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DER PSI-FAKTOR
von Nicole Makarewicz
Was ist dran an Tischerl rücken, Löffel biegen und anderen rätselhaften
Phänomenen? Parapsychologen wollen das Unmögliche erklären.
Eine Grenzerfahrung der Wissenschaft.
Die Würfel fallen – und zeigen die erhoffte Augenzahl. Wieder einmal. Georg ist sicher, dass
er das Ergebnis willentlich beeinflusst hat. Zwischen 1935 und 1987 haben 2.569
Versuchspersonen dasselbe versucht. 2,6 Millionen Mal fielen im Labor die Würfel. Die
Trefferquote betrug 51,2 Prozent. Bloßer Zufall? Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt
lediglich 1:1 Milliarde.
Psychokinese, Hellsehen, Ahnungen: Was sich mysteriös und spannend anhört, bedeutet
langwierige Arbeit, statistische Auswertungen und immer wieder gleiche Untersuchungssets.
Die Parapsychologie ist in (fast) jeder Hinsicht eine Wissenschaft wie jede andere. Versuch
und Irrtum halten sich die Waage. Das Zauberwort ist statistische Signifikanz. Tritt im
Experiment etwa die Vorhersage eines Würfelwurfes öfter ein, als statistisch wahrscheinlich,
kann dies für einen paranormalen Effekt sprechen.
1889 kreierte der Philosoph und Psychologe Max Dessoir das Kunstwort „Parapsychologie“.
Die griechische Vorsilbe „para“ steht für „neben“ oder „jenseits“. Doch obwohl
Parapsychologie an über 50 Universitäten und Colleges gelehrt wird, unterhält die Universität
Edinburgh als einzige Hochschule Europas eine eigene Abteilung.
„Außersinnliche Wahrnehmung“ bezeichnet Wissen, das nicht über bekannte Sinneswege
vermittelt wird: „Ich weiß, was ich nicht wissen kann.“ Zur außersinnlichen Kommunikation
zählen Telepathie, Hellsehen und Präkognition (das Wissen um zukünftige Ereignisse). Die
Psycho- bzw. Telekinese beschreibt den Einfluss der Psyche auf Objekte oder Prozesse: „Ich
denke und so geschieht es.“ Das Beispiel dazu: der verbogene Löffel.
Parapsychologen gehen davon aus, dass jeder Organismus Psi-Fähigkeiten besitzen könnte,
weisen jedoch darauf hin, dass sie nicht auf Abruf zur Verfügung stehen. Fraglich, ob
parapsychologische Fähigkeiten trainierbar sind. Bei Versuchen kann der „decline effect“
beobachtet werden: Anfangs erbringen die Probanden gute Leistungen. Doch je öfter ein
Experiment wiederholt – und für sie somit unwichtiger – wird, desto weniger Treffer erzielen
sie. Es wird wohl nichts mit X-Men, Stephen Kings „Carrie“ & Co. Aber das ist wahrscheinlich
gut so…
GEHEIMNISVOLLE PHÄNOMENE
Fragen an den Parapsychologen Prof. Peter Mulacz, Vizepräsident der Österreichischen
Gesellschaft für Parapsychologie und Grenzbereiche der Wissenschaften:
Was ist Parapsychologie?
Die Parapsychologie ist ein Bereich der Wissenschaft, der außergewöhnliche Erfahrungen
(Außersinnliche Erfahrung, Außermotorische Aktivität und Außerkörperliche Erfahrung)
untersucht. Seit jeher berichten Menschen von Ahnungen, Visionen, Erscheinungen
Verstorbener etc. Die Parapsychologie studiert diese Phänomene.
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Welche paranormalen Phänomene gibt es?
Zur Außersinnlichen Erfahrung gehören Telepathie, Hellsehen und Präkognition.
Außermotorische Aktivitäten sind Tele- oder Psychokinese. Die Außerkörperliche Erfahrung,
die auch spontan vorkommt, ist vor allem im Zusammenhang mit der Todesnäheforschung
ins Blickfeld gerückt.
Was fasziniert Menschen an diesen Phänomenen?
Sie scheinen auf etwas hinzuweisen, das über unsere dreidimensionale Alltagswelt
hinausgeht. Diese geradezu „metaphysische“ Interpretation ist jedoch kurzsichtig und
voreilig - daher wird sie von der Mehrheit der wissenschaftlich tätigen Parapsychologen nicht
geteilt.
Welche Geheimnisse gilt es noch zu lüften?
Diese Frage lässt sich nicht beantworten – es ist wie mit der Hydra, der man ein Haupt
abschlägt, woraufhin neun neue nachwachsen. Je mehr wir über paranormale Phänomene
wissen, desto mehr Fragen tauchen auf.
Haben Sie persönlich Erfahrung mit parapsychologischen Phänomenen?
In der parapsychologischen Experimentalsituation: ja.
Wie geht Ihre Gesellschaft mit Kritik an Ihrem Fach um?
Sachbezogene Kritik ist hilfreich, weil sie dazu dient, Irrtümer aufzuzeigen, Schwachstellen
zu erkennen, Verbesserungen zu erzielen. „Skeptiker“, die aus Weltanschauungsgründen zu
wissen glauben, was möglich sei und was nicht, setzen sich meist gar nicht mit dem
aktuellen Forschungsstand auseinander. Sie haben also nicht viel Ahnung, wovon sie reden.
Besonders unangenehm macht sie ihr oft sehr lautstarkes Auftreten. Als Kampfbegriffe
werden „Aberglauben“, „Pseudowissenschaft“ und „irrational“ eingesetzt, während sie für
sich selbst „Vernunft“, „Rationalität“ und „Wissenschaftlichkeit“ reklamieren.
NORMAL PARANORMAL
Einer, der es wissen wollte.
Ein Interview mit Andreas M., 59, IT-Spezialist
Welche Erfahrungen haben Sie mit paranormalen Phänomenen?
In Warschau absolvierte ich einen Kurs zur „Vervollkommnung des Verstandes“. Dort erlebte
ich Unglaubliches. Ich konnte einen Hund schichtweise „sehen“: Fell, Muskeln, innere
Organe. Die Leber hatte eine auffällige Farbe. Später erfuhr ich, dass er ein Leberleiden
hatte. Außerdem beschrieb ich Aussehen und Beschwerden einer mir nur namentlich
bekannten Frau. Ihre gesundheitlichen Probleme (ein gebrochenes Schlüsselbein,
Schwierigkeiten mit der Lunge, den Eierstöcken und den Knien) wurden mir anschließend
bestätigt. Ihr Mann erzählte mir, sie habe sich exakt zu der Zeit, in der ich sie in „Schichten
abgetragen“ hatte, unwohl und beobachtet gefühlt.
Also besitzen Sie paranormale Fähigkeiten?
Im Kurs wurde uns gesagt, die meisten Menschen besäßen durchschnittliche
parapsychologische Fähigkeiten. Wichtig sei, seine Blockaden zu lösen.
Hat sich Ihr Leben seither verändert?
Im Grunde hat sich nur meine Weltsicht geändert. Ich wurde in der Überzeugung bestärkt,
dass Phänomene existieren, die wissenschaftlich (noch) nicht erklärbar sind. Ignoranten
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setzen sich nicht mit ihnen auseinander. Andererseits gibt es kritiklos Glaubende. Ich habe
eine technische Ausbildung und versuche mich dem Thema rational zu nähern. Allerdings
würde ich nichts als Unsinn abtun, worüber ich nicht genug weiß.
© Nicole Makarewicz
Erschienen am 04.10.2008 in KURIER-Freizeit Nr.983