Freut euch des Lebens . . . . . .
3. Wer Neid und Mißgunst sorgsam flieht
Und G'nugsamkeit im Gärtchen zieht,
Dem schießt sie schnell zum Bäumchen auf,
Das goldne Früchte trägt.
Freut euch des Lebens . . . . . .
4. Wer Redlichkeit und Treue übt
Und gern dem ärmeren Bruder gibt,
Bei dem baut sich Zufriedenheit
So gern ihr Hüttchen an.
Freut euch des Lebens . . . . . .
5. Und wenn der Pfad sich furchtbar engt,
Und Mißgeschick uns plagt und drängt,
So reicht die Freundschaft schwesterlich
Dem Redlichen die Hand.
Freut euch des Lebens . . . . . .
6. Sie trocknet ihm die Tränen ab,
Und streut ihm Blumen bis ins Grab;
Sie wandelt Nacht in Dämmerung,
Und Dämmerung in Licht.
Freut euch des Lebens . . . . . .
7. Sie ist des Lebens schönstes Band:
Schlagt, Brüder, traulich Hand in Hand!
So wallt man froh, so wallt man leicht,
Ins bess're Vaterland.
Freut euch des Lebens . . . . . .
Refrain:
Gaudete vita, ardet adhuc lampas,
Carpite - cito desunt - rosas!
Johann Martin Usteri, 1763-1827
Frühling
Die Bäume im Ofen lodern.
Die Vögel locken am Grill.
Die Sonnenschirme vermodern.
Im übrigen ist es still.
Es stecken die Spargel aus Dosen
Die zartesten Köpfchen hervor.
Bunt ranken sich künstliche Rosen
In Faschingsgirlanden empor.
Ein Etwas, wie Glockenklingen,
Den Oberkellner bewegt,
Mir tausend Eier zu bringen,
Von Osterstören gelegt.
Ein süßer Duft von Havanna
Verweht in ringelnder Spur,
Ich fühle an meiner Susanna
Erwachende neue Natur.
Es lohnt sich manchmal zu lieben
Was kommt, nicht ist oder war.
Ein Frühlingsgedicht, geschrieben
Im kältesten Februar.
Joachim Ringelnatz 1883 - 1926
Futurologie
Während sie
von einer Zwischenlösung
der Lebensprobleme
ihrer Kinder
erfolgreich übergehen
zu Vorarbeiten
an einer Theorie
zur Lösung aller
Probleme der Kindeskinder
kommen sie nicht umhin
aus alter Gewohnheit
an ihren eigenen Problemen
zu krepieren
Erich Fried 1921-1988
Galgenberg
Blödem Volke unverständlich
treiben wir des Lebens Spiel.
Gerade das, was unabwendlich
fruchtet unsrem Spott als Ziel
Magst es Kinderrache nennen
an des Daseins tiefem Ernst.
Wirst das Leben besser kennen,
wenn du uns verstehen lernst.
Morgenstern
Lass die Moleküle rasen
lass sie toben
lass das Knobeln -
heilig halte die Ekstasen!
Morgenstern
Ganymed
Wie im Morgenrot
Du rings mich anglühst,
Frühling, Geliebter!
Mit tausendfacher Liebeswonne
Sich an mein Herz drängt
Deiner ewigen Wärme
Heilig Gefühl,
Unendliche Schöne!
Daß ich dich fassen möcht'
In diesem Arm!
Ach, an deinem Busen
Lieg' ich, schmachte,
Und deine Blumen, dein Gras
Drängen sich an mein Herz.
Du kühlst den brennenden
Durst meines Busens,
Lieblicher Morgenwind,
Ruft drein die Nachtigall
Liebend nach mir aus dem Nebeltal.
Ich komme! Ich komme!
Wohin? Ach, wohin?
Hinauf, hinauf strebt's,
Es schweben die Wolken
Abwärts, die Wolken
Neigen sich der sehnenden Liebe,
Mir, mir!
In eurem Schoße
Aufwärts,
Umfangend umfangen!
Aufwärts
An deinem Busen,
Alliebender Vater!
Goethe 1749-1832
Gaudeamus igitur
Gaudeamus igitur iuvenes dum sumus
Post iucundam iuventutem post molestam senectutem
Nos habebit humus
Ubi sunt qui ante nos in mundo fuere
Vadite ad superos, transite ad inferos
Hos si vis videre
Vita nostra brevis est, brevi finietur
Venit mors velociter, rapit nos atrociter
Nemini parcetur
Vivant omnes virgines, facilis formosae
Vivant et mulieres, tenerae amabiles
Bonae laboriosae
Pereat tristitia, pereant osores
Pereat diabolus quivis antiburschius
atque irrisores.
Gegen Verführung
Lasst euch nicht verführen!
Es gibt keine Wiederkehr.
Der Tag steht in den Türen,
ihr könnt schon Nachtwind spüren:
es kommt kein Morgen mehr.
Lasst euch nicht betrügen!
Das Leben wenig ist.
Schlürft es in vollen Zügen!
Es wird euch nicht genügen
wenn ihr es lassen müsst!
Lasst euch nicht vertrösten!
Ihr habt nicht zu viel Zeit!
Lasst modern den Erlösten!
Das Leben ist am grössten:
es steht nicht mehr bereit.
Lasst euch nicht verführen
zu Fron und Ausgezehr!
Was kann euch Angst noch rühren?
Ihr sterbt mit allen Tieren
und es kommt nichts nachher.
B. Brecht
Geh' aus mein Herz
Geh' aus mein Herz und suche Freud
In dieser schönen Sommerzeit
An deines Gottes Gaben
Schau an der schönen Gärtenzier
Und siehe wie sie mir und dir
|: Sich ausgeschmücket haben :|
2. Die Bäume stehen voller Laub
Das Erdreich decket seinen Staub
Mit einem grünen Kleide
Narzissen und die Tulipan
Die ziehen sich viel schöner an
|: Als Salomonis Seide :|.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft
Das Täublein fliegt auf seiner Kluft
Und macht sich in die Wälder
Die hochbegabte Nachtigall
Ergötzt und füllt mit ihrem Schall
|: Berg Hügel Tal und Felder :|.
4. Die Glucke führt ihr Völklein aus
Der Storch baut und bewohnt sein Haus
Das Schwälblein speist die Jungen
Der schnell Hirsch das leichte Reh
Ist froh und kommt aus seine Höh
|: In's tiefe Gras gesprungen :|.
5. Die Bächlein rauschen in dem Sand
Und malen sich an ihrem Rand
Mit schattenreichen Myrten
Die Wiesen liegen hart dabei
Und klingen ganz vom Lustgeschrei
|: Der Schaf' und ihrer Hirten :|.
6. Die unverdroßne Bienenschar
Fliegt hin und her, sucht hier und da
Ihr edle Honigspeise
Des süßen Weinstocks starker Saft
Bringt täglich neue Stärk' und Kraft
|: In seinem schwachen Reise :|.
7. Der Weizen wächset mit Gewalt
Darüber jauchzet jung und alt
Und rühmt die große Güte
Des, der so überflüssig labt
Und mit so manchem Gut begabt
|: Das menschliche Gemüte :|.
8. Ich selber kann und mag nicht ruhn
Des großen Gottes großes Tun
Erweckt mir alle Sinnen
Ich singe mit, wenn alles singt
Und lasse was dem Höchsten klingt
|: Aus meinem Herzen rinnen :|.
9. Ach denk ich bist Du hier so schön
Und läßt Du's uns so lieblich gehn
Auf dieser armen Erde
Was will doch wohl nach dieser Welt
Dort in dem reichen Himmelszelt
|: Und güldnen Schlosse werden? :|
10. Welch hohe Lust, welch heller Schein
Wird wohl in Christi Garten sein!
Wie wird es da wohl klingen?
Da so viel tausend Seraphim
Mit unverdroßnem Mund und Stimm
|: Ihr Halleluja singen :|.
11. Oh wär ich da, o stünd ich schon
Ach süßer Gott vor Deinem Thron
Und trüge meine Palmen!
So wollt ich nach der Engel Weis'
Erhöhen Deines Namens Preis,
|: Mit tausend schönen Psalmen :|.
12. Doch gleichwohl will ichweil ich noch
Hier trage dieses Leibes Joch
Auch gar nicht stille schweigen.
Mein Herze soll sich fort und fort
An diesem und an allem Ort
|: Zu Deinem Lobe neigen :|.
13. Hilf mir und segne meinen Geist
Mit Segen, der vom Himmel fleußt,
Daß ich Dir stetig blühe;
Gib, daß der Sommer Deiner Gnad
In meiner Seele früh und spat
|: Viel Glaubensfrücht erziehe :|.
14. Mach in mir Deinem Geiste Raum,
Daß ich Dir werd ein guter Baum,
Und laß mich Wurzeln treiben;
Verleihe, daß zu Deinem Ruhm,
Ich Deines Gartens schöne Blum
|: Und Pflanze möge bleiben :|.
15. Erwähle mich zum Paradeis,
Und laß mich bis zur letzten Reis
An Leib und Seele grünen;
So will ich Dir und Deiner Ehr
Allein und sonstern Keinem mehr
|: Hier und dort ewig dienen :|.
Paul Gerhardt, 1607-1676
Gemartert
Ein gutes Tier
ist das Klavier
still, friedlich und bescheiden,
und muß dabei
doch vielerlei
erdulden und erleiden.
Der Virtuos
stürzt drauf los
mit hochgesträubter Mähne.
Er öffnet ihm
uoll Ungestüm
den Leib gleich der Hyäne.
Und rasend wild
das Herz erfüllt
von mörderischer Freude,
durchwühlt er dann,
soweit er kann,
des Opfers Eingeweide.
Wie es da schrie,
das arme Vieh,
und unter Angstgewimmer
bald hoch bald tief
um Hilfe rief,
vergeß ich nie und nimmer!
W. Busch
Gerettet
Gerettet ist das edle Glied
Der Geisterwelt vom Bösen:
Wer immer strebend sich bemüht,
Den können wir erlösen!
Und hat an ihm die Liebe gar
Von oben teilgenommen,
Begegnet ihm die selige Schar
Mit herzlichem Willkommen.. (5,520)
Goethe Faust 2
Gesang der Erzengel
Raphael
Die Sonne tönt nach alter Weise
in Brudersphären Wettgesang,
und ihre vorgeschriebne Reise
vollendet sie mit Donnerklang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke
wenn keiner sie ergründen mag;
die unbegreiflich hohen Werke
sind herrlich wie am ersten Tag.
Gabriel
Und schnell und ungeheuer schnelle
dreht sich umher der Erden Pracht.
Es wechselt Paradieseshelle
mit tiefer, schauervoller Nacht;
es schäumt das Meer in breiten Stömen
am tiefen Grund der Felsen auf,
und Fels und Meer wird fortgerissen
in ewig schnellem Sphärenlauf.
Michael
Und Stürme brausen um die Wette
vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer
und bilden wütend eine Kette
der tiefsten Wirkung ringsumher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
dem Pfade vor des Donnerschlags;
doch deine Boten, Herr, verehren
das sanfte Wandeln Deines Tags.
Zu dritt
Der Anblick gibt den Engeln Stärke
da keiner Dich ergründen mag;
und alle Deine hohen Werke
sind herrlich wie am ersten Tag.
Goethe 1749-1832
Getragen
hat mein Weib mich nicht,
doch ertragen.
Das ist ein schwereres Gewicht,
als ich mag sagen!
Justinus Kerner
Gottes ist der Orient,
Gottes ist der Okzident,
Nord und südliches Gelände
liegt im Frieden seiner Hände.
Er, der einzige Gerechte,
will für jedermann das Rechte,
Sei von seinen hundert Namen
dieser hochgelobt. Amen.
Goethe, West Östlicher Divan
Gräme Dich nicht!
Gräme Dich nicht!
Wenn dich die Sorgen des Lebens bedrängen
Bleib immer froh, laß den Kopf niemals hängen
Wirst ja sonst häßlich, kriegst Falten und Runzeln
Bleibst ja viel schöner beim Lachen und Schmunzeln
Drum mach wie ich stets ein frohes Gesicht Gräme Dich nicht!
!
Kommst du statt abends erst morgens nach Hause
Und deine Gattin, die schimpft ohne Pause
Dann laß sie schimpfen und freue dich riesig
Je mehr du lachst, umso mehr ärgert sie sich
Lach immer lauter, je länger sie spricht: Gräme Dich nicht!
Hat dir ein Mädchen nen Korb mal gegeben
Und sich nen andern genommen für's Leben
Wirst vielleicht von ihr zum Hausfreund erlesen
Sonst wär vielleicht er bei dir es gewesen
Und das wär schließlich ne dümm're Geschicht
Gräme Dich nicht!
Bist Du zu dick und du machst dir Gedanken
Denkst dir die Mädchen, die lieben nur die schlanken
Tröst dich, die denken verschieden darüber
Manche zwar haben die schlanken viel lieber
Andere wieder lieben nach dem Gewicht Gräme Dich nicht!
Willst du berühmt sein auf heutiger Erden
Darfst du kein Dichter, mußt Boxer jetzt werden
Wirst dann bewundert, bestaunt, voll Interesse
Kriegst du dann auch mal nen Schlag in die ---- Visage!
Lächle beglückt mit geschwoll'nem Gesicht Gräme Dich nicht!"
Gräme Dich nicht!
Heute, wo jedem der Dalles(*) geläufig
Kommt auch zu Dir der Ex`kutor sehr häufig
Sag "Tut mir leid, es ist nichts in der Börse
Aber im Kopf hab ich sehr schöne Verse,
Geld hab ich nicht, doch ich mach dir 'n Gedicht Gräme Dich nicht!"
Kriegst du ne Glatze, dann zieh keine Falten
Kannst dann beim Haarschneiden den Hut aufbehalten
Scheint auch der Mond dann im Laufe der Jahre
Besser ne Glatze wie gar keine Haare!
Wenn es mal dunkel wird, brauchste kein Licht.Gräme Dich nicht!
Wartest du auf die Auswertung und auf die Zinsen
Darfst du nie weinen, du mußt immer grinsen
Leb' nur recht lange und wart nur geduldig
Doch selbst wenn du stirbst, bleibt der Staat dir nichts schuldig
Dann kriegst du die Zinsen am jüngsten Gericht Gräme Dich nicht!
Otto Reutter
Grenzen der Menschheit
Wenn der uralte,
Heilige Vater
Mit gelassener Hand
Aus rollenden Wolken
Segnende Blitze
Über die Erde sät,
Küß ich den letzten
Saum seines Kleides,
Kindliche Schauer
Treu in der Brust.
Denn mit Göttern
Soll sich nicht messen
Irgendein Mensch.
Hebt er sich aufwärts
Und berührt
Mit dem Scheitel die Sterne,
Nirgends haften dann
Die unsichern Sohlen,
Und mit ihm spielen
Wolken und Winde.
Steht er mit festen,
Markigen Knochen
Auf der wohlbegründeten
Dauernden Erde,
Reicht er nicht auf,
Nur mit der Eiche
Oder der Rebe
Sich zu vergleichen.
Was unterscheidet
Götter von Menschen?
Daß viele Welten
Von jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
Uns hebt die Welle,
Und wir versinken.
Ein kleiner Ring
Begrenzt unser Leben,
Und viele Geschlechter
Reihen sich dauernd
An ihres Daseins
Unendliche Kette.
Johann Wolfgang von Goethe
Gretchen:
Dein bin ich, Vater! Rette mich!
Ihr Engel, ihr heiligen Scharen,
Lagert euch umher, mich zu bewahren! -
Heinrich! mir grauts vor dir!
Mephistopheles: Sie ist gerichtet!
Stimme von oben: Ist gerettet!
Mephistopheles: Her zu mir! (verschwindet mit Faust)
Stimme (von innen verhallend): Heinich, Heinrich!
Goethe
Gruselett
Der Flügelflagel gaustert
durchs Wiruwaruwolz
die rote Fingur plaustert
und grausig gutzt der Golz
(Morgenstern 1871 - 1914)
Gut verloren
Gut verloren - etwas verloren
Musst rasch Dich besinnen
Und neues gewinnen.
Ehre verloren - viel verloren!
Musst Ruhm gewinnen,
da werden die Leute sich anders besinnen.
Mut verloren - alles verloren!
Da wäre besser: nicht geboren!
Goethe
Gute Nacht
1
Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh' ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh', -
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.
2
Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der Zeit,
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such' ich des Wildes Tritt.
3
Was soll ich länger weilen,
Daß man mich trieb hinaus ?
Laß irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus;
Die Liebe liebt das Wandern -
Gott hat sie so gemacht -
Von einem zu dem andern.
Fein Liebchen, gute Nacht !
4
Will dich im Traum nicht stören,
Wär schad' um deine Ruh'.
Sollst meinen Tritt nicht hören -
Sacht, sacht die Türe zu !
Schreib im Vorübergehen
Ans Tor dir: Gute Nacht,
Damit du mögest sehen,
An dich hab' ich gedacht.
Winterreise Schubert
Guter Rat
An einem Sommermorgen
Da nimm den Wanderstab,
es fallen deine Sorgen
wie Nebel von dir ab.
Des Himmels heitre Bläue
Lacht dir ins Herz hinein
Und schließt, wie Gottes Treue,
Mit seinem Dach dich ein.
Rings Blüten nur und Triebe
Und Halme von Segen schwer,
dir ist, als zöge Liebe
des Weges nebenher.
So heimisch alles klingt
Als wie im Vaterhaus
Und über die Lerchen schwingt
Die Seel sich hinaus.
Theodor Fontane
Guter Stuhlgang
oder
die Freuden des jungen Werthers
Ein junger Mensch, ich wieß nicht wie,
starb einst an der Hypochondrie
und ward denn auch begraben.
Da kam ein schöner Geist herbei,
der hatte einen Stuhlgang frei,
Wies denn so Leute haben.
Der setzt sich notdürftig aufs Grab
und legte da sein Häufchen ab,
beschaute freundlich seinen Dreck,
ging wohl ermattet wieder weg
und sprach zu sich bedächtiglich:
"Der gute Mensch, wie hat er sich verdorben!
Hätt' er er geschissen so wie ich,
er wäre nicht gestorben!"
man höre und staune von: J.W. Goethe (1749-1832)
geschrieben 1774
aus Gesamtausgabe, Inselverlag, S. 172
Hafen
Eine Bark lief ein in Le Haver,
Von Sidnee kommend, nachts elf Uhr drei.
Es roch nach Himbeeressig am Kai,
Und nach Hundekadaver.
Kuttel Daddeldu ging an Land.
Die Rü Albani war ihm bekannt.
Er kannte nahezu alle Hafenplätze.
Weil vor dem ersten Hause ein Mädchen stand,
Holte er sich im ersten Haus von dem Mädchen die Krätze.
Weil er das aber natürlich nicht gleich empfand,
Ging er weiter - kreuzte topplastig auf wilder Fahrt.
Achtzehn Monate Heuer hatte er sich zusammengespart.
In Nr. 6 traktierte er Eiwie und Kätchen,
In 8 besoff ihn ein neues, straff lederbusiges Weib.
Nebenan bei Pierre sind allein sieben gediegene Mädchen
Ohne die mit dem Zelluloid-Unterleib.
Daddeldu, the old Seelerbeu Kuttel,
Verschenkte den Albatrosknochen,
Das Haifischrückgrat, die Schals,
Den Elefanten und die Saragossabuttel.
Das hatte er eigentlich alles der Mary versprochen,
Der anderen Mary; das war seine feste Braut.
Daddeldu - Hallo! Daddeldu,
Daddeldu wurde fröhlich und laut.
Er wollte mit höchster Verzerrung seines Gesichts
Partu einen Niggersong singen
Und "Blu beus blu".
Aber es entrang sich ihm nichts.
Daddeldu war nicht auf die Wache zu bringen.
Daddeldu Duddel Kuttelmuttel, Katteldu
erwachte erstaunt und singend morgens um vier
Zwischen Nasenbluten und Pomm de Schwall auf der Pier.
Daddeldu bedrohte zwecks Vorschuß den Steuermann.
Schwitzte den Spiritus aus. Und wusch sich dann.
Daddeldu ging nachmittags wieder an Land,
Wo er ein Renntiergeweih, eine Schlangenhaut,
Zwei Fächerpalmen und Eskimoschuhe erstand.
Das brachte er aus Australien seiner Braut.
Ringelnatz
Hälfte des Lebens
Mit gelben Birnen hänget
und voll mit wilden Rosen
das Land in den See.
Ihr holden Schwäne
und trunken von Küssen
tunkt ihr das Haupt
ins heilignüchterne Wasser.
Weh mir, wo nehm ich, wenn
es Winter ist, die Blumen, und wo
den Sonnenschein
und den Schatten der Erde?
Die Mauern stehen
sprachlos und kalt,
im Winde klirren die Fahnen.
Friedrich Hölderlin 1800
Hamlet
To be or not to be, that is the question -
Whether 'tis nobler in the mind to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or take arms against a sea of troubles,
And, by opposing, end them. To die, to sleep -
No more; and by a sleep to say we end
The heart-ache, and the thousand natural shocks
That flesh is heir to; 'tis a consummation
Devoutly to be wished. To die, to sleep -
To sleep, perchance to dream... ay, there's the rub,
For in that sleep of death what dreams may come
When we have shuffled off this mortal coil
Must give us pause - there's the respect
That makes calamity of so long life:
For who would bear the whips and scorns of time
Th'oppressors's wrong, the pround man's contumely
The pangs of disprized love, the law's delay,
The insolence of office, and the spurns
That patient merit of the unworthy takes,
When he himself might his quietus make
With a bare bodkin? (Dolch). Who would fardels (Lasten) bear,
To grunt and sweat under a weary life,
But that the dread of something after death -
The undiscovered country, from whose bourn
No traveller returns -puzzles the will,
And makes us rather bear those ills we have
Than fly to others that we know not of.
Thus conscience does make cowards of us all,
And thus the native hue of resolution
Is sicklied o'er with the pale cast of thought,
And enterprises of great pitch and moment
With this regard their currents turn awry
And lose the name of action.
William Shakespear 1564 - 1616
Hatem
Locken, haltet mich gefangen
In dem Kreise des Gesichts! Euch geliebten braunen Schlangen,
Zu erwidern hab ich nichts.
Nur dies Herz, es ist von Dauer,
Schwillt in jugendlichstem Flor;
Unter Schnee und Nebelschauer
Rast ein Etna dir hervor.
Du beschämst wie Morgenröte
Jener Gipfel ernste Wand
Und noch einmal fühlet Hatem Frühlingshauch und Sommerbrand.
Schenke her! Noch eine Flasche!
Diesen Becher bring ich ihr! Findet sie ein Häufchen Asche, Sagt sie: Der verbrannte mir.
aus: West-östlicher Divan
Goethe
Heho
Heho, spann den Wagen an
Sieh der Wind treibt Regen über's Land
Hol die gold'nen Gaben, hol die gold'nen Gaben!
Theo, hol den Porsche raus
Stell ihn vor dein Einfamilienhaus
Laß die Nachbarn gaffen, laß die Nachbarn gaffen!
Heidelberg
Lange lieb ich dich schon, möchte dich, mir zur Lust,
Mutter nennen und dir schenken ein kunstlos Lied,
Du, der Vaterlandstädte
Ländlichschönste, so viel ich sah.
Wie der Vogel des Waldes über die Gipfel fliegt
Schwingt sich über den Strom, wo er vorbei dir glänzt,
Leicht und kräftig die Brücke,
die von Wagen und Menschen tönt.
Wie von Göttern gesandt, fesselt ein Zauber einst
Auf die Brücke mich an, da ich vorüberging,
Und herein in die Berge
Mir die reizende Ferne schien,
Und der Jüngling, der Strom, fort in die Ebne zog,
Traurigfroh, wie das Herz, wenn es, sich selbst zu schön,
Liebend unterzugehen,
In die Fluten der Zeit sich wirft.
Quellen hattest du ihm, hattest dem Flüchtigen
Kühle Schatten geschenkt, und die Gestade sahn
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