Mitteleuropa zwischen Ost und West Kosmische und menschliche Geschichte Sechster Band



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Es ist nicht etwa meine Absicht, auf allerlei Hemmendes und Hinderndes einzugehen, das ja auch schon in den letzten Zeiten, weil es an einem Ort einmal besprochen werden mußte, zu Ihren Ohren gedrungen sein mag. Aber gezeigt haben diese Dinge doch, wie notwendig es ist, daß wir uns ganz sachlich von der Fruchtbarkeit und Notwendigkeit der geisteswissenschaftlichen Bewegung einnehmen lassen, und daß wir davon trennen können das, was als unser persönliches Wünschen und Wollen auftritt und immer wieder als Hindernis und Hemmnis dem richtigen Gang unserer geisteswissenschaftlichen Arbeit entgegentreten wird. Geisteswissenschaft ist so inhaltsreich, daß sie uns ganz sachlich beschäftigen kann. Versuchen wir einmal, uns oft und

oft wiederum vor die Seele zu rücken, wie leicht es ist, daß persönliches, ehrgeiziges oder eitles Streben sich doch vermischt mit dem, was eigentlich von uns ergriffen werden soll und wovon wir uns als durch die Welt pulsierendes geistiges Leben ergreifen lassen sollen.

Manche Ereignisse, die sich gerade innerhalb unserer Gesellschaft abgespielt haben, haben schon unseren Seelen den Gedanken nahelegen können: Ach, da draußen fließt Blut, da draußen ringt ein großer Teil der Menschen um Dinge, deren Bedeutung heute noch gar nicht ermessen werden kann, und da gibt es eine geistige Bewegung, die wahrhaftig das Interesse rein sachlich anregen könnte, in der man den Blick nicht zu richten brauchte auf das, was nur persönlich ist, aber da drinnen waltet so viel Persönliches, noch dazu zu solch einer Zeit, in der sich die Seele verpflichtet fühlen muß, mit den großen Ereignissen zusammenzuleben. Das ist auch ein Quell von Schmerz, das, was möglich war an Zusammenmischen von Persönlichem mit dem, was unpersönlich sein soll.

Nun, immer wieder und wiederum sollten wir hinblicken, heute insbesondere, aus unserem vereinzelten Leben auf das, was die ganze europäische Menschheit und die Menschheit darüber hinaus erlebt, und uns sagen: Die richtigen Früchte, die schwer errungenen, werden in der Zukunft sich doch nur ergeben, wenn der Menschheit das eingefügt wird, was die Geisteswissenschaft der Menschheitsentwickelung einverleiben will. Wenn mit dem, was als Früchte aus Blut und Schmerz, aus Leid und aus Entbehrung hinüberlebt für die Zukunft, sich vereinigen wird das, was errungen werden kann an Gedanken aus der Geisteswissenschaft heraus, dann wird auf den Feldern, die heute so viel Opfer fordern, einstmals ein geistiges, ein Menschheitsleben erblühen können, das dieser Opfer überhaupt würdig ist. Auf solches blickend, wollen wir schließen mit den Worten:

Aus dem Mut der Kämpfer, Aus dem Blut der Schlachten, Aus dem Leid Verlassener, Aus des Volkes Opfertaten Wird erwachsen Geistesfrucht -

Lenken Seelen geist-bewußt Ihren Sinn ins Geisterreich.

Mögen recht viel solche ins Geisterreich ihren Sinn lenkende Seelen innerhalb unserer Reihen erstehen, dann wird das, was aus ihren Anstrengungen an Blüten und Früchten entsteht, wirklich nicht bloß zu einem Persönlichen, sondern zu einem menschheitlichen Segen werden können. In diesem Sinne wollen wir, was auch das Leben bringen mag, recht intensiv an unserer Sache haltend zusammen weiterarbeiten!

FÜNFTER VORTRAG

München, 18. März 1916

Wir wollen den heutigen Abend mehr zu einer okkult-geschichtlichen Betrachtung verwenden und uns übermorgen zu einer rein menschlichen okkulten Betrachtung wenden. Wenn ich nun heute von einer Frage ausgehen will, gewissermaßen herausgefordert durch verschiedene Notwendigkeiten, die schon vorliegen und die angesichts der Ereignisse der Gegenwart besprochen werden müssen, so soll dies wirklich nicht dazu führen, daß ich Altes aufwärmen möchte, daß ich auf alte Streitigkeiten zurückkommen möchte, sondern es soll dazu dienen, einiges zu sagen, was eben gesagt werden muß. Und deshalb möchte ich von einer Frage ausgehen, die ich nicht unmittelbar beantworten will, sondern die durch verschiedene Betrachtungen, die ich nachher anstellen will, beantwortet werden soll. Ich will von der Frage ausgehen: Warum verleumdet seit dem Kriegsbeginn Mrs. Besant in ihren englischen Journalen unsere deutsche Bewegung in einer so unerhörten Weise? Warum hat sie mit diesem ihrem Verleumdungsfeldzug bald nach dem Ausbruch des Krieges begonnen, und warum setzt sie das auch in der Gegenwart wiederum in einer geradezu unglaublichen Weise fort? - Nun, einige Anhaltspunkte zur Beantwortung dieser Fragen werden eben gerade die nachfolgenden Betrachtungen geben können.

Die Vorträge, die ich jetzt in der Öffentlichkeit im Zusammenhange mit unserer geistigen Bewegung zu halten habe, müssen ja selbstverständlich so gehalten werden, wie sie für die Öffentlichkeit verständlich sind. Aber im Grunde liegt jedem Satze, der so gesprochen wiifd, viel, viel Tieferes noch zugrunde: Es ist jeder Satz aus der Notwendigkeit eines gewissen Tatsachenzusammenhanges heraus gesprochen. Und einiges aus diesem Tatsachenzusammenhang will ich eben heute sagen.

Oftmals habe ich ja darauf aufmerksam gemacht, wie wir in einem Zeitalter leben, in dem unbedingt etwas von okkult-geistiger Erkenntnis in die ganze Kulturbewegung einfließen muß. Nun ist die okkulte

Strömung, die geisteswissenschaftliche Strömung für die Entwicke-lung der Menschheit im Grunde genommen eigentlich niemals ganz abgerissen. Aber man muß schon mit einem, nicht gerade Vorurteil, aber mit einer Art Vorempfindung, die sehr verbreitet ist auch in unseren Reihen, brechen, wenn man gewisse Dinge, die man schon wissen soll, in der richtigen Art beurteilen will. Brechen muß man nämlich -es kann schon nicht anders gesagt werden - mit einer gewissen Traumessucht, mit einer gewissen Verschlafenheit, die so leicht sich demjenigen ergibt, der an unsere geisteswissenschaftliche Bewegung herantritt und etwas so recht Molliges haben will für seine Seele, etwas, das ihn so warm durchs Leben trägt, bei dem man zuhört, das man auf sich so wirken läßt, daß es einem dabei warm wird, daß man glauben kann an die höhere Bestimmung der Menschenseele, was ja alles ganz richtig ist, was aber auch durchaus verbunden sein kann mit einem gewissen Einlullen des Gemütes. Das beobachtet man ja nur zu häufig gerade bei denen, die Geisteswissenschaft auf ihre Seele wirken lassen und die nicht zu gleicher Zeit anstreben, gerade durch das, was Geisteswissenschaft sein kann, ein klares, sicheres Urteil über die Begebenheiten des Lebens, über die Verschlingungen der Tatsachen, innerhalb welcher ja jeder einzelne Mensch steht, zu finden.

Nun ist oftmals, wenn die Menschheitsentwickelung erörtert worden ist, darauf aufmerksam gemacht worden, wie unser fünfter nachatlantischer Kulturzeitraum, in dem wir leben, die Aufgabe hat, die Bewußtseinsseele herauszubilden aus den allgemeinen Anlagen der Menschenseele, und wie dann im sechsten nachatlantischen Zeitraum das Geistselbst wird herausgearbeitet werden müssen. Und es ist darauf aufmerksam gemacht worden, wie wesentlich mitwirken müssen gewisse menschheitliche Anlagen, die gerade im Osten Europas, heute noch schlummernd und schlafend, bei dem russischen Volke zu finden sind, wenn in einer entsprechenden Weise gerade in richtiger Art der sechste nachatlantische Kulturzeitraum wirksam werden soll. Und da ist es nötig, daß gewisse Eigenschaften, die in der russischen Volksseele so tief begründet sind, daß wirklich der russische Mensch, wenn er nicht irregeführt werden wird durch seine «Intelligenzija», in seiner Seele tief durchstrahlt ist von diesen Eigenschaften. Auf solche Eigen-

schaften ist da aufmerksam zu machen. Diese russische Volksseele hat in ihrer ganzen Art etwas, man könnte es fast nennen Weibliches, etwas Anschmiegungsfähiges, etwas, was sich leicht eignet, dasjenige aufzunehmen, was die Kulturentwickelung gebracht hat.

Damit steht ja im Zusammenhang, daß der russische Mensch aufnimmt und im Verlaufe der Entwickelung, die er durchgemacht hat, immer aufgenommen hat das, was aus alten Zeiten als die mehr orientalisch gefärbten, byzantinischen Religionsformen die russische Kultur durchströmt. Wenig innerlich produktiv, wenig innerlich schöpferisch ist die russische Volksseele bisher, aber im eminentesten Sinne aufnahmefähig. Daher kann auch so wenig von einer Fortentwickelung der russisch-orthodoxen Religion in den Jahrhunderten gesprochen werden, in denen diese russisch-byzantinisch orientierte Religion unter den Russen gewirkt hat. Wer eine Zeremonie in der russischen Kirche mitmacht, und wäre es auch nur vorübergehend, der kann empfinden, wie unendlich viel von orientalisch-Aurahaftem diese Zeremonien durchströmt, wie gewissermaßen Aurenhaftes fühlbar hereingetragen wird in die unmittelbare Gegenwart. Das ist das eine.

Ein Zweites: In dieser russischen Volksseele liegt enthalten, daß der einzelne russische Mensch wenig Sinn hat für dasjenige, was in West-und Mitteleuropa für die Durchgliederung des sozialen Lebens und dessen Weiterentwickelung schon einmal notwendig ist an Gedankenformen. Eine Notwendigkeit, die damit angedeutet ist, besteht ja, lag vor zum Beispiel mit der Übernahme des streng juristischen Denkens in die europäische soziale Ordnung. Aber für dieses Durchzogensein des sozialen Lebens mit Gedankenformen hat der russische Mensch wenig Verständnis. Das beirrt ihn in dem, was er das freie gefühlsmäßige Ausleben seines Schicksals nennen möchte. Er möchte nicht durch irgendwelche in die äußere soziale Struktur eingeflochtenen Gedankenformen beirrt sein.

Und ein dritter Zug ist der, welcher Herder so angezogen hat und der schon einmal wirklich innig verbunden ist mit dem, was man russische Volksseele nennen kann. Denn entdeckt wurde dieser Zug nicht in Rußland selber, das heißt, betont begrifflich herausgehoben wurde er nicht in Rußland, sondern ursprünglich von Herder, wie der

Slawismus und der Panslawismus überhaupt von Herder außerordentlich viel entlehnt hat; wiederum ein Beweis für die Anschmiegefähigkeit des Russentums. Der dritte Zug ist also der einer gewissen Friedfertigkeit, eines nichtaggressiven Wesens in bezug auf das Geistesleben, eines mehr passiv sich hingebenden Wesens. Das aggressive Eintreten für irgendwelche Dogmen oder dergleichen liegt dem russischen Volkstum fern. Das ist eine dritte Eigenschaft.

Natürlich können solche Eigenschaften durch verschiedene Umstände - gerade das bringt ja die Kompliziertheit des Menschenlebens mit sich - in ihr Gegenteil verkehrt werden, und durch jene Volksverführer, mit denen man es jetzt zu tun hat, sind fast alle diese drei Züge unmittelbar in ihr Gegenteil verkehrt. Dem, der in der Geisteswissenschaft darinsteht, sollte das nicht irgendwie wunderbar erscheinen.

So sieht man aber - und wir würden es noch viel mehr sehen, wenn wir das jetzt nur in ein paar Strichen Angedeutete ausführlicher studieren könnten -, daß da im Osten Europas ein Material vorhanden ist, das gewissermaßen zusammenfließen muß mit dem, was im Westen Europas aus einer viel aktiveren Entwickelung herauskommt. In dem Westen Europas sind geradezu die entgegengesetzten Charakterzüge zu ergreifen. Es wurde darauf hingewiesen, was da aus einer gewissen aktiven Entwickelung heraus der Menschheit bis in unseren fünften nachatlantischen Zeitraum herein hat gebracht werden können und was ihr weiter gebracht werden muß, wenn solche Dinge nicht verschlafen werden, wie sie zum Beispiel auch gestern wiederum in meinem Vortrag über einen verklungenen Ton des deutschen Geisteslebens gekennzeichnet worden sind.

Für denjenigen, der nun wirklich unbefangen die Entwickelung des geistigen Lebens betrachten kann - unbefangen auch dann, wenn es sich ihm ja zunächst in der äußeren physischen Wirklichkeit, gerade in der Gegenwart, in den furchtbarsten Zerrbildern, in Karikaturen darbietet -, der die inneren Triebkräfte dieses Geisteslebens betrachten kann, ist es aber doch klar, daß durch eine gewisse Tatsache gerade dasjenige, was im mitteleuropäischen Geistesleben vorhanden ist, eine Art Ehe eingehen muß mit dem, was aus den russischen natürlichen

Anlagen herausfließt. Eine Art Zusammenwirken muß stattfinden zwischen dem, was in Mitteleuropa, ich möchte sagen, durch die Eigenart dieses mitteleuropäischen Geisteslebens gezeugt werden kann, und dem, was aufgenommen werden kann durch gewisse rein natürliche Eigenschaften des europäischen Ostens.

Wenn Sie das mitteleuropäische Geistesleben noch genauer studieren würden, namentlich jenen Zug, auf den ich jetzt im öffentlichen Vortrag aufmerksam machte, so würden Sie sehen: Gewiß, in diesem Zug liegt noch nicht Geisteswissenschaft als solche, aber es liegt wirklich etwas darin, das der Keim zur Geisteswissenschaft ist. Fichte spricht, wie ich es oftmals angeführt habe, von einem «höheren Sinn». Goethe spricht von «anschauender Urteilskraft». Schelling spricht davon, daß sich die Seele erheben müsse, wenn sie wirklich in die Geheimnisse des Daseins hineinblicken will, zu dem, was er «intellektuelle Anschauung» nennt. Um die Dinge genauer zu verstehen, muß man auch aufmerksam machen auf etwas, was Schelling im Alter noch geleistet hat in den ungeheuer tiefsinnigen Werken «Philosophie der Mythologie» und «Philosophie der Offenbarung». Ein tiefes Erfassen des Christentums lebt in diesen Werken, die heute noch nicht verstanden werden. Eine geistige Auffassung der Welt lebt in einer Schrift wie zum Beispiel «Die Gottheiten von Samothrake», wo Schelling versucht, in die Mysterien der samothrakischen Kabiren einzudringen. Eigentlich tritt nirgends im neueren Geistesleben so stark das Bewußtsein auf, daß man es im Christentum nicht zu tun habe mit einer Summe von Dogmen, daß das eigentlich Nebensache ist, was als christliche Dogmen gepflegt wird, sondern daß die Hauptsache ist, daß das Christus-Ereignis, das Mysterium von Golgatha stattgefunden hat, nirgends tritt einem das so stark entgegen wie in Schellings «Philosophie der Offenbarung». Das alles ist entwickelungsfähig, das alles muß zu jener Entwickelung führen, die wir so oft vorgezeichnet haben, wenn wir auf das, was im fünften nachatlantischen Zeitraum gerade durch Mitteleuropa geleistet werden muß, denkend hinblicken.

Nun aber Westeuropa! Wenn man Westeuropa betrachtet, muß man vor allen Dingen sich klar darüber sein, daß dieser Westen Europas überall durchsetzt ist von einem historisch, traditionell überlieferten

Okkultismus, der sich nirgends in so organischer, in so lebensvoller Weise aus dem ergibt, was auch draußen im exoterischen Leben lebt, wie sich ein wahrer neuzeitlicher Okkultismus ergeben kann aus der Geistesströmung, die durch Goethe, Schelling, Hegel und so weiter fließt. Was im Westen als Okkultismus besteht, das knüpft nur wenig an dasjenige an, was äußere Wissenschaft ist. Es wäre unmöglich, zum Beispiel für England einen ähnlichen Zusammenhang zwischen okkulter Wissenschaft und dem eigentlichen Erkenntnisstreben herauszufinden, wie es bei dem Weltbilde des deutschen Idealismus wirklich der Fall ist. Man kann sich nicht denken, daß dasjenige, was äußerlich echt englisch ist, etwa die Philosophie des Baco von Vernlam, des Spencer, der englisch gefärbte Darwinismus oder jetzt wiederum der neuere Pragmatismus, einen ebensolchen Weg hinüber finde zu dem, was da in den verschiedenen okkulten Orden des Westens lebt, wie das bei dem deutschen Idealismus der Fall ist. Was durch diese verschiedenen okkulten Orden durchgeht, das muß sich abschließen, das kann keine rechte Brücke schaffen zu einer äußeren weltlichen Wissenschaft.

Dafür aber besteht in diesen westlichen Ordenszusammenhängen, namentlich in gewissen Hochgradorden, eine Erkenntnis, die historisch überliefert ist, die jeder in sich aufnimmt, es besteht eine gewisse Erkenntnis, ich möchte sagen, jener europäischen Weltenlage, die wirklich ihr Hauptgeheimnis in der eben geschilderten Tatsache hat: daß auf der einen Seite wie aus dem Blut heraus der Osten Europas zur Aufnahme bestimmt ist, daß dasjenige aber, was westlich von diesem Osten Europas liegt, dazu bestimmt ist, etwas zu entwickeln, was von dem Osten aufgenommen werden soll. Diese Erkenntnis liegt ganz bestimmt vor bei den leitenden Persönlichkeiten der westlichen Orden. Da, wo diese leitenden Persönlichkeiten die Grundidee ihres okkulten Wirkens entwickeln, sprechen sie durchaus von diesem Zusammenhange.

Aber es ist mit der Entwickelung solcher Grundideen im Westen etwas ganz Bestimmtes verknüpft. Was damit verknüpft ist, sieht man am besten, wenn man die Dinge verfolgt, wo sie am starrsten und am eingebildetsten geworden sind: innerhalb des britischen Ordenslebens. Es lebt in jedem, der in diesem britischen Ordensleben in gewisse hö-

here Grade eingeführt wird - gewisse höhere Grade der Einweihung, die er historisch kennt, in die er natürlich nicht wirklich lebendig eingeweiht ist -, eine gewisse Vorstellung, nämlich, daß das Angelsach-sentum aus seinem Volkswesen heraus das bringen müsse, was sich mit dem russischen Volkstum verbinden kann zu einer Art von geistiger Kulturehe. Denn ein jeder, der so, wie ich es eben charakterisiert habe, in dem angelsächsischen Okkultismus darinsteht, betrachtet ihn als dasjenige, was ablösen muß die tiefsten okkulten treibenden Kräfte des griechisch-lateinischen Wesens. So denkt man. Da war für die vierte nachatlantische Kulturperiode, die, wie wir ja wissen, im 15. Jahrhundert etwa zu Ende gegangen ist, eben maßgebend dasjenige, was das Griechen- und Römertum, was die griechisch-lateinische Kultur auch an Okkultismus aus sich hervorkommen ließ. Abgelöst aber muß werden in der fünften nachatlantischen Kultur dieses Griechisch-Lateinische durch das Angelsachsentum. Das ist geradezu etwas, was gefordert wird, was also bewirkt werden muß, was sich realisieren muß. Und jeder, der so darinsteht in diesem Dogma, das ja zugleich ein Willensdogma ist: Die fünfte nachatlantische Kultur muß angelsächsische Physiognomie, angelsächsisches Gepräge tragen -, der hat zugleich ein gewisses Bild von der zukünftigen Gestaltung Europas. Er hat das Bild von der zukünftigen Gestaltung Europas, daß dasjenige, was in Mitteleuropa an Geistesleben existiert, vor allen Dingen unterdrückt werden müsse als etwas, was nicht in die Zukunft der Menschheit hinüberfließen darf. Darüber müsse man so hinweggehen als über eine unbedeutende Tatsache.

Ein mehr oder weniger unbewußtes Dogma ist das in allen angelsächsischen, und von da ausgehend auch in allen Orden, die zum Beispiel irgendwie einen Zusammenhang haben mit dem «Grand Orient de France», und in allen westeuropäischen Geheimgesellschaften. Ein Grunddogma, das so mehr oder weniger unbewußt wirkt, ist eben: Dieses mitteleuropäische Wissen kommt nicht in Betracht für die fünfte nachatlantische Kultur, darf nicht in Betracht kommen. Es muß alles so eingerichtet werden, daß die fünfte nachatlantische Kultur angelsächsische Physiognomie trägt. Daher muß eine Art von Ehe zwischen Westeuropa und Osteuropa eben mit Vernachlässigung des mitteleuro-

päischen Lebens herbeigeführt werden. - In solchen okkulten Orden sprach man seit vielen, vielen Jahren immer von jenem Kriege, in dem wir jetzt leben. Man malte diesen Krieg nicht etwa weniger schrecklich aus, als er sich jetzt vollzogen hat. Es ist nur ein naiver Glaube, daß dieser Krieg so hereingebrochen wäre, ohne daß ihn viele Menschen vorausgesehen hätten, als ob nicht viel geredet worden wäre über diesen Krieg. Es ist viel darüber geredet worden! Und den Satz von dem kommenden großen europäischen Kriege finden Sie überall, auch immer wieder und wiederum gerade in den angelsächsischen Orden, angeführt und besprochen. Immer wieder und wiederum findet sich da der Hinweis, daß ein solcher großer europäischer Konflikt kommen müsse. Und man malt sich die künftige Lage Europas aus. Man weiß, daß mit der sechsten nachatlantischen Kulturperiode, die man, etwas materialistisch gefärbt, im angelsächsischen Sinne die sechste Unter-rasse nennt, die genannten Eigenschaften, die Blutseigenschaften, möchte ich sagen, des russischen Volkes etwas zu tun haben und daß daher herbeigeführt werden muß eine Art Zusammenfließen des westeuropäischen Wesens mit dem russischen Wesen. Über diese Dinge muß man durchaus klar denken, man muß sie sich klar vor Augen halten, sonst lebt man schlafend in dem, was okkulte Bewegung der Gegenwart ist.

Im Zusammenhange damit möchte ich Sie auf eine Tatsache aufmerksam machen. Ich habe sie nicht vergessen, kann sie auch nicht vergessen. Als Mrs. Besant ihre erste Reise zu uns nach Mitteleuropa machte, da wurde zuerst in Hamburg mit ihr eine Versammlung veranstaltet, wo sie einen Vortrag hielt. Ich stellte damals eine bestimmte Frage an Mrs. Besant: Wenn wir jetzt beginnen wollen mit einer mitteleuropäisch-okkulten Bewegung, wie verhält es sich damit, daß am Ausgangspunkte des 19. Jahrhunderts, an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert, bedeutungsvolle Keime eines besonderen Geisteslebens gerade in Mitteleuropa zu bemerken sind? - Da antwortete Mrs. Besant - selbstverständlich wurde wenig verstanden von dem Zusammenhang, der der Sache zugrunde liegt -: Damals ist eben innerhalb des deutschen Lebens in abstrakter, begrifflicher Form etwas von Gei-steserkennen hervorgetreten; aber weil das eben die Menschheit nicht

brauchen konnte, mußte es in einer reineren, höheren, in einer wahren Form innerhalb des englischen Geisteslebens später erst richtig entfaltet werden. - Es mag für manche Leute unangenehm sein, daß gerade solche charakteristische Äußerungen von mir nicht vergessen werden. Sie werden schon nicht vergessen werden.

Nun bot sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts ein besonderes, außerordentlich bedeutsames Phänomen mit Bezug auf die okkulte Entwickelung Europas dar, und sogar hinübergreifend bis nach Amerika. Und dieses Phänomen, das allerdings äußerlich nur als eine Persönlichkeit aufzutreten scheint, hat eine viel größere Bedeutung, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Dieses Phänomen tritt uns nämlich in der Persönlichkeit von Helena Petrowna Blavatsky entgegen. Äußerlich liegt ja schon die Tatsache vor — aber diese außerordentliche Tatsache ist nur der Ausdruck für tiefe innere geistige Zusammenhänge -, daß Helena Petrowna Blavatsky hervorgegangen ist aus dem russischen Volkstum, mit allen Eigenschaften dieses russischen Volkstums, aber aus diesem große, medial gestaltete spirituelle Eigenschaften entwickelnd, vor allen Dingen im höchsten Maße psychische Eigenschaften.

Man muß einen Begriff davon haben, was das Auftreten eines solchen Phänomens im okkulten Entwickelungsgang der Menschheit bedeutet, wenn man ein solches Phänomen eben ganz würdigen, wenn man mit Verständnis folgen will dem, was ich jetzt zum Beispiel zu sagen habe. In den angelsächsischen, westlichen Orden, Geheimbünden und so weiter, die sich mit den okkulten Ideen so befaßten, wie ich es jetzt eben charakterisiert habe, entstand ein reges Leben, als bekannt wurde, daß solch eine einzigartige Persönlichkeit da ist, die gerade aus dem charakteristischsten russischen Volkstum heraus Zukunftseigenschaften der Menschheitsentwickelung, in hervorstechenden psychischen Eigenschaften konzentriert, in einer ganz einzigartigen Me-diumnität zeigt. Es rührte sich überall. Nach Fragen drängendes Leben entstand in diesen angelsächsisch-westlichen Orden. Was da als ein drängendes Leben entstand, kann man folgendermaßen ausdrücken, wenn man auch natürlich die Dinge dabei etwas in Konturen schieben muß. Die Leute, die da die eigentlichen Wächter dieser angel-

sächsisch-westlichen Bewegung sind, sagten sich: Das bedeutet etwas, daß gerade aus der östlichen Menschheit heraus ein solches Individuum erwacht in der Gegenwart, das muß berücksichtigt werden, dazu muß man entsprechend Stellung nehmen. - Und es entstand jetzt wirklich die Frage: Wie bringt man dasjenige, was durch starke psychische Eigenschaften gewisse tiefe Geheimnisse der Welt weiterverraten kann, in ein Fahrwasser, so daß sich russisches Zukunftselement verbindet mit angelsächsischem Wesen? - Die Eigenschaften der Blavatsky geradezu in angelsächsisches Wesen hineinzuziehen, das wurde jetzt das Bestreben. Wenigstens wollte man es dahin bringen, daß durch die psychischen Eigenschaften der Blavatsky vor allen Dingen diejenigen okkulten Dogmen der Welt präsentiert würden, welche die westlichen Orden eben der Welt präsentieren wollten. Es sollte gezeigt werden, wie eine gewisse, von Okkultismus durchdrungene Zukunftswissenschaft kommen müsse; das strebte man an. Hinlenken wollte man das Denken der Menschen, das ja so leicht geleitet werden kann, nach dem, was hinführt von der fünften in die sechste Periode hinüber, aber so, daß es zunächst durchsetzt wird von den Trieben, die im angelsächsischen Okkultismus und in seinen Dogmen wurzeln. So sollte diese psychische Persönlichkeit der Blavatsky benützt werden, um in sie hineinzudrängen dasjenige, was historisch überliefert und als Glaubensartikel im westlichen Okkultismus lag.


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