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angeboten.) Die Sitzungen werden in größeren Zeitabständen, je nach den Auf-
gaben, die dazwischen zu erledigen sind, vereinbart. Man trifft sich, je nach Bedarf,
alle 2, 3, 4, oder mehr Wochen. In den Zwischenphasen hat das Konfliktpaar die
Möglichkeit, bereits vereinbarte Teillösungen auf ihre Lebbarkeit hin auszuprobieren.
Nötigenfalls können in den nächsten Sitzungen Änderungen ausgehandelt werden,
bevor das Ganze am Ende des Mediationsprozesses in eine rechtsverbindliche,
schriftliche Form gegossen wird.
AnwaltsmediatorInnen müssen vor allem die Fähigkeit der Allparteilichkeit erlernen
und was es heisst, keinerlei, wie auch immer geartete inhaltliche Vorgaben zu
machen. Dazu bedarf es der Fähigkeit einer sensiblen Gesprächsführung, sowie
einer geschulten Wahrnehmung über psychologische Zusammenhänge.
PsychologInnen-MediatorInnen benötigen ein juristisches Grundwissen. Für die
konkrete Rechtsberatung schicken sie die streitenden Parteien zu sogenannten „be-
ratenden AnwältInnen“, die den Geist der Mediation kennen und unterstützen. Die -
womöglich unterschiedlichen - Rechtsauskünfte die die Partner von „ihren“ Anwälten
erhalten haben, werden dann Thema der nächsten Mediationssitzung, in der neuerlich
herausgearbeitet werden muss, welchen Stellenwert das Gesetz bei der Entschei-
dungsfindung für jeden der beiden KonfliktpartnerInnen hat.
Daraus wird ersichtlich: Mediation ist eine Methode, welche die Eigenverantwort-
lichkeit und Autonomie der Parteien gegenüber einem sie sonst dominierenden
Rechtssystem unterstützt und fördert. Für Scheidungspaare ermöglicht sie die
Chance, die lebenswichtige Zukunftsgestaltung nicht anderen, nämlich AnwältInnen
oder RichterInnen, zu überlassen, sondern sie selbst wahrzunehmen.
Mediativ gewonnene Einigungen sind in der Regel auch solide und dauerhafte Lösun-
gen, an die sich die KonfliktpartnerInnen, die sie selber getroffen haben, halten.
Austricksen und Unterlaufen von Vereinbarungen werden unnötig.
Es profitieren von der Mediation daher in starkem Maß die Kinder, die aus der Partner-
schaft hervorgegangen sind. Sie werden nicht zum Spielball aufgestauter Wut- und
Rachegefühle ihrer Eltern und können oft ihr neues Leben mit beiden Elternteilen
reibungslos führen.
8.10.1.
Phasen der Mediation
nach Ch. Besemer
Die folgende Übersicht über die Stufen des Mediationsprozesses ist ein Versuch,
aus den verschiedenen Modellen, die in der Literatur zu finden sind, ein übersicht-
liches und vielseitig verwendbares Modell zusammenzustellen.
Die Reihenfolge der einzelnen Schritte muss nicht strikt eingehalten werden: je nach
Art des Konfliktes und Verlauf des Gesprächs können einzelne Schritte entfallen oder
an anderer Stelle auftauchen.
Als Orientierungshilfe ist die vorgeschlagene Reihenfolge jedoch sinnvoll, weil es sich
um eine aufeinander aufbauende Sequenz handelt.
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8.10.1.1.
Vorphase
Erste Kontaktaufnahme von Konfliktbeteiligten zu den
MediatorInnen oder umgekehrt durch Dritte
Alle Konfliktparteien ansprechen und zur Teilnahme
motivieren
Vorbereitung der MediatorInnen:
Informationen sammeln,
ev. Sachverständige ansprechen,
Vorgehensweise überlegen
ev. "Vormediation“/Konfliktberatung für die Streitparteien
8.10.1.2. Das
Mediationsgespräch
1. Einleitung
Gute Atmosphäre schaffen: sie soll angenehm, entspannt,
angstfrei, kooperativ, vertrauensvoll sein
Vorstellung der MediatorInnen und KontrahentInnen
Bisheriger Stand der Dinge: Art der Kontaktaufnahme und
Informationsstand der MediatorInnen
Bestätigung bzw. Korrektur, Erwartungen der TeilnehmerInnen
erbitten bzw. erfragen
Mediationsprozess erklären: Verfahren,
Rollen der
MediatorInnen, Grundregeln (aushandeln)
(ev. zusätzliches Info-Blatt)
Offene Fragen klären
Bereitschaft, sich auf das Verfahren einzulassen, erfragen;
Widerstände ernst nehmen und berücksichtigen
Geschäftliches (Vertrag) und Organisatorisches regeln
(Zeitplan, Notizen etc.)
ev. Themen sammeln, ordnen und gewichten
Tagesordnung/Reihenfolge der Themen festlegen
2. Sichtweisen der einzelnen Konfliktparteien
Sichtweise jeder einzelnen Konfliktpartei: Fakten und Gefühle
den MediatorInnen erzählen lassen
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Nachfragen, aktives Zuhören durch die MediatorInnen
Zusammenfassung durch die MediatorInnen
Verständnisfragen von den KontrahentInnen
Rückmeldung durch die Gegenseite(n)
Soweit möglich und hilfreich:
direkte Kommunikation zwischen den Konfliktparteien
und Spiegeln des Gehörten durch die Angesproche-
ne(n) (Hilfestellung durch die MediatorInnen)
sonst: Kommunikation über die MediatorInnen
Gemeinsamkeiten und
Differenzen festhalten (MediatorInnen)
3. Konflikterhellung/Vertiefung
Befragung zu den einzelnen Problemen durch die MediatorInnen
(beide/alle Seiten im Wechsel)
(mit einfachem bzw. dringlichem Problem anfangen)
- bisher nicht genannte Interessen, Gefühle
und Hintergründe herausarbeiten
- Wünsche/Idealvorstellungen aussprechen lassen
-
direkte Kommunikation herstellen (besonders
bei positiven Aussagen, Ich-Botschaften und
Wünschen)
- Reaktion der anderen Seite(n) erfragen
4. Problemlösung/Entwurf von Lösungen
Lösungsmöglichkeiten sammeln: Ideensammlung
(Brainstorming)
ev. Ideen von MediatorInnen einbringen
Bewertung und Auswahl der interessantesten Vorschläge
Ausarbeitung, Heranziehen von Sachinformationen
5. Übereinkunft Einigung auf die beste Lösung und Übereinkunft formulieren
Umsetzung, Kontrolle und Umgang mit künftigen Problemen
klären
Unterzeichnung der Vereinbarung
Abschluss: ev. mit versöhnlicher Geste, Dank an die Beteiligten