Praktische Informatik 1



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0.3 Was ist Informatik?


Das Wort „Informatik“ ist ein Kunstwort, welches aus den Bestandteilen „Information“ und „Automatik“ zusammengesetzt ist. Der Begriff „Informatique“ wurde 1962 in Frankreich von P. Dreyfuss geprägt und 1968 vom Forschungsminister Stoltenberg in Berlin bei der Eröffnung einer Tagung übernommen (http://zeitung.informatica-feminale.de/?p=72, http://atrax.uni-muenster.de:8010/Studieren/Scripten/Lippe/geschichte/pdf/Kap1.pdf). Da die Informatik also eine vergleichsweise junge Wissenschaft ist, die eine stürmische Entwicklung durchläuft, gibt es die verschiedensten Definitionen davon, was unter Informatik zu verstehen ist.

Als Beispiel sei hier die Studienordnung der HU von 2003 angeführt:


(1) Die Informatik erforscht die grundsätzlichen Verfahrensweisen der Informations­verarbeitung und die allgemeinen Methoden der Anwendung solcher Verfahren in den verschiedensten Bereichen. Ihre Aufgabe ist es, durch Abstraktion und Modellbildung von speziellen Gegebenheiten sowohl der technischen Realisierung existierender Datenverarbeitungsanlagen als auch von Besonderheiten spezieller Anwendungen abzusehen und dadurch zu den allgemeinen Gesetzen, die der Informationsverarbeitung zugrunde liegen, vorzustoßen sowie Standardlösungen für Aufgaben der Praxis zu entwickeln. Die Informatik befasst sich deshalb mit

  • der Struktur, der Wirkungsweise, den Fähigkeiten und den Konstruktionsprinzipien von Informations- und Kommunikationssystemen und ihrer technischen Realisierung.

  • Strukturen, Eigenschaften und BeschreibungsmögIichkeiten von Informationen und von Informationsprozessen,

  • Möglichkeiten der Strukturierung, Formalisierung und Mathematisierung von Anwendungsgebieten sowie der Modellbildung und Simulation.

Dabei spielen Untersuchungen über die Effizienz der Verfahren und über Sinn und Nutzen ihrer Anwendung in der Praxis eine wichtige Rolle.
Andere Fachbereiche haben ähnliche Festlegungen des Studieninhaltes. Als minimaler Konsens für den Begriff „Informatik“ kann dabei die Definition angesehen werden, welche sich aus der Wortbedeutung ergibt:

(Im Buch von Gumm/Sommer: „Informatik ist die Wissenschaft von der maschinellen Informationsverarbeitung“.) In dieser Definition sind ein paar weitere undefinierte Grundbegriffe enthalten: „Information“, „Verarbeitung“, „automatisch“ oder „maschinell“.
Der Begriff „Information“ ist ein metaphysischer Grundbegriff, mit dem wir uns noch näher beschäftigen werden. An dieser Stelle sei nur bemerkt, dass wir unter „Information“ eine Beschreibung irgendeines Sachverhaltes der uns umgebenden (materiellen oder ideellen) Welt verstehen wollen. Vom Wortstamm her ist eine „Information“ etwas, was in eine bestimmte Form gebracht worden ist, also auf eine bestimmte Weise repräsentiert wird (wenn wir eine Information zur Kenntnis nehmen, bringen wir unseren Verstand in einen bestimmten Zustand). Sehr einfache, wenig strukturierte Informationen bezeichnen wir als Daten (daher der altertümliche Begriff „EDV“), eine Menge komplexer Informationen über ein zusammenhängendes Gebiet bezeichnen wir als Wissen.

Unter der „Verarbeitung“ von Informationen verstehen wir den Prozess der Umformung, d.h. der Veränderung von Informationen aus einer Form in eine andere. Da Informatik sich als Wissenschaft mit der Verarbeitung von Informationen beschäftigt, sind ihr Gegenstand die Verfahren, mit denen diese Umformung bewerkstelligt wird: solche Verfahren nennt man Algorithmen. Häufig erfolgt heutzutage der räumliche Transport von Informationen dadurch, dass sie beim Absender in eine einfachere Form gebracht (codiert) werden, durch einen elementaren physikalischen Prozess (elektrische Ströme, Funkwellen etc.) übermittelt und beim Empfänger wieder in die ursprüngliche Form zurückübersetzt (decodiert) werden. Daher betrachtet man heute auch die Erforschung von Techniken zur Übertragung von Informationen als Teilgebiet der Informatik.

Der dritte undefinierte Grundbegriff aus der obigen Definition ist „automatisch“. Damit soll ausgedrückt werden, dass sich die Informatik nicht mit der Informationsverarbeitung durch Menschen oder andere Lebewesen beschäftigt, sondern durch Automaten, d.h. vom Menschen konstruierte Maschinen. Daher gehört zur Informatik auch das Wissen um den Aufbau und die Entwicklung von Technologien zur Konstruktion informationsverarbeitender Geräte. Aus historischen Gründen bezeichnet man diese Geräte oft auch als „Rechner“ (numerische Berechnungen waren die ersten automatisierten informationsverarbeitenden Prozesse) oder „Computer“. Daher hat sich im Englischen der Begriff „computer science“ für die Informatik durchgesetzt. Dieser Begriff ist allerdings etwas missverständlich, da er suggerieren könnte, dass Informatik die „Wissenschaft von den informationsverarbeitenden Geräten“ ist. Einige Leute verwenden daher die Bezeichnung „computing science“.
Aus der Bestimmung des Gegenstands der Informatik ergibt sich unmittelbar, dass die Informatik viele Bezüge zu anderen Disziplinen hat: Der Gleichklang zum Wort „Mathematik“ ergibt sich nicht von ungefähr. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Informatik aus der Mathematik erwachsen ist, so wie die Mathematik ihre Wurzeln in der philosophischen Logik hat. Abgesehen davon, dass die Automatisierung numerischer Berechnungen schon immer ein ureigenstes Interesse der Mathematik war, ist auch die Beschäftigung mit abstrakten Begriffen wie „Berechnungsverfahren“ oder „Umformung“ ein Gegenstand der Mathematik. Viele Pioniere der Informatik (Pascal, Leibniz, Babbage, Turing, von Neumann, …) waren Mathematiker oder Logiker und haben sich mit den theoretischen Grundlagen automatischer Berechnungsverfahren beschäftigt, bevor es überhaupt Computer gab.

Die zweite Wurzel der Informatik ist die Elektrotechnik. Erst durch den Einsatz elektrischer Schaltungen und Verfahren nach dem zweiten Weltkrieg (durch Zuse, Aiken und andere) wurde gegenüber den davor existierenden mechanischen Rechnern (Hollerith) ein so großer Durchbruch erzielt, dass man über numerische Rechnungen hinausgehen konnte. Da praktisch alle heute existierenden informationsverarbeitenden Prozesse in Automaten auf der Bewegung von elektrischen Ladungen beruhen, ist klar, dass auch heute noch eine enge Verwandschaft zwischen Informatik und Elektrotechnik besteht. Auf der anderen Seite gehören Computer heute mit zu den wichtigsten strombetriebenen Geräten, weshalb sich die Elektrotechnik heute gerne auch als „Informationstechnik“ bezeichnet,

Durch die Inhalte der Informatik ergeben sich weiterhin eine ganze Reihe von Querbezügen zu anderen Disziplinen. Wenn Informationsverarbeitung zur Steuerung mechanischer Geräte, etwa von Robotern oder Fertigungsstraßen, genützt wird, müssen Informatiker mit Maschinenbauern und Produktionstechnikern zusammenarbeiten. Durch den Einsatz von Computern zur Übertragung von Informationen per Funkwellen ist eine enge Beziehung zur Nachrichtentechnik gegeben. Wegen der Notwendigkeit der Interaktion von Automaten und Menschen (auf Benutzungs- und Konstruktionsebene) muss die Informatik auf Grundlagen und Ergebnisse der Psychologie, Linguistik, Kommunikationswissenschaften und anderer Fächer zurückgreifen. Da in fast allen Fächern informationsverarbeitende Prozesse vorkommen, die bislang entweder von Menschen durchgeführt wurden oder wegen des hohen Arbeitsaufwandes gar nicht durchgeführt werden konnten, werden Methoden der Informatik in diesen Fächern für die Automatisierung der Verarbeitung von Informationen angewendet.

Dadurch haben sich eine Reihe spezialisierter Studiengänge gebildet, die so genannten Bindestrich-Informatiken, die die Anwendung der Informatik in anderen Fächern betonen. Zu nennen sind hier Wirtschafts-Informatik, Bio-Informatik, Medien-Informatik, Geo-Informatik, Umwelt-, Rechts- oder Medizininformatik, und viele mehr. Wichtig: Mit einer Ausbildung als Informatiker (ohne Bindestrich) kann man sich später für jede dieser Disziplinen weiter qualifizieren!


Aus den geschilderten Wurzeln ergibt sich die heute übliche Struktur der Informatik: Man teilt sie ein in

  • theoretische Informatik

  • praktische Informatik

  • technische Informatik, und

  • angewandte Informatik.

Die theoretische Informatik beschäftigt sich mit den formalen Grundlagen, die praktische Informatik mit den Verfahren, die technische Informatik mit den Maschinen zur Verarbeitung von Informationen. In der angewandten Informatik werden die Anwendungen der Informationsverarbeitung für andere Fächer (z.B. Robotik, Bioinformatik, medizinische Bildverarbeitung) untersucht. Oftmals wird die angewandte Informatik als Teil der praktischen Informatik betrachtet; an einigen Universitäten studiert man im Grundstudium zunächst ein beliebiges Nebenfach und spezialisiert sich dann im Hauptstudium auf die angewandte Informatik in diesem Nebenfach.
Geschichte der Informatik

Informatik im eigentlichen Sinne gibt es erst seit dem Endes des zweiten Weltkrieges.

Die Wurzeln der Informatik reichen dagegen bis ins Mittelalter bzw. ins Altertum zurück:



  • 300 v. Chr: Euklid entwickelt sein Verfahren zur Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers (ggT)

  • um 820: Al-Chwarizmi fasst in einem Buch Lösungen zu bekannten mathematischen Problemen zusammen.

  • 1524: A. Riese veröffentlicht ein Buch über die Grundrechenarten

  • 17-18.Jh.: G. W. Leibniz (1646-1714) entwickelt das Dualsystem (1679) und baut eine Rechenmaschine (1673/1694), Pascal, Schickard u.a. entwickeln ebenfalls mechanische Rechenmaschinen, Babbage konzipiert „difference engine“, Ada Lovelace die erste Programmiersprache dafür

  • Ende 19./ Anf. 20. Jh.: Formalisierung der logischen und mathematischen Grundlagen durch Frege (“Begriffschrift”, 1879), Russell u. Whitehead (“Prinicipia mathematica", 1910-13), Peano u.a.

  • Ende 19./ Mitte 20. Jh.: Perfektionierung mechanischer Rechenmaschinen;

  • 1930-40: Theorie der Berechenbarkeit, Vollständigkeits- und Entscheid-barkeitssätze (Gödel, Turing, Tarski, Church, Kleene, Post, Markov u.a.)

  • 1930-40: erste elektromechanische Computer: Zuses Z1 (1936), Z3 (1943), Aikens Mark1 (1944), Eckert+Mauchlys ENIAC (1946)

  • 1948-49: Konrad Zuse entwickelt seinen “Plankalkül”, C. Shannon seine “Informationstheorie”, J. v. Neumann entwickelt den nach ihm benannten Rechnertyp: Daten und Befehle werden gemeinsam im Rechner gespeichert und ähnlich behandelt.

  • 1955: Erfindung des Transistors

  • 1959-60: erste “höhere Programmiersprachen”: J. McCarthy entwickelt die funktionale Programmiersprache LISP und begründet die “Artificial Intelligence”, Fortran (Masch.bau), Cobol (BWL) und Algol (Math) werden definiert.

  • 1969-70: Entwicklung universaler Programmiersprachen wie Algol68 und PL/I

  • ab 1970: Informatikstudium in Deutschland

  • ab 1980: Objektorientierte Sprachen und Systeme

  • ab 1990: Internet (Gopher, Mosaic), Mobilfunk (1991 D-Netz, 1994 E-Netz), WLAN (ca. 1995), PDAs (1997), Java (1995), Java2 (2002)

Die Informatik ist heute in fast alle Aspekte unseres Lebens vorgedrungen:



  • Einen Großteil ihres Studiums werden Sie mit „e-Learning“ verbringen, die notwendigen Informationen beschaffen Sie sich im Internet. Vielleicht bestellen Sie hier auch Waren oder vergleichen zumindest bei eBay die Preise.

  • Dokumente (Briefe, Steuererklärungen usw.) verfassen Sie natürlich am Computer; mit Ihren Kommilitonen nebenan und dem Onkel in Amerika tauschen Sie e-Mails aus, die den Empfänger in wenigen Sekunden erreichen.

  • Wahrscheinlich haben Sie auch ein Mobiltelefon, vielleicht sogar ein Notebook mit WLAN, oder einen elektronischen Organizer.

  • Ihr Bankkonto wird von einem Computer geführt, Bargeld holen Sie am Geldautomaten, vielleicht habe Sie auch eine elektronische Brieftasche.

  • Wenn Sie mit dem Auto nach Hause fahren, begleiten Sie bis zu 80 eingebaute Steuergeräte, das Auto ist weitgehend von Robotern gebaut worden. Sogar die Schnittmuster Ihrer Kleidung wurden vom Computer optimiert.

  • Ihre Armbanduhr, Foto- oder Filmapparat, Ton- und Bildwiedergabegeräte sind schon längst nicht mehr mechanisch, ganz zu schweigen von der Türschließanlage, Fahrstuhlsteuerung, Kühlschrank, Mikrowelle, Waschmaschine, und anderen Geräten zu Hause.

Das ist aber keinesfalls das Ende der Entwicklung. In ein paar Jahren wird Sie wahrscheinlich die Türschließanlage an Ihrem Aussehen und Fingerabdruck erkennen, Sie werden sich vielleicht wie im Roman „per Anhalter durch die Galaxis“ mit dem Fahrstuhl unterhalten, der Kühlschrank könnte Vorräte selbsttätig nachbestellen, der Herd sich Rezepte aus dem Internet holen und die Waschmaschine wissen, wie heiß die Wäsche gewaschen werden muss.


Alle diese „Wunder der Technik“ werden möglich durch systematische Vorschriften für die Verarbeitung von Informationen (Algorithmen, Programme) und Maschinen, die diese Vorschriften ausführen können (Computer, Prozessoren). Natürlich können wir uns in einer Vorlesung nicht mit allen oben genannten Anwendungen beschäftigen, aber die zentralen Gesichtspunkte die in allen gleichermaßen vorhanden sind, bilden den Gegenstand der Vorlesung: Algorithmen und ihre Ausführung auf Rechenanlagen.
Das zentrale Ziel der Vorlesung ist es, eine „algorithmische Denkweise“ zu vermitteln: Ein Verständnis dafür, wann und wie ein (informationsbezogenes) Problem mit welchem Aufwand durch eine Maschine gelöst werden kann. Inhaltlich gibt die Vorlesung einen Überblick über das Gebiet der praktischen Informatik. Dazu gehören unter anderem folgende Themen:

  • Repräsentation von Informationen in Rechenanlagen

  • programmiersprachliche Konzepte

  • Methoden der Softwareentwicklung

  • Algorithmen und Datenstrukturen

  • Korrektheit und Komplexität von Programmen

In den weiteren Vorlesungen des Bachelor-Studiums werden diese Themen ergänzt und vertieft.

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