Robert Wilhelm Bunsen und sein Heidelberger Laboratorium



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an den Planungen und konnte seine Wünsche und seine praktische 



Arbeitserfahrung ebenso einbringen wie Überlegungen, die er 

für das neu zu erbauende Laboratorium in Breslau angestellt 

hatte (das allerdings erst nach seinem Weggang ausgeführt 

wurde). Im Mai 1854 begannen die Bauarbeiten auf der Bleiche 

hinter dem „Riesen-Gebäude“ (Ecke Akademiestraße/Plöck). 

Als Bunsen im Sommersemester 1855 den Neubau in Betrieb 

nahm, ließ die Ausstattung keine Wünsche offen. Schnell erhielt 

das Laboratorium den Ruf, das modernste und am besten 

ausgestattete in ganz Europa zu sein.

Im Ergebnis war der Neubau perfekt auf Bunsens Forschungs-

schwerpunkte in der anorganisch-analytischen und physikalischen 

Chemie und auf seine Lehrtätigkeit zugeschnitten: Es verfügte 

über separate Räume für elektrochemische wie für gasometrische 

Untersuchungen, ein Privatlaboratorium für den Direktor sowie 

separate Räume für Waagen und andere Instrumente, so dass 

diese nicht den korrodierenden Dämpfen in den Laboratorien 

ausgesetzt waren. Weiterhin fanden sich im Gebäude ein Hör- 

saal mit 110 Plätzen in ansteigenden Sitzreihen und direkt 

angeschlossenem Vorbereitungsraum samt ‚Durchreiche’ mit 

eingebautem Abzug, zwei Laboratorien für Studenten mit hohen 

Fenstern nach Osten und Westen, die die natürlichen Lichtver-

hältnisse optimal ausnutzten, ein Zimmer für Arbeiten mit 

Schwefelwasserstoff, sowie eine offene Halle für Arbeiten mit 

anderen giftigen Gasen.

Das Besondere an dem Gebäude war seine technische Ausstattung. 

Die Arbeitssäle waren mit einer Warmluftheizung ausgestattet. 

Das Laboratorium bezog aus einer nahe gelegenen Quelle 

Wasser, das direkt ins Gebäude geleitet wurde, und war an die 

gerade erst eingeführte städtische Gasversorgung angeschlos-

sen. Alle Arbeitstische konnten auf diese Weise mit Wasser und 

Gas versorgt werden, besaßen eigene Ventilationsvorrichtungen 

und waren sogar an eine hauseigene Stromversorgung ange-

schlossen: Als Spannungsquelle dienten galvanische Elemente, 

die im elektrochemischen Zimmer aufgestellt waren; die 

Stromleitung erfolgte über die Gas- und Wasserleitungen.

Grundriss des Chemischen Laboratoriums (Erdgeschoss) kurz nach der Erbauung. Aus Lang, Laboratorium (1858), Taf. I (Ausschnitt).

Längsschnitt durch das Laboratorium mit Darstellung der Abluftleitungen. Aus: Lang, Laboratorium (1858), Taf. III (Ausschnitt).

Das für Bunsen erbaute chemische Laboratorium der Universität Heidelberg von Südwesten. 

Aus: Lang, Laboratorium (1858), Titelblatt (Ausschnitt).

Hinsichtlich der Gebäudetechnik setzte Bunsens Laboratorium 

neue Maßstäbe und es war größer als die meisten anderen 

Laboratorien in Deutschland. Dennoch waren bereits im 

Sommer 1856 die auf 50 Personen ausgelegten Praktikumssäle 

voll besetzt. 1859 fand eine erste Erweiterung statt, als bereits 

60 Personen darin arbeiteten. Im Folgejahr wurden erneut sechs 

Arbeitsplätze hinzugefügt; damit war der zur Verfügung 

stehende Platz maximal ausgeschöpft.

Mit dem drastischen Anstieg der Zahl der Chemiestudenten 

Ende der 1850er, Anfang der 1860er Jahre entstanden in 

Göttingen (1861), Bonn (1868), Berlin (1868), Leipzig (1868) 

und München (1868) wahre Chemiepaläste in bis dahin 

ungekannter Dimension – ein Sprung, den das Heidelberger 

Laboratorium noch nicht vollzogen hatte.



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Arbeitsplatz mit Anschlüssen für Gas, Wasser, Strom. 



Aus: Lang, Laboratorium (1858), Taf. IV (Ausschnitt).

Bunsens Laboratorium hatte den Auftakt gebildet zu den 

massiven Investitionen der badischen Landesregierung in den 

Ausbau der Naturwissenschaften in Heidelberg seit den 1850er 

Jahren. Gleichzeitig behielt es eine Sonderstellung: Physik und 

Physiologie, die technologische und landwirtschaftliche Modell- 

sammlung, Teile der mineralogischen sowie der zoologischen 

Sammlungen und auch die Mathematik wurden 1863 in einem 

Neubau, dem so genannten Friedrichsbau, zusammengefasst, 

der, wie die Regierung vergebens hoffte, der Raumnot auf 

mindestens fünfzig Jahre abhelfen sollte. Hier fand auch das 

„Zweite Chemische Laboratorium“ unter Delffs seinen Platz, 

das vor allem der Ausbildung der Pharmazeuten dienen sollte. 

Sehr bald machte die Expansion der Naturwissenschaften 

weitere Neubauten und Umstrukturierungen innerhalb des 

gerade erst eröffneten Friedrichsbaues notwendig. Als erstes 

Institut zog die Physiologie 1875 aus dem gemeinsamen Haus  

in einen eigenen Neubau.

Während diese Fächer und vor allem die Medizin immer mehr 

Raum beanspruchten, veränderte sich die Ausstattung des 

Chemischen Laboratoriums, abgesehen von kleineren Instand-

setzungsarbeiten etc., zwischen 1860 und 1888, dem Jahr  

von Bunsens Ausscheiden aus der Lehrtätigkeit, nicht mehr 

wesentlich. Entsprechend abgenutzt und auch veraltet war die 

Ausstattung nach mehr als dreißigjährigem Gebrauch. Räume 

und technische Infrastruktur bedurften einer gründlichen 

Renovierung, die Zahl der Arbeitsplätze mußte vergrößert und 

viele Instrumente mussten erneuert werden. Die Erinnerungen 

des US-Amerikaners Leroy Wiley McCay (1857–1937), der von 

1882 an bei Bunsen studiert hatte und später Professor für 

Anorganische Chemie in Princeton wurde, legen nahe, dass für 

diese Mängel auch eine gewisse Anhänglichkeit Bunsens an 

seine alten Instrumente eine Rolle spielte. So erzählt McCay, 

dass ihn eines Tages ein Assistent auf eine alte Waage aufmerk-

sam gemacht habe: „‘It belongs to the old man,’ he said, ‘and 

isn’t it a sorry looking object? See the long crack in the glass 

door. He could have the finest balance that human skill can 

contrieve, but he insists he can weigh on this thing down to  

the twentieth of a milligram, and that suffices.” 

„He [Bunsen] led me down a corridor, unlocked a 

door and ushered me into a room not much larger 

than a public telephone booth. It contained a stool 

and little table and on this latter were a burner and a 

small, rusty and dilapidated looking spectroscope. He 

sat down, lit the gas, made a few adjustments, told 

me to bring some of my material into the flame, took 

a look, and then asked me to do likewise. There was 

no difficulty in recognizing the spectrum of boron. 

‘That’s one of the original spectroscopes,’ he said, ‘it is 

small, but it has always given perfectly satisfactory 

results.’”  

(Leroy Wiley McCay, 1930)

In seinen letzten Arbeitsjahren veranlasste Bunsen nur noch die 

nötigsten Ausbesserungen und nahm keine Modernisierungen an 

seinem Laboratorium mehr vor. Sei es, dass er sich zum Ende 

seiner Amtszeit – immerhin war Bunsen 77 Jahre alt als er sein 

Amt niederlegte – scheute, noch große bauliche Veränderungen 

in die Wege zu leiten, sei es, dass er annahm, sein Nachfolger 

würde andere Schwerpunkte setzen und die Veränderungen 

anders ausführen. Doch dass Neuerungen kommen müssten, 

war ihm sehr wohl klar: Er sparte aus dem jährlichen Laborato-

riumsetat (seit 1876: 9.600 Mark/Jahr) knapp 25.000 Mark an, 

die seinem Nachfolger als Grundstock für Renovierungen zur 

Verfügung standen.

„Die Einrichtung des Laboratoriums war überhaupt 

für die damalige Zeit eine wirklich hervorragende.  

Im grossen und ganzen ist sie auch heute noch, nach 

mehr als fünfzig Jahren, bis auf die von Viktor Meyer 

im Jahre 1889 erstellten neuen Digestorien [...] und 

bis auf die Erweiterung des Gas- und Wasserlei-

tungsnetzes dieselbe geblieben und, trotz der durch 

das ehrwürdige Alter erfolgten starken Abnutzung, 

immer noch im Gebrauch. Man muss den organisato-

rischen und baulichen Ideen des Urhebers die höchste 

Anerkennung zollen.“  

(Theodor Curtius, 1908)

Bunsens wissenschaftliche Leistungen 

in der Heidelberger Zeit 

Die bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen Bunsens 

in jener Zeit sind fraglos die Publikation der Gasometrischen 



Methoden und die wissenschaftliche Begründung der Spekt-

ralanalyse gemeinsam mit Gustav Kirchhoff. Weitere wichtige 

Arbeitsgebiete umfassten die Verallgemeinerung der Maßanaly-

se, die elektrolytische Darstellung von (Alkali- und Erdalkali-)

Metallen und die gemeinsam mit Henry Roscoe durchgeführten 

photochemischen Untersuchungen. Mit dem Russen Leon 

Schischkov (1830–1908) arbeitete Bunsen auf dem Gebiet 

der Reaktionskinetik: Gemeinsam suchten sie eine chemische 

Theorie des Schießpulvers zu entwickeln. Daneben befasste 

Bunsen sich mit Flammenreaktionen sowie der Untersuchung 

von Funkenspektren und setzte mehr oder minder kontinuierlich 

seine mineralogischen Arbeiten fort. Insbesondere die 1850er und 

1860er Jahre waren für Bunsen eine äußerst produktive Schaf-

fensperiode.

Die Entwicklung von Methoden und Instrumenten gingen dabei 

oft Hand in Hand. Beispiele hierfür sind die Verbesserung der 

Zink-Kohle-Batterie, die die elektrolytische Darstellung von 

Metallen ermöglichte, sowie die Entwicklung des Bunsenbren-

ners, dessen heiße, farblose Flamme eine Voraussetzung zur 

Durchführung der Spektralanalyse war. Weitere instrumentelle 

Innovationen aus dieser Zeit sind Eis- und Dampfkalorimeter, 

Wasserstrahlpumpe und Schlauchklemme – kleine Helferlein, 

die Generationen von Chemikern den Laboralltag erleichtert 

haben. 



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