Peter Christoph Düren



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Der Ablass in Lehre und Praxis

Peter Christoph Düren

Die vollkommenen Ablässe

der katholischen Kirche

Stella Maris Verlag

Buttenwiesen 2000

II. Die Ablasspraxis

der katholischen Kirche 45

1. Tägliche vollkommene Ablässe 47

Eucharistische Anbetung 50

Andächtige Lesung der Heiligen Schrift 52

Kreuzwegandacht 53

Rosenkranzgebet 57

Gebete der Orientalischen Kirchen 62

Hymnos „Akäthistos“ 63

Offizium „Paräklesis“ 80

Der kleine Kanon 81

Der große Kanon 87

2. Vollkommene Ablässe im Jahreslauf 95

Besuch der römischen Stationskirchen 97

Feste von Ordensgründern 102

Fest der neuen Heiligen und Seligen 107

Feier eines religiösen Anliegens 110

Weihnachtszeit 112

1. Januar Hymnus »Veni, Creator« 112

Jahreskreis 116

22. Januar Pallottiner-Kirche 116

18.-25. Januar Wo. Einheit der Christen 117

27. Januar Ursulinen-Kirche 118

3L Januar Salesianer-Kirche 120

22. Februar Besuch der Kathedrale 121

Fasten- und Osterzeit 122

Freitage der Fastenzeit 122

8. März Barmh. Brüder-Kirche 126

Gründonn.tag Eucharistische Prozession 127

Karfreitag Kreuzverehrung 130

Osternacht Taufversprechen 130

Ostern Päpstl. Segen »urbi et orbi« .135

7. April Christi. Schulbrüder-Kirche ... 136

4. So d. Ost.z. Weltgebetstag f. geistl. Berufel37

26. Mai Oratorianer-Kirche 138

Pfingstfest Hymnus »Veni, Creator« 139

Jahreskreis 143

Fronleichnam Eucharistische Prozession .... 143 Herz-Jesu-Fest Sühneg. »Liebreicher Jesus« 146

6. Juni Prämonstratenser-Kirche 149

29. Juni Hl. Petrus u. hl. Paulus 151

...Andachtsgegenstand 151

... Besuch der Kathedrale .... 154 11. Juli Benediktiner-Kirche 155

14. Juli Kamillianer-Kirche 156

23. Juli Birgittinnen-Kirche 158

31. Juli Jesuiten-Kirche 159

1. August Redemptoristen-Kirche 160

2. August/So Portiuncula-Ablass 162

2. August Eucharistiner-Kirche 165

8. August Dominikaner-Kirche 166

11. August Klarissen-Kirche 167

27. September Barmh. Schwestern-Kirche 169

4. Oktober Franziskaner-Kirche 170

6. Oktober Kartäuser-Kirche 172

15. Oktober Unbesch. Karmelit.-Kirche 173

19. Oktober Passionisten-Kirche 175

1. -8. November Ablass für die Armen Seelen 177

2. November Allerseelentag 178

9. November Besuch der Kathedrale 178

Christkönig Weihegb. »O liebster Jesus«. 179

Advent und Weihnachtszeit 181

12. Dezember Salesianerinnen-Kirche 181

14. Dezember Unbesch. Karmelit.-Kirche 182

Weihnachten Päpstl. Segen »urbi et orbi« . 184 31. Dezember Hymnus »Te Deum« 185

3. Vollkommene Ablässe

zu besonderen Anlässen 189

Weltkirche 191

Rom - Besuch einer Patriarchalbasilika 191

Eucharistischer Kongress 194

Besuch eines Heiligtums 195

Bistum und Pfarrgemeinde 197

Besuch der Kathedrale 197

Besuch einer Basilica minor 198

Besuch eines Heiligtums 199

Diözesansynode 200

Vom Bischof erteilter Päpstlicher Segen 201

Bischofs- oder Priesterjubiläum 204

Erste Messe der Priester (Primiz) 207

Oberhirtliche Visitation / Besuch des Bischofs .. 208

Kirchweihtag / Altarweihtag 209

Besuch der Pfarrkirche 211

Volksmission 212

Die Ablasslehre

der katholischen Kirche

1. Ist die Ablassgewinnung überholt?

Als Papst Johannes Paul II. Ende des Jahres 1998 seine Verkündigungsbulle »Incamationis mysterium« zum Großen Jubiläum des Jahres 2000 veröffentlichte, ging ein Aufschrei der Empörung durch die Presse. Was war geschehen? Papst Johannes Paul II. hatte sich nicht damit begnügt, zur Jahrtausendwende ein Jubeljahr auszurufen und für dieses Heilige Jahr zur Pilgerfahrt nach Rom einzuladen. Er hatte in diesem Zusammenhang wieder eine kirchliche Lehre ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht, die angesichts des ökumenischen Dialoges viele bereits als »ad acta« gelegt betrachtet hatten. Der Heilige Vater erinnerte nämlich in seinem Schreiben ausdrücklich an die Lehre vom Ablass und kündigte besondere Jubiläumsablässe für die Gläubigen an. So schrieb der Papst: „Ein weiteres, den Gläubigen wohlbekanntes besonderes Zeichen ist der Ablass, der eines der wesentlichen Elemente des Jubiläumsereignisses ausmacht ... Mit dem Ablass wird dem reuigen Sünder die zeitliche Strafe für Sünden erlassen, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind ... Indem ich mich auf diese Lehraussagen stütze und den mütterlichen Sinn der Kirche deute, verfüge ich, dass alle Gläubigen, sofern sie angemessen vorbereitet sind, während des ganzen Jubiläumsjahres in den reichlichen Genuss des Ablassgeschenkes kommen können, wie es den dieser Bulle beigefügten Anweisungen entspricht (vgl. Dekret)“ (Johannes Paul II., »Incamationis mysterium« 9f). [siehe S. 243-247]

Martin Luther und die Ablässe

Die Verstimmung bei evangelischen Kirchenführem und auch bei katholischen Ökumenikem war nicht gering. War es doch neben der Lehre über das Bußsakrament und das Fegefeuer vor allem die Ablasslehre und -praxis, die Martin Luther (1483-1546) am 31. Oktober 1517 in seinen 95 Thesen heftig kritisiert hatte und die mithin zu einem Auslöser der Reformation und der bis heute andauernden Spaltung der Christenheit im Abendland wurde. Noch heute begehen die evangelischen Christen im Andenken daran den 31. Oktober als Reformationstag.

Luther schrieb beispielsweise in seiner 21. These: „Somit irren die Ablassprediger, die sagen, dass durch Ablässe des Papstes der Mensch von aller Strafe befreit und selig werde.“ Kritisiert wurde von Luther auch die Auffassung, durch ein Geldopfer könne man einem Verstorbenen im Fegefeuer helfen: „Menschenwerk predigen die, die da sagen, dass, sobald der Groschen im Kasten klingt, die Seele befreit werde“ (27. These). Luther versprach denjenigen, die sich auf den Ablass verlassen, sogar die Hölle: „Verdammt in Ewigkeit werden mit ihren Lehrern diejenigen sein, die durch Ablassbriefe ihres Heils gewiss zu sein glauben“ (32. These). Zu Anfang wollte Luther nur Auswüchse der Ablasspraxis zurückdämmen; doch seine Lehre hatte „immer schon die innere Tendenz, die Ablasspraxis im ganzen entbehrlich zu machen. Die Reformatoren Me- lanchthon und Calvin lehnten den Ablass von Anfang an wegen der fehlenden biblischen Grundlage ab“ (Vor- grimler).

Mit dem Dekret »Cum postquam« (1518) reagierte der Papst auf die Thesen Luthers und hob die Rechtmäßigkeit der Ablasslehre hervor: die Kirche könne den Christgläubigen, „ob sie nun in diesem Leben seien oder am Reinigungsort, aus dem Überfluss der Verdienste Christi und der Heiligen Ablässe gewähren“ (DzH 1448). Papst Leo X. verurteilte dann im Jahre 1520 in der Bulle »Exsurge Domini« ausdrücklich eine Reihe von Lehren Martin Luthers in der Ablassfrage, z.B.: „Die Ablässe sind fromme Täuschungen der Gläubigen“ (DzH 1468). Nachdem Luther die päpstliche Bulle noch im gleichen Jahr verbrannt hatte, wurde er im Jahre 1521 durch die Bulle »Decet Romanum Pontificem« exkommuniziert.

Das Konzil von Trient und die Ablässe

Einige Jahre nach Luthers Tod legte das Konzil von Trient am 4. Dezember 1563 die katholische Ablasslehre ausführlich dar. Dabei wurde einerseits gegen die Kritik Martin Luthers erneut die katholische Lehre verteidigt. So heißt es, „dass der Gebrauch von Ablässen, der für das christliche Volk äußerst heilsam und durch die Autorität der heiligen Konzilien gebilligt ist, in der Kirche beibehalten werden soll; und es verurteilt die mit dem Anathema, die entweder behaupten, sie seien unnütz, oder sagen, es stehe nicht in der Macht der Kirche, sie zu gewähren“ (DzH 1835). Andererseits wurden vom Trienter Konzil aber auch offensichtliche Missbräuche zurückgewiesen. So heißt es wörtlich: Die Kirche „wünscht jedoch, dass man sich beim Gewähren von diesen der Mäßigung ... befleißige, damit nicht durch allzu große Willfährigkeit die kirchli-

che Ordnung geschwächt werde. Da sie aber die Missbräuche, die sich darin eingeschlichen haben und anlässlich derer der Ruf der Ablässe von Häretikern geschmäht wird, verbessert und korrigiert wünscht, setzt sie durch das vorliegende Dekret allgemein fest, dass alle Unrechten Gewinne für die Erlangung ... vollständig abzuschaffen sind“ (DzH 1835). Das Konzil erklärte also die Möglichkeit zur Gewinnung von Ablässen und deren segensreiche Wirkung als zum Glaubensgut gehörig und beseitigte zugleich missbräuchliche Praktiken (z.B. ärgemiserregendes Geldgeschäft), die mitverantwortlich für Luthers Kritik am Ablass waren.

Das „Trienter Glaubensbekenntnis“ von 1564 hält ausdrücklich fest: „Ich versichere auch, dass die Vollmacht zu Ablässen von Christus in der Kirche hinterlassen wurde und ihr Gebrauch für das christliche Volk höchst heilsam ist“ (DzH 1867). Und wenn wir nun einen Sprung von zweihundert Jahren machen, lesen wir, dass Papst Benedikt XIV. im Jahre 1743 in seinem den Orientalen vorgeschriebenen Glaubensbekenntnis formulierte: Ich bekenne, „dass der Kirche von Christus die Vollmacht über Ablässe überlassen worden ist und deren Gebrauch für das christliche Volk äußerst heilsam ist“ (DzH 2537). Vierzig Jahre später (1786) lehrte die Synode von Pistoia noch einmal Irriges über die Ablässe, was dann Papst Pius VI. im Jahre 1794 eigens verurteilte (vgl. DzH 2640-2643).

Die Ablasspraxis vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil

„Abusus non tollit usum“ - der Missbrauch hebt den Brauch nicht auf. Wenn also mit dem Ablass Missbrauch getrieben wurde, ist das kein Argument gegen

Ablassgewinnung an sich. Bis vor einigen Jahrzehnten •• ar die Gewinnung von Ablässen eine häufig und gerne gepflegte religiöse Übung unter Katholiken. Im »Laudate« beispielsweise, dem Gebet- und Gesangbuch für das Bistum Augsburg aus dem Jahre 1954, gab es noch ein eigenes Kapitel »Ablassgebete« (S. 33-36); ebenso in dem bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil gültigen Schott«-Messbuch (1951, S. [205]f.).

Zudem gab es viele Ablass-Bücher. Wirft man einen Blick in eine Liste dieser Bücher, so stellt man fest, dass kontinuierlich durch die Jahrhunderte hindurch die Ablassgewinnung von den Gläubigen gepflegt wurde:

Im 16. Jahrhundert:

Das seint die Kirchen und der Ablass zu Rom, Rom 1512.

Ein schöns tractetlein von dem Gütlichen, und römischen Ablas, uffs gegenwärtig Jubel jar yetzt zu Rom, gemacht durch ein ungelärten Leyen, Speyer 1525.

Paul III., Bulla, bebstlicher Ablass und Fasten, Petten, Almusen, Ingolstadt 1544.

Anton Otto, Von dem fröhlichen Ablass auf das güldene Jar des itzigen fünfzigsten Jars, Magdeburg 1550.

Jakob Feucht, Zehn christliche Predigt vom Ablass, Cöln 1575.

Jacob Heerbrand, Neuer Bäpstischer Ablass, Tübingen 1580.

Copey oder Verzaychnuß der gnedigsten unnd vätterlichen, auch hayligen Indulgentien oder Ablass, welche Bapst Sixtus Quintus Pontifex ... vätterlich verliehen hatt, Augsburg 1588.

Im 17. Jahrhundert:

Summa aller der ablass, von underschiedlichen Römischen Bäpsten, verliehen dem hailigen Orden der mündern Brüder, Augspurg 1605. Beschreibung der VII Haupt oder Ertzkirchen Zue Rohm, Augspurg 1610.

Kurzer Bericht von dem großen Ablass der sieben privilegirten Altären in der Haupt-Kirchen S. Peters zu Rom, München 1668.

Bruderschafft Der Todt-Angst Jesu Christi am heiligen Creutz, Augspurg 1671.

Vitus Faber, Seelen-Heil, oder vollkommener Ablass Portiuncula, Amberg 1674.

Marcus Eschenloher, Goldener Schlüssel zu den Schatz der kathol. Kirchen deß vollkommenen Ablass Jubilaeum genannt, Augsburg 1675.

Im 18. Jahrhundert:

Verzeichniß deren Indulgenzen, und Ablass, ca. 1700.

Martin von Cochem, Köstliches Ablass-Büchlein, Augspurg u. Dillingen 1722.

Matthäus Seutter, Le Sette Chiese Di Roma con le loro principali Reliquie, Stationi et indulgenze, Augsburg 1725.

Geistlicher Fasten-Spiegel, in Welchem die Stationes und Ablass, Epistel und Evangelia, für jeden Tag der gantzen Fasten-Zeit, München 1734.

Philipp J. Spener, Der Römischen Kirchen Ablass und Jubel-Jahr, Frankfurt 1750.

Kurzer Auszug der großen und vielfältigen Ablaß, welche die Brüder und Schwestern der heiligen Erzbruderschaft Mariä von Trost oder schwarz-ledernen Gürtel der heiligen Mutter Monica theils täglich, theils zu gewissen Zeiten erlangen können Tegernsee, [ca. 1750]. Andächtige Christliche Übungen, Mayntz 1759.

Johann M. Schweighofer, Vollkommemer Ablass, Wien 1782.

Patent des bischöflichen Vicariats zu Augsburg, die Decanen diser Diöcese, den gelegentlich der Anwesenheit des Pabstes Pius VI. in genannter Stadt von ihm ertheilenden Segen und vollkommenen Ablass betreffend, Augspurg 1782.

Erneuerte Päbstliche Gnade des Sieben-Kirchen-Ablasses in der Heiligen Röm. Reichstadt Augsburg, oder Bericht von den sieben Kirchen zu Rom, und den sieben dagegen von Hochgeistl. Obrigkeit genannten Kirchen zu Augsburg Gestellt von einem gutmeynenden Petriner nach der romanischen Anweisung. Mit Erlaubniß der Obern, Augsburg 1789.

Im 19. Jahrhundert:

Pius Brunquell, Abhandlung über den Ablass, Bamberg 1816. Satzungen, Ablässe und Andachtübungen der löblichen Bruderschaft der Todesangst Christi in der Wallfahrtkirche zum heiligen Kreuz zu

Mindelaltheim Bruderschaft der Todesangst Christi in der Wallfahrtkirche zum Heiligen Kreuz . Augsburg 1816.

Martin Königsdorfer, Das heilige Jubiläum und andere Ablässe der •latholischen Kirche bei Gelegenheit Seiner Heiligkeit Leo XII sün- :ger Christenheit ausgeschriebenen Jubelablasses, Augsburg 1825. Ablass-Büchlein oder Unterricht über den vollkommenen Ablass ..., Oettingen 1833.

Heinrich Roßwurm, Ueber den Ablass, Augsburg 1833.

Predigt über den Ablass, als Einleitung zur Feier des elfhundertjährigen Jubiläums der Diözese Regensburg, Regensburg 1840.

.' A. Eberle, Der Seelsorger als Tröster am Kranken- und Sterbelager 5er Gläubigen, Schaffhausen 1850.

Sammlung von Gebeten u. frommen Werken, Regensburg 1859. Antonin Maurel, Die Ablässe, ihr Wesen und ihr Gebrauch, Paderborn 1863.

Marquard Pichler, Ablassbüchlein, Augsburg 1865.

Julius Müllendorff, Unterweisung über die mit gesegneten Gegenständen verbundenen Ablässe, Regensburg u.a. 1866.

Congregatio Indulgentiis Sacrisque Reliquiis Praeposita, Die geistliche Schatzkammer von der Heiligen Congregation der Ablässe hrsg., Regensburg 1878.

Wilhelm Auer, Anbetung Jesu im heiligsten Altarsacramente, Augsburg 1888.

Im 20. Jahrhundert:

Die Ablässe, ihr Wesen und Gebrauch. Handbuch für Geistliche und Laien nach den neuesten Entscheidungen und Bewilligungen der hl. Ablasskongregation bearb. von Franz Beringer, Paderborn 131906. Bonifazius Schneider, Ablass-Brevier oder praktisches Ablass-, Hand- und Andachtsbuch, München 1907.

Nazarius Sasse, Gewinnt mehr Ablässe!, Paderborn 1913.

Joseph Hilgers, Das goldene Büchlein für Priester und Volk, Regensburg u.a. 1919.

Ablassbuch. Neue amtliche Sammlung der von der Kirche mit Ablässen versehenen Gebete und frommen Werke, Regensburg 1939.

Der deutsche Rompilger. Das kirchliche Reisegebet und der Heilig- Jahr-Ablass, Fulda 1950.

Ablassbuch. Neue amtliche Sammlung der von der Kirche mit Ablässen versehenen Gebete und frommen Werke, einzige von der Pöni- tentiarie genehmigte vollständige Ausgabe, Regensburg 31952.

Ablass-Gebetbüchlein, München 1953.

Eugen Herrbach, Der Ablass. Praktische Belehrung über Begriff, Bedingungen und höheren Zweck der Ablässe nach den neuesten Bestimmungen der Kirche, Freiburg/CH 1954.

Die Ablasspraxis seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) befasste sich vom 9.-13. November 1965 mit Lehre und Praxis der Ablässe; aus Zeitnot und mangels rascher Einigung wurden die Beratungen über diesen Punkt aber abgebrochen. So kommt es, dass der Begriff »Ablass« kein einziges Mal im Text der 16 Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils auftaucht (vgl. aber S. 36). Man könnte daraus schließen, dass sich Martin Luther 450 Jahre nach der Abfassung der 95 Thesen nun doch durchgesetzt und die nachkonziliare Kirche die Ablässe abgeschafft habe. Denn tatsächlich ist in den letzten 35 Jahren seit dem Konzil in der kirchlichen Verkündigung und Predigt kaum von Ablässen die Rede gewesen. Auf diesem Hintergrund kann man die ökumenische Verstimmung verstehen, die Papst Johannes Paul II. durch eine erneute Verkündigung von Ablässen ausgelöst hat. Die Ansicht, seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil seien in der katholischen Kirche die Ablässe abgeschafft, ist jedoch völlig verfehlt. Papst Paul VI. erließ nämlich gut ein Jahr nach Abschluss des Konzils, am 1. Januar 1967, die Apostolische Konstitution »Indulgenti- arum doctrina«, in der er die Ablasslehre ins Gedächtnis der Gläubigen zurückrief und die Ablasspraxis neu regelte (lateinisch-deutsch in: NKD 2, Trier 1967, S. 72-127). Am 29. Juni des darauffolgenden Jahres approbierte Papst Paul VI. das offizielle Ablassverzeichnis, das im Jahre 1968 gleich in zwei Auflagen erschien:

Enchiridion indulgentiarum. Normae et concessiones, Roma u1968.

Drei Jahre später kamen private Übersetzungen ins Deutsche heraus:

Handbuch der Ablässe. Normen und Bewilligungen, München (Rosenkranz-Verlag) 1971.

Arnold Guillet, Die Ablassgebete der katholischen Kirche, Stein am Rhein (Christiana-Verlag) 1971 51999.

Die Promulgation des neuen kirchlichen Gesetzbuches CIC machte eine Überarbeitung der lateinischen Fassung notwendig; so erschien das verbindliche Ablassverzeichnis in 3. Auflage:

Enchiridion indulgentiarum. Normae et concessiones, Roma 31986.

Drei Jahre später wurde das Buch in einer vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen deutschen Übersetzung publiziert:

Handbuch der Ablässe. Normen und Gewährungen, Bonn 1989.

Diese zeitliche Verzögerung einer offiziellen Übersetzung (21 Jahre nach der Publikation der ersten lateinischen Fassung) hing wohl damit zusammen, dass man gerade im Land der Reformation seine (psychologisch wohl verständlichen) Schwierigkeiten mit der Ablasslehre hat. Und so wurde dem Ablassbuch der Bischofskonferenz ein teilweise kritischer Beitrag von Herbert Vorgrimler über den Ablass beigefügt: Der Begriff „Sündenstrafen“ wird als „Katechismussprache“ (ab-)- qualifiziert; außerdem habe man „aus einem Läuterungsgeschehen einen Reinigungsort gemacht und sich rhantasievoll ein regelrechtes Fegefeuer ausgemalt“ (S.

31. was gegen die Lehre der Kirche sei. Gegen diese .Ansicht ist festzuhalten, dass die Kirche diese Läuterung nach wie vor „Purgatorium“ [Reinigungsort] oder „Fegefeuer“ nennt (vgl. KKK 1031).

Im »Gotteslob«, dem gemeinsamen deutschsprachigen katholischen Gebet- und Gesangbuch aus dem Jahre 1975, spielt die christliche Frömmigkeitsübung der Ablassgewinnung eine ganz untergeordnete Rolle; so wird dort lediglich der „Portiunkula-Ablass " (GL 54,7), der Ablass „in unmittelbarer Todesgefahr“ (GL 76) und der „Ablass für die Verstorbenen“ (GL 77,3) erwähnt - allerdings nur im »Kleingedruckten«. Die große Zahl der Ablassgebete bleibt ungenannt. Diese Tatsache, dass die Ablassgebete im offiziellen Gebetbuch der deutschsprachigen Katholiken fast völlig verschwunden sind, ist bedenklich, da nach dem Grundsatz »lex orandi - lex credendi« das Gebet - auch das fehlende - das Glaubensbewusstsein prägt - in diesem Falle negativ.

Wenn jedoch die Ablasslehre zum katholischen Glaubensgut gehört, die Gewährung von Ablässen „äußerst heilsam“ (Konzil von Trient) ist und die Kirche „ihren Gläubigen aufs neue den Gebrauch der Ablässe empfiehlt“ (Paul VI.), wäre es unverantwortbar, diesen Schatz der Gnade den Gläubigen und den Verstorbenen vorzuenthalten. Daher erwähnt beispielsweise der liturgische Kalender (Direktorium) der Diözese Augsburg seit 1996 ausdrücklich die im Laufe des Jahres zu gewinnenden Ablässe.

Das vorliegende Buch war bereits druckreif, als unerwarteterweise 13 Jahre nach der Herausgabe der 3. Auflage - mit einem auf den 16.07.1999 datierten und am 01.10.1999 im deutschsprachigen L’Osservatore

Romano publizierten Dekret der Apostolischen Pöni- tentiarie - eine systematisch völlig überarbeitete 4. Auflage des offiziellen Ablassverzeichnisses erschien:

Enchiridion indulgentiarum. Normae et concessiones, Roma 41999.

Aufgrund einer anderen Zusammenstellung der Ablässe konnte die Anzahl der „Gewährungen“ (concessiones) von 70 auf 33 reduziert werden, ohne dass dadurch inhaltlich etwas verlorenging. Im Gegenteil: es kamen neue Ablassgewährungen hinzu. Neu sind die Gewährungen eines vollkommenen Ablasses:

• bei der „Weihe der Familie“ (Nr. 1) an das Heiligste Herz Jesu oder an die Heilige Familie,

• am „Allgemeinen Tag zur Feier eines religiösen Anliegens“ (Nr. 5),

• bei der „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ (Nr. 11),

• für „Gebete der Orientalischen Kirchen“ (Nr. 23), und zwar für den „Hymnus Akäthistos“ oder das „Offizium Paräklesis“,

• anlässlich der Feier des „25., 40. oder 50. Jahrestages einer Bischofsweihe“ (Nr. 27) und

• bei einem Besuch einer Kathedralkirche, päpstlichen Basilika oder eines Heiligtums an bestimmten Tagen (Nr. 33).

Neu ist auch die Bestimmung, dass vollkommene Ablässe gewonnen werden können, wenn man sich

• mit dem über Radio oder Fernsehen übertragenen Rosenkranzgebet des Papstes (Nr. 17) oder der vom Papst vorgetragenen Kreuzwegandacht (Nr. 13) vereinigt, was bislang schon beim Segen „urbi et orbi“ möglich war.

D:e Glaubenskommission der Deutschen Bischofskon- Vrenz veröffentlichte am 26.11.1999 einen Text unter ;:m Titel: „Der Ablass. Zum Verständnis der katholi- 5 :hen Lehre und Praxis. Ein Thema ökumenischer Diskussion“. Das bislang nur als Manuskript vorliegende Papier (abgedruckt in: Kirche heute 1/2000, S. 14-20) wird später in die geplante deutsche Ausgabe der Neuauflage des „Handbuches der Ablässe“ aufgenommen werden. Der Text verweist auf „Verwunderung und Befremden“, die die Verkündigung des Jubiläumsablasses hervorgerufen habe, und auf die Gefahr, dass „der mühsame Prozess einer Verständigung über die Rechtfertigung, der in der gemeinsamen Erklämng der katholischen Kirche und dem Lutherischen Weltbund1 einen wesentlichen Schritt vorangekommen“ sei, „gestört werden“ könnte. Im Begriff „Ablass“ sammelten „sich viele Animositäten und negative Erinnerungen in der Geschichte der Kirchen und Konfessionen der letzten 500 Jahre“. Daher stelle sich „die Frage, ob der Ablass gegenwärtig ein sinnvolles Thema“ sei.

Das Papier betont aber positiv, dass „die im Gang der Theologiegeschichte zutage getretene, in der Sache begründete Unterscheidung der Sünde nach den Aspekten der Schuld und Strafe ... nicht zugunsten einer undifferenzierten Redeweise rückgängig gemacht werden“ kann. Positiv wird auch notiert, dass „die Gnade der Läuterung“ sich „aus der Sühne Christi für unsere Sünden“ ergibt und „eine Teilnahme an dem Ergebnis der stellvertretenden Sühne (=dem unendlichen Verdienst Christi)“ ist. „Diese Verknüpfung der Sühne Christi mit dem Handeln und Beten der Christen (Kol 1,24) ergibt sich aus der inneren Verbindung zwischen Haupt und

2. Was ist ein Ablass?

Aufgrund eines ungenauen Wissens um das, was eigentlich der Ablass ist, halten viele Gläubige den Ablass für überholt. Viele denken sogleich an den mittelalterlichen »Ablasshandel« und damit verbundene Missbräuche. Daher ist es notwendig, sich zunächst zu fragen, was die Kirche eigentlich unter einem Ablass versteht. Der Ablass in seiner heutigen Form ist im 11. Jahrhundert entstanden. Er ging aus den frühmittelalterlichen außersakramentalen Absolutionen (Lossprechungen) hervor, mit denen Papst, Bischöfe und Priester die Barmherzigkeit Gottes für einzelne Personen herabriefen. Als man daranging, die von Gott erhoffte Vergebung der zeitlichen Sündenstrafen auf die nach der sakramentalen Buße sich ergebende kirchliche Bußzeit anzurechnen, wurde daraus der Ablass.

Erstmals beschäftigte sich im Jahre 1215 ein Konzil mit der Ablasspraxis (DzH 819). Die erste abgeschlossene Ablasslehre formulierte der hl. Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225-1274) in seiner Summa theologiae, suppl, qq. 25-27. In neuerer Zeit legten Bernhard Alfred R. Felmberg, Johannes Hüttenbügel, Christiane Neuhausen, Nikolaus Paulus, Bernhard Poschmann, Karl Rahner, Alexander Seibold und Herbert Vorgrim- ler dogmengeschichtliche Forschungen und Studien zum Ablass vor.

Schwere Sünde und ewige Sündenstrafe

Die Lehre vom Ablass kann man nur verstehen, wenn man um den Zusammenhang von Sünde und Sündenstrafe weiß.

Die Kirche lehrt: Wenn jemand eine schwere Sünde begeht, stirbt dadurch das Leben der Gnade in ihm; er verliert die lebendige Beziehung zu Gott und ist kein Freund Gottes mehr. Um eine solche Todsünde handelt es sich, wenn sich jemand in einer wichtigen Angelegenheit mit freiem Willen und voller Erkenntnis verfehlt (vgl. KKK 1857-1860). Wenn jemand nun im Zustand der Todsünde ohne Reue über seine Sünden sterben würde, gelangte er in die Hölle, und dort bliebe er auf ewig (vgl. KKK 1035; 1861). Dies versteht die Kirche unter dem Begriff »ewige Sündenstrafe«. Wenn jemand, der eine Todsünde begangen hat, jedoch beichtet oder mit dem Vorsatz zur Beichte aus Liebe zu Gott seine Sünden bereut, vergibt Gott ihm sogleich die Sünden und erlässt ihm die Höllenstrafe (vgl. KKK 1446; 1452).

„Die schwere Sünde beraubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns zum ewigen Leben unfähig. Diese Beraubung heißt ,die ewige Sündenstrafe1 “ (KKK 1472). Wenn die Todsünde „nicht durch Reue und göttliche Vergebung wieder gutgemacht wird, verursacht sie den Ausschluss aus dem Reiche Christi und den ewigen Tod in der Hölle“ (KKK 1861).

Leichte Sünde und zeitliche Sündenstrafe

Wer leichte Sünden begeht, verletzt die Freundschaft mit Gott. Sie kann durch das Bußsakrament oder durch Werke der Buße (Gebet, Fasten, Nächstenliebe) aber wieder erneuert werden. Zeitliche Sündenstrafen bleiben dem Sünder jedoch. Er muss entweder im Diesseits oder im Fegefeuer für seine Sünden büßen. Stirbt er, ohne von seinen Sündenstrafen befreit worden zu sein, gelangt er in einen Läuterungszustand, auch „Purgatori- um“ (Reinigungsort) oder Fegefeuer genannt. Denn bevor jemand das Angesicht Gottes schauen und die Freude des Himmels in der Gemeinschaft der Heiligen genießen kann, muss er ganz rein und heilig geworden sein. Dies geschieht entweder durch die Leiden, die Not und die Mühsal des irdischen Lebens oder nach dem Tod mittels Strafen, die die sogenannte »Arme Seele« im Fegefeuer passiv erleiden muss.

„Nach der Lehre der göttlichen Offenbarung folgen aus den Sünden von Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit auferlegte Strafen. Sie müssen in dieser Welt durch Leiden, Not und Mühsal des Lebens und besonders durch den Tod oder in der künftigen Welt durch Feuer und Qual oder Reinigungsstrafen abgebüßt werden“ (Paul VI., »Indulgentiarum doctrina«; vgl. KKK 1472t).

Das Fegefeuer als Läuterungsort

Es ist Lehre der Kirche, dass diejenigen, die in der Gnade Gottes sterben, aber noch nicht vollkommen geläutert sind, zwar ihres Heiles sicher sind, aber nach dem Tod noch geläutert werden müssen, und zwar im Pur-

gatorium (Reinigungsort) oder Fegefeuer (vgl. KKK 1033f).

„Dass auch nach der Sündenvergebung noch Strafen abzubüßen und Überbleibsel der Sünden zu tilgen bleiben können und oft tatsächlich bleiben, zeigt ganz deutlich die Lehre vom Fegefeuer/Reinigungsort. Hier werden ja die Seelen der Verstorbenen, die ,mit wahrer Buße in der Liebe Gottes gestorben sind, ohne zuvor durch würdige Früchte der Buße für ihre Vergehen und Unterlassungen Genugtuung geleistet zu haben’, nach dem Tode durch Reinigungsstrafen geläutert“ (Paul VL, »Indulgentiarum doctrina«).

Arme-Seelen-Altar. Marienmünster Dießen/Ammersee

Der Ablass als Nachlass zeitlicher Strafe (Fegefeuer)

Wenn nun aber ein Gläubiger in seinem irdischen Leben einen vollkommenen Ablass gewinnt, so wird er dadurch aufgrund der Fürbitte der Kirche von seinen zeitlichen Sündenstrafen, die er nach dem Leben für bereits vergebene Sünden erleiden müsste, befreit.

Der deutsche Begriff »Ablass« kann das Gemeinte vielleicht nicht so deutlich machen wie das dafür seit dem 13. Jahrhundert allgemein verwendete lateinische Wort »indulgentia«; dies lässt sich mit »Nachsicht, Güte, Zärtlichkeit, Gnade, Straferlass« übersetzen. Ein »vollkommener Ablass« ist also ein »vollständiger Straferlass«. Man könnte auch - analog zum weltlichen Bereich von »Begnadigung« sprechen, die vom Staatsoberhaupt gegenüber einem Straftäter ausgesprochen wird und die ihn vor weiterer Strafverbüßung verschont. Es handelt sich beim Ablass somit um eine äußerst positive und sympathische Angelegenheit. Nach der Lehre der Kirche ist der »Ablass« wie folgt definiert:

„Der Ablass ist Erlass einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet“ (KKK 1471; vgl. c. 992 CIC).

Der Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen

Möglich wird die Gewährung von Ablässen durch den Schatz der Verdienste Jesu Christi und der Heiligen, den diese während ihres irdischen Lebens durch Gebete und gute Werke, Leiden und Sterben erworben haben. Dieser Schatz wird von der Kirche „verwaltet“ und kann vom Papst aufgrund seiner Schlüsselgewalt den Lebenden durch Lossprechung und den Verstorbenen auf dem Wege der Fürbitte frei zugewendet werden. Diese von Theologen des 13. Jahrhunderts, vor allem Hugo von St.-Cher (1230) und Thomas von Aquin unter Berufung auf 2 Kor 5,10 und Kol 1,24 erarbeitete Lehre vom Kirchenschatz (thesaurus Ecclesiae) wurde erstmals im Jahre 1343 von Papst Clemens VI. anlässlich des Heiligen Jahres 1350 vorgelegt (DzH 1025-1027) und von Papst Johannes Paul II. anlässlich des Heiligen Jahres 2000 in Erinnerung gerufen:

„Alles kommt von Christus, aber da wir sein Eigentum sind, wird auch das, was uns gehört, zu seinem Eigentum und gewinnt eine heilbringende Kraft. Das ist gemeint, wenn man vom »Schatz der Kirche« spricht, der aus den guten Werken der Heiligen besteht. Für die Erlangung des Ablasses beten heißt, in diese geistliche Gemeinschaft eintreten und sich damit ganz den anderen öffnen. Denn auch im geistlichen Bereich lebt keiner nur für sich allein“ (Johannes Paul II., »Incamatio- nis mysterium« 10).

So ist der Ablass keineswegs nur auf unser persönliches Heil ausgerichtet.

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Im Fegefeuer bleiben die leidenden Seelen trotz der Marter hoffnungsfroh. Wenn die Qual vorüber ist, wartet auf sie der Himmel.

Hilfe für die Armen Seelen im Fegefeuer

Im Bewusstsein der Gemeinschaft der Gläubigen mit den Armen Seelen im Fegefeuer pflegt die Kirche das fürbittende Gebet für die Verstorbenen:

„Schon die Apostel haben ihre Schüler ermahnt, für das Heil der Sünder zu beten; diese Übung hat der uralte Brauch der Kirche heilig bewahrt, vor allem, ... wenn dem Verstorbenen durch den Beistand, besonders durch die Darbringung des eucharistischen Opfers, geholfen wurde ... Da durch die Ablässe die Glieder der sich läuternden Kirche rascher der himmlischen Kirche eingegliedert werden, wird gerade durch die Ablässe die Königsherrschaft Christi immer mehr und schneller verwirklicht“ (Paul VI., »Indulgentiarum doctrina«).

Es ist also möglich, die Ablässe, die man gewinnt, für- bittweise bestimmten Verstorbenen zukommen zu lassen, was schon seit Mitte des 13. Jahrhunderts praktiziert wird. Das kirchliche Gesetzbuch aus dem Jahre 1983 legt fest:

„Jeder Gläubige kann Teilablässe oder vollkommene Ablässe für sich selbst gewinnen oder fürbittweise Verstorbenen zuwenden“ (c. 994 CIC).

Sorge um das Heil des Anderen

Aus dem Gesagten wird ersichtlich, wie wichtig das Gebet der Gläubigen für die Armen Seelen im Fegefeuer ist. Denn diese können nichts mehr selbst dafür wirken, um von ihren Sündenstrafen befreit zu werden und zur ewigen Anschauung Gottes sowie zur Freude der

Erlösten zu gelangen. Sie sind bezüglich der Abkürzung ihrer Fegefeuerzeit völlig darauf angewiesen, dass die sogenannte streitende Kirche auf Erden ihnen zu Hilfe kommt.

„Die heilsame Sorge um das eigene Seelenheil wird erst dann von Furcht und Egoismus befreit, wenn sie zur Sorge auch um das Heil des anderen wird“ (Johannes Paul II., »Incamationis mysterium« 10).

Diese solidarische Hilfe der Gläubigen auf Erden mit den Verstorbenen wird möglich durch die „lebendige Gemeinschaft mit den Brüdern, die ... noch nach dem Tode gereinigt werden“, wie das Zweite Vatikanische Konzil formuliert (»Lumen gentium« 51). Wenn also auch der Begriff »Ablass« kein einziges Mal in den Dokumenten des letzten Konzils auftaucht, so doch die Nützlichkeit des Gebetes für die Verstorbenen:

„Aus der tiefen Anerkennung dieser Gemeinschaft des ganzen mystischen Leibes Jesu Christi hat die pilgernde Kirche seit den Anfängen der christlichen Religion das Gedächtnis der Verstorbenen mit großer Ehrfurcht gepflegt und hat auch Fürbitten für sie dargebracht, ,weil es ein heiliger und heilsamer Gedanke ist, für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden’ (2 Makk 12,46)“ (Zweites Vatikanisches Konzil, »Lumen gentium« 50).

3. Warum soll man Ablässe gewinnen?

Es ist heute oft vom Priestertum der Gläubigen die Rede. Dabei meinen viele, sie könnten nur dann prie- sterlich leben und wirken, wenn sie irgendeine liturgische Funktion während der Messfeier ausüben. Diesen Gläubigen sei die Gewinnung von Ablässen ans Herz gelegt.

Priestertum der Gläubigen

Aufgrund der Taufe haben alle Christen Anteil am königlichen Priestertum Christi „zur Ausübung eines geistlichen Kultes zur Verherrlichung Gottes und zum Heil der Menschen“ (Zweites Vatikanisches Konzil, »Lumen gentium« 34). Die Christgläubigen „üben ihr Priestertum aus im Empfang der Sakramente, im Gebet, in der Danksagung, im Zeugnis eines heiligen Lebens, durch Selbstverleugnung und tätige Liebe“ (ebd. 10), also auch bei der Ablassgewinnung. Alle Gläubigen haben die Möglichkeit, durch entsprechende Ablassgebete jeden Tag einen vollkommenen Ablass zu gewinnen, den sie fürbittweise den Verstorbenen zukommen lassen können (vgl. S. 47-94). Das heißt: Sie können mit Hilfe der Kirche aufgrund der Verdienste Christi und der Heiligen durch die Gewinnung eines vollkommenen Ablasses Tag für Tag darum beten, dass eine Seele aus dem Fegefeuer erlöst wird. Dies ist eine wahrhaft prie- sterliche Aufgabe, für die es sich wohl lohnt, täglich oder wenigstens ab und zu eine halbe Stunde geistlichen Tuns zu investieren.

Apostolat der Kranken

Dieser Heilsdienst ist im übrigen auch den Kranken möglich, die häufig meinen, sie seien unnütz, könnten niemandem helfen und würden anderen nur zur Last fallen. Nein: vielmehr können Kranke beispielsweise durch das Rosenkranzgebet oder durch eine halbstündige Betrachtung der Heiligen Schrift einen vollkommenen Ablass gewinnen sowie durch die Aufopfemng ihrer Krankheit und mit ihrem Gebet viel Gutes für die lebenden und verstorbenen Glieder der Kirche tun. Auch den Jubiläumsablass können die Kranken täglich gewinnen, ohne dazu nach Rom fahren zu müssen:

Die „Kranken und alle, die nicht imstande sind, ihre Wohnung zu verlassen“, können ja bekanntlich „den Ablass dadurch gewinnen, dass sie sich geistig mit denen verbinden, die das vorgeschriebene Werk in ordentlicher Weise erfüllen, und dass sie Gott ihre Gebete, Leiden und Entbehrungen aufopfem“ (Apost. Pönitenti- arie, 29.11.1998). [s. S. 243-247]

Bezüglich aller übrigen Ablässe gilt für die Kranken:

„Die Beichtväter sind bevollmächtigt, das für die Gewinnung eines Ablasses vorgeschriebene Werk oder die Bedingungen für all jene umzuwandeln, die zufolge rechtmäßiger Verhinderung diese nicht erfüllen kön- nen“ (EI 1999, Nr, 24, S. 27; HA 1989, Nr. 27, S. 24).

Kein ökumenischer Affront

Wenn die katholische Kirche nun zum Heiligen Jahr 2000 den Schatz der Verdienste Christi und der Heili

gen wieder in besonderer Weise öffnet und die Gläubigen zur Gewinnung von Ablässen einlädt, so handelt es sich dabei nicht um einen ökumenischen Affront. Der Papst sagte bei der Generalaudienz am 29.09.1999:

„Es handelt sich um ein brisantes Thema, über das es an geschichtlichen Missverständnissen nicht gefehlt hat, die sich negativ auf die Gemeinschaft der Christen selbst auswirkten. Im gegenwärtigen ökumenischen Umfeld verspürt die Kirche die Notwendigkeit, dass diese alte Praxis, begriffen als bedeutungsvoller Ausdruck des Erbarmens Gottes, recht verstanden und angenommen werde ... Der Ausgangspunkt, um den Ablass zu verstehen, ist die Überfülle des Erbarmens Gottes, die am Kreuz Christi offenkundig wurde. Der gekreuzigte Jesus ist der große »Ablass«, den der Vater den Menschen gewährt hat ... Im Lichte dieses Grundsatzes ist es nicht schwer zu verstehen, wie die Versöhnung mit Gott, die zwar auf einem ungeschuldeten und überreichen Angebot des Erbarmens beruht, dennoch zugleich einen anstrengenden Prozess erforderlich macht, in den der Mensch mit seinem persönlichen Einsatz und die Kirche mit ihrem sakramentalen Auftrag einbezogen ist“ (Oss. Romano [dt.] v. 08.10.1999, S. 2).

Solidarität mit den Verstorbenen

Wenn man sich bewusst ist, dass es möglich ist, täglich einen vollkommenen Ablass zu gewinnen, könnte man sich fragen, was ein zweiter und jeder weitere vollkommene Ablass bewirken soll, da doch bereits der einmalige vollkommene Ablass „vollkommen“ von Sündenstrafen befreit. Dazu ist folgendes zu sagen:

Erstens ist es sinnvoll, hin und wieder für sich selbst diesen vollkommenen Ablass zu erlangen, da die täglichen (leichten) Sünden, die wir auf uns laden, zwar im Bußsakrament oder durch gute Werke nachgelassen werden, aber immer wieder auch Sündenstrafen nach sich ziehen. Von diesen Sündenstrafen befreit der Ablass.

Zweitens - und das ist wohl der Sinn dessen, dass es möglich ist, „täglich“ einen vollkommenen Ablass zu gewinnen - kann der Ablass fürbittweise den Verstorbenen zugewendet werden. Auf diese Weise hilft unser Gebet auf Erden den Armen Seelen, damit sie rascher aus dem Fegefeuer erlöst werden.

Drittens tut dieses täglich mögliche fürbittende Gebet für die Verstorbenen aber unserem eigenen Heil keinen Abbruch. Denn in der Sterbestunde können wir für uns selbst einen vollkommenen Ablass gewinnen, wenn wir während des Lebens die Gewohnheit hatten, regelmäßig zu beten - auch wenn beim Sterben kein Priester zugegen ist, der den Päpstlichen Segen erteilen könnte, der mit einem vollkommenen Ablass verbunden ist (vgl. S. 230-234).

Wie es in den „Anweisungen für die Erlangung des Jubiläumsablasses“ zum Heiligen Jahr 2000 heißt, vollbringen die Christgläubigen durch das Zuwenden eines Ablasses für die Verstorbenen „eine hervorragende Übung übernatürlicher Liebe ..., kraft des Bandes, durch das im mystischen Leib Christi die noch auf Erden pilgernden Gläubigen mit jenen vereint sind, die ihren irdischen Lebensweg schon abgeschlossen haben.“

Es handelt sich also um die Wiederentdeckung einer katholischen Lehre und religiösen Praxis, die dem Heil

der Gläubigen und vor allem der Erlösung der Armen Seelen aus dem Fegefeuer dient. Es wäre ein Zeichen mangelnder Solidarität mit unseren Verstorbenen, würden wir Ihrer vergessen und nicht mehr für sie beten. Papst Johannes Paul II. schreibt in der Verkündigungsbulle »Incamationis mysterium«:

Die Offenbarung lehrt, „dass der Christ auf seinem Bekehrungsweg nicht allein gelassen ist. In Christus und durch Christus ist sein Leben durch ein geheimnisvolles Band mit dem Leben aller anderen Christen in der übernatürlichen Einheit des mystischen Leibes verbunden. So kommt es zwischen den Gläubigen zu einem wunderbaren Austausch geistlicher Güter, kraft dessen die Heiligkeit des einen den anderen zugute kommt, und zwar mehr als die Sünde des einen den anderen schaden kann.“ Wir sind in das Heilswirken Christi mit einbezogen. „Das besagt die bekannte Stelle aus dem Kolosserbrief: ,Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt“ (1,24)“ (Johannes Paul II., »Incamationis mysterium« 10).

Ablass als göttliche Amnestie

Die Lehre vom Ablass ist etwas ganz Großes und Tröstliches. Sie besagt, dass Gott uns durch kirchliche Ablassverleihung die konsequente Strafe für unsere lässlichen Sünden - das Fegefeuer - ersparen will. Der Ablass ist also eine Art göttliche »Amnestie«. Die Ablasslehre besagt auch, dass es möglich ist, unseren lieben Verstorbenen helfen zu können, indem wir ihnen fürbittweise einen Ablass zukommen lassen, um ihre Leidenszeit abzukürzen.

Der Ablass ist der Nachlass von Sündenstrafen, die unsere Verstorbenen im Fegefeuer abbüßen müssen. Wäre es da nicht unterlassene Hilfeleistung, wenn wir nicht regelmäßig und häufig Ablässe gewinnen und sie den Verstorbenen zukommen ließen?

4. Bedingungen und Voraussetzungen zur Ablassgewinnung

Ablässe für sich oder für Verstorbene zu gewinnen, ist im Grunde ganz einfach. Zunächst soll hier auf die »vollkommenen Ablässe« hingewiesen werden, die von allen Sündenstrafen befreien. Teilablässe bewirken einen Teilerlass der Sündenstrafen. Ein vollständiges Verzeichnis der mit vollkommenen oder Teilablässen versehenen Gebete findet sich im Enchiridion indulgen- tiarum, Roma 41999 und wird wohl demnächst in einer Neuauflage des „Handbuches der Ablässe“ auf Deutsch erscheinen.



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