Thomas loibl elisabeth von valois



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#71678


Nr. 15

2017 18

VON


 

FRIEDRICH SCHILLER

REGIE

 

MARTIN KU



Š

EJ

DON 



KARLOS

AU

SZ

UG


DON KARLOS

VON


 FRIEDRICH SCHILLER

PHILIPP II

  THOMAS LOIBL

ELISABETH VON VALOIS

  LILITH HÄ

ß

LE

DON KARLOS



  NILS STRUNK    

PARMA


  MAX KOCH

OLIVAREZ


  TIM WERTHS    

MONDEKAR  

ANNA GRAENZER    

EBOLI


  MEIKE DROSTE    

MARQUIS VON POSA

  FRANZ PÄTZOLD

LERMA


  THOMAS GRÄ

ß

LE    


ALBA

  MARCEL HEUPERMAN

DOMINGO

  THOMAS LETTOW    



FERIA

  WOLFRAM RUPPERTI

MEDINA SIDONIA

  CHRISTIAN ERDT

DER GRO

ß

INQUISITOR

  MANFRED ZAPATKA

CLARA EUGENIA

  ANNA ROTH, PAULA ROTH, MAYA ZANKOV

LEIBWACHE, SOLDATEN, GEFANGENE  

ALEXANDER BREITER, NENAD DRPA, CLAUDIA ELLERT, OLIVER EXNER, 

JULIEN FEUILLET, RUDOLF HAMBURG, PHILIPP KÜNSTLER, TOBIAS LENFERS, 

MARCO MONTOYA, WILLIAM NEWTON, GEORG STÜRZER

REGIE


 MARTIN KU

Š

EJ

BÜHNE



 ANNETTE MURSCHETZ

KOSTÜME


 HEIDE KASTLER

MUSIK


 BERT WREDE

LICHT


 TOBIAS LÖFFLER

DRAMATURGIE

 GÖTZ LEINEWEBER

REGIEASSISTENZ

 

MECHTHILD HARNISCHMACHER



  

BÜHNENBILDASSISTENZ

 

LEONIE WOLF



KOSTÜMASSISTENZ

 

MARINA MINST



 + MELANIE STEUER

  

DRAMATURGIEASSISTENZ



 

THORBEN MEI



ß

NER


  

REGIEPRAKTIKUM

 

ANGELIKA MEYER-SPEER



  

KOSTÜMPRAKTIKUM

 

SARAH OENNING



 

INSPIZIENZ

 

WOLFGANG STRAU



ß

  

SOUFFLAGE



 

THOMAS RATHMANN

BÜHNENMEISTER

 

RALF MEIER 



+ RALPH WALTER

  

BELEUCHTUNGSMEISTER



 

MARTIN FEICHTNER

STELLWERK

 

OLIVER GNAIGER



   

KONSTRUKTION

 

PAUL DEMMELHUBER



  

TON


 

MICHAEL GOTTFRIED

  

REQUISITE



 

SUSANNE ROIDL 



+ LISA-MARIA SANNER

  

MASKE



 

CHRISTIAN AUGUSTIN



 + HENNY DURAND + ISABELLA KRÄMER + OLGA REX

GARDEROBE

 

JOHANNES SCHRÖDL



 + UTE STRITZEL + 

VERONIKA WAGNER



 + SVENJA WEIMANN

LEITUNG STATISTERIE

 

SINEAD KENNEDY



 

P R E M I E R E



  

 

17 05 2018 

Vorstellungsdauer ca 4 Std 

Eine Pause

ZEICHNUNG VON JOHANN GOTTFRIED SCHADOW, 

SCHILLER ZUM ENDE SEINES LEBENS, 1804.


3

DON KARLOS

2

DON KARLOS

A U S   D E M   N E U N T E N   B R I E F 

Z U   D O N   K A R L O S 

Und nun, lieber Freund, übersehen Sie das Stück aus diesem neuen Stand-

ort noch einmal. Was Sie für Überladung gehalten, wird es jetzt vielleicht 

weniger sein; in der Einheit, worüber wir uns jetzt verständigt haben, wer-

den sich alle einzelnen Bestandteile desselben auflösen lassen. Ich könnte 

den angefangenen Faden noch weiter fortführen, aber es sei mir genug, Ih-

nen durch einige Winke angedeutet zu haben, worüber in dem Stücke selbst 

die beste Auskunft enthalten ist. Es ist möglich, dass die Hauptidee des Stü-

ckes herauszufinden mehr ruhiges Nachdenken erfordern wird, als sich mit 

der Eilfertigkeit verträgt, womit man gewohnt ist dergleichen Schriften zu 

durchlaufen; aber der Zweck, worauf der Künstler gearbeitet hat, muss sich 

ja am Ende des Kunstwerks erfüllt zeigen. Womit die Tragödie beschlossen 

wird, damit muss sie sich beschäftigt haben.

G E S C H I C H T E   D E S   A B FA L L S   D E R 

V E R E I N I G T E N   N I E D E R L A N D E 

V O N   D E R   S P A N I S C H E N   R E G I E R U N G



Es ist nicht das Außerordentliche oder Heroische dieser Begebenheit, was 

mich anreizt, sie zu beschreiben. Die Jahrbücher der Welt haben uns ähn-

liche Unternehmungen aufbewahrt, die in der Anlage noch kühner, in der 

Ausführung noch glänzender erscheinen. Manche Staaten stürzten mit einer 

prächtigern Erschütterung zusammen, mit erhabenerem Schwunge stiegen 

andere auf. Auch erwarte man hier keine hervorragenden, kolossalischen 

Menschen, keine der erstaunenswürdigen Taten die uns die Geschichte ver-

gangener Zeiten in so reichlicher Fülle darbietet. Jene Zeiten sind vorbei, 

jene Menschen sind nicht mehr. Im weichlichen Schoos der Verfeinerung 

haben wir die Kräfte erschlaffen lassen, die jene Zeitalter übten und not-

wendig machten. Mit niedergeschlagener Bewunderung staunen wir jetzt 

diese Riesenbilder an, wie ein entnervter Greis die mannhaften Spiele der 

Jugend. Nicht so bei vorliegender Geschichte. Das Volk, welches wir hier 

auftreten sehen, war das friedfertigste dieses Weltteils, und weniger als 

alle seine Nachbarn jenes Heldengeists fähig, der auch der geringfügigsten 

Handlung einen höheren Schwung gibt. Der Drang der Umstände überraschte 

es mit seiner eigenen Kraft, und nötigte ihm eine vorübergehende Größe 

auf, die es nie haben sollte, und vielleicht nie wieder haben wird. Die Kraft 

also, womit es handelte, ist unter uns nicht verschwunden; der glückliche 

Erfolg, der sein Wagestück krönte, ist auch uns nicht versagt, wenn die 

Zeitläufe wiederkehren und ähnliche Anlässe uns zu ähnlichen Taten rufen. 

Es ist also gerade der Mangel an heroischer Größe, was diese Begebenheit 

eigentümlich und unterrichtend macht, und wenn sich andre zum Zweck 

setzen, die Überlegenheit des Genies über den Zufall zu zeigen, so stelle ich 

hier ein Gemälde auf, wo die Not das Genie erschuf, und die Zufälle Helden 

machten.

Z U M   S T Ü C K 



U N D   Z U M   A U T O R

Spanien im 16. Jahrhundert. Die schönen Tage von Aranjuez hat es nie ge-

geben. Die Inquisition wütet seit bald hundert Jahren. Eine Weltmacht 

beherrscht von brutalem Katholizismus. Zwar regiert Philipp II. mit har-

ter Hand dieses Reich, in dem die Sonne niemals untergeht, doch seinen 

Sohn, Don Karlos, hat er nicht im Griff. Ihm enthält er jegliche Liebe vor, 

heiratet zusätzlich die seinem Sohn versprochene Elisabeth und macht sie 

– um des Friedens willen – zur Stiefmutter seines Sohnes. Dem steht „der 

Kummer seit 8 Monden schon im Auge“ – der Heißsporn beschließt, nach 

einer heimlichen Begegnung mit Elisabeth, das Land zu verlassen. Er bittet 

den Vater, ihn als Statthalter nach Flandern zu schicken, um dort einen 

der vielen Glaubenskriege zu befrieden. Dabei besinnt er sich auf seinen 

zurückgekehrten Freund, den Marquis von Posa, der in ihn dringt, dort zu 

herrschen und für die Freiheit zu kämpfen. Im Verlauf sublimiert Karl seine 

zurückgewiesene Liebe in einen politischen Kampf für eine Region, von der 

er weiß, dass sie auch Elisabeth am Herzen liegt. Abermals verwehrt ihm 

Philipp II. die Macht und beauftragt den harten Alba und nicht den wei-

chen Sohn. In einem Moment größter Verzweiflung erhält Karl einen Brief, 

den er fälschlich Elisabeth zuschreibt, und es entspinnt sich eine Serie von 

Intrigen, die Friedrich Schiller in „Don Karlos“ bis zum Ende des fünften 

Aktes alle auserzählt. Dazu gehören – neben den Liebesverwirrungen um 

die Eboli – die Pläne und Strategien der Karrieristen der Macht, Alba und 

Domingo, die die Ablösung des Königs steuern wollen und auf dessen Sohn 

nicht zählen können. Eine destruktive Mischung, in der ausgerechnet Posa 

eine zentrale Rolle spielt. Dessen Glaube an Freundschaft, seine freigeis-

tige Aufrichtigkeit mit dem, was er für Wahrheit hält, bringt anfänglich 

noch Bewegung in die verkrusteten Machtverhältnisse, erweist sich jedoch 

bald als verräterisch. Jedem Vernunftideal wohnt ein Gewaltmoment inne. 

Und das Friedrich Schiller diese Dialektik der Aufklärung, die Brandfackel 

„Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit“, bereits 1787 so präzise in einem Dra-

ma verkapselt, ist wohl nichts weniger als prophetisch zu nennen. Er nimmt 

die historische Vergangenheit als dramatisches Modell, als „Magazin für 

seine Phantasie“ und so stehen die Niederlande für eine utopische Rebelli-

on, die in Wirklichkeit vor allem ökonomische und dynastische Beweggrün-

de hatte. Den multiplen Vater-Sohn-Konflikt – Philipp-Karl, Philipp-Posa, 

Großinquisitor-Philipp usw. – mit weltgeschichtlicher Auswirkung schrieb 

Schiller von 1783 bis 1787 mit Unterbrechungen. Uraufgeführt in Hamburg 

am 29. August 1787, zwei Jahre vor der großen Revolution, wechselte er 

dabei mehrfach die ästhetische Gestalt des Stückes, das den Weg vom bür-

gerlichen Trauerspiel zum Ideendrama in sich birgt. Es ist auch Nachricht 

aus einer Zeit, die noch nicht so einen schmalen Begriff von Politik hatte

dass sie ihr die Liebe nicht zurechnete. Gerade in der Figur des Posa zeigt 

sich diese Entwicklung und mit ihr rechnet Schiller mit der Aufklärung ab 

und zeigt, wie brüchig der Idealismus immer gewesen ist, wie gefährlich 

gerade hehre Ziele sind. Die folgenden Jahre werden seine Haltung nur 

bestärken.


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DON KARLOS

4

DON KARLOS

RÜDIGER SAFRANSKI

SCHILLER ODER DIE ERFINDUNG DES DEUTSCHEN IDEALISMUS

ÜBER DIE ENTSTEHUNG DES DON KARLOS



„Don Karlos“ – zu diesem Stück hatte sich Schiller im Sommer 1782 von Dalberg anregen 

lassen, der ihm die „Histoire de Dom Carlos“ des Abbé de Saint-Real (1691) zur Lektüre über-

ließ mit dem Hinweis, dass man daraus etwas fürs Theater machen könne. Dalberg kannte 

sein Publikum und wusste, dass rührende Familiengeschichten in historischer Verkleidung 

gut ankamen. [..] Der französische Autor Saint-Real hatte Elisabeth, die dritte Frau Philipps 

aus dem Hause Valois, die ursprünglich mit dem Infanten verheiratet werden sollte, im hellen 

Licht erscheinen lassen. Philipp war der Bösewicht und Don Carlos das unschuldige Opfer. 

Saint-Real hatte die historisch nicht beglaubigte Liebesgeschichte zwischen dem Infanten 

und der Königin in den Mittelpunkt gerückt. Der eifersüchtige Philipp lässt am Ende den eige-

nen Sohn durch die Inquisition hinrichten und die Königin vergiften. Auch dafür gibt es keinen 

Beweis in den Quellen. Offiziell jedenfalls war die Inquisition nicht tätig geworden. Don Car-

los, den der Vater von der Erbfolge ausgeschlossen und wegen seines jähzornigen und sogar 

sadistischen Gebarens unter Bewachung gestellt hatte, starb an einer Darminfektion. Aber 

schon damals war der Verdacht aufgekommen, der Infant sei ebenso vergiftet worden wie 

die Königin, die drei Monate später starb. Saint-Real blieb für Schiller die Hauptquelle, auch 

wenn er später noch andere, faktengetreuere Darstellungen der Geschichte benutzte. [..] 

Schiller konnte sich auf Saint-Real ohne Bedenken stützen, weil es ihm weniger auf histori-

sche Wahrheit als auf psychologische Wahrscheinlichkeit und auf den starken dramatischen 

Effekt ankam. Was sein Verhältnis zur historischen Wahrheit betrifft, so hatte Schiller in der 

Nachrede zum „Fiesko“ das Nötige gesagt: „Mit der Historie getraue ich mir bald fertig zu 

werden, denn ich bin nicht ... Geschichtsschreiber, und eine einzige große Aufwallung, die 

ich durch die gewagte Erdichtung in der Brust meiner Zuschauer bewirke, wiegt bei mir die 

strengste historische Genauigkeit auf.“ Die Geschichte, wie er sie bei Saint-Real fand, sollte 

nicht nur in der Brust der Zuschauer Wirkung tun, zunächst hat sie ihn selbst in große Aufwal-

lung gebracht. Hier fand er Motive, die ihn bei den ersten Stücken schon gefesselt hatten, den 

Vater-Sohn-Konflikt, Verschwörung, eine tödliche Liebesgeschichte. Es ließ sich hier auch 

ein Thema abhandeln, das er in den „Räubern“ nur gestreift hatte: die Inquisition. Sie galt 

als Inbegriff der Ruchlosigkeit, die vom aufklärerischen Geist der Zeit angeprangert wurde. 

Man pflegte die Erinnerung an die Inquisition, die es ja nicht mehr gab, um das Kontrastbild  

finsterer Zeiten, die man inzwischen überwunden zu haben glaubte, mahnend ins Gedächtnis 

zu rufen: „Außerdem will ich es mir in diesem Schauspiel zur Pflicht machen, in Darstellung 

der Inquisition, die prostituierte Menschheit zu rächen, und ihre Schandflecken fürchterlich 

an den Pranger zu stellen“ (an Reinwald, 14. April 1783). Dass politische Aktionen sich nur 

für die Bühne eignen, wenn sie aus dem „menschlichen Herzen herauszuspinnen“ sind, war 

Schiller beim „Fiesko“ aufgegangen, und er hatte in der Vorrede zu dem Stück die Behaup-

tung aufgestellt, dass er als bürgerlicher Autor besonders qualifiziert sei für dieses Verfahren 

der Psychologisierung und Intimisierung der Politik. „Mein Verhältnis mit der bürgerlichen 

Welt machte mich auch mit dem Herzen bekannter als dem Kabinett, und vielleicht ist eben 

diese politische Schwäche zu einer poetischen Tugend geworden.“

Während der ersten Arbeitsphase in Bauerbach im Frühjahr 1783 hatte er ausgiebig mit dem 

Herzen Anteil genommen an dem unglücklich in die Stiefmutter verliebten Karlos. Er geht 

mit ihm um wie mit einer Geliebten, schreibt er an Reinwald, ich „schwärme mit ihm durch 

die Gegend um Bauerbach herum“ (an Reinwald, 14. April 1783). [..] Als Schiller im Sommer 

1784 um seine Weiterbeschäftigung am Mannheimer Theater kämpfen muss, preist er Dal-

berg gegenüber sein im Entstehen begriffenes Stück mit den Worten 

an: „Karlos würde nichts weniger sein, als ein politisches Stück 

– sondern eigentlich ein Familiengemälde in einem fürstlichen 

Haus.“ Das ist eine auf den Geschmack und die politische 

Vorsicht des Intendanten zugeschnittene Kennzeichnung, 

denn eine politische Dimension – die Rebellion des Soh-

nes – hatte das Stück von Anfang an. Nach der Trennung 

vom Mannheimer Theater hatte sich Schiller auf die Arbeit 

am „Don Karlos“ konzentriert. Er war seiner Pflichten le-

dig, hatte Zeit und brauchte Geld. Zügig wollte er das Stück 

fertigstellen und setzte sich unrealistische Termine. Im Herbst 

1784 fasste er den Entschluss, das Drama, anders als seine bishe-

rigen Stücke, in jambischen Versen zu schreiben. Es gab hier einen Zu-

sammenhang mit den Demütigungen, die er in den letzten Monaten am Theater erlebt hatte. 

Er wählte die jambische Form als bewusste Veredelung, als Arbeit am Stil, wodurch er sich 

aus dem Schlamm der Theaterkabale herausziehen wollte. [..] Bis zur Abreise nach Leipzig ar-

beitete Schiller fleißig und mit Lust an seinem Stück. Neue Motive drangen aus dem Leben ins 

Werk. Als er sein Schicksal an die Freundschaft mit Körner und Huber knüpfte, entwarf er die 

großen Szenen zwischen Don Karlos und Posa, und es gewann das Motiv der Freundschaft im 

Stück eine weit über den ursprünglichen Plan hinausgehende Bedeutung. Die beiden Jahre in 

Leipzig, Gohlis und Dresden bis zur Abreise nach Weimar im Sommer 1787 waren angefüllt mit 

der immer wieder unterbrochenen Arbeit an diesem Werk, das, als es dann fertig war, schon 

mit seinem Umfang die Dimensionen bisheriger deutscher Dramenkunst sprengte. In den letz-

ten Wochen vor Abschluss wurde ihm das Werk zum Magneten, so viele Ideen zog es an. [..] Im 

Sommer 1787, nach Abschluss des „Don Karlos“ und nach dem Abschied von Dresden, sagte 

er bei einem Gespräch im Weimarer Schlossgarten zu Herder, es sei ihm eigentümlich, „wäh-

rend einer weitläufigen poetischen Arbeit sich zu verändern“, und er würde, da er immer im 

Fortschreiten sei, am Ende eines solchen Produkts anders als bei dessen Anfang denken und 

empfinden“ (an Körner, 8. August 1787). Die bedeutsamste Veränderung der Konzeption ist 

das mächtige Hervortreten des Marquis Posa, der Don Karlos als Hauptfigur fast verdrängt. 

Schiller hat darüber in den 1788 veröffentlichten „Briefen über Don Karlos“, womit er auf 

die Kritiker seines Stückes antwortete, Rechenschaft abgelegt: „Neue Ideen, die indes bei 

mir aufkamen, verdrängten die frühern; Karlos selbst war in meiner Gunst gefallen, und Posa 

habe seinen Platz eingenommen.“ Diese Wende ist ziemlich genau datierbar. In vier Folgen 

der „Thalia“ – März 1785, Februar 1786, April 1786, Januar 1787 – erscheinen die Szenen bis an 

die Schwelle jener folgenreichen Begegnung zwischen dem König und dem Marquis Posa im 

dritten Akt. [..] In der Thalia-Fassung ist das Vorhaben des Marquis Posa nur angedeutet, in 

der Buchfassung wird deutlich, dass Posa eine regelrechte Verschwörung zur Befreiung der 

Niederlande organisiert. Karlos soll darin eine wichtige Rolle spielen. Darum muss seine Liebe 

zur Königin umgewandelt werden in Menschheitsliebe, in deren Namen sich der Prinz an die 

Spitze des niederländischen Freiheitskampfes stellen soll. Nur die Königin wird in diese Pläne 

eingeweiht; auch sie soll ihre Liebe zum Prinzen sublimieren. [..] Die Szenenfolge des Tha-

lia-Fragments endet mit der großen Audienz beim König, in deren Verlauf der Marquis Posa 

aufgerufen werden wird. Aber ehe es dazu kommt, bricht das Fragment ab. So weit also war 

der „Don Karlos“ bis zum Spätsommer 1786 gediehen. Jetzt begann etwas Neues. Jetzt wird 

nicht mehr Karlos die Hauptrolle spielen, sondern der Marquis. Jetzt wird sich der Abgrund 

des Menschheitsenthusiasmus öffnen, der Wille zur Freiheit wird seine despotischen Aspekte 

offenbaren. Despotismus – diesen Ausdruck wird Schiller in seinen „Briefen über Don Karlos“ 


7

DON KARLOS

6

DON KARLOS

in Bezug auf den Marquis verwenden. Der Marquis Posa wird für Friedrich Schiller eine Figur, 

mit der er sich in die verborgene Herzkammer der Geschichte vortastet. [..] 

Das Wort ‚Gedankenfreiheit‘ ist heute bis zur Banalität verblasst. Zu Schillers Zeit war der 

Ausdruck noch ungewöhnlich, im deutschen Sprachraum hatte ihn zuerst Herder, von der 

englischen und französischen Aufklärung angeregt, im begrifflichen Sinne verwendet. Es 

war aber Schiller, der diesem Begriff durch die Figur des Marquis Posa zu einer reichen und 

programmatischen Bedeutung verhalf. Gedankenfreiheit bedeutet: freier Gebrauch der in-

dividuellen Vernunft in Religion, Moral, Staat und Wissenschaft — in allen wichtigen Ange-

legenheiten des Lebens also. Gedacht war dabei an eine Vernunft, die in jedem Individuum 

angelegt ist und sich dort, bei richtiger Erziehung, entwickeln kann. In diesem Sinne ist Ge-

dankenfreiheit nichts anderes als Selbstbestimmung der Person durch die eigene Vernunft. 

Mit der so verstandenen Gedankenfreiheit war mehr gefordert, als ein aufgeklärter Monarch 

wie Friedrich II. zu geben bereit war. Friedrich hatte bekanntlich erklärt: „Räsoniert wie 

ihr wollt, aber gehorcht.“ Demgegenüber verlangt die Gedankenfreiheit nicht nur das freie 

Räsonnement, sondern die praktische Selbstbestimmung aus räsonablen Gründen. Wie der 

Künstler sein Werk bestimmt und darin seinen Zweck realisiert, so soll jedes Individuum sich 

selbst bestimmen und seinen Zweck in der Gestalt finden, die es seinem Leben gibt. Jeder 

soll, sobald die Vernunft in ihm herangereift ist, nur sich selbst gehorchen und einem fremden 

Befehl nur dann, wenn er mit der Stimme der eigenen Vernunft übereinstimmt. [..] Es geht um 

das Problem der Freiheitsfähigkeit, das Schiller nach der Französischen Revolution in seinen 

ästhetischen Schriften ausführlich behandeln wird. Die Revolution, so wird er dort erklären, 

hat Menschen befreit, die selbst noch nicht innerlich frei, d.h. freiheitsfähig sind. Das aber 

führt zur Herrschaft des Pöbels, unten wie oben.

P H I L O S O P H I E   D E R   P H Y S I O L O G I E

T H E O R E T I S C H E   S C H R I F T E N   A U S   D E R   Z E I T 

A N   D E R   K A R L S S C H U L E



§1.    Bestimmung des Menschen

§2.   Wirkung der Materie auf den Geist

§3.   Mittelkraft

§4.   Mittelkraft. Mechanische Kraft. Organ

§5.   Einteilung der vorstellenden Organe

§6.   Nerve. Nervengeist

§7.     Die Richtung

Unter den Organen, welche das Objekt verändern, ist das Auge das wei-

teste, schönste, edelste. Ich sehe die Körper, wenn ich das Zittern des 

Lichtes auf ihren Flächen gewahr werde. Und da nun meine Nervengeis-

ter nicht auf den Flächen dieser Körper existieren können, so mussten 

die Unterkräfte des Auges das Licht auf jenen ebenso zittern machen, 

als es auf den Flächen der Körper gezittert hat. Dies ist es, was man das 

Objekt malen heißt. Dies geschieht durch die Feuchtigkeiten des Augs. 

Die Kräfte, die diese Feuchtigkeiten bestimmen und erhalten, werden 

Hilfskräfte genannt. Es sind die Membranen. Die Schutzkräfte sind die 

Augenlider, die Augenbrauen, die Härchen, die Tränen, die Augensalbe, 

der Stern usw. Durch das Auge erfahr ich ursprünglich die Erleuchtung 

und Schattierung, die Farbe, die Gestalt der Körper. Durch die Verglei-

chung mit andern Vorstellungen der andern Sinne ihre Größe und Ent-

fernung. Ich höre einen Schall, wenn ich das Zittern der Luft empfinde. 

Da aber die Schwingungen der Luft immer mehr ermatten, je weiter sie 

sich von den zitternden Saiten entfernen, dass wir also kaum das nächste 

empfinden würden, so mussten Unterkräfte des Ohrs die Schwingungen 

erhöhen und erhöht an meine Nervengeister bringen. Dazu die Knochen, 

die Knorpel, die gespannten Häute, die konischen Kanäle des Ohrs usw. 

Die Schutzkräfte des Ohrs sind wieder die Knochen, die Ohrhärchen, die 

Ohrensalbe, der Dunst. [..] – Durch das Ohr erfahre ich ursprünglich den 

Schall, mit seinen Höhen und Tiefen, durch die Vergleichung mit andern 

sinnlichen Vorstellungen die Elastizität, Härte, Entfernung der Körper. 

Der Geschmack unterrichtet mich von den feinsten Flächen der Körper; 

dies lässt sich besonders aus der Ähnlichkeit seines Baus mit dem Bau 

des Fühlorgans schließen. Der Geruch gibt mir Vorstellungen von den 

feinsten Atmosphären gewisser Körper. Diese Atmosphären der Körper 

kommen zwar unverändert vor die Nervengeister des Riechorgans, aber 

es waren dannoch mechanische Kräfte vonnöten, die sie denselben ent-

gegenführen. Dies sind die Kräfte des Odems. Die Knochen, die Knorpel, 

die Membranen der Nase und der Schleim sind die Schutzkräfte. [..] Das 

Gefühl stellt mir die gröbern Flächen der Körper vor. Es ist das Organ des 

Gefühls, das einfachste von allen, dessen Bau keine andere Bestimmung 

hat, als die Geister gehörig gegen die Objekte zu bestimmen und vor dem 

zerstörenden Einfluss äußerer Kräfte zu beschützen. Es gibt mehrere 

Arten des Gefühls: Entweder ist es allgemeines, stumpferes Gefühl. Die 

ganze Fläche der Haut ist sein Organ. Oder ist es schärferes, besonderes 

Gefühl. Die Fingerspitzen sind sein Organ. Von dem Gefühl der Empfin-

dung und seinen besonderen Organen ist hier gar nicht die Rede. Dies ist 

Gefühl des tierischen, jenes ist Gefühl des geistigen Lebens. Die Vorstel-

lungen, die ich durch dieses erhalte, sind von Kälte und Wärme, Feinheit 

und Rauhigkeit, Härte und Weiche.

§8.   Das Denkorgan. Materielle Phantasie. Theorien

Vermittelst dieser fünf Organe hat die ganze materielle Natur freien, of-

fenen Zugang zu der geistigen Kraft. Die äußeren Veränderungen werden 

durch sie zu inneren. Durch sie wirft die äußere Welt ihr Bild in der See-

le zurück. Und dies ist nun der erste Grundpfeiler des geistigen Lebens; 

Vorstellung. Vorstellung ist nicht anders als eine Veränderung der Seele, 

die der Weltveränderung gleich ist, und wobei die Seele ihr eigenes Ich 

von der Veränderung unterscheidet. Ich bin also in dem Augenblick ganz 

dasselbe, was ich mir vorstelle, und nur die Persönlichkeit trennt mein 

Ich von demselben und lehrt mich, dass es eine äußere Veränderung ist. 

Vorstellung aber ist noch nicht Überschauung, Forschung der Kräfte, der 

Absichten; sie ist nur der Grund, worauf dieses Geschäft ruht, der Stoff, 

worin der Verstand wirkt und schafft. Das zweite, das Hauptgeschäft 

wäre also die Tätigkeit des Verstandes in diesem dargebotenen sinnlichen 

Stoff, nämlich das Denken. [..]

§9.   Assoziation. Anwendung der Theorie

§10. Wirkungen der Seele auf das Denkorgan

§11.  Empfindungen des geistigen Lebens


NILS STRUNK

THOMAS GRÄßLE

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