Mirjam Schmitz Instinkt



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Mirjam Schmitz

Instinkt

Das Tier in uns




trolle. Der Mensch sollte sich mehr an seinen ursprüngli­

chen Bedürfnissen orientieren.

Doch ist dies nicht längst gewährleistet? Nie hatten wir 

mehr Freiheiten und Möglichkeiten, unser Leben zu gestal­

ten, als in der heutigen Zeit. Das Recht auf persönliche 

Freiheit ist in unserem Grundgesetz fest verankert. Doch 

wieso jammern gerade wir Deutschen auf so hohem Ni­

veau, wenn sich doch andere Völker aus wesentlich ärme­

ren Ländern als glücklich bezeichnen? Sogar bitterarme 

Naturvölker wirken trotz aller widrigen Umstände glückli­

cher als viele Deutsche.

Traurig, aber wahr: Laut des „UNICEF­Berichts zur 

Lage der Kinder in Industrieländern“ (2013) ist die subjek­

tive Lebenszufriedenheit von Kindern in Deutschland trotz 

aller materiellen Annehmlichkeiten besonders schlecht 

(Platz 22 von 29). Gerade wir Deutschen gelten weltweit 

als korrekt, penibel und pflichtbewusst. Haben wir uns da­

durch zu weit von unserem Instinkt, unserer tierischen Na­

tur abgewendet? Geben gerade die Deutschen ihren Kin­



dern nicht mehr das, was sie am meisten brauchen und was 

kein Tier seinen Zöglingen verweigert? Werden Aufmerk­

samkeit und Liebe in einer Leistungsgesellschaft vielleicht 

zu häufig gesellschaftlichen Anforderungen untergeordnet, 

obwohl sie für den Nachwuchs alles bedeuten? Es ist an der 

Zeit, sich wieder auf unsere tierischen Ursprünge, unsere 

Instinkte zu besinnen.

Die Wahrnehmung von emotionalen Problemen bei 

Kindern ist auch heute noch bei vielen Eltern schambesetzt. 

Doch wohin Ignoranz führen kann, zeigt folgendes Bei­

spiel:

Im 13. Jahrhundert wollte Kaiser Friedrich II. aus wissen-



schaftlicher Neugier die Ursprache des Menschen heraus-

finden. Dazu wies er Ammen an, Säuglinge zu stillen und zu 

pflegen, jedoch waren Reden, Zärtlichkeiten und Lieb-

kosungen verboten. Diese armen Kinder wurden schlicht 

und ergreifend ignoriert. Obwohl dem rein körperlichen 

Überleben nichts im Weg stand, sind sie wohl alle im Kin-

desalter gestorben.

Schon Babys von Rhesusäffchen zeigen ein ausgeprägtes 

Bedürfnis nach Wärme und Geborgenheit. Harry Harlow 

trennte in umstrittenen Tierversuchen Rhesusaffenbabys 

von ihren Müttern und ließ sie zwischen zwei Attrappen 

wählen: Eine war lediglich aus Metall geformt und spende­

te Milch, die andere war mit einem weichen Stoff überzo­

gen, lieferte aber keine Nahrung. Das Kuschelbedürfnis der 

kleinen Äffchen war offensichtlich so groß, dass sie die 

flauschige Attrappe bevorzugten und immer nur kurz zum 

Trinken das Metallgestell aufsuchten.

Es bedarf eigentlich keiner Worte, wohin die Missach­

tung natürlicher Instinkte führen kann: zu un­„mensch­



lichem“, destruktivem Verhalten gegenüber Schutzbefoh­

lenen.


Jeder Mensch (bis auf wenige Ausnahmen) kommt mit 

intakten Instinkten auf die Welt. Babys und Kleinkinder de­

monstrieren das, wenn sie lauthals schreiend auf ihre Be­

dürfnisse aufmerksam machen. In dieser Phase geht es für 

die alleine hilflosen Wesen nur um eins: das pure Überle­

ben. Jegliche Ignoranz bedeutet Gefahr für die Kleinen, da 

sie ohne entsprechende elterliche Fürsorge nicht lebensfä­

hig wären.

Der erste überlebenswichtige Instinkt gibt bei Mensch 

und Tier dem Impuls zur Wasser­ und Nahrungsaufnahme. 

Der Körper signalisiert zuverlässig die erforderliche Men­

ge. Ist ein gesundes Tier oder ein Menschenkind nicht satt, 

verlangt es mehr. Tritt die natürliche Sättigung ein, ist es 

zufrieden und stellt die Nahrungsaufnahme ein. Kein Tier 

in freier Natur ist zu fett. Der Instinkt reguliert genau die 

nötige Kalorienmenge, die erforderlich ist, um einen tier­

artgerechten Körperbau zu gewährleisten. Die wenigsten 

Babys sind zu dick, es sei denn, eine überbesorgte Mutter 

schiebt noch ein „Extragläschen“ hinterher, obwohl das 

Kind deutlich signalisiert, dass es genug hat. Viele Eltern 

bieten ihren Kindern zu viele süße Nahrungsmittel an, die 

für diese aus physiologischen Gründen attraktiv sind. Hier 

kann bereits der erste Grundstein für eine spätere Essstö­

rung gelegt werden.

Während Wasser­ und Nahrungsaufnahme das Überle­

ben des Individuums gewährleistet, sichert Sex den Fortbe­

stand der ganzen Art. Das Bedürfnis nach Fortpflanzung ist 

tief in den Genen von Mensch und Tier verwurzelt. Wer 

jedoch in freier Wildbahn zum Zuge kommen darf, regelt 

Mutter Natur nach eigenen Kriterien. Das Prinzip lautet 

„survival of the fittest“. Nur die am besten in ihre Umwelt 



Passenden können mit ihrem Erbgut dazu beitragen, dass 

der ganzen Art ein Vorteil in der Evolution zuteilwird.

Ein weiterer Instinkt ist das Bedürfnis nach Sicherheit. 

Sowohl für den Menschen als auch für das Tier ist es wich­

tig, die notwendigen Ruhepausen einzulegen, um sich von 

den Strapazen des Tages zu erholen. Häufig werden von in 

Gemeinschaften lebenden Tieren Wachposten organisiert, 

damit sich die anderen Mitglieder der Herde oder des Ru­

dels zur Ruhe begeben können. Andere Tierarten leben in 

Höhlen, die für Gegner schlecht zugänglich oder getarnt 

sind. Speziell alle Katzenartigen lieben zum Schlafen erhöh­

te Plätze, wie etwa Bäume. Pferde können durch einen spe­

ziellen Mechanismus im Kniegelenk im Stehen schlafen. In 

allen Fällen jedoch wird die nötige Voraussetzung geschaf­

fen, um noch rechtzeitig vom hilflosen Zustand des Schla­

fens in Flucht­ oder Kampfbereitschaft umzuschalten.

Manche Tierarten organisieren sich in sozialen Grup­

pen. Hierzu zählt auch der Mensch. Daraus resultiert ein 

weiterer Ur­Instinkt – das Bedürfnis nach sozialen Kontak­

ten. Werden Tiere, die natürlicherweise in Gemeinschaften 

leben, einzeln gehalten, drohen körperliche oder psychische 

Erkrankungen. Würde man einen einzelnen Menschen in 

ein Paradies setzen, in dem Milch und Honig fließen, er 

würde ohne das Beisammensein mit anderen Menschen die 

Lebensfreude verlieren.

Ein weiterer Ur­Instinkt, den Mutter Natur uns und den 

Tieren in die Wiege gelegt hat, ist der Spieltrieb. Dieser ist 

unbedingt notwendig, damit die Jungen lernen, sich entwi­

ckeln und immer besser an die Umgebung anpassen. Junge 

Tiere ahmen spielerisch die Verhaltensweisen der Eltern 

nach. Dabei üben sie zum Beispiel Flucht und Angriff, ge­

nau wie kleine Kinder, die „Räuber und Gendarm“ spielen. 

So machen sie sich gefahrlos vertraut mit den Regeln des 



Lebens und sammeln Erfahrungen. Darüber hinaus ist die 

spielerische Auseinandersetzung mit einer neuen Situation 

oder einem neuen Gegenstand auch für vitale erwachsene 

Tiere sinnvoll. In jedem Fall bereitet das Spiel Spaß, Freu­

de.

Die hier angesprochenen Grundbedürfnisse müssen bei 



Mensch und Tier erfüllt sein, damit Glück möglich ist. Wer 

nicht genug zu essen und zu trinken hat, keine Möglichkeit, 

bestehende sexuelle Bedürfnisse im Kontakt zu anderen zu 

befriedigen, kein warmes Dach über dem Kopf, keine Freun­

de und kein Spielvergnügen, dem wird es schwerfallen, Le­

bensfreude zu empfinden. Doch diese Voraussetzungen sind 

nahezu für jeden in den industrialisierten Ländern vorhan­

den. Betrachtet man unser Leben einmal aus der Perspektive 

eines Steinzeitmenschen, so ist es paradiesisch! Im Hier und 

Jetzt ist es sehr unwahrscheinlich, zu verhungern oder zu 

erfrieren (dass Menschen in strengen Winterzeiten in unse­

ren Städten trotzdem erfrieren, ist ein Skandal). Dank mo­

derner Kommunikation sind soziale Kontakte per Telefon 

und Internet jederzeit möglich. Selbst in unerfreulichen Situ­

ationen, wie etwa Arbeitslosigkeit, springen unsere wahren 

Freunde nicht ab, sondern stehen erst recht hinter einem. 

Während in der Steinzeit nur eine begrenzte Anzahl von 

Personen zur Verfügung stand, um das Leben unter harten 

Lebensbedingungen zu meistern, hat man heute eine nahezu 

unendliche Menge von Menschen zur Auswahl, die das  

Leben begleiten können. Das „Rudel“ kann ziemlich groß 

sein, wenn man will. In der Steinzeit musste sich der Mensch 

auch mit unsympathischen Menschen arrangieren, um das 

eigene Überleben und das seiner Sippe zu sichern. Heute hat 

jeder die Möglichkeit, Kontakte mit Leuten zu pflegen, mit 

denen er „auf einer Wellenlänge“ liegt. Wir leben nun nicht 



mehr mit 50 Menschen in einem riesigen, bedrohlichen Ur­

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  • Vorwort
  • Inhalt
  • Einleitung
  • Instinkt
  • Bewusstsein und Unbewusstes
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