Sie führen zum Sieg des Kommunismus uns fort!
Savoir vivre
Oft hat wer sterben früh gemusst,
der wohl zu leben hätt gewusst.
Ein andrer quält sich noch als Greis,
weil er nicht recht zu leben weiss!
Eugen Roth
Schenken
Schenke groß und klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in Dir wohnt,
An Meinung, Geschmack und Humor,
So daß die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Daß Dein Geschenk
Du selber bist
Ringelnatz, 1883 bis 1934
Schlaflos
König Heinrich der Vierte
How many thousand of my poorest subjects
Are at this hour asleep! O sleep, O gentle sleep,
Nature's soft nurse, how have I frighted thee,
That thou no more wilt weigh my eyelids down
And steep my senses in forgetfulness?
Wieviel meiner ärmsten Untertanen sind
Um diese Stund im Schlaf! O Schlaf! O holder Schlaf!
Du Pfleger der Natur, wie schreckt ich dich,
Daß du nicht mehr zudrücken willst die Augen
Und meine Sinne tauchen in Vergessen.
Why rather, sleep, liest thou in smoky cribs,
Upon uneasy pallets stretching thee,
And hush'd with buzzing night-flies to thy slumber,
Than in perfum'd chambers of the great,
Under the canopies of costly state,
And lull'd with sound of sweetest melody?
Was liegst du lieber, Schlaf, in rauchgen Hütten,
Auf unbequemer Streue hingestreckt,,
Von summenden Nachtfliegen eingewiegt,
Als in der Großen duftenden Palästen,
Unter den Baldachinen reicher Pracht
Und eingelullt von süßen Melodien?
O thou dull god, why liest thou with the vile
In loathsome beds, and leavest the kingly couch
A watch-case or a common larum bell?
O blöder Gott, was liegst du bei den Niedern
Auf eklem Bett und läßt des Königs Lager
Ein Schilderhaus und Sturmglocke sein?
Wilt thou upon the high and giddy mast
Seal up the ship-boys eyes, and rock his brains
In cradle of the rude imperious surge
And in the visitation of the winds,
Who take the ruffian billows by the top,
Curling their monstrous heads and hanging them
with deafening clamour in the slippery clouds,
That, with the hurly, death itself awakes?
Versiegelst du auf schwindelnd hohem Mast
des Schiffsjungen Aug und wiegst sein Hirn
in rauher, ungestümer Wellen Wiege
und in der Winde Andrang, die beim Gipfel
Die tollen Wogen packen, krausen ihnen
Das ungeheure Haupt und hängen sie
Mit tobendem Geschrei ins glatte Tauwerk,
Daß vom Getümmel selbst der Tod erwacht.
Canst thou, O partial sleep, give thy response
To the wet sea-boy in an hour so rude,
And in the calmest and most stillest night,
With all applicances and means to boot,
Deny it to a king? Then happy low, lie down!
Uneasy lies the head that wears a crown.
Gibst du, o Schlaf, parteiisch deine Ruh
Dem Schifferjungen in so rauher Stunde
Und weigerst in der ruhig stillsten Nacht
Bei jeder Forderung sie einem König?
So legt, ihr Niedern, nieder euch, beglückt;
Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt.
Shakespear
Schlechtes Wetter
Das ist ein schlechtes Wetter
es regnet stürmt und schneit,
ich sitze am Fenster und schaue
hinaus in die Dunkelheit!
Da schimmert ein einsames Lichtchen,
das wandelt langsam fort,
ein Mütterchen mit dem Laternchen
wankt über die Strasse dort.
Ich glaube, Mehl und Eier
und Butter kaufte sie ein,
sie will einen Kuchen backen
fürs grosse Töchterlein.
Die liegt zu Haus im Lehnstuhl
und blinzelt schläfrig ins Licht,
die goldenen Locken wallen
über das süsse Gesicht.
H. Heine
Schöne Brücke, hast mich oft getragen,
Wenn mein Herz erwartungsvoll geschlagen
Und mit dir den Strom ich überschritt.
Und mich dünkte deine stolzen Bogen
Sind in kühnem Schwunge mitgezogen
Und sie fühlten meine Freude mit.
Weh der Täuschung, da ich jetzo sehe,
Wenn ich schweren Leids hinübergehe,
Daß der Last kein Joch sich fühlend biegt.
Soll ich einsam in die Berge gehen
Und nach einem schwachen Stege spühen,
Der sich meinem Kummer zitternd fügt.
Aber sie mit andren Weh und Leiden
Und im Herzen andre Seligkeiten
Trage leicht die blühende Gestalt.
Schöne Brücke, magst du ewig stehen,
Ewig aber wird es nie geschehen,
Daß ein bessres Weib hinüberwallt.
Heidelberg Gedichte
Eichendorff
denkt an seine verflossene Liebste auf der anderen Brückenseite:
Schöner Playboy
Wärst du doch in Düsseldorf geblieben!
Schöner Playboy, du wirst nie ein
Cowboy sein!
Wärst du doch in Düsseldorf geblieben!
Das wär besser für dich und für
Düsseldorf am Rhein.
Gleich als ich ihn kommen sah,
dachte ich: Was will der da?
Was will dieser feine Mensch
hier auf uns'rer Ranch?
Und er setzte sich aufs Pferd,
doch das Pferd war verstört.
Und der Herr aus Germany
flog in die Prärie!
Wärst du doch in Düsseldorf...
Doch er blieb vier Wochen hier
und er war so nett zu mir!
Liebe auf den zweiten Blick,
groß war unser Glück!
Aber heute denk ich bloß:
Wie werd' ich ihn wieder los!
Alles hat er falsch gemacht
und ganz Texas lacht!
Wärst du doch in Düsseldorf ....
Schönheits-Chirurgie
Sei's, daß Du nur ein Wimmerl hast,
Sei's, daß Dir Deine Nas nicht paßt,
Daß Kinn und Wange Dir zu faltig,
Daß Dir Dein Busen zu gewaltig -
Kurz, daß Natur Dir was verweigert,
Beziehungsweise grob gesteigert,
Brauchst in der Neuzeit, der bequemen,
Du das nicht einfach hinzunehmen.
Es bleiben schließlich nur die Affen
So häßlich wie sie Gott erschaffen -
Die Ärzte so uns modeln sollen,
Wie Gott uns hätte schaffen wollen.
Psychotherapeut
Der Psychotherapeut machts fein:
Erst fragt er viel in Dich hinein,
Dann holt er, wie's der Zaubrer tut
Mit dem Kaninchen aus dem Hut,
Die Fragen wieder aus Dir raus -
Und dankt vergnügt für den Applaus.
Chirurg
Wenn wer (damit es sich nicht sträubt)
Sein Opfer erst einmal betäubt,
Sich Geld verschafft dann mit dem Messer,
So ist das sicher ein Professer.
Die Operation gelingt
Dem Arzt von heute unbedingt.
Kommt gar der Patient davon,
Ist's für den Doktor schönster Lohn -
Weil beiden Freude dann gebracht
Der gute Schnitt, den er gemacht.
Chefarzt
Der Krankheit wird gewaltig jetzt
Vermittels Treibjagd zugesetzt.
Höchst logisch wird von allen -logen
Was irgendmöglich einbezogen.
Der Psycho- Uro-, Bakterio-,
Laryngo-, Neuro- Röntgeno-
Und viele andere beäugen
Die Fährte, sich zu überzeugen,
Daß immer enger schon verbellt,
Die Krankehit auswegslos umstellt.
Zuletzt wird sie, auf Tod und Leben
Dem Chef zu Abschuß freigegeben.
Hausarzt
Der Hausarzt kommt nicht mehr wie früher,
Du bist ein Selbst-Dich-hin-Bemüher.
Im Wartezimmer - lang kanns dauern! -
Mußt du auf den Herrn Doktor lauern,
Der, wie's der Reihe nach bestimmt,
Den einen nach dem andren nimmt -
(Sofern Du nicht wöhnest arg,
Daß er noch viele schlau verbarg
In nebenräumen, Küch' und Keller,
Um sie dann vorzulassen, schneller.)
Dortselbst, in schweigend stumpfen Ernst,
Du warten kannst - wenn nicht, es lernst.
Dann endlich trifft Dich ein beseeltes:
"Der Nächste bitte, na wo fehlt es?"
Nun gibt's von Leidenden zwei Sorten:
Den einen fehlts zunächst - an Worten.
Den andren fehlts gleich überall:
Sie reden wie ein Wasserfall.
Der Doktor, geistesgegenwärtig,
Wird leicht mit beiden Sorten fertig.
Maßgebend ist ihm ja im Grund -
Nicht dein Befinden, - sein Befund.
Diagnose
Höchst ratsam ist die mitleidlose
Und äußerst düstre Diagnose,
Die nie des Doktors Ruf verdirbt:
Gesetzt den Fall, der Kranke stirbt -
Am Schrecken gar, ihm eingejagt -
Heißts: "Ja, der Arzt hats gleich gesagt!".
Jedoch, wenn er ihn retten kann,
Dann steht er da als Wundermann...
Eugen Roth
Schorle
Wasser allein macht stumm
Das beweisen im Teich die Fische.
Wein alleine macht dumm
Das beweisen die Herren am Tische.
Und weil ich keines von beiden will sein,
trinke ich das Wasser gemischt mit Wein.
angeblich Goethe (als er im Heidelberger „goldenen Hecht“ die Schorle erfand)
Sea Fever
1
I must go down to the seas again, to the lonely sea and the sky,
And all I ask is a tall ship and a star to steer her by,
2
And the wheel's kick and the wind's song and the white sail's shaking,
And a gray mist on the sea's face, and a gray dawn breaking.
3
I must go down to the seas again, for the call of the running tide
Is a wild call and a clear call that may not be denied;
4
And all I ask is a windy day with the white clouds flying,
And the flung spray and the blown spume, and the sea-gulls crying.
5
I must go down to the seas again, to the vagrant gypsy life, To the gull's way and the whale's way, where the wind's like a whetted knife;
6
And all I ask is a merry yarn from a laughing fellow-rover,
And quiet sleep and a sweet dream when the long trick's over.
John Masefield
Seefahrt
Lange Tag' und Nächte stand mein Schiff befrachtet;
Günstger Winde harrend, saß mit treuen Freunden,
Mir Geduld und guten Mut erzechend,
Ich im Hafen.
Und sie waren doppelt ungeduldig:
Gerne gönnen wir die schnellste Reise,
Gern die hohe Fahrt dir; Güterfülle
Wartet drüben in den Welten deiner,
Wird Rückkehrendem in unsern Armen
Lieb und Preis dir.
Und am frühen Morgen wards Getümmel,
Und dem Schlaf entjauchzt uns der Matrose,
Alles wimmelt, alles lebet, webet,
Mit dem ersten Segenshauch zu schiffen.
Und die Segel blühen in dem Hauche,
Und die Sonne lockt mit Feuerliebe;
Ziehn die Segel, ziehn die hohen Wolken,
Jauchzen an dem Ufer alle Freunde
Hoffnungslieder nach, im Freudetaumel
Reisefreuden wähnend, wie des Einschiffmorgens,
Wie der ersten hohen Sternennächte.
Aber gottgesandte Wechselwinde treiben
Seitwärts ihn der vorgesteckten Fahrt ab,
Und er scheint sich ihnen hinzugeben,
Strebet leise sie zu überlisten,
Treu dem Zweck auch auf dem schiefen Wege.
Aber aus der dumpfen grauen Ferne
Kündet leise-wandelnd sich der Sturm an,
Drückt die Vögel nieder aufs Gewässer,
Drückt der Menschen schwellend Herz darnieder;
Und er kommt. Vor seinem starren Wüten
Streckt der Schiffer klug die Segel nieder,
Mit dem angsterfüllten Balle spielen
Wind und Wellen.
Und an jenem Ufer drüben stehen
Freund' und Lieben, beben auf dem Festen:
Ach, warum ist er nicht hier geblieben!
Ach, der Sturm! Verschlagen weg vom Glücke!
Soll der Gute so zugrunde gehen?
Ach, er sollte, ach, er könnte! Götter!
Doch er stehet männlich an dem Steuer:
Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen,
Wind und Wellen nicht mit seinem Herzen.
Herrschend blickt er auf die grimme Tiefe
Und vertrauet, scheiternd oder landend,
Seinen Göttern.
Goethe
Seele und Leib
Ich kann es nicht vergessen,
Geliebtes, holdes Weib,
Daß ich dich einst besessen,
Die Seele und den Leib.
Den Leib möcht ich noch haben,
Den Leib so zart und jung;
Die Seele könnt ihr begraben,
Hab selber Seele genung.
Ich will meine Seele zerschneiden,
Und hauchen die Hälfte dir ein,
Und will dich umschlingen, wir müssen
Ganz Leib und Seele sein.
Heinrich Heine
Sei modern
Sei modern und arbeit nicht zu heftig
fremder Schweiß erhält dich frisch und kräftig!
Bist du stets zur Arbeit nur bereit
bleibt dir zum Verdienen keine Zeit!
Spar auch nicht, kannst manchem etwas schenken
Kannst zum Beispiel nen Findelheim bedenken.
Findelkinder gibt es mancherlei
vielleicht ist auch eins von dir dabei!
Otto Reutter
Show Busines
There's no business like show business
Like no business I know,
Everything about it is appealing,
Everything that traffic will allow,
Nowhere could you get that happy feeling,
When you are stealing that extra bow!
There's no people like show people,
They smile when they are low,
Yesterday they told you you would not go far,
That night you opened and there you are,
Next day on your dressing room they hung a star,
Let's go on with the show!
The costumes, the scenery, the make up, the props,
The audience that lifts you when you're down,
The headaches, the heartaches, the backaches, the flops,
The sheriff who escorts you out of town!
The opening when your heart beats like a drum,
The closing when the customers don't come!
There's no business like show business
Like no business I know,
You get word before the show has started,
That your favourite uncle died at dawn,
And top of that your pa and ma had parted,
You're broken hearted but you go on!
There's no people like show people,
They smile when they are low,
Even with a turkey that you know will fold,
You may be stranded out in the cold,
Still you wouldn't change it for a sack of gold,
Let's go on with the show,
Let's go on with the show!!!!!
Sie saßen und tranken am Teetisch,
Und sprachen von Liebe viel.
Die Herren die waren ästhetisch,
Die Damen von zartem Gefühl.
Die Liebe muß sein platonisch,
Der dürre Hofrat sprach.
Die Hofrätin lächelt ironisch,
Und dennoch seufzet sie: Ach!
Der Domherr öffnet den Mund weit:
Die Liebe sei nicht zu roh,
Sie schadet sonst der Gesundheit.
Das Fräulein lispelt: Wie so?
Die Gräfin spricht wehmütig:
Die Liebe ist eine Passion!
Und präsentieret gütig
Die Tasse dem Herren Baron.
Am Tische war noch ein Plätzchen;
Mein Liebchen, da hast du gefehlt.
Du hättest so hübsch, mein Schätzchen,
Von deiner Liebe erzählt.
Heinrich Heine
Sixtinische Madonna
Sie trägt zur Welt ihn und er schaut entsetzt
In ihrer Greul chaotische Verwirrung,
In ihres Tobens wilde Raserei,
In ihres Treibens nie geheilte Torheit,
In ihrer Qualen nie gestillten Schmerz -
Entsetzt: doch strahlet Ruh und Zuversicht
Und Siegesglanz sein Aug, verkündigend
Schon der Erlösung ewige Gewissheit.
Arthur Schopenhauer
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern
sing nicht ihre Lieder
Geh doch in die Oberstadt
mach´s wie deine Brüder
so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor.
Er schlich aber immer wieder durch das Gartentor
und in die Kaninchenställe,
wo sie Sechsundsechzig spielten
um Tabak und Rattenfelle
Mädchen unter Röcke schielten,
wo auf alten Bretterkisten
Katzen in der Sonne dösten
wo man, wenn der Regen rauschte,
Engelbert, dem Blöden, lauschte
der auf einem Haarkamm biß,
Rattenfängerlieder blies.
Abends, am Familientisch, nach dem Gebet zum Mahl,
hieß es dann: Du riechst schon wieder nach Kaninchenstall.
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach´s wie deine Brüder!
Sie trieben ihn in eine Schule in der Oberstadt,
kämmten ihm die Haare und die krause Sprache glatt.
Lernte Rumpf und Wörter beugen.
Und statt Rattenfängerweisen
mußte er das Largo geigen
und vor dürren Tantengreisen
unter roten Rattenwimpern
par coeur Kinderszenen klimpern
und, verklemmt in Viererreihen,
Knochen morsch und morscher schreien,
zwischen Fahnen aufgestellt
brüllen, dass man Freundschaft hält.
Schlich er manchmal abends zum Kaninchenstall davon,
hockten da die Schmuddelkinder, sangen voller Hohn:
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt,
mach´s wie deine Brüder!
Aus Rache ist er reich geworden. In der Oberstadt
hat er sich ein Haus gebaut, nahm jeden Tag ein Bad.
roch, wie bessre Leute riechen,
lachte fett, wenn alle Ratten
ängstlich in die Gullys wichen
weil sie ihn gerochten hatten.
Und Kaninchenställe riß er
ab. An ihre Stelle ließ er
Gärten für die Kinder bauen.
Liebte hochgestellte Frauen,
schnelle Wagen und Musik
blond und laut und honigdick.
Kam sein Sohn, der Nägelbeißer, abends spät zum Mahl,
roch er an ihm, schlug ihn, schrie: Stinkst nach Kaninchenstall.
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder.
Geh doch in die Oberstadt
mach´s wie deine Brüder!
Und eines Tages hat er eine Kurve glatt verfehlt.
Man hat ihn aus einem Ei von Schrott herausgepellt.
Als er später durch die Straßen
hinkte, sah man ihn an Tagen
auf ´nem Haarkamm Lieder blasen
Rattenfell am Kragen tragen.
Hinkte hüpfend hinter Kindern,
wollte sie am Schulgang hindern
und schlich um Kaninchenställe.
Eines Tages in aller Helle
hat er dann ein Kind betört
und in einen Stall gezerrt.
Seine Leiche fand man, die im Rattenteich rumschwamm
Drum herum die Schmuddelkinder bliesen auf dem Kamm.
Spiel nicht mit den Schmuddelkindern,
sing nicht ihre Lieder
Geh doch in die Oberstadt,
mach´s wie deine Brüder!
Degenhardt
Student zu Heidelberg
O Heidelberg O Heidelberg, du wunderschönes Nest
Darinnen bin ich selber dereinst Student gewest.
Ein wackerer, ein flotter, ein braver Kamerad,
der sein Frankonenleben gar sehr geliebet hat!
Der Vater, der Vater nahm Feder und Papier
Mein Sohn tu ab die braune Mütz und komm nach Haus zu mir.
Dort oben, dort oben ist ein Dachkämmerlein,
da sollst du studieren in Büchern groß und klein.
Und hast du studiert wohl über Jahr und Tag,
dann geh du ins Examen mit Hut und schwarzem Frack.
Die Mutter, sie weinet o Joseph komm nach Haus,
du bist schon ganz verwildert, bei den Studenten draus.
Du trinkst viel, du rauchst viel, du wirst ein Lump am End
Du sollst nicht länger bleiben in Heidelberg Student.
Ich bat sie, ich klagte, es half mir alles nix.,
Adjes drum Frankonen, adjes ihr lieben Füchs.
Oh Heidelberg, o Heidelberg, du wunderschöne Stadt,
gut Nacht, Studentenleben, ich wird jetzt Kandidat.
Joseph Victor Scheffel
Summa summarum
Sag, wie wär es, alter Schragen,
Wenn du mal die Brille putztest,
Um ein wenig nachzuschlagen,
Wie du deine Zeit benutztest.
Oft wohl hätten dich so gerne
Weiche Arme weich gebettet;
Doch du standest kühl von ferne,
Unbewegt, wie angekettet.
Oft wohl kam's, daß du die schöne
Zeit vergrimmtest und vergrolltest,
Nur weil diese oder jene
Nicht gewollt, so wie du wolltest.
Demnach hast du dich vergebens
Meistenteils herumgetrieben;
Denn die Summe unsres Lebens
Sind die Stunden, wo wir lieben.
(Wilhelm Busch)
Tauben vergiften
Schatz das Wetter ist wunderschön,
da leid ich's net länger zu Haus.
Heute muß man ins Grüne gehn,
in den bunten Frühling hinaus.
Jeder Bursch und sein Mädel
mit einem Freßpacketel
sitzen heute im grünen Kl ee,
Schatz ich hab eine Idee:
Schau die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau
geh 'mer Tauben vergiften im Park.
Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau
geh 'mer Tauben vergiften im Park.
Wir sitzen zusamm' in der Laube
und jeder vergiftet 'ne Taube
Der Frühling, der dringt bis in's innerste M ark
beim Tauben verg iften im Park.
Schatz, geh bring das Arsenik her
das tut sich am besten bewährn.
streu's auf a Graham-Brot kreuz über quer,
und nimms Scherzl, das fressen 's so gern.
Erst verjag 'mer die Spatzen,
denn die tun eim alles verpatzen
so ein Spatz ist zu gschwind, der frißt's Gift auf im Nu
und das arme Tauber'l schaut zu.
Ja der Frühling, der Frühling, der Frühling ist hier,
geh 'mer Tauben vergiften im Park.
Kann's geben im Leben ein größres Plaisier
als das Tauben vergiften im Park.
Der Hans'l geht mit der Mali,
denn die Mali besorgt Zyankali
ja die Herzen sind schwach und die Liebe ist stark
beim Tauben vergiften im Park.
Nimm für uns was zu naschen
in der andern Tasch'n
geh 'mer T auben vergiften im Park.
Georg Kreisler
Teils-teils
In meinem Elternhaus hingen keine Gainsboroughs
wurde auch kein Chopin gespielt
ganz amusisches Gedankenleben
mein Vater war einmal im Theater gewesen
Anfang des Jahrhunderts
Wildenbruchs »Haubenlerche«
davon zehrten wir
das war alles.
Nun längst zu Ende
graue Herzen, graue Haare
der Garten in polnischem Besitz
die Gräber teils-teils
aber alle slawisch,
Oder-Neiße-Linie
für Sarginhalte ohne Belang
die Kinder denken an sie
die Gatten auch noch eine Weile
teils-teils
bis sie weitermüssen
Sela, Psalmenende.
Heute noch in einer Großstadtnacht.
Caféterasse
Sommersterne,
vom Nebentisch
Hotelqualitäten in Frankfurt
Vergleiche,
die Damen unbefriedigt
wenn ihre Sehnsucht Gewicht hätte,
wöge jede drei Zentner.
Aber ein Fluidum! Heiße Nacht
à la Reiseprospekt und
die Ladies treten aus ihren Bildern:
unwahrscheinliche Beauties
langbeinig, hoher Wasserfall
über ihre Hingabe kann man sich gar nicht erlauben nachzudenken.
Ehepaare fallen demgegenüber ab,
kommen nicht an, Bälle gehn ins Netz,
er raucht, sie dreht ihre Ringe,
überhaupt nachdenkenswert
Verhältnis von Ehe und Mannesschaffen
Lähmung oder Hochtrieb.
Fragen, Fragen! Erinnerungen in einer Sommernacht
hingeblinzelt, hingestrichen,
in meinem Elternhaus hingen keine Gainsboroughs
nun alles abgesunken
teils-teils das Ganze
Sela, Psalmenende.
Von G. Benn selbst gelesen
Aus: Aprèslude. Wiesbaden: Limes 1955
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