Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
1 Bf 29/12.Z
17 K 361/11
Beschluss
In der Verwaltungsrechtssache
- Kläger -
g e g e n
- Beklagte -
hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Mehmel und
Engelhardt sowie die Richterin Groß am 21. Juli 2016 beschlossen:
./Mel.
- 2 -
- 3 -
Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird
das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
30. November 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg wirkungslos.
Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsge-
richts Hamburg insoweit zugelassen, als es um das Begehren des Klägers auf Zu-
gang zu den bei der Beklagten vorhandenen Unterlagen zu dem Gemäldefragment
"Die Schlacht bei Qurman" (Inventarnummer A4577) geht.
Im übrigen wird der Zulassungsantrag abgelehnt. Insoweit trägt der Kläger die Kos-
ten des Zulassungsverfahrens.
Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren wird unter Abänderung des am 30.
November 2011 verkündeten Beschlusses des Verwaltungsgerichts auf 25.000 Euro
festgesetzt.
Für den abgelehnten Teil des Zulassungsantrags wird der Streitwert auf 2.500 Euro
festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Soweit die Berufung zugelassen worden ist, wird das Antragsverfahren als Berufungsver-
fahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begrün-
den. Die Begründung ist beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertor-
damm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem
Ablauf gestellten Antrag verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten An-
trag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung enthalten.
Im Berufungsverfahren besteht für jeden Beteiligten Vertretungszwang gemäß § 67 Abs. 4
VwGO.
- 3 -
- 4 -
G r ü n d e
I.
Der Kläger begehrte ursprünglich von der Beklagten, ihm Zugang zu verschiedenen nicht
öffentlich ausgestellten Gemälden ihrer Ostasienabteilung sowie zu den dazugehörenden
Unterlagen zu gewähren. Zu den Kunstwerken gehört u.a. das Schlachtengemälde "Die
Schlacht bei Qurman" von 1760, Hängerolle, Farbe auf Seide, 366 cm x 388 cm, Inven-
tarnummer A4577. Hierbei handelt es sich um ein Fragment eines einstmals größeren
Bildes. Der Kläger besitzt ein Bildfragment (ca. 70 cm x 110 cm), von dem er vermutet,
dass es zu demselben Ursprungsbild gehört wie das Qurman-Fragment der Beklagten.
Nach einem sich über längere Zeit hinziehenden Schriftverkehr erhob der Kläger im Feb-
ruar 2011 Klage, in der er zuletzt beantragte, die Beklagte unter Aufhebung des Be-
scheids vom 9. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar
2011 zu verpflichten, ihm Zugang zu fünf näher bezeichneten Kunstwerken zu den Kolo-
nialkriegen des chinesischen Kaisers Qianlong
–
darunter das Qurman-Fragment
–
samt
sämtlicher dazugehöriger Unterlagen (Ankaufsurkunden, Gutachten, Zustandsbefunde,
Restaurierungsberichte, Provenienzprüfungen etc.) zu gewähren.
Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. November 2011 verpflichtete das
Verwaltungsgericht die Beklagte, über den Antrag des Klägers auf Gewährung des Zu-
gangs zu den fünf Gemälden erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts
zu entscheiden; im übrigen wies es die Klage ab.
Die Klage sei hinsichtlich des Zugangsbegehrens zu den fünf Kunstwerken zulässig. So-
weit es um den Zugang zum Qurman-Artefakt gehe, seien der Antrag abgelehnt und der
hiergegen eingelegte Widerspruch zurückgewiesen worden. In Betracht komme ein Zu-
gangsanspruch nach den Vorschriften des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes
(HmbIFG) bzw. ein Anspruch auf Benutzung des Völkerkundemuseums als öffentliche
Einrichtung. Hinsichtlich des Zugangs zu den übrigen Kunstwerken sowie zu den vorhan-
denen Unterlagen zu allen Bildern sei die Klage als Untätigkeitsklage zulässig. Als mögli-
che Anspruchsgrundlage komme auch insoweit ein Anspruch auf Zulassung zur Benut-
zung des Museums in Betracht. Ansprüche nach dem Hamburgischen Informationsfrei-
- 4 -
- 5 -
heitsgesetz seien indes ausgeschlossen: Zwar dürften hinsichtlich der Unterlagen zu den
Kunstwerken an sich Zugangsansprüche nach diesem Gesetz eröffnet sein, diese würden
aber nach § 7 Abs. 4 HmbIFG als bestandskräftig abgelehnt gelten.
Die Klage sei teilweise begründet. Ein unmittelbarer Anspruch auf Zugang zu den Kunst-
werken und den dazugehörigen Unterlagen bestehe nicht. Ein solcher ergebe sich weder
aus einer Zusicherung noch aus dem Hamburgischen Archivgesetz. Ein Anspruch auf
Zugang zu dem Qurman-Rollbild und zu den anderen Bildern ergebe sich schließlich nicht
aus dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz. Die in Rede stehenden Bilder wür-
den als Kunstwerke ihrem Wesen nach nicht von den Bestimmungen dieses Gesetzes
erfasst. Sie könnten nicht als Aufzeichnung im Sinn von § 2 Nr. 1 HmbIFG angesehen
werden. Eine Aufzeichnung erfordere das Vorliegen einer vom Informationsträger ab-
trennbaren oder abstrahierbaren Information. Eine Trennung in diesem Sinn sei bei den
fraglichen Kunstwerken nicht möglich. Aber selbst wenn die auf den Bildern zu sehenden
Ereignisse und Personen Aufzeichnungen im Sinn des Informationsfreiheitsgesetzes wä-
ren, würde der Zugangsanspruch des Klägers daran scheitern, dass es sich hierbei nicht
um "amtliche" Aufzeichnungen handle. Das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz sei
dahin auszulegen, dass es sich nur auf amtliche Informationen beziehe.
Der Kläger könne aber verlangen, dass die Beklagte über seinen Antrag auf Sonderbe-
nutzung der Bilder in der öffentlichen Einrichtung der Beklagten (Nutzung außerhalb des
Widmungszwecks der öffentlichen Einrichtung) nach näheren Maßgaben ermessensfeh-
lerfrei entscheide. Über den Antrag auf Zugang zu den Ankaufs-, Restaurierungs- und
sonstigen Unterlagen müsse die Beklagte hingegen nicht neu entscheiden, da sie über-
zeugend dargelegt habe, dass ihr trotz entsprechender Recherchen keine der begehrten
Unterlagen bekannt seien.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger insoweit die Zulassung der Berufung beantragt, als es
um die Verpflichtung der Beklagten geht, ihm Zugang zum Gemäldefragment "Die
Schlacht von Qurman" und zu den zu diesem Bild gehörenden Unterlagen zu gewähren.
Der Kläger macht geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils
des Verwaltungsgerichts. Ferner weise der Rechtsstreit besondere rechtliche Schwierig-
keiten auf; schließlich habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.
- 5 -
- 6 -
Mit Bescheid vom 31. Januar 2013 gestattete die Beklagte dem Kläger nach Maßgabe
eines Nutzungsvertrags den Zugang zu einem der beim Verwaltungsgericht bezeichneten
Offiziersporträts sowie zu im einzelnen bezeichneten Unterlagen zu fünf Gemälden, da-
runter auch solche hinsichtlich des Qurman-Fragments. Am 4. April 2013 übersandte die
Beklagte dem Kläger Kopien der im Bescheid vom 31. Januar 2013 bezeichneten schriftli-
chen Unterlagen aus den Jahren 1904 und 1906 und eine DVD mit Kopien/Scans von
Fotos und Dias u.a. des Qurman-Artefakts. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der
Beklagten mit Schriftsatz vom 25. April 2013 übersandten Anlagen B 5 und B 9 verwie-
sen. Der Kläger hat daraufhin "in Bezug auf die Unterlagen, die der Kläger nunmehr erhal-
ten hat", mit Zustimmung der Beklagten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt
erklärt. Zu einer Erledigungserklärung, die sich insgesamt auf das Begehren auf Zugang
zu Unterlagen zum Qurman-Fragment bezieht, ist der Kläger nicht bereit; er meint, es
müsse noch bessere Fotos geben als die, die er nunmehr erhalten habe. Die Beklagte
müsse sich überdies bemühen, eine Kopie eines hochauflösenden Negativs des Qurman-
Bildes von einer näher bezeichneten Person in Berlin zu erhalten. Außerdem gebe es bei
der Beklagten die Akte S.J.1 und einen Archivkasten, die er selbst durchsehen wolle, um
nach etwaigen weiteren Unterlagen suchen zu können.
Die Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen. Sie wendet sich insbesondere gegen
die Herleitung eines Anspruchs auf Zugang zu dem Bild aus dem Informationsfreiheits-
recht. Einem unmittelbaren Zugangsanspruch stünden zudem der problematische Erhal-
tungszustand des Bildes und die mögliche Notwendigkeit entgegen, das Bild nach dem
Aufrollen sofort zu restaurieren, wofür weder Personal noch finanzielle Mittel zur Verfü-
gung stünden. Sie bezweifelt zudem das vom Kläger betonte wissenschaftliche Interesse
und vermutet ein rein finanzielles Interesse.
II.
Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben
–
nämlich
hinsichtlich der im Bescheid vom 31. Januar 2013 bezeichneten und mit Schreiben vom 4.
April 2013 übersandten Unterlagen zum Qurman-Gemälde
–
, ist es unmittelbar beendet
und wird deklaratorisch in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ein-
gestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg ist, soweit es sich auf diese Unter-
lagen bezieht, wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in sinn-
- 6 -
- 7 -
gemäßer Anwendung). Die auf diesen Teil entfallende, gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO
nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung wird aus Praktikabilitätsgründen
im Rahmen der Schlussentscheidung getroffen.
III.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig. Der Kläger, der sich als
Rechtsanwalt selbst vertreten kann (§ 67 Abs. 4 Satz 8 VwGO), hat gegen das ihm am
11. Januar 2012 zugestellte Urteil fristgerecht die Zulassung der Berufung beantragt und
den Antrag sogleich begründet. Eine Präzisierung des Vorbringens im Hinblick auf die
gesetzlichen Berufungszulassungsgründe nahm der Kläger mit einem am 7. März 2012
beim Oberverwaltungsgericht eingegangen Schriftsatz vor. Damit hat der Kläger innerhalb
der zweimonatigen Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) deutlich gemacht,
dass und mit welchen Ausführungen er seinen Zulassungsantrag auf die in § 124 Abs. 2
Nr. 1 bis 3 VwGO genannten Gründe stützt.
Der Antrag hat keinen Erfolg, soweit es um das Begehren auf unmittelbaren Zugang zu
dem Gemälde "Die Schlacht bei Qurman" geht (A.). Soweit der Kläger Zugang zu Unter-
lagen über das Gemälde begehrt, hat der Zulassungsantrag (nur) insoweit Erfolg, als es
um Unterlagen geht, die bei der Beklagten vorhanden sind (B.).
A.
Soweit der Kläger über die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene, inzwischen rechts-
kräftige Verpflichtung der Beklagten zu einer Neubescheidung seines Antrags hinaus die
unmittelbare Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm Zugang zu dem Bild "Die Schlacht
bei Qurman" zu gewähren, hat sein Zulassungsantrag keinen Erfolg. Weder bestehen aus
den von ihm dargelegten Gründen, die das Gericht im Rahmen des Zulassungsantrags
allein zu prüfen hat, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (1.), noch rechtferti-
gen die Darlegungen die Annahme besonderer rechtlicher Schwierigkeiten (2.) oder einer
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (3.).
1. Aus den vom Kläger dargelegten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der
Richtigkeit des angefochtenen Urteils, soweit es sich auf das Qurman-Bild bezieht. Die
- 7 -
- 8 -
Berufung ist dann gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulas-
sen, wenn ein das Urteilsergebnis tragender Rechtssatz oder eine in diesem Sinne erheb-
liche Tatsachenfeststellung des angefochtenen Urteils mit schlüssigen Argumenten in
Frage gestellt wird. Im vorliegenden Fall sprechen aber keine erheblichen Gründe dafür,
dass die angefochtene Entscheidung im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung nicht
standhalten würde.
a) Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (S. 12-15) einen auf das Hamburgische
Informationsfreiheitsgesetz gestützten Zugangsanspruch zu dem Bild abgelehnt. Das
Verwaltungsgericht hält Kunstwerke generell nicht für "Aufzeichnungen" im Sinn von § 2
Nr. 1 HmbIFG vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29 - HmbIFG 2009), so dass das Be-
gehren, ein Bild körperlich ansehen zu dürfen, nicht als "Informations"-Zugang zu werten
sei. Jedenfalls handle es sich bei den auf dem Bild abgebildeten Ereignissen und Perso-
nen nicht um "amtliche" Informationen; der gesetzliche Zugangsanspruch sei aber auf
"amtliche" Informationen beschränkt. Der Kläger dringt mit seiner hiergegen geübten Kritik
nicht durch.
Vorauszuschicken ist, dass das HmbIFG 2009 nach Ablauf der Begründungsfrist für den
Zulassungsantrag durch das Hamburgische Transparenzgesetz (HmbTG) vom 19. Juni
2012 (HmbGVBl. S. 271) abgelöst wurde; es trat nach § 18 Abs. 3 HmbTG am 6. Oktober
2012 in Kraft, gleichzeitig trat das HmbIFG 2009 außer Kraft. Im Fall eines Berufungsver-
fahrens hätte das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage des neuen Gesetzes zu ent-
scheiden, so dass die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Zulassungsantrag
geltende Rechtslage zugrunde zu legen ist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 7.6.2016, 1 Bf
155/15.Z; BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003, 7 AV 2.03, NVwZ 2004, 744, juris; Seibert in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 97, § 124a Rn. 257). Das Vorbringen im
Zulassungsantrag ist daher
–
soweit möglich
–
an den HmbTG-Vorschriften zu messen,
die den jeweils angesprochenen HmbIFG-Vorschriften entsprechen.
aa) Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, der in § 2 Nr. 1 HmbIFG 2009 verwendete
Begriff der Aufzeichnung setze die inhaltliche Seite der Information und die körperliche
Seite des Informationsträgers voraus, gehe damit von der Möglichkeit aus, die Information
von dem Informationsträger zu trennen. Eine solche Trennung könne bei einem Kunst-
werk nicht vorgenommen werden; aus diesem Grund falle ein Kunstwerk nicht unter den
- 8 -
- 9 -
Begriff der Aufzeichnung im Sinn des Informationsfreiheitsrechts. Die Kritik des Klägers
an dieser Auffassung begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Die Trennung in die beiden Bereiche Information und Informationsträger war schon im
HmbIFG 2009 angelegt; Gleiches gilt für die neue Rechtslage: § 2 Nr. 1 HmbIFG 2009
definierte Informationen im Sinne des Gesetzes als alle auf Informationsträgern bei aus-
kunftspflichtigen Stellen vorhandenen Aufzeichnungen, während nach § 2 Nr. 2 HmbIFG
2009 Informationsträger alle Medien waren, die Informationen speichern können. Gemäß
§ 2 Abs. 1 HmbTG sind Informationen (im Sinne des Gesetzes) alle Aufzeichnungen, un-
abhängig von der Art ihrer Speicherung. Gemäß den in den hier entscheidenden Passa-
gen textidentischen Vorschriften des § 5 Abs. 1 HmbIFG 2009 und § 12 Abs. 1 HmbTG
haben die auskunftspflichtigen Stellen (Auskunft zu erteilen oder) die Informationsträger
zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten.
Der Kläger hält der Argumentation des Verwaltungsgerichts einen eher geisteswissen-
schaftlich oder kommunikationstheoretisch begründeten Begriff der "Information" entge-
gen. Der Informationsbegriff stelle "nach allgemeinem Verständnis" auf die Person des
Informationsempfängers ab; Information hänge immer auch mit dem Bedürfnis des Infor-
mationssuchenden zusammen. Diese Sichtweise ist hier aber nicht entscheidend; hier ist
vielmehr maßgeblich, wie das anzuwendende Gesetz einen bestimmten Begriff definiert.
Sowohl § 2 Nr. 1 HmbIFG 2009 als auch § 2 Abs. 1 HmbTG definieren für den Anwen-
dungsbereich des jeweiligen Gesetzes Information aber als "Aufzeichnung".
Auf die Unterscheidung zwischen einem wissenschaftlichen Informationsbegriff und dem
Informationsbegriff des Informationsfreiheitsgesetzes (dort des Bundes) weist auch
Schoch (IFG, 2. Aufl. 2016, § 2 Rn. 13 ff., 17 ff., 22 ff.) hin. Grundlage des wissenschaftli-
chen Begriffs sei die in Informatik und Kybernetik entwickelte Unterscheidung zwischen
Zeichen/Signalen, Daten und Information. Er erwähnt sodann die syntaktische, die se-
mantische und die pragmatische Ebene des Informationsbegriffs; letztere orientiere sich
anhand des Empfängerhorizonts an den Wirkungen und Verwendungen der aus den Zei-
chen zusammengesetzten Botschaft. In diesem Zusammenhang wird auch
–
durchaus im
Sinn der Auffassung des Klägers
–
die "kontextabhängige Interpretationsleistung des
Empfängers" erwähnt (a.a.O., Rn. 20). Daneben bestehe auch der Begriff im Sinn des
Vorgangs "informieren" (a.a.O., Rn. 21). Schoch führt im weiteren aus (a.a.O., Rn. 22),
- 9 -
- 10 -
dass das Gesetz, wie § 2 Nr. 1 IFG zeige, "von der wissenschaftlichen Diskussion um
einen sachangemessenen Informationsbegriff keine Notiz" nehme. Indes verfüge der Ge-
setzgeber bei der inhaltlichen Bestimmung von Gesetzesbegriffen über einen weiten Ge-
staltungsspielraum. Kennzeichend für den Informationsbegriff des IFG sei das Schlüssel-
wort "Aufzeichnung" (a.a.O., Rn. 23). Daraus folge, dass eine Information i.S.d. IFG nur
eine solche sei, die auf einem Datenträger verkörpert sei. Demzufolge sei z.B. das bloße
Wissen eines Behördenmitarbeiters mangels sächlicher Verkörperung keine Information
im Sinn des IFG (Schoch, a.a.O., Rn. 25). Auch Frenzel (in: Dreier/Fischer/van Raay/
Spiecker, Informationen der öffentlichen Hand
–
Zugang und Nutzung, 2016, S. 57 ff.,
63 f.) konstatiert, dass gegenüber ökonomischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen
Wertungen, was als Information zu verstehen sei, das Recht unsensibel sei, es sei denn,
diese Wertungen würden zum Gegenstand des Rechts gemacht. Vorrangig für die Geset-
zesanwendung sei die gesetzliche Entscheidung, was unter Information zu verstehen sei.
Nach § 2 Nr. 1 IFG sei die Körperlichkeit durch einen sächlichen Datenträger konstitutives
Merkmal. Die hamburgische Regelung ist insoweit gleich zu betrachten, wie die oben er-
wähnten Begriffsdefinitionen belegen.
Dem steht auch die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 9. Mai 2016 (Anlage K49) ein-
gereichte Stellungnahme von Dreier und Fischer nicht entgegen. Zu dem vom Verwal-
tungsgericht postulierten Erfordernis einer Trennbarkeit von Information vom Informations-
träger
–
die beim Kunstwerk nicht gegeben sei
–
wird nur angemerkt, diese Argumentati-
on erscheine nicht zwingend, sofern man von einem weiten Begriff der "Aufzeichnung"
ausgehe (Anlage K 49, S. 3 unten). Die weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen, aus
denen das Verwaltungsgericht seine Auffassung ableitet, werden dort nicht näher ange-
sprochen.
Der Kläger mag daher recht haben, wenn er meint, das Gesetz müsste, wenn die restrikti-
ve Interpretation des Informationsbegriffs des Verwaltungsgerichts zuträfe, eigentlich "Be-
hördenunterlagen-Zugangsgesetz" heißen. Richtiger Adressat dieser Kritik ist aber allen-
falls der Gesetzgeber, der mit der eher plakativen Bezeichnung "Informationsfreiheit"
möglicherweise falsche Erwartungen weckt, nicht aber ein Gericht, das das Gesetz nach
den darin festgelegten Begriffsdefinitionen anwendet.
- 10 -
- 11 -
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts (Urteil S. 13) fallen unter den Informationsbe-
griff des Gesetzes nur solche Unterlagen (Aufzeichnungen), die verbreitet werden könn-
ten; das Verwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang auf § 5 Abs. 4 und 6
HmbIFG. Diese Voraussetzungen seien nur dann erfüllt, wenn die inhaltliche Seite der
"Information" vom Informationsträger getrennt werden könne. Die gegen diese Ausfüh-
rungen vorgebrachte Kritik des Klägers, der Begriff der Information könne nicht über die
Möglichkeit ihrer Verbreitung definiert werden, begründet keine ernstlichen Zweifel an der
Richtigkeit des Urteils. Das liegt schon daran, dass der Informationsbegriff des Klägers,
wie schon ausgeführt, nicht der der einschlägigen hamburgischen Gesetze (HmbIFG/
HmbTG) ist. Aus gesetzlichen Regelungen über Zugangsmodalitäten können sich aber
Rückwirkungen in der Weise ergeben, dass das Gesetz den Zugang nur zu solchen In-
formationen regeln will, die näher bestimmte Kriterien erfüllen. Hieran hat sich durch das
jetzt geltende Hamburgische Transparenzgesetz nichts geändert. Zwar formuliert § 12
Abs. 4 HmbTG ("Kopien der Informationen") jetzt anders als § 5 Abs. 4 HmbIFG 2009
("Kopien der Informationsträger"), doch liegt darin angesichts der Begriffsdefinition in § 2
Abs. 1 HmbTG ("Informationen sind alle Aufzeichnungen") kein inhaltlicher Unterschied.
Der Umstand, dass vom Qurman-Gemälde z.B. Fotos angefertigt und verbreitet werden
können, ist daher kein Beleg dafür, dass das Artefakt selbst eine "Information" bzw. eine
"Aufzeichnung" im Sinn von § 2 Nr. 1 HmbIFG bzw. § 2 Abs. 1 HmbTG ist. Aus diesem
Grund betrifft die wohl zutreffende Kritik des Klägers an der Annahme des Verwaltungsge-
richts (Urteil S. 13), bestimmte Details
–
wie z.B. "die vom Kläger vermuteten Lichtreflexe
in den Pupillen der Augen der Offiziere"
–
seien nur auf dem Original-Bild, nicht aber auf
einem Foto zu erkennen, keine entscheidungserhebliche Ausführung des Urteils.
Ist nach allem die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, Kunstwerke als solche
fielen nicht unter den Anwendungsbereich des Hamburgischen Informationsfreiheitsge-
setzes, vom Kläger nicht ernstlich in Zweifel gezogen worden, geht eine weitere Kritik ins
Leere: Der Kläger hält unter Hinweis auf § 16 HmbIFG (jetzt § 15 HmbTG) die Bemerkung
des Verwaltungsgerichts (Urteil S. 14, 2. Absatz) für unzutreffend, dass dann, wenn man
den Anwendungsbereich des HmbIFG auch auf in öffentlichen Sammlungen verwahrte
Kunstwerke erstrecken wollte, das insoweit bestehende vorrangige rechtliche Regelungs-
regime unterlaufen würde. Wenn Kunstwerke aber nicht dem Regelungsregime des
- 11 -
- 12 -
HmbIFG/HmbTG unterfallen, findet insoweit auch § 16 HmbIFG / § 15 HmbTG keine An-
wendung.
bb) Wenn Kunstwerke schon aus den bisher genannten Gründen nicht unter das Ham-
burgische Informationsfreiheitsgesetz bzw. jetzt das Hamburgische Transparenzgesetz
fallen, ist es vorliegend nicht entscheidungserheblich, ob die Gesetze nur den Zugang zu
"amtlichen" Informationen regeln und ob das Qurman-Artefakt ggf. eine "amtliche Informa-
tion" darstellt oder beinhaltet. Auch für das Verwaltungsgericht war diese Frage nachran-
gig, wie die Formu
lierung "Selbst wenn …, würde ein Anspruch daran scheitern …" (Urteil
S. 12, 14) zeigt. Aber auch dann, wenn es auf die angesprochene Frage ankäme, würden
die Darlegungen des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils be-
gründen.
Der Kläger kritisiert, dass das Verwaltungsgericht den Anwendungsbereich des HmbIFG
2009 auf "amtliche" Informationen eingeschränkt habe; der Gesetzeswortlaut enthalte
diese Einschränkung nicht. Damit kann er nicht durchdringen.
Das erste Hamburgische Informationsfreiheitsgesetzes vom 11. April 2006 (HmbGVBl.
S. 167) beschränkte sich weitgehend auf eine entsprechende Anwendung des Informati-
onsfreiheitsgesetzes des Bundes und normierte in § 1 Abs. 1, dass die dortigen Vorschrif-
ten auf den Zugang zu amtlichen Informationen der Behörden und sonstigen öffentlich-
rechtlich organisierten Einrichtungen der Freien und Hansestadt Hamburg nach Maßgabe
bestimmter Modifikationen entsprechend anzuwenden seien. Zutreffend weist das Verwal-
tungsgericht darauf hin, dass die Begründung zum Entwurf des HmbIFG 2009 (Bü-Drs.
12/1283) wiederholt von "amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnungen" (S. 9) bzw. vom
"Zugang zu amtlichen Informationen" (S. 11) spreche und die wesentlichen Änderungen
des neuen gegenüber dem alten Gesetz herausstreiche, ohne von einer Ausweitung des
Informationszugangs auch auf nicht-amtliche Informationen zu sprechen. Das wäre aber
zu erwarten gewesen, wenn im neuen Gesetz eine so wesentliche Ausweitung des An-
wendungsbereichs beabsichtigt gewesen wäre.
Das inzwischen geltende Hamburgische Transparenzgesetz enthält zwar nur an zwei
Stellen (§ 3 Abs. 1 Nr. 7, § 4 Abs. 2 HmbTG) das Wort "amtlich". Doch ergibt sich aus der
Begründung wiederum, dass keinesfalls eine Ausweitung des Informationsbegriffs auf
- 12 -
- 13 -
andere als amtliche Informationen beabsichtigt war. So heißt es in der Begründung zur
Begriffsbestimmung "Information" in § 2 Nr. 1 (Bü-Drs. 20/ 4466, S. 13):
"In Absatz 1 wird der Begriff der Informationen umfassend und offen formuliert, so-
dass künftige Entwicklungen bereits abgedeckt sind. Erfasst werden alle amtlichen
Zwecken dienenden Aufzeichnungen, insbesondere …"
Auch hieraus wird erkennbar, dass das HmbIFG 2009 nicht weiter gewesen ist, sonst hät-
te eine Erläuterung nahegelegen, weshalb wieder der engere Begriff der amtlichen Infor-
mation gelten solle. Zweck des neuen Gesetzes, das aus dem Entwurf einer Volksinitiati-
ve entstanden ist, war aber gerade, "den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Informa-
tionen der Verwaltung im Interesse einer noch transparenteren öffentlichen Hand zu er-
weitern sowie Mitbestimmung zu erleichtern (Bü-Drs. 20/4466, S. 1).
Darauf, ob das Qurman-Artefakt angesichts des Umstands, dass es sich bei einer Institu-
tion befindet, zu deren Aufgabe die Sammlung und Aufbewahrung solcher Bilder gehört,
eine "amtliche" Information darstellen oder beinhalten würde, kommt es nach den Ausfüh-
rungen unter aa) nicht an. Wenn der Kläger darauf hinweist, dass die Verwahrung und
Zugänglichmachung von Kunstwerken sowie die Vermittlung des Aussagegehalts der im
Bestand eines Museums befindlichen Werke amtliche Tätigkeiten der Beklagten seien, so
trifft dies zwar zu; doch stellt dies keine dem Bild anhaftende Information (Aufzeichnung)
dar.
cc) Auch die klägerische Argumentation, das Qurman-Bild enthalte nicht nur Informatio-
nen über sich selbst, sondern auch über die Art und Weise seiner Verwahrung bei der
Beklagten, führt nicht weiter. Zwar mögen aus dem Zustand des Bildes Rückschlüsse
darauf gezogen werden können, ob das Bild ordnungsgemäß verwahrt wird. Etwaige
Feuchtigkeitsschäden, Staub, Farbablösungen etc. stellen aber keine "Aufzeichnungen"
über die Verwahrung dar
–
nur hierauf erstreckt sich, wie oben ausgeführt, der gesetzliche
Anspruch aus dem Informationsfreiheitsrecht. Auch ist es sicher richtig, dass es zur "amtli-
chen Aufgabe" der Beklagten gehört, die bei ihr vorhandenen Kunstwerke ordnungsge-
mäß zu verwahren und sie zu erforschen. Dennoch macht dies das Bild nicht zu einer
"Aufzeichnung" über diese amtliche Tätigkeit (oder Untätigkeit).
- 13 -
- 14 -
b) Der Kläger macht des weiteren geltend, die Beklagte habe sich durch ihre Mitglied-
schaft im International Council of Museums (ICOM) selbst verpflichtet, ihre Sammlungen
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Er beruft sich dabei auf Ausführungen in einem
erstinstanzlich eingereichten Schriftsatz (vom 21.4.2011, S. 8), wo er die Ziffer 7.2. der
"Statuten des ICOM" (so der Kläger) zitiert:
"7.2 Das Verhältnis zur Öffentlichkeit
Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sollten mit der Öffentlichkeit immer höf-
lich und korrekt umgehen und sämtliche Korrespondenz und Anfragen umgehend
beantworten. Vorbehaltlich Einschränkungen aus Gründen der Vertraulichkeit soll-
ten Museumsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter ihr Wissen der Öffentlichkeit und
anderen Fachleuten zur Verfügung stellen und den kontrollierten, aber vollen Zu-
gang zu erbetenen Gegenständen oder Dokumenten in ihrer Obhut ermöglichen,
auch wenn es sich um ihr eigenes Forschungs- oder Spezialgebiet handelt."
aa) Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die zitierte Stelle der ICOM-Statuten
mit keinem Wort erwähnt und damit die Selbstbindung der Beklagten im Rahmen ihrer
Ermessensentscheidung in rechtsfehlerhafter Weise nicht erkannt. Der Kläger leitet aus
diesem Aspekt wohl einen Anspruch auf Zugang zum Bild aus einer Ermessensreduzie-
rung auf Null her. Seine Ausführungen begründen indes keine ernstlichen Zweifel an der
Ergebnis-Richtigkeit des Urteils; nur unter diesem Berufungszulassungsgrund hat er auf
die ICOM-Statuten hingewiesen.
bb) Der Hinweis des Klägers ist schon deshalb nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des Urteils zu begründen, weil die von ihm zitierte Formulierung aus der schon
zur Zeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr aktuellen Fassung der
–
so die richti-
ge Bezeichnung
–
"Ethischen Richtlinien für Museen (Code of Ethics for Museums)" vom
6. Juli 2001 stammt (vgl. www.icom-deutschland.de/client/media/141/dicom.pdf). Diese
Richtlinien wurden als Ergebnis einer mehrjährigen Überarbeitung und Neustrukturierung
am 8. Oktober 2004 revidiert (siehe: www.icom-deutschland.de/schwerpunkte-ethische-
richtlinien-fuer-museen.php). In der neuen Fassung heißt es nur noch (was auch der Klä-
ger beiläufig im Schriftsatz vom 18.12.2015 erwähnt):
"1.4 Zugänglichkeit
Der Träger soll gewährleisten, dass das Museum und seine Sammlungen allen In-
teressierten zu angemessenen, regelmäßigen Zeiten zugänglich sind. Besonderes
Augenmerk ist auf Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen zu richten."
- 14 -
- 15 -
Der Kläger hat aber die aktuelle Formulierung weder innerhalb der Begründungsfrist für
den Zulassungsantrag erwähnt noch dargelegt, inwieweit daraus der von ihm geltend ge-
machte Anspruch soll hergeleitet werden können.
cc) Abgesehen davon könnte der Kläger aus der ICOM-Richtlinien-Formulierung nur et-
was herleiten, wenn hieraus mehr als ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entschei-
dung über ein Zugangsbegehren folgen würde. Das ist aber nicht zu erkennen. Zwar be-
inhaltet der Begriff der Sammlungen in Nummer 1.4 der Ethik-Richtlinien nicht nur die
Gegenstände, die in Ausstellungen präsentiert werden, sondern auch Gegenstände, die in
Depots lagern, wie sich z.B. aus Nr. 2.23 der Ethik-Richtlinien ergibt. Es ist aber schon
nicht zu erkennen, dass die Ethik-Richtlinien Außenstehenden individuelle Rechte ein-
räumen wollen. Die vom Kläger postulierte Selbstbindung könnte letztlich auch nur aus
einer ständigen Praxis der Beklagten, den Zugang zu im Depot lagernden Kunstwerken
stets und uneingeschränkt zu gewähren, hergeleitet werden; der Kläger beklagt aber wie-
derholt, dass gerade die Beklagten anders als andere Museen auch anderen Personen
gegenüber restriktiv verfahre.
c) Der Kläger hat schließlich mit Schriftsatz vom 26. August 2014 auf einen im August/
September 2013 zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und der Beklagten abge-
schlossenen Überlassungsvertrag hingewiesen, mit dem die bisher rein tatsächliche Über-
lassung von im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg stehenden Sammlungsge-
genständen vertraglich geregelt wird. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags ist die Stiftung
(= Beklagte) verpflichtet, die Sammlungsgegenstände kontinuierlich zu überwachen und
mit konservatorischen und restauratorischen Maßnahmen zu bewahren. Der Kläger will
bei einer der (nach seiner Ansicht) somit ohnehin erforderlichen Maßnahmen Zugang zum
Qurman-Bild erhalten.
Dieser Vortrag ist im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigungsfähig. Nach der ver-
waltungsgerichtlichen Entscheidung eingetretene neue Tatsachen sind im Rahmen eines
Berufungszulassungsantrags nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie innerhalb der
Frist für die Stellung und Begründung des Antrags vorgetragen werden (BVerwG, Beschl.
v. 11.11.2002, 7 AV 3.02, NVwZ 2003, 490, juris).
- 15 -
- 16 -
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechts-
sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des
§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bestehen dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich
über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrun-
deliegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, das norma-
le Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (Kopp/Schenke,
VwGO, 22. Auflage 2016, § 124 Rn. 9). Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4
Satz 4 VwGO erfordert es, dass der Rechtsschutzsuchende konkret bezeichnet, hinsicht-
lich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus seiner Sicht die Rechtssache beson-
dere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v.
16.2.2015, 1 Bf 63/14.Z, NordÖR 2015, 268, juris Rn. 20; vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.,
§ 124a Rn. 53).
Die Darlegungen des Klägers rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung gemäß
§ 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Der Kläger sieht besondere rechtli-
che Schwierigkeiten des Falles (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) darin, dass das Verwaltungs-
gericht "an vielen Stellen in die Gesetzessystematik des HmbIFG und in die Systematik
des Zusammenspiels verschiedener Regelungsregime untereinander" eingreife. Es füge
beim Anwendungsbereich des HmbIFG ungeschriebene Tatbestandsmerkmale hinzu und
lege diese dann auch noch restriktiv aus. Außerdem erkläre das Verwaltungsgericht das
allgemeine Anstaltsrecht als vorrangig gegenüber dem Hamburgischen Informationsfrei-
heitsgesetz.
Wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, hat das Verwaltungsgericht keinesfalls
ungeschriebene Tatbestandsmerkmale in den Anwendungsbereich des Hamburgischen
Informationsfreiheitsgesetzes eingefügt, sondern hat anhand konkreter Regelungen sowie
der Gesetzesbegründung subsumiert, dass Kunstwerke als solche keine Informationen im
Sinn des Gesetzes seien und damit nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
Angesichts dessen stellt sich im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewäh-
rung eines unmittelbaren Zugangs zum Kunstwerk auch nicht die Frage nach einem etwa-
igen Vorrang des Anstaltsbenutzungsrechts.
- 16 -
- 17 -
3. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechts-
sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer
Rechtssache nur zu, wenn eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tat-
sächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit oder der
Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4
Satz 4 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsent-
scheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung
als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Ob eine Frage klärungsbedürftig ist, beur-
teilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsan-
trag (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, § 124 Rn. 10, § 124a Rn. 54).
Der Kläger stellt im Schriftsatz vom 5. März 2012 (S. 5) die Frage, ob ein Bürger (An-
spruch auf) Zugang zu Artefakten eines Museums hat. Im Schriftsatz vom 8. Februar
2012 hat er außerdem geltend gemacht, "der Anwendungsbereich des HmbIFG (sei) von
grundsätzlicher Bedeutung" (S. 4) bzw. "die Frage, ob das HmbIFG nur restriktiv auf "amt-
liche" Information anwendbar ist", sei von grundsätzlicher Bedeutung (S. 8). All diese Fra-
gen rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache.
Auch wenn zugunsten des Klägers angenommen würde, dass die Frage nach dem An-
wendungsbereich des Gesetzes sich nunmehr auf das Hamburgische Transparenzgesetz
beziehen soll, ist die Frage zu weit formuliert. Es geht vorliegend allein darum, ob Kunst-
werke als Aufzeichnungen im Sinn von § 2 Nr. 1 HmbIFG 2009 bzw. § 2 Abs. 1 HmbTG
angesehen werden können. Das lässt sich aber bereits mit den Ausführungen unter 1.a)
verneinen.
Soweit der Kläger allgemein den Anspruch auf Zugang zu Kunstwerken in einem Museum
als grundsätzlich klärungsbedürftig ansieht, hätte er die weitere Klärungsbedürftigkeit nä-
her darlegen müssen. Zunächst ist diese Frage nur dann im Verwaltungsrechtsweg zu
entscheiden, wenn es
–
wie vorliegend
–
um ein öffentlich-rechtlich organisiertes Museum
geht oder wenn das Einwirken eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers auf eine von ihm
gegründete privatrechtlich organisierte Museums-Organisation (z.B. GmbH) begehrt wird;
Letzteres müsste dann allerdings in einem Verfahren gegen den öffentlich-rechtlichen
Rechtsträger verfolgt werden. Insoweit ist die Rechtslage aber geklärt: Soweit bei öffentli-
- 17 -
- 18 -
chen Einrichtungen mit kultureller Zweckrichtung eine positiv-rechtliche Einräumung eines
Benutzungsanspruchs fehlt, haben diejenigen, die einen Gegenstand entsprechend dem
(Anstalts)Zweck nutzen wollen, nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentschei-
dung über die Zulassung zur Benutzung (vgl. Papier in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Ver-
waltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 39 Rn. 39 f.). Einen solchen Anspruch hat das Verwal-
tungsgericht dem Kläger aber im Ergebnis bereits zuerkannt; ein darüber hinausgehender
voller Zugangsanspruch würde sich nur aufgrund einer entsprechenden Selbstbindung
ergeben. Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen unter 1. b) cc) verwiesen.
4. Damit verbleibt es hinsichtlich des Qurman-Gemäldes der Beklagten bei der vom Ver-
waltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung zur Neubescheidung des klägerischen
Zugangsantrags. Auch wenn vorliegend hierüber vom Oberverwaltungsgericht nicht zu
entscheiden ist, sei angemerkt, dass das wissenschaftliche Interesse des Klägers an
einem Zugang zu dem Gemälde ausweislich der zahlreichen von ihm vorgelegten selbst-
verfassten einschlägigen Veröffentlichungen nicht zu bezweifeln sein dürfte; ob er zudem
(noch) über ein einschlägiges Thema promoviert, dürfte von nachrangiger Bedeutung
sein. Auch muss ein etwaiges finanzielles Interesse des Klägers an einer Veräußerung
seines Bild-Fragments ein wissenschaftliches Interesse am Zugang zum Bild der Beklag-
ten nicht ausschließen.
B.
Soweit der Kläger Zugang zu Unterlagen über das Gemälde begehrt, hat der Zulassungs-
antrag Erfolg (1.), allerdings nur hinsichtlich von Unterlagen, die bei der Beklagten vor-
handen sind (2.).
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil (S. 9/10) Zugangsansprüche nach dem
HmbIFG 2009 zu den Unterlagen über das Gemälde als grundsätzlich möglich erachtet,
sie aber im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da sie bei Anwendung von § 7 Abs. 1 und
4 HmbIFG 2009 und § 58 Abs. 2 VwGO als bestandskräftig abgelehnt gelten würden. Der
Widerspruch vom 11. Juni 2010 habe sich ausschließlich auf die mit Schreiben vom
9. Juni 2010 mitgeteilte Ablehnung eines Zugangs zum Qurman-Bild bezogen. Zugangs-
ansprüche aus anderen Rechtsgründen kämen hinsichtlich der Unterlagen nicht zum Tra-
gen, da die Beklagte überzeugend dargelegt habe, dass ihr trotz entsprechender Recher-
- 18 -
- 19 -
chen keine der vom Kläger begehrten Unterlagen bekannt seien (Urteil S. 17). Diese Aus-
führungen hat der Kläger in ausreichender Weise in Zweifel gezogen; aufgrund seiner
Darlegungen bestehen an der Richtigkeit dieses Teils des Urteils ernstliche Zweifel.
Zwar richtet sich der Widerspruch vom 11. Juni 2010 ausdrücklich gegen das Schreiben
der Beklagten vom 9. Juni 2010, in dem allein davon die Rede ist, das Gemälde "Schlacht
von Qurman" sei im Moment nicht zugänglich; doch geht das Schreiben inhaltlich darüber
hinaus. Es heißt z.B., die Rechtslage sei eindeutig, er, der Kläger, habe als Bürger das
Recht auf Einsicht in die Unterlagen des Museums samt Ansicht der Artefakte. Er fordere,
nunmehr umgehend den gesetzmäßig geforderten Zugang zu ermöglichen. Damit um-
fasst der Widerspruch auch die früher gemäß § 7 Abs. 1 HmbIFG 2009 eingetretene fikti-
ve Ablehnung des Zugangsanspruchs zu Unterlagen. Da der Kläger nach dem Inhalt der
Sachakte erstmals am 9. Juli 2009 (e-mail an Frau Dr. ...........) auch "Zugang zu den Un-
terlagen des Fragments" erbat, wahrt der Widerspruch auch die Frist des § 58 Abs. 2
VwGO, falls diese überhaupt durch die Regelung in § 7 Abs. 1 HmbIFG 2009 in Lauf ge-
setzt wurde. Zu Recht weist der Kläger auch darauf hin, dass entgegen der Ausführungen
des Verwaltungsgerichts auf Seite 17 des Urteils, der Beklagten seien keine der vom Klä-
ger begehrten Unterlagen bekannt, die Vertreter der Beklagten sogar in der mündlichen
Verhandlung (vgl. Protokoll vom 30.11.2011, S. 1) davon sprachen, dass hinsichtlich des
Qurman-Bildes die Ankaufsquittung des Händlers ........... vorhanden sei.
b) Zwar hat die Beklagte dem Kläger später (Schreiben vom 4. April 2013) Unterlagen
übermittelt
–
insoweit ist der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden
–
,
doch sieht der Kläger seinen behaupteten Zugangsanspruch zu Unterlagen zum Qurman-
Bild hierdurch nicht als vollständig erfüllt an. Insoweit kommt ernsthaft in Betracht, dass
der Kläger sich nicht mit den ihm übersandten Kopien von Papierdokumenten bzw. mit
eingescannten Kopien von Fotografien des Bildes zufrieden geben muss. Dass es sich
bei diesen Unterlagen um amtliche Informationen im Sinn von §§ 1, 2 Nr. 1 HmbTG han-
delt, die bei einer auskunftspflichtigen Stelle im Sinn von § 2 Abs. 3 und 5 HmbTG vor-
handen sind, dürfte kaum zu bezweifeln sein. Dann aber unterliegt es grundsätzlich dem
Wahlrecht des Zugangsbegehrenden, in welcher Form er den Zugang erhält. § 12 Abs. 1
und 4 HmbTG dürften dafür sprechen, dass der Zugangsbegehrende den Zugang zum
jeweiligen Original beanspruchen kann. Die Klärung der Reichweite des Zugangsan-
spruchs im einzelnen bleibt hier dem Berufungsverfahren vorbehalten.
- 19 -
- 20 -
2. Der etwaige Anspruch des Klägers auf Zugang zu Unterlagen zum Qurman-Gemälde
ist indes auf solche Unterlagen beschränkt, die bei der Beklagten vorhanden sind. Soweit
der Kläger z.B. verlangt, die Beklagte solle sich wegen eines weiteren hochauflösenden
Negativs des Qurman-Artefakts an Herrn Dr. ........... in Berlin wenden, bei dem sich ein
solches befinde (Schriftsatz vom 8.2.2012, S. 3; Schriftsatz vom 11.4.2012), steht dem
aus dem Gesichtspunkt des Informationszugangsrechts entgegen, dass der Zugangsan-
spruch nach § 1 HmbIFG / § 1 Abs. 1 HmbTG ausdrücklich auf die bei den verpflichteten
Stellen vorhandenen Informationen beschränkt ist und demzufolge ein Beschaffungsan-
spruch nicht besteht (vgl. auch Maatsch/Schnabel, Das Hamburgische Transparenzge-
setz, 2015, § 1 Rn. 5-8). Auch die vom Kläger herangezogene Vermögensbetreuungs-
pflicht der Beklagten für das Vermögen der Freien und Hansestadt Hamburg begründet
keinen Anspruch des Klägers, dass sich die Beklagte um bei anderen Personen oder Stel-
len befindliche Unterlagen bemüht, um dem Kläger den Zugang hierzu zu ermöglichen.
Eine etwa bestehende Vermögensbetreuungspflicht hat keine Schutzwirkung zugunsten
des Klägers.
IV.
Die Kostenentscheidung für den erfolglosen Teil des Zulassungsantrags beruht auf § 154
Abs. 2 VwGO. Sie rechtfertigt sich v.a. daraus, dass das GKG-Kostenverzeichnis in
Nr. 5120 eine besondere Regelung für die teilweise Ablehnung eines Zulassungsantrags
enthält (vgl. auch Neumann in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 154 Rn. 49 ff.).
V.
Wegen der Kostenregelung hinsichtlich des erfolglosen Teils des Zulassungsantrags ist
es erforderlich, hierfür einen gesonderten Streitwert festzusetzen (vgl. Neumann in: So-
dan/Ziekow, a.a.O., § 154 Rn. 51). Die Festsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1
GKG. Das Oberverwaltungsgericht bemisst hier den Streitwert für das Begehren des Klä-
gers auf Zugang zu einem (1) Kunstwerk und zu den hierzu gehörenden Unterlagen auf
5.000 Euro (§ 52 Abs. 2 GKG). Hiervon entfällt jeweils eine Hälfte auf das Kunstwerk und
auf die Unterlagen.
- 20 -
Die Abänderung des erstinstanzlich festgesetzten Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 3
Satz 1 Nr. 2 GKG. Beim Verwaltungsgericht war der Zugang zu fünf Kunstwerken und den
dazugehörenden Unterlagen Streitgegenstand, weshalb 5 x 5.000 Euro als angemessen
angesehen werden (§§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG).
Mehmel
Engelhardt
Frau Groß
ist wegen Urlaubs gehindert
zu unterschreiben
Mehmel
Dostları ilə paylaş: |