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Initiative der E-Learning Kontaktstelle FHNW (ELK) / FHNW Arbeitsgruppe
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Handreichung zum Einsatz von Plagiatssoftware
Initiative der E-Learning Kontaktstelle FHNW (ELK)
FHNW Arbeitsgruppe
Juli 2014
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Initiative der E-Learning Kontaktstelle FHNW (ELK) / FHNW Arbeitsgruppe
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Das Ressort Ausbildung schlägt vor, dass die Hochschulen der FHNW bei Verdacht eines
Plagiates überprüfen, ob Urheberrechte verletzt sind und ob die Studentin, der Student auch
Verfasserin, Verfasser der Arbeit ist. Dabei soll der Umgang mit Plagiaten an der FHNW in
erster Linie durch eine offene und verständnisvolle Fehlerkultur geprägt sein. Es ist
anzunehmen, dass die Mehrheit der Plagiate nicht absichtlich begangen wird, sondern sich
meistens durch unbeabsichtigtes falsches Zitieren bzw. nicht korrektes Paraphrasieren
ergibt. Insofern soll der Schwerpunkt der getroffenen Massnahmen auf der Prävention liegen
und zwar in Rahmen propädeutischer Veranstaltungen, die in die Regeln wissenschaftlichen
Arbeitens einführen. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, Studierende für die Problematik der
Plagiate aus wissenschaftlicher und urheberrechtlicher Sicht zu sensibilisieren. Über diese
Veranstaltungen hinaus sollte die Plagiatssoftware im Sinne eines didaktischen Instruments
von dem Hochschullehrenden eingesetzt werden.
Diese Handreichung gibt Antworten auf folgende Fragen:
1
Was sind Plagiate? Woran erkennt man sie? ................................................................... 2
2
Wann kommt eine Plagiatssoftware zum Einsatz? ........................................................... 4
3
Was ist/leistet eine Plagiatssoftware, was leistet sie nicht? ............................................. 4
4
Wie ist mit Plagiaten umzugehen? ................................................................................... 5
1 Was sind Plagiate? Woran erkennt man sie?
Nachfolgender Vorschlag zur Definition eines Plagiats wurde in Anlehnung an
Schwarzenegger (2006, S. 6) erarbeitet.
Merksatz
Von einem Plagiat wird gesprochen, wenn ein fremdes Werk als Ganzes oder teilweise als
eigenes Werk ausgegeben wird, wenn die Quelle also gar nicht oder nur unzureichend
ausgewiesen wird.
Passagen eines fremden Werkes
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dürfen nur übernommen werden, wenn das Zitat und die
Quelle bezeichnet werden (vgl. URG, Art. 25 Abs. 2), ansonsten wird das Urheberrecht
verletzt. Die Grenze zum Plagiat ist dann überschritten, wenn auf ein fremdes Werk
zurückgegriffen wird, ohne die Quelle anzugeben. Rechtswidrig sind Übernahmen etwa,
wenn eigene Ausführungen ausgespart werden und stattdessen durch ein "unkenntliches
Zitat" ersetzt werden. Dabei handelt es sich um eine Form geistigen Diebstahls (URG, Art.
25 N 2).
Mögliche Plagiatsformen:
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1) Eine Person reicht ein (bereits bestehendes) fremdes Werk unter ihrem Namen ein
(Vollplagiat).
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Als Werk gilt jede geistige Schöpfung, die sich durch individuellen Charakter auszeichnet, so
beispielsweise Texte, musikalische Kompositionen, Programm-Code (Informatik), bildnerische Kunst,
visuelle und audiovisuelle Werke.
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In Anlehnung an FHNW (2014) Plagiat.
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2) Eine Person übernimmt Textteile aus einem fremden Werk, ohne diese Textteile als
Zitat kenntlich zu machen und die entsprechende(n) Quelle(n) anzugeben. Hierzu
gehört auch das Verwenden von Textteilen aus dem Internet ohne Quellenangabe
(Copy & Paste-Plagiat).
3) Eine Person übernimmt Textteile aus einem fremden Werk und nimmt leichte
Textanpassungen und -umstellungen vor (Paraphrasieren), ohne die Quelle kenntlich
zu machen (Teilplagiat)
4) Eine Person übernimmt Textteile aus einem fremden Werk, paraphrasiert sie
allenfalls und gibt die entsprechende Quelle zwar an, aber nicht im Kontext des
übernommenen Textteils bzw. der übernommenen Textteile (Beispiel: Verstecken der
plagiierten Quelle in einer Fussnote am Ende der Arbeit).
5) Eine Person übersetzt fremdsprachige Texte oder Teile von fremdsprachigen Texten
und gibt sie ohne Quellenangabe als eigene aus (Übersetzungsplagiat).
6) Eine Person reicht eine Arbeit unter eigenem Namen ein, die sie von einer anderen
Person hat erstellen lassen («Ghostwriter»).
7) Eine Person reicht dieselbe Arbeit (oder Teile davon) zu verschiedenen Prüfungs-
oder Seminaranlässen ein (Selbstplagiat).
Die jeweilige Spezifik einer Hochschule bzw. ihrer Fachdisziplinen spielt beim
Entscheidungsprozess der Plagiatserkennung und der zu treffenden (Gegen-)Massnahmen
eine grosse Rolle. So umfasst redliches wissenschaftliches Arbeiten auch den Umgang mit
Daten und Ideen anderer, deren Quellen ebenfalls anzugeben sind, auch wenn es sich dabei
im juristischen Sinne nicht um Werke handelt.
Merksatz
Plagiate können auf Grund bewusster Täuschungen entstehen, müssen aber nicht.
Es gibt unterschiedlich starke Indizien für Plagiate (Auswahl):
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• Stilbrüche: Der Schreibstil variiert innerhalb der Arbeit.
• Holprige Verknüpfungen von Textteilen: Copy-Paste aus verschiedenen Quellen.
• CH-spezifisch: ß statt ss.
• Möglicherweise übernommene Rechtschreib-/Grammatikfehler.
• Niveau der Argumentation entspricht (teilweise) nicht dem Niveau der Studierenden.
• Wechsel des Zitationsstiles.
Die Schreibforschung hat gezeigt, dass das akademische Schreiben zwar an den
Mittelschulen vorbereitet wird, aber erst im Rahmen eines Studiums die Kompetenz im
eigentlichen Sinne erworben wird (vgl. dazu Castelló/Donahue 2012; aber auch Pohl 2007;
Steinhoff 2007). Dazu gehört auch der korrekte Umgang mit Quellen. Plagiate entstehen
vielfach deshalb, weil die Studierenden das wissenschaftliche Schreiben (noch) nicht
beherrschen. Sie sind sich deshalb i.d.R. auch keiner Schuld bewusst.
Mögliche Massnahmen gegen Plagiate:
• Sensibilisierung der Studierenden: Der richtige Umgang mit Quellen muss vermittelt
werden; dazu gehören neben dem Zitieren an sich auch die Verwaltung von
Rechercheergebnissen und das sorgfältige Exzerpieren. Insbesondere müssen die
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vgl. u. a. Weber-Wulff, Debora; Wohnsdorf, Gabriele (2006) und Weber-Wulff, Debora
(2013).
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Studierenden verstehen, weshalb und wann Quellenangaben nötig sind (vgl.
Sturm/Salzmann/Mezger 2012).
• Redlichkeitserklärungen können einen Beitrag zur Sensibilisierung der Studierenden
leisten (vgl.
www.schreiben.zentrumlesen.ch/redlichkeitserklaerungen.cfm
).
• Prüfung eingereichter Texte in Verdachtsmomenten mittels Plagiatssoftware, dazu
müssen elektronische Versionen (z. B. PDF) vorliegen.
• Integration der Plagiatssoftware in verschiedene Lehrveranstaltungen, z.B. in
Peerfeedback-Settings, in denen Studierende gegenseitig Texte korrigieren, nach
Plagiaten durchsuchen und Verbesserungsvorschläge machen. Der Zugang zur
Plagiatssoftware kann hier individuell von den Lehrenden ermöglicht werden für den
spezifischen Zweck der Lehrveranstaltung (kein genereller Nutzungszugang für
Studierende!).
2 Wann kommt eine Plagiatssoftware zum Einsatz?
Merksatz
Die Plagiatssoftware ist ein Hilfsmittel, um Plagiate in Texten zu identifizieren. Die Software
kann zudem als Gegenstand selbst in der Lehre eingesetzt werden, um Studierende für das
Themenfeld zu sensibilisieren.
Eine Plagiatsprüfung durch die Software sollte nur in Verdachtsfällen durch die Fachperson,
also die Hochschullehrenden, durchgeführt werden. Das Analyseresultat muss
eingehend geprüft werden, um definitiv entscheiden zu können, inwiefern Plagiate vorliegen.
Wie oben erläutert, werden meistens Teile aus anderen Werken ohne Quellenangaben
übernommen. Die leicht zu eruierenden Vollplagiate sind selten.
Merksatz
Die Analyseresultate der Plagiatssoftware müssen von einer Fachperson beurteilt werden,
da nur sie über das dazu nötige Fachwissen verfügt. Die Prüfung kann nicht an die
Administration delegiert werden.
Zur Analyse der Ergebnisse der Plagiatssoftware benötigt es Fachwissen und inhaltliche
Expertise, die ausschliesslich von betreuenden Hochschullehrenden geleistet werden
können. Nur er/sie kennen die Fachliteratur, sodass die Schwere der Plagiate eingeschätzt
werden kann (vgl. Abschnitt 3).
Soll die Plagiatssoftware zur Prüfung von Arbeiten genutzt werden, welche im Auftrag
externer Kund/-innen entstehen, dann empfiehlt es sich, vorab das Vorgehen abzustimmen.
Bei Arbeiten, die einer Geheimhaltung unterliegen, ist dies vorab innerhalb der
Geheimhaltungsvereinbarung (NDA) schriftlich zu berücksichtigen. Hier empfiehlt sich auch,
das genaue Vorgehen darzulegen.
3 Was ist/leistet eine Plagiatssoftware, was leistet sie nicht?
Merksatz
Nicht alles, was von der Software als möglicher Verdachtsfall ausgewiesen wird, ist ein
Plagiat und nicht alle Plagiate werden von der Software erkannt.
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Plagiatserkennungssoftware gleicht die Inhalte des zu überprüfenden Texts mit einer vom
Hersteller angelegten Text-Datenbank sowie auf Wunsch mit anderen, eingespeisten
Dokumenten ab (z.B. Hausarbeiten von Studierenden im selben Seminar, von derselben
Hochschule o.ä.). Nur so ist prüfbar, ob Studierende entweder eine Arbeit gemeinsam
geschrieben haben, die sie jedoch individuell hätten verfassen sollen, oder sogar eine Arbeit
einreichen, die anderswo bereits von ihnen oder jemand anders eingereicht wurde. Findet
das Programm Ähnlichkeiten, zeigt es diese an.
Es werden grundsätzlich alle findbaren Ähnlichkeiten angezeigt, auch wenn diese vom
Verfasser/von der Verfasserin der Arbeit korrekt als Zitat ausgewiesen werden. Deshalb ist
ein Ähnlichkeitsindex von beispielsweise 10% noch kein Beleg dafür, dass 10% der Arbeit
plagiiert wurden. Als übereinstimmend können auch Standardformulierungen angezeigt
werden, wie etwa die folgende: „Die vorliegende Arbeit beleuchtet vor dem Hintergrund …“.
Hierbei handelt es sich selbstverständlich nicht um Plagiate.
In bestimmten Fällen werden Plagiate nicht erkannt, dies ist der Fall, wenn Quellen nicht
digital für die Datenbank zur Verfügung stehen (z.B. ältere Lehrbücher, nur gedruckt
verfügbare Monographien, einige anderssprachige Quellen, Studienarbeiten von anderen
Hochschulen). Plagiate, die auf diesen Quellen basieren, lassen sich lediglich durch die
bereits genannten Indizien aufspüren.
4 Wie ist mit Plagiaten umzugehen?
Merksatz
Die Art der Sanktionen ergibt sich aus der Schwere des Plagiats.
Unabsichtliche Plagiate, die aufgrund des noch nicht so weit fortgeschrittenen Erwerbs des
wissenschaftlichen Schreibens entstanden sind, sind anders zu behandeln als bewusstes
Plagiieren. Dies sollte jedoch aber abhängig vom Studienabschnitt beurteilt werden, in einer
Qualifikationsarbeit sowie im Masterstudium dürfen Plagiate nicht mehr ‹passieren›.
Der Umgang mit Plagiaten ist unterschiedlich geregelt. Die Pädagogische Hochschule
FHNW nennt Richtlinien zum Umgang mit Plagiaten (PMS-Dokument 111.1.11.08
4
). Dabei
orientiert sich das Verfahren beim Aufdecken eines Plagiats an den in der Rahmenordnung
für die Bachelor- und Masterstudiengänge an der FHNW festgelegten Massnahmen bei
Pflichtverletzungen (§ 14). Dabei wird je nach Schweregrad (Bagatellfälle, leichte Fälle,
gravierende Fälle) eines Plagiats unterschiedlich vorgegangen. Folgende disziplinarischen
Massnahmen sind beispielsweise möglich: Schriftliche Verwarnung durch die Lehrenden,
Ausschluss von der Prüfung für eine bestimmte Zeit, Ausschluss vom Studium. Bei
Bagatellfällen zu Beginn des Studiums ist das übliche Vorgehen die Rückweisung der Arbeit
mit dem Auftrag zur Überarbeitung der entsprechenden Stellen.
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PH FHNW (2008): Richtlinien zum Umgang mit Plagiaten (19. März 2008, mit Anpassungen vom 27.
August 2009).
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Quellen
Castelló, Montserrat; Donahue, Christiane (Hg.) (2012): University writing. Selves and texts
in academic societies. Bingley: Emerald (= Studies in Writing 24).
FHNW (2014): Plagiat (25.03.2014) URL (mit AAI-Login):
https://applications.inside.fhnw.ch/app/pms/PMS-
Dokumente/Direktion,%20Stab/11%20Ausbildung%20%C3%BCbergreifend/DI-
AB%20Definition%20Plagiat%20FHNW.pdf#search=plagiat
[24.06.2014].
PH FHNW (2008): Richtlinien zum Umgang mit Plagiaten (19. März 2008, mit Anpassungen
vom 27. August 2009). URL (mit AAI-Login):
https://applications.inside.fhnw.ch/app/pms/PMS-
Dokumente/P%C3%A4dagogische%20Hochschule/07%20Organisation/PH-
ORG%20Plagiaten.pdf#search=plagiat
[24.06.2014].
Pohl, Thorsten (2007): Studien zur Ontogenese wissenschaftlichen Schreibens. Tübingen:
Niemeyer (= Reihe Germanistische Linguistik 271).
Schwarzenegger, Christian (2006): Plagiatsformen und disziplinarrechtliche Konsequenzen.
In: unijournal 4/06, Universität Zürich, 19. Juni 2006.
Steinhoff, Torsten (2007): Wissenschaftliche Textkompetenz. Sprachgebrauch und
Schreibentwicklung in wissenschaftlichen Texten von Studenten und Experten. Tübingen:
Max Niemeyer (=Reihe Germanistische Linguistik 280).
Sturm, Afra; Mezger, Res (2008): Plagiate in schriftlichen Arbeiten. Eine Handreichung.
Aarau: Fachhochschule Nordwestschweiz, Pädagogische Hochschule, IFE, Zentrum Lesen.
URL:
http://www.schreiben.zentrumlesen.ch/handreichung_plagiate.cfm
[14.1.2014].
Sturm, Afra; Salzmann, Martin und Mezger, Res (2012): Quellenangaben und Zitate in
wissenschaftlichen Texten. Eine Handreichung. 2., durchges. Aufl. Aarau/Brugg:
Fachhochschule Nordwestschweiz, Pädagogische Hochschule, IFE, Zentrum Lesen.
URL:
http://www.schreiben.zentrumlesen.ch/stud_zitieren.cfm
[15.1.2014].
Weber-Wulff, Debora; Wohnsdorf, Gabriele (2006): Strategien der Plagiatsbekämpfung. In:
Information: Wissenschaft & Praxis, S. 90-98.
Weber-Wulff, Debora (2013): Plagiatserkennungssoftware-Test 2013. Publiziert auf e-
teaching.org, 21.10.2013. URL:
http://www.e-
teaching.org/news/eteaching_blog/blogentry.2013-10-
21.9967618355/et_showComments?entryid=blogentry.2013-10-
21.4354833088&lastmodified=2013-10-21%2011:23:55
[23.06.2014].
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