Wörtliches Protokoll


Stubenvoll: Frau Stadträtin. Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann



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Stubenvoll: Frau Stadträtin.

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Herr Abgeordneter!

Die Ansprechpartner sind die Gesundheitsreferenten, nicht die Finanzreferenten. Über die Finanzen wird auf einer anderen Ebene verhandelt. Unsere Gremien sind die Landesgesundheitsreferentenkonferenz und die Strukturkommission, wo wir Derartiges ebenfalls ansprechen. Da hat es stets auch über Strukturqualität, Krankenanstaltenpläne und Gerätepläne sehr konstruktive Gespräche gegeben. Ich hoffe auch, dass wir diese in der neuen Zusammensetzung fortführen werden. Allerdings waren diese schon vorgegeben, weil ja durch die Vereinbarungen der Zeitraum bestimmt war.

Wie gesagt, mein Wunsch ist es, jetzt laufend Gespräche zu führen. Sie wissen, dass in Niederösterreich eine Wahl stattgefunden hat, dadurch hat sich auch hinsichtlich der Ansprechpartner manches verschoben. Wir sollten laufend Gespräche führen und mit Experten wirklich sagen, was wo durchgeführt werden soll.

Weil Sie das St. Anna ansprechen: Ich würde es für sinnlos halten, in der Ostregion eine andere Kinderabteilung für Leukämiekinder zu errichten. Zum Glück ist das - auch wenn es uns wegen der Berichte darüber häufig vorzukommen scheint - eine äußerst seltene Erkrankung. Ich bin nur gut in meinem Fach, wenn ich seltene Erkrankungen behandle, so häufig es geht, weil man etwas zwar theoretisch lernen kann, aber es kommt dann auf das Gespür und das Feeling an, um zu erkennen, was noch dabei ist. Das trifft auf das St. Anna in hervorragender Weise zu.

Daher werde ich als Ärztin aus fachlichen Gründen immer dafür sein, dass wir Zentren haben. Das wünsche ich mir auch für Wien. Mein Wunsch richtet sich deshalb - und ich glaube wirklich, dass das gescheiter ist - auf weniger Neurochirurgien und weniger Herzchirurgien, aber diese größer ausgebaut und finanziell unterstützt. Ich bin natürlich auch in ständigen Gesprächen mit meinem Amtsvorgänger und Vizebürgermeister, der das genauso sieht. Er führt die Finanzgespräche, und ich führe die Gespräche mit den Gesundheitsreferenten der angrenzenden Länder. Aber wir führen ebenfalls die Gespräche im Rahmen der Strukturkommission, der Landesgesundheitsreferenten und natürlich auch mit den politisch Verantwortlichen im Bund.

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir kommen zur zweiten Zusatzfrage: Frau Abg Dr Pilz, bitte.

Abg Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!

Die Debatte ist wirklich wie ein wiederkehrendes Thema, wir haben sie ja ungefähr gleichlautend schon vor einem Jahr abgeführt. Offensichtlich ist speziell dem niederösterreichischen Finanzlandesrat - egal, ob er Musiklehrer, Mathematiker oder sonst etwas ist - nicht beizukommen. Offensichtlich gibt es in der schwarz-blauen Bundesregierung Tendenzen, diese Art von Politik noch einmal zu verstärken, denn im Regierungsabkommen ist die Einrichtung von Landesgesundheitsfonds vorgesehen, die letztlich eigentlich einer Politik der überregionalen Planung, einer ganzheitlichen und eine Region versorgenden Gesundheitsleistungsstruktur entgegengesetzt sind.

Ich frage Sie jetzt konkret, Frau Stadträtin: Wie stehen Sie als zuständige Gesundheitspolitikerin für Wien der Idee der Einrichtung von Landesgesundheitsfonds gegenüber?

Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Frau Abgeordnete!

Ein Landesgesundheitsfonds wäre nur dann sinnvoll, wenn man auch berücksichtigt, was alles von außen hereinkommt, und nicht sagt, es wird auf die Einwohnerzahl berechnet.

Es wurde immer Vorarlberg als großartiges Beispiel angegeben. Wir kennen Vorarlberg, es hat die geringste Ärztedichte von Österreich, die höchste Auslagerung - sogar in absoluten, nicht nur in relativen Zahlen - von Patientinnen und Patienten in das Ausland (Abg Gerhard Pfeiffer: Beste Gesundheitspolitik in Österreich!), was bedeutet, hier bezahlt noch einmal die ganze Gruppe dafür, also alle Bundesländer und nicht nur das Bundesland Vorarlberg. Dann kann ich natürlich sehr gut billig sein. Sie haben dort keine Hochleistungsmedizin, die wird zum Teil nach Innsbruck verlagert, Knochenmarkstransplantationen oder Ähnliches gibt es in Vorarlberg überhaupt nicht. Wie gesagt, die Patienten werden vor allem in der Schweiz und auch in Deutschland versorgt. Da sieht man auch, es gibt eben zwei Bundesländer, die massiv Patienten in ausländischen Spitälern haben. Das ist zunächst Vorarlberg, und gleich danach folgt Salzburg. Da das die Kosten überschreitet, zahlt der gesamte Bund wieder diese Kosten der Patienten. Damit kann man leicht kostengünstig sein.

Wir dürfen nicht vergessen, Wien ist ein Bundesland, in dem viele Patienten hereinkommen, hereinpendeln und auch von niedergelassenen Ärzten versorgt werden. Hier ist natürlich eine größere Infrastruktur vorhanden, für die auch Kosten entstehen. Wenn daher Landesgesundheitsfonds entsprechend hoch dotiert sind, dass wir alles, was nach Wien hereinpendelt, damit abdecken können, dann bin ich dafür, nicht jedoch, wenn es auf die Einwohnerzahl - und ein bisschen noch dazu - hochgerechnet wird und wenn nicht berücksichtigt wird, wer alles kommt und worin der medizinische Fortschritt besteht. Dieser wurde bei den letzten Vereinbarungen nicht so sehr berücksichtigt, dass man sehen würde, welche Fortschritte die Medizin in dieser Zeit getan hat.

Es sind enorm teure Leistungen und Möglichkeiten dazugekommen. Ich erinnere Sie nur an die Stents im Bereich der Versorgung des Myokardinfarkts. Auch da ist es sinnvoll, wenn Sie die Einrichtungen rund um die Uhr offen haben, weil der Herzinfarkt sich eben nicht immer an die Kernarbeitszeit von allen hält. Was kosten die Stents? Es gibt teurere Stents, die besser sind. Sie brauchen mehr Personal. Sie haben die Stroke Units, auch die Neurochirurgie, die mehr kann. Wir wissen, was es alles an Möglichkeiten gibt. Das muss man bereithalten, und da bin ich wieder hoffnungsfroh. Denn in der Strukturkommission sind jetzt schon sehr viele Landesräte, die Mediziner sind und sich auch an das halten, was der medizinische Fortschritt ist und was auf uns zukommen wird, sodass man demnach auch sagt: Das muss zur Verfügung stehen. Aber ob wir die Gelder überhaupt bekommen für das, was dem Fortschritt entspricht, das wage ich zum Teil zu bezweifeln.

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir kommen zur dritten Zusatzfrage: Herr Abg Dr Hahn.

Abg Dr Johannes Hahn (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Stadträtin!

Gestatten Sie mir zwei Anmerkungen zur letzten Aussage von Ihnen. Den Vorarlbergern ist zunächst einmal kein Vorwurf daraus zu machen, dass sie keine Uni-Klinik haben. Das erklärt auch in hohem Maße, dass schwere, komplizierte und komplexe Fälle eben woanders hingehen. Aber unbestritten ist, dass die Vorarlberger im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Gesundheitsbereich Dinge vielfach modellhaft vorexerziert haben, gerade im Vorsorgebereich, glaube ich, als durchaus vorbildhaft für Österreich angesehen werden können, und jetzt auch die Idee der Gesundheits-Holding dort ausprobieren wollen. Die Idee der Gesundheits-Holding ist ja nicht eine Frage der Dotierung, sondern dies ist der Versuch, die beiden Finanzierungsströme für die Niedergelassenen und für den Spitalsbereich in einer Hand zusammenzuführen. Ich glaube, das war ja das Wesen der Frage von Frau Abg Pilz, was Ihre Meinung dazu ist, weil wir das ohnedies öfters diskutiert haben.

Aber nun möchte ich zur eigentlichen Anfrage kommen. Ich habe mir gedacht, die Freiheitlichen haben diese Anfrage gestellt, weil heute im Niederösterreichischen Landtag eine neue Regierung gewählt wird. Dort kommt es innerhalb der SPÖ-Regierungsriege interessanterweise zu einer Verlagerung der Zuständigkeiten. Bei Frau Onodi weiß ich nicht, ob sie entnervt das Handtuch wirft, aber jedenfalls wird der neue Landesrat Schabl zuständig sein für die Spitalsbelange und für das Gesundheitswesen.

Meine Frage: Hatten Sie mit ihm in dieser Frage schon Kontakt, und wie ist Ihre Erwartungslage an diesen neuen Gesundheitslandesrat?

Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Herr Abgeordneter!

Da die SPÖ immer hervorragende Personen einsetzt, ist es eine gute Erwartungslage, die ich habe.

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Wir kommen zur vierten Zusatzfrage: Herr Mag Kowarik.

Abg Mag Helmut Kowarik (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!



Wien ist ja bekannt für seine Spitzenmedizin, und wir wissen, dass das Problem auch darin besteht, dass diese Spitzenmedizin finanziert werden muss. Es gibt ja den Bundesfinanzausgleich, worin angeblich berücksichtigt wird, dass Wien Spitzenmedizin anbietet, im Gegensatz zu anderen österreichischen Bundesländern, die die einzelnen Einrichtungen nicht haben. Jetzt kommen wieder langsam die Vorverhandlungen für den zukünftigen Bundesfinanzausgleich in Gang, und man hört schon von den Ländern und von den Gemeinden, dass sie da bestimmten Lobbyismus betreiben.

Ich frage Sie: Werden Sie sich auch jetzt schon dafür einsetzen, dass wir mehr Mittel aus dem Bundesfinanzausgleich für die Wiener Spitäler bekommen, als es bisher der Fall war?

Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Mein Amtsvorgänger ist ja jetzt unser Finanzlandesrat, der um die Problematik weiß, mit dem ich auch ständig Gespräche führe und der natürlich alles daransetzt, dass entsprechende Gelder hereinkommen. Wie gesagt, die Ausgangslage war damals eine andere, weil wir weniger Patienten aus den Bundesländern hatten. Je schwieriger und je teurer die medizinische Versorgung ist, desto mehr strömen herein, denn sonst gäbe es nicht diesen Anstieg an Patienten. Indem man in Niederösterreich manches einfach nicht so geführt hat, nicht so besetzt hat, ja verzögert hat, ist Wien viel, viel mehr drangekommen, als ursprünglich berechnet war.

Sie haben auch gesehen, im ÖKAP war vorgesehen, dass das Land Niederösterreich den zweiten Linearbeschleuniger für das SMZ-Ost zahlen soll. Es hat das nicht durchgeführt. Es wurde vor einem Jahr sogar vom Gesundheitsministerium aufgefordert, dass es endlich dazu kommt. Sie haben es nicht für nötig gehalten, und sie erzählen immer, dass das in Krems sowieso eingerichtet wird.

Selbstverständlich wird Wien darauf achten, im Rahmen der Finanzverhandlung eine gerechte Abgeltung zu bekommen. Aber im Überwiegen der Bundesländer mit einer anderen politischen Besetzung und im Überwiegen dieser Bundesregierung bin ich nicht ganz sicher, ob man gegenüber Wien gerecht verfährt. Ich war auch lange genug im Parlament, wo ich Mitglied in Ausschüssen war, dort gab es sehr viele Bundesländer-Kollegen, und man war sich darin immer einig: Bundesländer gegen Wien, das ist ein alter Spruch, so bleibt es jetzt. Aber wenn man etwas braucht, wenn man Nöte hat und etwas für die Gesundheit braucht, dann liebt man Wien, und dann kommt man von überall her gerne nach Wien.

Präsidentin Erika Stubenvoll: Danke schön. - Damit ist die Fragestunde beendet.

Wir kommen zur Aktuellen Stunde.

Der ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Menschenwürdiges Altsein in Wien" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.

Ich bitte die Erstunterzeichnerin, Frau Abg Korosec, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass ihre Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.

Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren Abgeordneten je einmal zum Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.

Abg Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Wiener Landtages!

Das Alter ist ein aufregendes Abenteuer. Das Leben in der späten Freiheit hat sehr viele Gesichter. Die Politik, die Gesellschaft muss es ermöglichen, dass ältere Mitbürger sie ohne Abhängigkeiten und in Selbstständigkeit so lang wie nur irgend möglich nutzen können. Diese altersbunte Gesellschaft - die Meinungsforscher nennen sie die Neugierigen, die Flotten, die Urbanen - hat natürlich in einer Weltstadt wie Wien viele Möglichkeiten, und das ist gut so.

Es gibt aber auch eine andere Seite der altersbunten Gesellschaft, nämlich die Hochaltrigkeit, die Abhängigkeit, die Pflegebedürftigkeit und die Hilflosigkeit. Dazu kommt noch die demographische Entwicklung. Wir wissen, in Wien gibt es derzeit ungefähr 160 000 Menschen über 70 Jahre. In einigen Jahrzehnten werden es fast 360 000 Menschen sein, der Anteil wird sich also weit mehr als verdoppeln, wobei hier allfällige medizinische Quantensprünge nicht eingerechnet sind.

Wie ist Wien auf diese Entwicklung vorbereitet? Wie ist der Status quo? - Wir haben diese Debatte hier schon oft geführt. In den Pflegeheimen besteht ein Personalnotstand. Es gibt wenige Ein- bis Zweibettzimmer, aber sehr viele Sechs- und Achtbettzimmer, und dort gibt es für die Patienten keine Rückzugsmöglichkeit in eine Privatsphäre. Bei jedem Besuch als Privatmensch in einem Pflegeheim - für eine Politikerin schaut die Welt etwas anders aus - denke ich mir: Der liebe Gott oder meine Kinder mögen mich vor solch einem Schicksal bewahren!

Wir haben in Wien nach wie vor kein Pflegeheimgesetz. Ich habe mir das ein bisschen angeschaut: Vor zehn Jahren wurde ein Maßnahmenkatalog beschlossen, "Hilfe im hohen Alter", da war auch das Pflegeheimgesetz dabei. Ich habe weiters gesehen, dass 1995 der Abg Margulies bereits die fünfte Anfrage danach stellte, wann endlich das Pflegeheimgesetz verabschiedet wird. Es wurde ihm vom damaligen StR Rieder gesagt: ja, in diesem Jahr! Bei all diesen Anfragen hat es geheißen: in diesem Jahr wird es verabschiedet! In der Zwischenzeit sitzt schon die nächste Generation hier, der Sohn des Abg Margulies ist bereits im Gemeinderat, aber wir haben noch immer kein Pflegeheimgesetz.

Es gibt jetzt einen Entwurf. Dieser Entwurf ist zahnlos, er ist mutlos, und es ist besser, man schweigt darüber. Es gibt keinen Pflegeheimplan. Ein solcher wäre ebenfalls unendlich wichtig, weil dies für die sozialen Kontakte der Hochaltrigen von besonderer Bedeutung ist. Betreutes Wohnen steckt in den Kinderschuhen, Hospizbetten gibt es kaum - meine Kollegin Lakatha wird darauf näher eingehen.

Das Familienhospizgesetz wurde von der Bundesregierung - ich halte das für eine ganz, ganz wichtige Maßnahme - mit 1. Juli 2002 eingeführt. Im heutigen Landtag beschließen wir für Wien dieses Gesetz, das heißt, fast ein Jahr später - eine Maßnahme, die man sofort hätte umsetzen können! Daher muss ich sagen, allzu schnell ist man in Wien nicht gerade bei Maßnahmen, die für die Menschen in dieser Stadt sehr wichtig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Dass das Landesseniorengesetz ein Unsinn ist, hat uns heute die Frau Vizebürgermeisterin eindrucksvoll mitgeteilt.

Meine Damen und Herren von der Alleinregierung! Wie ernst nehmen Sie das, was Sie in Sonntagsreden immer wieder sagen: dass die Würde des Menschen, vor allem im Alter, von besonderer Bedeutung ist und von Ihnen so ernst genommen wird? Ich habe mir als Zitat aufgeschrieben, was die Frau Gesundheitsstadträtin oder  landesrätin am 17. Jänner in der Sondersitzung gesagt hat; damals hat sie gemeint: "Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich darin, wie diese Gesellschaft mit ihren hilfsbedürftigen, schutzbedürftigen und alten Menschen umgeht." Das kann man nur dick unterstreichen! Allerdings tun Sie das sehr langsam und sehr zögerlich, wenn Sie wissen, wie die demographische Entwicklung ist.

Meine Damen und Herren! Bei den Besuchen in den Pflegeheimen stelle ich immer wieder fest, dass die Pflegenden unglaublich engagiert sind, allerdings an den Realitäten fast scheitern. Daher geht es hier - ich sage das in diesem Haus nicht zum ersten Mal - wirklich um eine Grundsatzdiskussion: Wie viel ist der Politik in Wien der alte, der pflegebedürftige Mensch wert? Genügt es, wenn er warm ... (Abg Johann Driemer: Wie ist das in der Bundespolitik ...? - Zwischenruf der Abg Helga Klier.) Wir reden jetzt von der Wiener Politik. Immer, wenn Ihnen das unangenehm ist, kommen Sie auf die Bundespolitik zu sprechen. Reden wir einmal von dem, was Sie hier tun können! (Beifall bei der ÖVP. - Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sagen Sie, genügt es Ihnen, wenn immobile Menschen warm und satt aufbewahrt werden? (Abg Johann Driemer: ... in der Bundespolitik keine alten Menschen?) Damit ist es so ... (Abg Godwin Schuster: Der größte Raubzug in der Zweiten Republik! - Abg Kurth-Bodo Blind - in Richtung SPÖ -: ... Blödsinn! Wir werden darüber reden, wie es in den Altersheimen ausschaut in Wien! Ich habe das erlebt! Hört einmal auf mit dem Geschwafel! Das ist empörend!) Herr Kollege, es ist leider so, dass sehr viele Menschen den sozialen Tod längst vor ihrem physischen Tod erleiden. Das müssen wir ändern, und das muss in Ihrem Interesse sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es ist Aufgabe der Politik, vor allem auch der Wiener Politik, nicht nur kommende Entwicklungen zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch - und vor allem das ist wichtig - auf kommende Entwicklungen zeitgerecht und richtig zu reagieren. Tun Sie das endlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Johann Hatzl: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abg Cordon gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Abg Waltraud Cecile Cordon (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Korosec!

Menschenwürdiges Altern in Wien - ja, das ist ein schönes Schlagwort. Welche Altersgruppe alt sei, welche Altersgruppe Sie genau meinen, geht daraus allerdings nicht hervor. Aber ich möchte doch noch einmal zurückkommen ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Das ist aber gesagt worden! Aus dem Titel kann man nicht alles lesen!) Ja, trotzdem werde ich Ihnen sagen, wann das Altsein bereits beginnt. Diese Gruppe haben Sie ausgelassen.

Ich war schon ein bisschen enttäuscht, muss ich sagen, von Ihrem LandesseniorInnengesetz. Denn darin ist bereits eine Klassifizierung von verschiedenen Menschen enthalten. Das Erste ist natürlich immer noch, für die Vorfeldorganisationen der großen Parteien zu sorgen, damit sie Geld bekommen. Zum Zweiten: keine Unterstützungen, die dort nicht bekommt ... (Abg Walter Strobl: Die leisten die Arbeit! Das ist der Unterschied!) Das ist keine Unterschied, nicht in Ihrem großen Klub, sie sind SeniorInnen anderer Klasse. Die dritte Klasse haben Sie in Ihrem SeniorInnengesetz ebenfalls ausgespart, wobei es um die Migranten-SeniorInnen geht. Auch die haben Sie in Ihrem SeniorInnengesetz nicht mit einbezogen, sondern ausgeschlossen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Aber unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand durften sie mit aufbauen! (Abg Walter Strobl: Den Unterschied erfinden nur Sie!) Der steht in Ihrem Gesetzentwurf drin. (Abg Walter Strobl: Wo?) Sie sollten es wieder einmal durchlesen.

Doch fangen wir einmal an in den Bereichen, die die Voraussetzung für ein menschenwürdiges Altsein schaffen sollten. Das ist nämlich die gerechte Versorgung im Alter - ich muss leider wieder darauf zurückkommen -, das ist eine Pension. Doch im Moment geschieht mit den Pensionen der Zukunft die perfideste Geldbeschaffung, die man sich vorstellen kann. (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPÖ.) Es wird mit den Rechten der Menschen ganz besonders schlimm umgegangen. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Würde, was hier passiert. Nicht, dass wir keine Reform wollen - diese muss sein -, aber vielen Menschen auf diese Weise die finanzielle Grundlage für ihr Alter zu nehmen, das lehnen wir wirklich ab, das ist die schamloseste Form der Politik! (Abg Gerhard Pfeiffer: ... sozialistische Realitätsverweigerung!)

Doch gehen wir weiter in die Arbeitswelt. Altern in Würde fängt schon dort an: Wie gehen Frauen mit 35 damit um, wenn in Inseraten steht: "aber höchstens ein Arbeitsangebot bis 30, 35"? Altern sie in Würde, wenn sie ein Stellenangebot lesen, in dem sie ab 35 bereits zum alten Eisen gehören?

Mein Versuch - und hier kann ich leider die in Wien regierende SPÖ nicht ganz auslassen (Abg Walter Strobl: "Leider"!) -, eine Imagekampagne für ältere Frauen einzurichten, war leider nicht von Erfolg gekrönt. Es wurde das, was auf dem Papier steht, für Initiativen angesehen. Es war sehr interessant, als ich gestern ziemlich spät am Abend noch bei meiner Rede saß und im Radio eine Sendung über ältere Arbeitslose hörte. Das war sehr interessant, das hätten Sie sich anhören sollen. Zur gleichen Zeit, als das von der SPÖ abgelehnt wurde, waren die Medien voll, und jetzt ist, wie gesagt, auch im Radio zu hören, wie mit älteren Arbeitslosen umgegangen wird. Das heißt wiederum: nicht menschenwürdig!

Nun geht die ÖVP-FPÖ-Regierung her, streicht die Frühpensionen und schickt die Menschen sozusagen zurück zum Arbeitsamt, um ihnen dort etwas zukommen zu lassen - mit einer kleinen Aufbesserung -, was statt Frühpension eine Übergangszeit ist. Wenn sie überhaupt zu jung sind, dann dürfen sie eine Sozialhilfe beantragen. Ganz toll, stellen Sie sich das vor: Menschen, die schon lange im Arbeitsprozess sind, werden jetzt arbeitslos und dürfen sich am Sozialamt um Sozialhilfe anstellen. Die "Würde", die man dort verbreitet, können Sie sich hoffentlich vorstellen.

Jeder Fünfte über 50 ist arbeitslos - die Aussagen eines 55-Jährigen gestern im Radio. Der Betreuer hat ihm gesagt: "Arbeit? Vergessen Sie es!"

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Sie haben noch eine Minute.

Abg Waltraud Cecile Cordon (fortsetzend): Oje. - Die Frauen sind die größten Verlierer. (Abg Georg Fuchs: ... Bundespolitik!)

Wohnen im Alter: Es ist immer noch eine Frage des Geldes, wie Sie sich einrichten können. Es wird hier vieles getan, aber wenn Sie nicht in ein Heim wollen, haben Sie letztendlich Probleme.

Altern im Verkehr, alte Menschen im Verkehr: Mit Würde komme ich selten über die Straße, sondern meistens mit Rennen und einigem Anziehen der Geschwindigkeit. Die Grünphasen sind zu kurz. Herr StR Schicker hat schon angekündigt, dass er da etwas ändern will - spät, aber doch.

Ein U-Bahnaufgang ohne Lift, mit Rolltreppe: Gehen Sie mit Würde eine hohe Treppe hinauf! Na ja, ich rede jetzt nicht ...

Präsident Johann Hatzl (unterbrechend): Bitte den Schlusssatz.

Abg Waltraud Cecile Cordon (fortsetzend): Gut. - Leider kann ich nicht alles unterbringen, was die Menschen daran hindert, in Würde alt zu sein oder ein menschenwürdiges Altsein in Wien - auch in Wien, aber wohl in Österreich generell - zu erleben. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

Präsident Johann Hatzl: Danke der Frau Abgeordneten. - Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Landauer.

StRin Karin Landauer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Menschenwürdiges Altern in Wien - ich glaube, es ist gut, dass wir damit eine Aktuelle Stunde machen. Nur glaube ich, es wäre sehr sinnvoll, wenn wir entweder einmal eine Dringliche initiieren oder überhaupt einmal über dieses Thema sehr lange und ausführlich reden würden. Genau wie Frau Abg Korosec gesagt hat, zeigt ja die demographische Entwicklung, wie wichtig dieses Thema ist. Auch Frau Abg Cordon weist darauf hin, indem sie sehr weit zurückgeht, nämlich in die Arbeitswelt: Dort beginnt das Alter bereits bei 35; bei Frauen würde ich jetzt fast sogar schon sagen, bei 30, und bei den Männern bei 35 bis 40. Daher glaube ich wirklich, wir sollten daraus einmal einen Schwerpunkt machen.

Bezüglich der Pension verstehe ich teilweise die Aufregung und die Betroffenheit hier, aber ich denke mir, dass es gerade bei der Pensionsreform, die derzeit in Begutachtung ist, ganz besonders wichtig wäre, sie weniger emotionell zu besprechen, sondern einmal abzuwarten, was nach der Begutachtung passiert. Ich erhoffe mir hier eine wesentliche Veränderung des vorgelegten Pensionsreformpapiers.

Aber nun möchte ich auf das Thema "Menschenwürdiges Altern in Wien" eingehen. Ein wichtiges Anliegen ist mir - und ich glaube, das sollte uns allen ein wichtiges Anliegen sein - die Einsamkeit, die Einsamkeit der älteren Menschen in dieser Stadt. Wir haben Jugendzentren, wir haben Jugendsportplätze, wir haben so wahnsinnig viel für die Jugend - wunderbar, das begrüße ich. Wir haben aber meiner Ansicht nach viel zu wenige Angebote für die Senioren. Ich denke mir, gerade im Sportbereich wäre eine gemeinsame Aktion zum Beispiel eine Generationen-Sportveranstaltung, in deren Rahmen alle Altersgruppen gemeinsam auftreten und gemeinsam etwas tun. Da könnte Kommunikation entstehen.

Alle, die dort beschäftigt sind oder wissen, wie die mobilen Einrichtungen arbeiten, wissen auch, dass die mobilen Einrichtungen ein bisschen abfedern können hinsichtlich der Pflege, der Behördenwege, des Essens und so weiter. Aber was die mobilen Einrichtungen nicht können, ist, die Einsamkeit zu verhindern. Da denke ich mir, es wäre wirklich sehr sinnvoll, wenn es zu einer Vernetzung käme zwischen der Jugend, den Menschen mittleren Alters - also den 30- bis 50-Jährigen - und schließlich den Älteren. Mein Wunsch wäre, dass wir uns gemeinsam etwas überlegen könnten, wie eben eine solche die Generationen überschreitende Sportveranstaltung. Ich bleibe ganz bewusst bei dieser Sportveranstaltung, weil ich glaube, dass das für alle etwas ganz Wichtiges und Positives wäre und wir damit vielleicht das große Problem der Einsamkeit in einer Großstadt verhindern oder vermindern könnten. Das wäre mein Wunsch an diese Stadt.

Ich möchte noch ganz kurz ...

Präsident Johann


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