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[48] "Wenn jemand eine Unze Silber aus dem Innern der Erde Perus in derselben Zeit nach Lon-
don bringen kann, die er zur Produktion eines Bushel Korn brauchen würde, dann ist das eine der
natürliche Preis des anderen; wenn er nun durch Abbau neuer und ergiebigerer Bergwerke statt
der einen zwei Unzen Silber mit dem gleichen Aufwand gewinnen kann, wird das Korn bei einem
Preis von 10 Shillling pro Bushel ebenso billig sein wie vorher bei einem Preis von 5 Shilling,
caeteris
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relativen Wertgröße findet statt an seiner Produktionsquelle in unmittelbarem Tauschhandel. Sobald es als
Geld in die Zirkulation eintritt, ist sein Wert bereits gegeben. Wenn es schon in den letzten Dezennien des
17. Jahrhunderts weit überschrittner Anfang der Geldanalyse, zu wissen, daß Geld Ware ist, so aber auch
nur der Anfang. Die Schwierigkeit liegt nicht darin zu begreifen, daß Geld Ware, sondern wie, warum,
wodurch Ware Geld ist.[49]
Wir sahen, wie schon in dem einfachsten Wertausdruck, x Ware A = y Ware B, das Ding, worin die
Wertgröße eines andren Dings dargestellt wird, seine Äquivalentform unabhängig von dieser Beziehung
als gesellschaftliche Natureigenschaft zu besitzen scheint. Wir verfolgten die Befestigung dieses falschen
Scheins. Er ist vollendet, sobald die allgemeine Äquivalentform mit der Naturalform einer besondren
Warenart verwachsen oder zur Geldform kristallisiert ist. Eine Ware scheint nicht erst Geld zu werden,
weil die andren Waren allseitig ihre Werte in ihr darstellen, sondern sie scheinen umgekehrt allgemein
ihre Werte in ihr darzustellen, weil sie Geld ist. Die vermittelnde Bewegung verschwindet in ihrem eig-
nen Resultat und läßt kene Spur zurück. Ohne ihr Zutun finden die Waren ihre eigne Wertgestalt fertig
vor als einen außer und neben ihnen existierenden Warenkörper. Diese Dinge, Gold und Silber, wie sie
aus den Eingeweiden der Erde herauskommen, sind zugleich die unmittelbare Inkarnation aller menschli-
chen Arbeit. Daher die Magie des Geldes. Das bloß
paribus[1*]."(William Petty,"A Treatise of Taxes and Contributions", Lond. 1667, p.31.)
[49] Nachdem Herr Professor Roscher uns belehrt:"Die falschen Definitionen von Geld lassen
sich in zwei Hauptgruppen teilen: solche, die es für mehr, und solche, die es für weniger halten
als eine Ware", folgt ein kunterbunter Katalog von Schriften über das Geldwesen, wodurch auch
nicht die entfernteste Einsicht in die wirkliche Geschichte der Theorie durchschimmert, und dann
die Moral: "Zu leugnen ist übrigens nicht, daß die meisten neueren Nationalökonomen die Ei-
gentümlichkeiten, welche das Geld von andren Waren unterscheiden"(also doch mehr oder weni-
ger als Ware?), "nicht genug im Auge behalten haben...Insofern ist die halbmerkantilistische Re-
aktion von Ganilh etc. nicht ganz unbegründet."(Wilhelm Roscher,"Die Grundlagen der Natio-
nalökonomie", 3. Aufl., 1858, p. 207-210.) Mehr – weniger – nicht genug – insofern – nicht ganz!
Welche Begriffsbestimmungen! Und dergleichen eklektische Professoralfaselei tauft Herr
Roscher bescheinden "die anatomisch-physiologische Methode" der politischen Ökonomie! Eine
Entdeckung ist ihm jedoch geschuldet, nämlich, daß Geld "eine angenehme Ware" ist.
[1*] unter sonst gleichen Umständen
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atomistische Verhalten der Menschen in ihrem gesellschaftlichen Produktionsprozeß und daher die von
ihrer Kontrolle und ihrem bewußten individuellen Tun unabhängige, sachliche Gestalt ihrer eignen Pro-
duktionsverhältnisse erscheinen zunächst darin, daß ihre Arbeitsprodukte allgemein die Warenform an-
nehmen. Das Rätsel des Geldfetischs ist daher nur das sichtbar gewordne, die Augen blendende Rätsel
des Warenfetischs.
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Das Geld und die Warenzirkulation
1. Maß der Werte
Ich setze überall in dieser Schrift, der Vereinfachung halber, Gold als die Geldware voraus.
Die erste Funktion des Goldes besteht darin, der Warenwelt das Material ihres Wertausdrucks zu liefern
oder die Warenwerte als gleichnamige Größen, quallitativ gleiche und quantitativ vergleichbare, darzu-
stellen. So funktioniert es als allgemeines Maß der Werte, und nur durch diese Funktion wird Gold, die
spezifische Äquivalentware, zunächst Geld.
Die Waren werden nicht durch das Geld kommensurabel. Umgekehrt. Weil alle Waren als Werte verge-
genständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte
gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches
Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten
Wertmaßes der Waren, der Arbeit.[50]
[50] Die Frage, warum das Geld nicht unmittelbar die Arbeitszeit selbst repräsentiert, so daß z. B.
eine Papiernote x Arbeitsstunden vorstellt, kommt ganz einfach auf die Frage heraus, warum auf
Grundlage der Warenproduktion die Arbeitsprodukte sich als Waren darstellen müssen, denn die
Darstellung der Ware schließt ihre Verdopplung in Ware und Geldware ein. Oder warum Pri-
vatarbeit nicht als unmittelbar gesellschaftliche Arbeit, als ihr Gegenteil, behandelt werden kann.
Ich habe den seichten Utopismus eines "Arbeitsgelds" auf Grundlage der Warenproduktion an-
derswo ausführlich erörtert.(l. c. p. 61 sqq.[1*]) Hier sei noch bemerkt, daß z. B. das Owensche
"Arbeitsgeld" ebensowenig "Geld" ist wie etwa eine Theatermarke. Owen setzt unmittelbar ver-
gesellschaftete Arbeit voraus, eine der Warenproduktion diametral entgegen-
[1*] Siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.66ff.
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Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A = y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis. Eine
vereinzelte Gleichung, wie 1 Tonne Eisen = 2 Unzen Gold, genügt jetzt, um den Eisenwert gesellschaft-
lich gültig darzustellen. Die Gleichung braucht nicht länger in Reih und Glied mit den Wertgleichungen
der andren Waren aufzumarschieren, weil die Äquivalentware, das Gold, bereits den Charakter von Geld
besitzt. Die allgemeine relative Wertform der Waren hat daher jetzt wieder die Gestalt ihrer ursprüngli-
chen, einfachen oder einzelnen relativen Wertform. Andrerseits wird der entfaltete relative Wertausdruck
oder die endlose Reihe relativer Wertausdrücke zur spezifisch relativen Wertform der Geldware. Diese
Reihe ist aber jetzt schon gesellschaftlich gegeben in den Warenpreisen. Man lese die Quotationen eines
Preiskurants rückwärts und man findet die Wertgröße des Geldes in allen möglichen dargestellt. Geld hat
dagegen keinen Preis. Um an dieser einheitlichen relativen Wertform der andren Waren teilzunehmen,
müßte es auf sich selbst als sein eignes Äquivalent bezogen werden.
Der Preis oder die Geldform der Waren ist, wie ihre Wertform überhaupt, eine von ihrer handgreiflich
reellen Körperform unterschiedne, also nur ideelle oder vorgestellte Form. DerWert von Eisen, Leinwand,
Weizen usw. existiert, obgleich unsichtbar, in diesen Dingen selbst; er wird vorgestellt durch ihre Gleich-
heit mit Gold, eine Beziehung zum Gold, die sozusagen nur in ihren Köpfen spukt. Der Warenhüter muß
daher seine Zunge in ihren Kopf stecken oder ihnen Papierzettle umhängen, um ihre Preise der Außenwelt
mitzuteilen.[51] Da der Ausdruck der Warenwerte in
gesetzte Produktionsform. Das Arbeitszertifikat konstatiert nur den individuellen Anteil des Pro-
duzenten an der Gemeinarbeit und seinen individuellen Anspruch auf den zur Konsumtion be-
stimmten Teil des Gemeinprodukts. Aber es fällt Owen nicht ein, die Warenproduktion vorauszu-
setzen und dennoch ihre notwendigen Bedingungen durch Geldpfuschereien umgehn zu wollen.