Wörtliches Protokoll


Stubenvoll: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau StRin Mag Vassilakou. Ich erteile ihr das Wort. StRin Mag Maria Vassilakou



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Stubenvoll: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau StRin Mag Vassilakou. Ich erteile ihr das Wort.

StRin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren!

Ich erbleiche jetzt fast, nach dieser Ausführlichkeit, mit meiner bescheidenen, maximal dreiminütigen Rede. Aber wer weiß, vielleicht fällt mir auch einiges ein.

Die legistische Änderung, die wir heute beschließen, bringt uns einen Schritt weiter auf dem Weg der Gleichstellung von lesbischen und schwulen Partnerschaften in Wien, einem Weg, den wir GRÜNE schon länger vehement eingefordert haben, einem Weg, den wir auch mit Begeisterung unterstützen. Selbstverständlich werden wir daher auch heute dem vorliegenden Geschäftsstück unsere Zustimmung erteilen.

Ich möchte allerdings den Anlass nicht ungenutzt lassen, um von hier aus einmal mehr etwas zur Sprache zu bringen, was ich in den letzten Jahren ungefähr einmal jährlich zur Sprache gebracht habe. Das ist das Kapitel der so genannten "Wiener Ehe", etwas, was wir immer wieder diskutiert haben, wobei wir aber bisher leider nicht weitergekommen sind. Sehen wir einmal, ob wir vielleicht heute ein Stückchen weiterkommen.

Die wesentlichen Argumente, die in den letzten Jahren gegen den Vorschlag der GRÜNEN immer wieder vorgebracht worden sind - zur Erinnerung, der Vorschlag der Wiener GRÜNEN lautet darauf: Die Stadt Wien möge lesbischen und schwulen Lebensgemeinschaften die Möglichkeit geben, ihre Partnerschaft im Standesamt feierlich eintragen zu lassen. Das wäre ein Akt, der keine rechtlichen Auswirkungen hätte. Es wäre allerdings ein Akt, der durchaus eine hohe Symbolkraft hätte und ein wesentliches gesellschaftspolitisches Signal bedeuten würde. Im Übrigen wäre dies ein Akt, der den betroffenen Paaren selbst etwas sehr, sehr Wichtiges wäre, weil in unserer Stadt angeblich - das heißt, nicht nur in unserer Stadt, sondern von jeder Generation - schätzungsweise zehn Prozent eine andere sexuelle Orientierung haben, über längere Zeiträume mit einem gleichgeschlechtlichen Partner oder Partnerin zusammenleben und gerne einmal auch dieses Fest feiern würden, das für heterosexuelle Partnerschaften ja eine Selbstverständlichkeit ist. Daher ist es der Vorschlag der GRÜNEN, dies zu ermöglichen.

Gescheitert ist dieser Vorschlag bisher im Wesentlichen an zwei Argumenten, die hauptsächlich von der SPÖ vorgebracht worden sind. Das eine lautet: Symbole sind zwar schön und gut, reichen aber nicht aus, es ist doch viel wichtiger, viel wertvoller und bringt uns viel weiter, eine Politik der konkreten rechtlichen Schritte der Gleichstellung und der Beseitigung von Diskriminierungen zu verfolgen. Dazu sagen wir auch nicht nein, dazu sage ich von hier aus: Jawohl, das leugnen wir nicht. Die "Wiener Ehe" als Vorschlag versteht sich ja nicht so, dass sie den Weg ersetzen sollte, den die Stadt Wien in den letzten Jahren und bis jetzt gegangen ist. Ganz im Gegenteil, wir wollen, dass dieser Weg weiterhin beschritten wird.

Aber wir denken, dass sehr wohl auch gesellschaftspolitische Signale wertvoll und als Ergänzung wichtig sind. Denn wenn es darum geht, die Selbstverständlichkeit, den Alltag in einer Stadt zu verändern, so sind wir in Wien doch noch hintennach. Die Bilder der Ehen von lesbischen und schwulen Paaren sind etwas, was in anderen europäischen Städten längst Wirklichkeit ist. Warum sollen wir in Wien nicht auch solche Feste erleben? Warum soll es nicht auch in Wiener Standesämtern solche Bilder geben? Warum sollen diese Paare nicht die Möglichkeit haben, so ein schönes Fest zu feiern? Warum sollen auch ihre Freunde und ihre Familien die Möglichkeit nicht haben, mit ihnen mitzufeiern?

Daher sage ich von hier aus: Lasst uns doch diesen weiteren Schritt gehen! Lasst uns diese Bilder zum Alltag Wiens bringen, lasst sie uns zu einer Selbstverständlichkeit auch in Wien machen! Lasst uns nicht vergessen, dass es wichtige und wertvolle gesellschaftspolitische Signale gibt, die, wie gesagt, ein Bild in der Stadt verändern, das Bewusstsein der Bevölkerung in der Stadt langsam, aber doch verändern, aber auch für die Betroffenen sehr viel an Wert in sich tragen und auch, wenn man so will, eine Verbesserung der Lebensqualität in einer gewissen Art und Weise mit sich bringen.

Das zweite Argument war - und das habe ich auch eingesehen und nachvollzogen -, dass es unter Umständen kontraproduktiv sein könnte, war es doch zum Beispiel letztes Jahr so, dass man damit rechnete, dass demnächst Bundeswahlen anstehen, dass sich dann unter Umständen die politische Konstellation auf Bundesebene ändert und dass Wien dadurch, dass es sozusagen vorprescht, etwas, was man auf Bundesebene viel breiter und vor allem mit rechtlichen Auswirkungen beschließen könnte, unter Umständen weiter hinauszögert.

Nun haben also - ich denke, das ist niemandem von uns entgangen - die Wahlen stattgefunden. Es gibt eine neue, alte Bundesregierung, von dieser neuen, alten Bundesregierung ist ein derartiger Schritt bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Also, wie es so schön auf Englisch heißt, "what now"?, was nun? Ich denke, es gibt keinen Grund, jetzt darauf zu warten, bis wieder irgendwann einmal neue Wahlen auf Bundesebene sein werden und sich vielleicht dann die dortige politische Konstellation ändert - wiewohl ich auch vorhin, anlässlich der Debatte zum kommunalen Wahlrecht, gemeint habe, dass ich so etwas sehr, sehr begrüßen würde. Aber nichtsdestoweniger ist das jetzt bis auf Weiteres nicht zu erwarten, und ich denke, dass wir nun doch das tun sollten, was wir hier in Wien selbst tun können.

Deswegen werden wir heute erneut den Antrag der GRÜNEN zur Ermöglichung der so genannten "Wiener Ehe" einbringen. Ich hoffe sehr, dass er Ihre Unterstützung findet. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Frauenberger. Ich erteile ihr das Wort.

Abg Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Nur ganz kurz auf meine Vorrednerin eingehend, zu dem Antrag "Wiener Ehe": Wir SozialdemokratInnen werden diesem Antrag nicht zustimmen - wir haben das auch schon einige Male hier in diesem Gremium diskutiert -, weil es uns nicht darum geht, Symbole zu setzen, sondern weil es uns vielmehr darum geht, tatsächlich etwas für diese Formen der PartnerInnenschaften zu tun. Auch in diesem Poststück ist es uns wieder gelungen, einige Regelungen vorzusehen.

Nun aber zum eigentlichen Teil meiner Wortmeldung. Zwar hätte ich an dieser Stelle auch ein Taferl mitnehmen können, aber ich habe mir gedacht, jetzt wird es vielleicht schon ein bisschen extrem. Ich kann es auch so ankündigen: Ich werde hauptsächlich zu den frauenspezifischen Auswirkungen dieser Pensionsreform - soweit man das Reform nennen kann - sprechen.

In Wien - und das zu Beginn auch in Bezug auf dieses Poststück, um das es hier geht - wird soziale Politik gestaltet, sozial gerechte Politik für Frauen und für Männer gestaltet, eine Politik für die Menschen und nicht gegen die Menschen. Aktuelles Beispiel dafür sind diese jetzt zur Beschlussfassung vorliegenden Gesetze, und ein sehr prominentes Negativbeispiel auf der Bundesebene ist eben die Pensionsreform.

Jetzt einmal zu einer sehr globalen frauenspezifischen Aussage: Offensichtlich ein Markenzeichen dieser Bundesregierung ist diese Frauenfeindlichkeit. Auch in diesem Fall - das haben wir auch schon beim Internationalen Frauentag diskutiert - nützt die Besetzung des Frauenministeriums durch eine Frau leider nicht, diese Hoffnung ist sehr rasch enttäuscht worden. Denn die Frauenministerin nimmt ihre Aufgabe als Frauenministerin eigentlich nicht wahr, ganz speziell auch in der Pensionsreform nicht. Gestern ist im "Falter" ein Interview mit ihr erschienen, und ich werde sie heute auch zweimal mit etwas zitieren, worüber ich mir als Frau denke: Das ist schon viel, was da an Zynismus geboten wird!

Darüber hinaus - und das war ja eines der Programme der ÖVP - ist von einem Gender-Mainstreaming-Ansatz in diesem Entwurf nichts zu finden. Wenn man von Gender Mainstreaming sprechen würde, dann wäre das eigentlich der pure Zynismus, denn da können die unterschiedlichen Interessen von Frauen und Männern einfach nicht berücksichtigt worden sein. Der Vorschlag der Pensionsreform - ich habe ja schon gesagt, dieser darf sich eigentlich nicht Reform nennen - ist immer noch basierend auf einem sehr alten Modell, nämlich auf dem Modell der Alterssicherung von Frauen durch die Ehe.

Dieser Reformvorschlag honoriert nur durchgängige Berufstätigkeit, lange Versicherungszeiten und hohe Einkommen. Der typische weibliche Lebensverlauf sieht aber ganz anders aus. Wir haben sehr häufige Berufsunterbrechungen. Oft wählen wir die Teilzeit, um Kinder und Beruf vereinbaren zu können, und dann gibt es noch längere Karenzzeiten, um Kinderbetreuung oft zu Hause selbst organisieren zu können. Aber genau diese Verläufe, diese Frauenbiografien in einer Erwerbstätigkeit werden mit dieser Reform aufs Allerhärteste bestraft. Frauen haben erst im Alter wirklich ihr böses Erwachen, indem sie dann draufkommen, dass der Lebensstandard massiv sinkt.

Eine Information dazu ist, dass die Frauenpensionen im Durchschnitt nur halb so hoch wie die der Männer sind und dass sie keinen eigenständigen Pensionsanspruch haben. Die Hälfte aller Frauen haben nur so einen eigenständigen Pensionsanspruch, dass sie finanziell von ihrem Lebenspartner massiv abhängig sind. (Abg Günther Barnet: Ist das neu?) Jetzt ist in dieser Pensionsreform auch noch damit zu rechnen, dass es in diese geringen Absicherungen von Frauen tatsächlich Einschnitte geben wird, bevor sie diese Pensionen antreten können. (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum haben Sie jahrzehntelang nichts gemacht? Warum habt ihr da nichts gemacht, ihr Schwachmatiker?)

Die Pensionsreform der Bundesregierung bedeutet für alle - auch für diejenigen, die kurz vor der Pension stehen -, länger zu arbeiten und weniger Geld zu bekommen. (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum habt ihr nichts gemacht? Da müssen erst wir kommen!) Ein materiell gesicherter Lebensstandard und finanzielle Unabhängigkeit vom Ehepartner sind das Ziel der SozialdemokratInnen, und das ist offensichtlich für Sie keinesfalls selbstverständlich. Ab 2004 werden Frauen 13,5 Prozent verlieren, genauso wie die Männer, und zusätzlich 2 Prozent durch das Aussetzen der Valorisierung. Wenn man sich die frauenspezifischen Erwerbsverläufe ansieht, dann bringt diese Reform ein zusätzliches Minus für Frauen von bis zu 50 Prozent. Die Verantwortung dafür trägt ganz konkret die Bundesregierung. Es gibt einen dramatischen Eingriff in die Lebensplanung von Frauen, und ich nenne diese Reform hier bewusst sozial- und frauenfeindlich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der GRÜNEN.)

Weil ich soeben von Zynismus gesprochen habe: Zynisch ist es für mich, wenn man den Frauen in einem Mogelpaket Folgendes verkauft: "Wir machen für euch ein super Modell, wir rechnen euch die Kindererziehungszeiten nicht mehr mit 18 Monaten, sondern mit 24 Monaten an." Niemand sagt aber den Frauen, dass das erst für Frauen gilt, die jetzt Kinderbetreuungsgeld beziehen, sprich dass diese Maßnahme frühestens in 20 Jahren tatsächlich wirken wird. Das ist ein ganz böses Täuschungsmanöver! (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum habt ihr bisher nichts gemacht?)

Zynisch ist auch, dass Präsenz- und Zivildienstzeiten für die Pension dreimal so hoch wie die Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Zynisch ist aus meiner Sicht allemal diese Familienmaßnahme des Kinderbetreuungsgeldes, das mittlerweile sogar von der Wirtschaftskammer kritisiert wird, weil eben die Wiedereinstiegsmaßnahmen fehlen und weil Frauen es extrem schwer haben, in das Erwerbsleben zurückzukommen, um jene Biografie hinzukriegen, die sie brauchen, damit sie eine eigenständige Altersvorsorge haben können.

Warum Frauen die großen Verliererinnen sind, kann man insgesamt an zehn Kritikpunkten festmachen. Ich habe mich hier für drei dieser Kritikpunkte entschieden und möchte diese beispielhaft anbringen.

Der erste Punkt ist der längere Durchrechnungszeitraum. Dieser trifft gerade Frauen besonders hart, weil die Verlängerung von 15 Jahren auf 40 Jahren drastische Kürzungen in den Frauenpensionen nach sich zieht. Es werden eben nicht mehr die besten 15 Jahre hergenommen, sondern alle Jahre, und gerade Frauen haben aufgrund von - wie schon erwähnt - Teilzeit, Unterbrechungen, Arbeitslosigkeit oft schlechtere Zeiten. Diese werden mit eingerechnet, und das bewirkt den Verlust von 30 bis 50 Prozent.

Ich habe versucht, das am Beispiel einer Kollegin, die Verkäuferin im Einzelhandel ist, festzumachen. Diese Frau, Karin S., hat mit 19 Jahren als Verkäuferin begonnen, sie hat mit 29 und 31 ihre Kinder bekommen, vier Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes ist sie wieder berufstätig und geht in eine Teilzeitarbeit, das macht sie acht Jahre lang, dann sind die Kinder in der Schule und aus dem Gröbsten heraußen, daraufhin geht sie wieder in die Vollzeitarbeit. Sie ist Alleinerzieherin. Dieses neue Pensionsreformmodell bringt ihr einen Abschlag von 38 Prozent und ein zusätzliches Minus von 2 Prozent aufgrund des Aussetzens der Pensionsanpassung. So hat diese Frau einen Gesamt-Pensionsverlust von 40 Prozent.

Hier bin ich bei meinem ersten Zitat der Frauenministerin Rauch-Kallat. Denn auf die Frage an sie nach Erleichterungen für Alleinerzieherinnen meinte sie: "Der Staat kann aber nicht für alle persönlichen Lebensentscheidungen einen Ausgleich schaffen." Das ist aus meiner Sicht als reflektierte Frau - und das kann sie nicht sein - Spott und Hohn an alle Frauen, die erwerbstätig sind, und das nenne ich elitäre Härte! Ein derart unauthentisches Agieren zeigt die soziale Kälte in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite Beispiel sind die fehlenden Aufwertungsfaktoren. Viele Frauen wissen gar nicht, was damit gemeint ist. Das ist ja eine der großen Tücken an dieser Pensionsreform, dass man es wirklich so weit herunterbrechen muss, dass die persönliche Betroffenheit tatsächlich hervorgehoben werden kann. Tatsache ist, dieser Durchrechnungszeitraum von 40 Jahren bedeutet sowieso schon einmal eine große Einbuße. Aber wenn dann länger zurückliegende Zeiten von Frauen schlecht bewertet werden oder durch fehlende Aufwertungsfaktoren nicht aufgewertet werden, dann ist das ein massiver Einbruch in Frauenpensionen. Warum? Weil die besten Jahre von Frauen meistens nicht am Ende einer Berufstätigkeit liegen, wenn die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geregelt werden muss, sondern sehr oft vor der Unterbrechung wegen Babypause und Kindererziehungszeiten. Diese Teilzeitphasen, die nachher kommen, werden nicht aufgewertet, und die Phasen, die durchlaufen worden sind, bevor die Kinder zur Welt gekommen sind, werden auch nicht aufgewertet.

Was das an einem Beispiel heißt, möchte ich hier ebenfalls darstellen. Ich habe das Beispiel der Ingrid M. gewählt, einer Bankangestellten. Wir haben heute 3 000 Menschen auf der Freyung gehabt, speziell auch aus Banken - 50 Prozent beträgt dort der Frauenanteil -, und wir haben versucht, auch anhand von solchen Beispielen klarzumachen, was das für die einzelne Frau heißt. Diese Frau ist Absolventin einer berufsbildenden höheren Schule, wie gesagt Bankangestellte, hat zehn Vollzeitjahre; zwei Kinder, sie war acht Jahre bei den Kindern zu Hause; zwölf Jahre Teilzeit, und dann arbeitet sie nach all den Regelungen, die hier anstehen, angenommen bis zu ihrem 65. Lebensjahr in Vollzeit. Durch die Erhöhung des Durchrechnungszeitraums ohne Aufwertungsfaktoren und die geringeren Steigerungsbeträge kommt diese Frau auf eine Pensionskürzung von 39,4 Prozent, dazu wiederum diese 2 Prozent weniger aufgrund der Aussetzung der Pensionsanpassung. Das bedeutet für eine ganz normale Bankangestellte mit einem normalen Erwerbsverlauf, wie er sich für Frauen eben darstellt, einen Gesamt-Pensionsverlust von 41,4 Prozent - trotz Pensionsantritt im Regelantrittsalter und trotz durchgehendem Versicherungsverlauf, diese Frau hat nicht einen Monat ohne Versicherungszeiten!

So schnell geht das also bei solchen Pensionsreformen, und damit bin ich bei meinem zweiten Zitat von der Frau Frauenministerin. Sie gibt nämlich zu solchen Situationen folgenden Kommentar ab: "Man muss den Frauen offen sagen, wenn ihr Teilzeit arbeitet, werdet ihr letztendlich weniger Pension haben". Aber, bitte, wo sind hier die Alternativen für Frauen? Wo sind die Angebote für Kinderbetreuungsplätze? Wo sind die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Ich bin beim letzten Beispiel, bei der Abschaffung der vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitslosigkeit. Zu 90 Prozent sind von dieser Maßnahme, von dieser Pensionsform Frauen betroffen. Es gibt zwar die Idee, diese Maßnahme mit einem Altersübergangsgeld abzufedern, doch wenn man den Text genau liest - und Hans Driemer hat heute schon darauf hingewiesen, dass man das ganz genau lesen soll -, dann kommt man drauf, dass diese Abfederungsmaßnahme eigentlich nur für drei Jahrgänge gilt und alle anderen durch die Finger schauen. Sprich: Ich bin vielleicht nur einen Monat zu spät geboren, und schon habe ich de facto dreieinhalb Jahre Arbeitslosigkeit ohne Überbrückungsmaßnahme in Kauf zu nehmen, und dann noch einen zusätzlichen 25-prozentigen Einkommensverlust als Frau. Bin ich dann vielleicht auch noch in der Situation, dass ich die Arbeitslose ausgeschöpft habe und einen Mann habe, der zu gut verdient, bekomme ich nicht einmal Notstand. (StRin Karin Landauer: Sagen Sie einmal, wie ist denn das jetzt?) Daher hat eine Frau, die von solchen Maßnahmen betroffen ist, keine vorzeitige Möglichkeit einer Alterspension aufgrund langer Versicherungszeiten, die "Hackler"-Regelung in dem Sinn gibt es nicht mehr, und wenn ihr der Ehemann einen Notstandshilfebezug verübelt, weil er zu viel verdient, dann hat sie dafür nicht einmal Ersatzzeiten. In diesem Beispiel kommen wir auf einen Verlust von 13 Prozent, außerdem 3,5 Jahre kein Einkommen, das sind noch einmal 34 000 EUR weniger. (StRin Karin Landauer: Und jetzt sagen Sie diesen Leuten, sie sollen sich streichen lassen, damit sie zu einer Sozialhilfe kommen! Das ist ja völlig verrückt!)

Meine Damen und Herren! Die einzige Lösung, die ich aus meiner Sicht sehe, um eine frauenspezifische und sozial gerechte Pensionsreform, wirklich eine Reform, über die Bühne zu bringen, ist eine Lösung, die einen eigenständigen Pensionsanspruch von Frauen tatsächlich unterstützt. Das heißt, dass ein Frau eigene Anwartschaften hat, dass sie eigene Versicherungszeiten hat und dass sie ein eigenes Erwerbseinkommen hat, und das vollkommen unabhängig von ihrem Familienstand. Die massiven Benachteiligungen von Frauen in diesem Pensionsraubzug der Bundesregierung müssen dargestellt werden, damit sie auch für jede Einzelne nachvollziehbar gemacht werden.

Wir brauchen unter dem Motto "Eigenständigkeit statt Abhängigkeit" eine Reform, die in drei Punkten tatsächlich eine Lösung für Frauen mit sich bringt. Eigentlich ist es sehr einfach, nämlich zum einen das Schließen der Pensionslücken von Frauen, zum Zweiten die Beseitigung der Benachteiligungen von Frauen am Arbeitsmarkt, und drittens brauchen wir mehr Frauen in der Berufstätigkeit. Das sind Dinge, die sehr einfach zu lösen sind. Die Lückenschließung wäre zum Beispiel dadurch zu machen, dass man die Kindererziehungszeiten am Durchschnittseinkommen von Frauen und Männern bewertet, um hier auch die Einkommensschere auszuschließen. Benachteiligung am Arbeitsmarkt – eine Möglichkeit wäre, dass man jetzt Maßnahmen setzt, um die Einkommensschere zu schließen. Der dritte Punkt, nämlich mehr Frauen in der Berufstätigkeit, heißt nichts anderes als das, was wir als SPÖ-Frauen immer auch verlangen, nämlich eine frauenspezifische aktive Arbeitsmarktpolitik.

Da diese Parteien mit diesen Pensionsraubmaßnahmen sicher keine Mehrheit in der Bevölkerung bekommen hätten, kann man hier mit Fug und Recht von einer massiven WählerInnentäuschung sprechen. Aber es ist aus unserer Sicht noch nicht zu spät. Noch kann man sehr sozial gerecht statt brutal und schlecht eine Reform hinkriegen. Dieser Entwurf muss zurückgezogen werden, es muss ein sozial gerechter, einheitlicher und zukunftssicherer Pensionsvorschlag auf den Tisch. (StRin Karin Landauer - einen Zeitungsausschnitt in die Höhe haltend -: Sie wissen das aber schon?)

Eines sollte auch nie unterschätzt werden, und jetzt, nachdem heute der Herr Bundeskanzler die Sozialpartner sozusagen vor die Tür gesetzt und ihnen die kalte Schulter gezeigt hat, darf man diesen Spruch, glaube ich, erst recht nicht unterschätzen: "Wenn Frau will, steht wirklich alles still." - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsidentin Erika Stubenvoll: Als nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Dr Vana. Ich erteile ihr das Wort.

Abg Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin - solange sie noch da ist! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Berichterstatter!

Ich möchte unseren grünen Antrag zur "Wiener Ehe" hiermit formal einbringen. Frau StRin Vassilakou hat ausführlich dazu Stellung genommen. Sie alle kennen ja den Antrag schon, wir bringen ihn nicht zum ersten Mal ein, wir bringen ihn heute exakt zum vierten Mal ein. Schade, dass die Sozialdemokratie auch heute wieder nicht zustimmt. Aber ein paar Minuten lang haben Sie noch Zeit, es sich zu überlegen.

Ich möchte auf zwei Punkte des eigentlichen Tagesordnungspunktes eingehen, nämlich die Dienstordnungsänderung, die heute leider überhaupt keine Erwähnung gefunden hat, und diese zwei Punkte erwähnen, die uns GRÜNEN wichtig sind. Das eine hat meine Vorrednerin Vassilakou schon erwähnt: Wir finden es außerordentlich wichtig für die betroffenen Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen, dass eine Klarstellung in Bezug auf die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vorgenommen wird, dass also der Terminus "Lebensgemeinschaft" präzisiert wird auf verschieden- und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften. Hiermit findet eine Vollzugspraxis, die es bisher schon gegeben hat, endlich Niederschlag im Gesetz.

Das Zweite ist, dass wir heute unserer Freude darüber Ausdruck verleihen wollen, dass es jetzt auch für öffentlich Bedienstete die Möglichkeit gibt, Pflegefreistellung oder Teilzeit in Anspruch zu nehmen, bis zu einem Ausmaß von sechs Monaten im Falle der schweren Erkrankung eines Kindes oder der Pflege eines oder einer nahen Angehörigen. Auch können Dienststellenleiter und Dienststellenleiterinnen in Hinkunft Diensterleichterungen gewähren. Wir finden das einen großen Fortschritt für die öffentlich Bediensteten und wollen das an dieser Stelle würdigen, auch weil es jetzt ein Rechtsanspruch ist und nicht mehr vom Goodwill abhängt. Das entspricht dem gesellschaftlichen Bedarf und ist natürlich auch ein Beitrag zu einer lebensfreundlicheren Arbeitswelt und einem lebensfreundlicheren Magistrat.

Ich möchte kurz auch auf einen Punkt eingehen, der aus grüner Sicht allerdings zu Problemen führen kann beziehungsweise problematisch werden kann. Er soll nicht unter den Tisch fallen, weil wir heute auch über die Situation der Frauen, die pensionsrechtliche Stellung und die Verschlechterungen für Frauen gesprochen haben, ein Punkt, der auch für die pensionsrechtliche Stellung der Frauen relevant ist und im Zusammenhang mit der Pflegefreistellung steht, nämlich dass Pflegefreistellung auch zu Einkommenseinbußen beziehungsweise Einkommensverlust für eine bestimmte Zeit führt. Das ist ein Problem vor allem für Frauen, weil es, wie wir wissen, statistisch gesehen vor allem Frauen sind, die Pflegeleistungen erbringen und auch Karenzurlaub in Anspruch nehmen oder Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen.

Hier sehen wir die Gefahr, dass auf Frauen noch mehr Probleme, als sie bisher schon haben, zukommen könnten - es sind Einkommensverluste, Einkommenseinbußen, niedrigere Pensionsansprüche, eventuell auch ein damit verbundener Karriereknick, der durch die Freistellung leider in vielen Fällen gegeben ist - und dass es dadurch zu weiter steigenden Einkommensdifferenzen zwischen Männern und Frauen kommt. Wir GRÜNE sehen das als äußerst besorgniserregend an und wollen darauf hinweisen, dass wir das nicht nur nicht wollen, sondern dass wir an dieser Stelle auch festhalten wollen, dass sich die Stadt Wien dieses Problems zunehmend bewusst werden muss. Wir müssen festhalten, dass Pflegeleistungen in keinem Fall ausschließlich - und auch nicht überwiegend - Frauensache sind, sondern dass Pflegeleistungen und zum Beispiel auch Leistungen der Kinderbetreuung Aufgabe, Pflicht und Verantwortung der öffentlichen Hand sind, Pflicht und Aufgabe der ganzen Gesellschaft.

So positiv auch die Möglichkeit für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ist, Freistellungen zur Pflege in Anspruch zu nehmen - das ist natürlich eine Erleichterung und ein Fortschritt -, möchten wir doch darauf hinweisen, dass es insbesondere für Frauen auch eine Falle sein kann und dass damit außerdem eine arbeitsmarktpolitische Herausforderung verbunden ist, die die Stadt Wien zunehmend wahrnehmen sollte, indem gerade im boomenden Pflegebereich, wo ein großer Bedarf besteht, zusätzliche Jobs geschaffen werden, und zwar gut bezahlte Jobs, gut abgesicherte Jobs, nicht nur für Frauen, sondern natürlich auch für Männer.

Ironischerweise ist es ja so, dass der Pflegebereich bisher hauptsächlich von Frauen unbezahlt erledigt wird, aber die gut bezahlten Jobs im Pflegebereich natürlich hauptsächlich Männer innehaben. Das ist in der Gemeinde Wien leider auch nicht anders, wenn wir uns die Zahl der Primarärztinnen, Oberärztinnen und Ärztlichen Direktorinnen anschauen. Wir GRÜNE haben uns die Mühe gemacht, einmal zu vergleichen zwischen dem Stand vom Februar ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Das ist aber nicht der Pflegebereich!) Das hat sehr viel mit der Pflege zu tun. Sie haben mir offensichtlich nicht zugehört, oder Sie wollen es nicht wahrhaben. (Abg Gerhard Pfeiffer: Das ist nicht der Pflegebereich!)

Ja, bei den Frauen finden Sie immer, damit hat das nichts zu tun, das kenne ich schon. Sie werden es noch erwarten. (Abg Gerhard Pfeiffer: Also Oberärztinnen sind nicht im Pflegebereich!) Seien Sie doch froh, dass ich einen Seitenhieb auf die Sozialdemokratie mache! Was stört Sie denn das? Das ist jetzt ... (Abg Kurth-Bodo Blind: Sachlich sind sie nicht in diesem Bereich! - Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Es ist sehr sachlich!

Wir GRÜNE haben uns die Mühe gemacht, die Zahl der Oberärztinnen ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Oberschwester ist Pflegebereich, aber nicht Oberärztin!) Ich bin jetzt noch ausführlicher, Herr Kollege, ich kann Ihnen die ganze Statistik vorlesen. Es schaut jedenfalls traurig aus. Denn die Zahl der weiblichen OberärztInnen - mit großem I -, PrimarärztInnen und Ärztlichen DirektorInnen ist seit 1997 gesunken, sie hat sich sogar halbiert. Das finden wir alarmierend, und zwar für den ganzen Pflegebereich, und das hat sehr wohl etwas mit dem Tagesordnungspunkt zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand meiner Vorredner und Vorrednerinnen heute überhaupt zu diesem Tagesordnungspunkt Stellung genommen hat. Ärgern Sie mich also nicht! Denn Sie sehen, wenn ich mich ärgere, dann rede ich noch länger und noch schneller, und ich glaube, das gefällt Ihnen dann sicher auch nicht. (Abg Gerhard Pfeiffer: Aber hoffentlich sachlich richtiger!)

Damit komme ich zum Schluss und will eigentlich - Sie haben es nur nicht erwarten können - appellieren, auch an die Stadt Wien und an die Frauenstadträtin, die Bemühungen und Maßnahmen um Frauenförderung zu intensivieren, damit Pflegefreistellung, Karenz und Teilzeit für Frauen nicht zur Falle werden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

Präsidentin Erika


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