu machen und
steuert die Meinungsbildung der Gruppe oft nach Gutdünken.
6.3.
Konfliktkonstellation
Typologie nach Horst-Eberhard Richter
• Sanatorium
In der Gruppe tritt angstneurotische Deformation im Bild der Umwelt auf; die
internen Rollenengagements müssen dazu dienen, daß der innere Friede um jeden
Preis gewahrt wird.
• Festung
Die Gruppe baut eine paranoide Deformation des Bildes der Außenwelt auf. Sie
kümmert sich in erster Linie um die Reinheit in ihren eigenen Reihen und versucht
mit allen Mitteln Einflüsse der „feindlich gesinnten Umwelt“ abzuwehren.
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• Theater
Die Gruppe interpretiert das Geschehen in der Außenwelt, namentlich ihren
Einfluss auf die Außenwelt, hysterisch um. Sie jagt der Anerkennung und dem
Applaus nach und braucht ständige Äußerungen der Sympathie.
6.4.
Konflikteskalation
Phasenmodell der Konflikteskalation nach Glasl
Die 9 Stufen
Eskalationsstufe 1:
Verhärtung
Gegensätzliche Standpunkte zeigen sich immer häufiger, es kommt zu
Verhärtungen der Positionen, der Ärger nimmt gegenseitig zu.
• Standpunkte verhärten sich zuweilen, prallen aufeinander
• zeitweilige Ausrutscher und Verkrampfung
• Bewusstsein der bestehenden Spannung erzeugt Krampf
• Überzeugung: Spannung durch Gespräch lösbar
• noch keine starren Parteien oder Lager
Eskalationsstufe 2:
Debatte
Die Gegensätze werden im Stil der Debatte ausgetragen. Es geht schon mehr
darum, dem anderen die eigene Überlegenheit zu beweisen, Spiel mit
Doppeldeutigkeiten, manipulative Techniken.
• Polarisation im Denken, Fühlen und Wollen, Schwarz-Weiß-Denken
• Taktiken: quasi-rational,
verbale Gewalt
• Reden zur Tribüne, über Dritte „Scores“ gewinnen
• zeitliche Subgruppen um Standpunkte
• Diskrepanz „Oberton und Unterton“
• Überlegener gegenüber Unterlegener, TA-Modell
Eskalationsstufe 3:
Taten
Die Gegenseite wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Gruppen schließen sich
gegenseitig ab, Rollen erstarren, Misstrauen nimmt schnell weiter zu und scheint
nicht mehr druchbrochen werden zu können.
• „Reden hilft nichts mehr“ - also: Taten! Strategie der vollendeten Tatsachen
• Diskrepanz verbales, nonverbales Verhalten dominiert
• Gefahr: Fehlinterpretation
• „pessimistische Antizipation“: Misstrauen, Akzeleration
• Gruppenhaut, Kohäsion,
Rollen-Kristallisation
• Empathie verloren