Landtag Plenarprotokoll Nordrhein-Westfalen 16/121 16. Wahlperiode 15. 09. 2016 121. Sitzung



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Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Lindner. – Nun spricht für die grüne Fraktion der Fraktionsvorsitzende Herr Mostofizadeh.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den 70. Jahrestag der Gründung dieses Landes ist jetzt schon mehrfach hingewiesen worden, und dieser Jahrestag hat uns auch mit einem wahren Schatz an Zitaten versorgt. Ich zitiere gern noch einmal, weil es mir sehr gut gefallen hat.

Nordrhein-Westfalen ist ein starkes, kräftiges Bundesland. Dem Land ist es gelungen, aus dem, was früher einmal das „Grubengold“ war, eine wissensbasierte Landschaft aufzubauen. Nordrhein-Westfalen ist eine große Einheit mit Vielfalt, gewohnt, Menschen, die in das Land kommen, zu integrieren. Auch da hat es Großartiges geleistet. Weil es Zuwanderung als Bereicherung empfindet, ist es ein Beispiel für viele andere Regionen in der Bundesrepublik.

Ja, das hat sie sehr gut gesagt, die Kanzlerin. Aber trotzdem reicht es nur für Platz zwei bei der ultimativen Lobhudelei für Nordrhein-Westfalen. Denn es gibt einen, der kann das noch besser. Ich zitiere vom Fraktionsfest der CDU-Landtagsfraktion aus der letzten Woche.

„Wenn der Himmel einst eine Exkursion auf die Erde plant, werde ich mich als Fremdenführer anbieten und die Leute nach NRW führen.“

Ja, das ist doch mal eine Ansage, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil der Norbert Blüm das so schön gesagt hat und er seine NRW-Führung ja durch Kirchen und Kneipen machen will, darum laden wir Grüne den Norbert Blüm auf ein kühles „Stauder“ ein.

(Lachen von Britta Altenkamp [SPD] – Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dann trinken wir auf ein paradiesisches NRW, lieber Norbert Blüm, und das nicht erst im Himmel, lieber schon auf Erden. Natürlich trinken wir auch auf Armin Laschet und die NRW-CDU, damit auch bei ihm von dem NRW-Lob mal etwas vorkommt und nicht nur dieser Sound von „Abbruchkante NRW“ oder „Only bad news are good news“.

Herr Laschet, Sie haben vorhin fast eine Dreiviertelstunde lang dieses Land schlechtgeredet.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Sie haben das Land sechs Jahre schlechtgeredet!)

Sie haben in dieser Dreiviertelstunde nicht einen einzigen Vorschlag zur Verbesserung oder auch nur zur Gestaltung auf den Tisch gelegt. Das ist die Bilanz von 45 Minuten Haushaltsrede.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Ich möchte Ihnen gern am heutigen Tag ein Angebot machen. Herr Linder ist damit auch schon um die Ecke gekommen. Ich biete Ihnen eine Wette an. Ich wette, Herr Kollege Laschet, das Sie nicht das Kreuz haben werden, in das Landtagswahlprogramm der CDU die Wiedereinführung der Studiengebühren hineinzuschreiben.

(Armin Laschet [CDU]: Das ist ganz tief unsere Position! – Marcel Hafke [FDP]: Das waren Studienbeiträge!)

– Ja, Sie müssen sich schon entscheiden. Sie können uns nicht 400 Millionen € vorhalten und dann nicht den Charakter haben, das ins Programm zu schreiben.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU] – Stefan Zimkeit [SPD]: Du hast die Wette gewonnen!)

– Alles klar? Dieser Hang, nur über die Negativrankings zu reden und nicht über die guten Seiten, zum Beispiel über NRW als Zukunftsregion Nummer eins in Europa, das wäre einmal ein Beitrag gegen die Populisten, die das Land kaputtreden, wenn sie von NRW als Land des Zerfalls und der Verwesung sprechen. Sagen Sie doch einmal ganz offen, was Sie, Herr Laschet, an diesem Land lieben, was die guten Seiten dieses Landes sind. Lassen Sie das nicht den Norbert Blüm und die Kanzlerin tun.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Damit würden Sie ein gutes Zeichen gegen diesen Tenor der Populisten setzen für ein positives Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben allen Grund zu fragen, was statt der Botschaft des Zusammenhalts heute bei vielen Menschen ankommt. Was hat denn den demokratischen Diskurs so sehr in die Defensive getrieben, dass viele sich abwenden?

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Ihr!)

Da gibt es grundsätzliche Fragen, zum Beispiel die nach dem merkwürdigen Widerspruch in der Wahrnehmung. Wie kann es denn passieren, dass dort, wo es kaum Flüchtlinge gibt, wie zum Beispiel in Dresden oder in Mecklenburg-Vorpommern, der Hass am stärksten ist und hier bei uns, wo ihr Anteil deutlich höher ist, der Hass zum Glück deutlich geringer ist? Da sind in Deutschland offensichtlich diffuse Ängste unterwegs, die sich ein Ventil suchen. Aber woher kommen diese Ängste, und was können wir tun, um sie abzubauen?

Wir haben gestern über den Integrationsplan geredet, der eine gute und notwendige Antwort ist. Wir gehen mit einem politischen Querschnittsansatz voran. Wir haben Dutzende Einzelmaßnahmen zu einem stimmigen Gesamtkonzept verwoben, und wir haben es auch ausfinanziert. Deswegen ist der Haushalt 2017 auch ein Meilenstein für die Integration.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Tosender Applaus! Das ist dasselbe in grün!)

Solche konkreten Antworten tun heute not, wenn wir Ängste abbauen wollen.

Aber wir müssen auch darüber reden, wie wir über die Flüchtlingspolitik sprechen. Denn auch hierin liegt ein Riesenproblem. Oder sollen wir so reden wie die Unionsbrüder und -schwestern in jenem südlichen Bundesland, in dem angeblich alles besser sein soll, so wie die CSU, die jede Woche und jeden Tag noch eine Schippe drauflegt, damit das Angstthema Flüchtlinge nur ja nicht aus den Medien kommt? Der Seehofer-CSU ist es doch schnurzegal, was mit dem Rest der Republik geschieht, und auf den Skalp der gemeinsamen Unionskanzlerin wird doch schon seit Wochen Jagd gemacht, weil sie in Bayern die AfD beerben wollen, weil sie glauben, die 10 % einsammeln zu können. Wenn sie sich da nicht mal verrechnen und dem Original erst recht noch in die Hände spielen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn ich Mitglied der CDU wäre, würde ich über eine solche Schwesterpartei schier verzweifeln.

(Christian Lindner [FDP]: Reden Sie über NRW und nicht über Bayern! – Weitere Zurufe)

Eine Regionalpartei, der es gelingt, den Absturz der großen Volkspartei CDU in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern zu verursachen …

(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie mal was zu Boris Palmer!)

– Hätten Sie ja machen können. – Die CDU muss an diesem Wochenende in Berlin darum kämpfen, irgendwie auf Platz drei zu kommen

(Christian Lindner [FDP]: Über die CSU reden und nicht über Boris Palmer sprechen? – Zuruf von Christian Möbius [CDU] – Weitere Zurufe)

und nicht auf Platz fünf hinter die Populisten. Das zeigt doch, Armin Laschet: Ihr Hauptgegner sitzt nicht in diesem Raum. Er steht auch nicht im eigenen, sondern in einem anderen, weit südlicheren Bundesland.

(Christian Lindner [FDP]: Von Ihnen auch!)

– Er heißt übrigens auch nicht Christian Linder von der FDP,

(Heiterkeit von den GRÜNEN – Christian Möbius [CDU]: Haushaltsdebatte! Zum Haushalt NRW!)

obwohl der beim NRW-Wahlkampf so viele Stimmen von der CDU ziehen möchte, wie es nur geht. Dafür macht er auch ein bisschen auf „CSU light“ – mit der Schmierenkomödie vom Integrationsplan gestern oder mit den Seehofer-Parolen vom Umsteuern und von Obergrenzen in der Flüchtlingspolitik.

(Christian Lindner [FDP]: Mir wird doch vorgeworfen, ich würde einen Linkskurs fahren!)

– Darauf komme ich jetzt zu sprechen. Herr Kollege Lindner, ich würde das nie tun,

(Heiterkeit von Christian Lindner [FDP])

aber offensichtlich gibt es in Ihrer Partei in Nordrhein-Westfalen gewichtige Kräfte, denen das noch nicht weit genug geht und die wirklich und nicht nur als Agenturabbild nach rechts wollen in dieser Republik. Ich bin froh, dass dieser Mann offensichtlich einem Abstieg in der Liste mit einem lauten Ausstieg zuvorgekommen ist.

(Marcel Hafke [FDP]: Sie können ja direkt hinterhergehen!)

„CSU light“ – das ist doch keine Politik für ein liberales Bürgertum in Nordrhein-Westfalen, sondern das ist Abschreckung für dieser Wählerschicht.

(Zuruf von der FDP: Machen wir doch gar nicht!)

Herr Lindner, wenn Sie sich damit mal nicht die Finger verbrennen!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Marcel Hafke [FDP]: Haben wir von den Grünen gelernt!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns in NRW etwas klüger sein. Lassen Sie uns im Kampf gegen den Populismus zusammenstehen. Statt einem schlechten Wahlkampfmodus brauchen wir einen guten gemeinsamen Politikmodus für Demokratie und Integration sowie für eine humane Politik.

(Zurufe von der FDP)

Lassen Sie uns gemeinsam sagen: Ja, wir schaffen das! – Das wäre eine souveräne Ansage gerade vor einer so wichtigen Landtagswahl wie im nächsten Jahr.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben im Haushaltsentwurf 2017 Mittel für unseren Integrationsplan und für weitere aktuelle Maßnahmen bereitgestellt. Allein die Kosten der Unterkunft und Versorgung der Flüchtlinge machen einen Umfang von 4 Milliarden € aus, wovon der Bund gerade einmal bereit ist, ein Viertel zu tragen.

Dennoch bleibt Nordrhein-Westfalen auf Konsolidierungskurs. Wir senken die Neuverschuldung von 6,6 Milliarden € im Jahr 2010 auf jetzt nur noch 1,6 Milliarden €. Wir haben also gegenüber Schwarz-Gelb 5 Milliarden € oder 75 % der Neuverschuldung abgebaut.

Wenn Sie von der Opposition glauben, sich jetzt als Sparkommissar aufführen zu können, möchte ich Ihnen zwei nackte Zahlen Ihrer Abbaubilanz vor Augen halten. Sie sind 2005 mit einer Neuverschuldung von 6,6 Milliarden € gestartet, um nach fünf Jahren – oh, welch Wunder – wieder bei genau diesen 6,6 Milliarden € zu landen.

(Zuruf von der CDU: Finanz- und Wirtschaftskrise!)

Da kann man die Zahlen drehen und wenden, wie man will: Ihr Schuldenabbau bleibt gleich null. Sie sind eine Null bei der Abbaubilanz.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir werden dagegen mit unserem Kurs auch die gesetzliche Schuldenbremse erreichen und 2020 anfangen, die Schulden planmäßig abzubauen. Das tun wir nicht nur, weil es im Grundgesetz steht, sondern weil wir den nachfolgenden Generationen eine bessere Welt hinterlassen wollen – und eben keine zusätzliche finanzpolitische Bürde.

Unsere Haushaltspolitik ist konsequent. Aber ich will Ihnen sagen: Einsparen darf nicht zum Kaputtsparen führen. Beispiele aus der schwarz-gelben Haushaltspolitik zeigen: Wer blind und aktionistisch spart, zerstört die eigene Zukunftsfähigkeit. Das fängt an in den Städten und Kommunen, deren Finanzierung Schwarz-Gelb ständig reduziert hat.

Deshalb hat Sie zum Beispiel das Verfassungsgericht mehrfach zur Ordnung gerufen. Schwarz-Gelb als Krimi? Das war „The Great Robbery“, der große Raubzug durch die kommunalen Kassen. Erst Rot-Grün hat den Städten und Gemeinden mit einem umfassenden Paket wieder Luft zum Atmen verschafft. Wir haben die GFG-Zuwendungen deutlich erhöht. Bekamen die Kommunen 2010 noch 7,6 Milliarden €, so sind es 2016 über 10,5 Milliarden €.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Das ist eine Steigerung um fast 39 %. Dies liegt neben konjunkturellen Effekten vor allem daran, dass wir beispielsweise die Kommunen wieder an der Grunderwerbsteuer allein mit 400 Millionen € in 2017 beteiligt haben.

Der Stärkungspakt umfasst knapp 6 Milliarden €, von denen das Land 3,6 Milliarden € trägt. Hinzu kommen jeweils dreistellige Millionenbeträge bei der Kita-Finanzierung oder bei der Finanzierung der deutschen Einheit. Ja, es bleibt noch viel zu tun. Doch die meistens Kommunen sind dank dieses Pakets wieder aus dem Nothaushalt herausgekommen – mit gestärkter kommunaler Handlungssouveränität.

Das Traurige dabei ist: Der Bund schaut nach wie vor bloß zu und lässt die Kommunen weiterhin im Stich. Abenteuerlich ist, wenn angeblich 15 Milliarden € im Bundeshaushalt übrig sind, während viele Kommunen noch unter Schulden ächzen und viele Schulen, Straßen und Brücken trotz massiver Anstrengungen noch zu sanieren sind und das ÖPNV-Angebot immer noch Lücken hat.

Vom Bund kommt keine Zukunftspolitik, sondern bloß eine Anbetung der abstrakten schwarzen Null. Das geschieht in einer Zeit, in der wir einen so großen investiven Bedarf haben und in der wir die Infrastruktur dringend fit machen müssen. Zurzeit gibt es niedrige Zinsen, sodass bei klugen und gezielten Ausgaben hohe Zukunftsdividenden winken.

Aber der Bund macht sich einen ebenso schlanken Fuß wie der stellvertretende CDU-Bundesvor-sitzende, der NRW schlechttwittert, weil er auf der A1 nicht fahren kann. Lieber Armin Laschet, wissen Sie eigentlich, warum Autobahnen bei uns „Bundesautobahnen“ heißen?

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Die heißen überall so!)

Denn wo „Bund“ draufsteht, ist auch immer Bundesverantwortung drin. Das sollte auch bei CDU-Bundesvorstandsmitgliedern so sein.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die rot-grüne Landesregierung geht nach unseren Möglichkeiten jetzt den Weg der dringend notwendigen Investitionen: Mit dem 2-Milliarden-€-Investitionsprogramm stärken wir die Kommunen, um die Schulen wieder fitzumachen für die Zukunft. Ab 2017 werden wir jedes Jahr 500 Millionen € investieren: für die Renovierung von Gebäuden, von Schulen und Klassenzimmern, für das Flottmachen von Sport- und Turnhallen, für den digitalen Aufbruch 4.0 in der Schule.

Und Sie, Armin Laschet, könnten doch mit Ihrer Bundesverantwortung helfen, dass auch der Bund das Seine bei den dringend anstehenden Investitionen macht, anstatt sich den Daumen wundzutwittern über NRW als Land am Abgrund.

(Beifall von den GRÜNEN – Lutz Lienenkämper [CDU]: Sagen Sie doch mal, was Sie machen wollen!)

– Tue ich die ganze Zeit, Herr Kollege.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Die Menschen in NRW werden zu einem solchen Aufruf, der jetzt nötig ist, das Ihre beitragen mit all ihrem Fleiß, der den Erfolg der Bundesrepublik Deutschland erst möglich gemacht hat, mit ihrem Lebensmut und mit ihrer Solidarität.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Lutz Lienenkämper [CDU]: Was ist los?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Koalition hat sich klar bekannt. Wir wollen die Zukunft sichern. Das meint vor allem Investitionen in Kinder, Bildung und Betreuung. In diesen Bereich haben wir seit 2010 rund 170 Milliarden € investiert, mehr als jeden dritten Euro des Haushalts.

Wir haben die Studiengebühren abgeschafft, weil freier Zugang zu Bildung faire Zukunftschancen bietet.

Wir haben die Hochschulfinanzierung auf solide Füße gestellt.

Es gab eine beispiellose Aufholjagd – Sie haben vorhin Herrn Römer kritisiert, wir würden nicht über Kinder reden – bei den Kitas. Seit 2010 konnten zusätzlich knapp 89.000 U3-Kinder betreut werden. Deswegen stehen im Jahr 2017 fast 170.000 U3-Plätze bereit, ein Aufwuchs der Plätze um 80.000 oder 90 %. Das ist die Leistung von Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Das ist das Ergebnis eines gemeinsamen Kraftakts des Landes und aller am U3-Ausbau Beteiligten: der Jugendämter, der Jugendhilfeausschüsse, der Träger und auch – das muss man ganz besonders betonen – der Erzieherinnen und Erzieher mit ihrem hohen Einsatz in den jeweiligen Einrichtungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde so deutlich verbessert, die frühe Bildung von Kindern deutlich gestärkt.

Sie sehen: Der Unterschied der Ansätze ist riesengroß. Blind und erfolglos sparen auf der einen Seite, ohne Zukunftsplan, das ist schwarz-gelbe Vergangenheit. Nachhaltig konsolidieren auf der anderen Seite, mit Blick auf Gerechtigkeit für die Zukunft der Kinder, das ist rot-grüne Haushaltspolitik.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Dr. Marcus Optendrenk [CDU]: Wenn Sie das selbst glauben würden, wäre es schön!)

Herr Laschet, Ihr Beitrag zur Herleitung der Kinderarmut war fast schon infam. Wer die Landespolitik einfach dafür in Mithaftung nimmt, wie Sie es getan haben, dass der Bund bei Hartz-IV-Familien so gut wie gar nichts tut, wer jetzt für Kinder gerade einmal 2 € monatlichen Aufwuchs verkündet, wer hier das Land wegen der Kinderarmut angeht, der ist in seiner Kritik so zielgenau wie Sie bei den Bundesautobahnen, wenn Sie twittern.

Ja, wir haben Kinderarmut in Nordrhein-Westfalen, in manchen Regionen 20 % und mehr.

(Armin Laschet [CDU]: Mehr! – Klaus Kaiser [CDU]: Zunehmende Kinderarmut!)

Ich komme aus dem Ruhrgebiet.

(Armin Laschet [CDU]: Mehr als bei Schwarz-Gelb!)

Sie haben mich persönlich angesprochen. Mich schmerzt das von ganzem Herzen. Aber genauso schmerzt es mich, wenn Reichtum immer mehr nach oben abwandert und unten nichts mehr ankommt. Mich schmerzt, dass die Zukunft für viele Menschen verloren geht und dass sich das Leben nur noch als Plackerei abspielt, als Schuften bis zur Armutsgrenze. Das ist inzwischen die Perspektive von vielen Menschen in Deutschland von Usedom bis zum Alpenland.

Dem müssen wir in die Augen sehen, auch wenn wir über die Erfolge von Populisten reden. Wer Populismus kritisiert, aber zu Armut schweigt, der hat wenig begriffen, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil Sie sich über die Programme lustig gemacht haben: Die Regierungskoalition tut das, was sie kann, und zwar mit langfristigen und nachhaltigen Konzepten für Bildung und Betreuung. Solche Konzepte dauern zehn oder 20 Jahre, eben so lange, bis ein Kind groß geworden ist.

Ich frage mich aber: Wo bleibt denn der Ruck auf Bundesebene, in dem Land, in dem neben den USA die größte Verteilungsungerechtigkeit in der westlichen Welt herrscht?

(Christian Möbius [CDU]: Ist doch Quatsch!)

Hier hat Berlin auf ganzer Ebene versagt. Die 2 € mehr bei Hartz IV sind doch lächerlich, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Marcus Optendrenk [CDU])

– Sie können ja gleich noch sprechen.

Unser Ansatz „Kein Kind zurücklassen“ wird besonders deutlich in der Schulpolitik. Das Ausgabenvolumen des Schulministeriums für 2017 beträgt rund 17,8 Milliarden €, ein weiterer Aufwuchs um 500 Millionen € oder 3 % gegenüber dem Jahr 2016. Damit setzen wir – das haben manche in der CDU offensichtlich vergessen – den Schulkonsens weiter um und bauen den Ganztag bedarfsgerecht aus.

Wir haben unter anderem 900 Stellen zusätzlich geschaffen, um den Inklusionsprozess eng zu begleiten. Auf dem Weg zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention steuern wir, wie versprochen, noch einmal nach.

Das gilt auch für die Beschulung der Flüchtlingskinder. Dort haben wir mehr als 6.000 Stellen – und es kommen weitere hinzu – zusätzlich bereitgestellt, die – der Kollege Römer hat es gesagt – allen Kindern in Nordrhein-Westfalen zugutekommen.

(Werner Jostmeier [CDU]: Wie viele sind davon besetzt? – Michele Marsching [PIRATEN]: Wichtige Frage!)

Wir schaffen zudem 2.400 zusätzliche Sprachfördergruppen, also insgesamt 10.000 in Nordrhein-Westfalen, und 17.500 Plätze für Flüchtlingskinder in den offenen Ganztagsschulen. Dieser Aufwuchs ist wirklich eindrucksvoll.

Wer stattdessen einer Opposition glaubt, die in ihrer Regierungszeit Bildung sehr kleingeschrieben hat, und die jetzt mit Blick auf den Wahltermin mehr und alles verspricht, aber ohne seriöse Finanzierung,

(Klaus Kaiser [CDU]: Das ist schlichtweg falsch!)

der muss schon sehr stark glauben wollen und wenig von den Fakten wissen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Nachhaltige Schul- und Bildungspolitik braucht kein Herumtaktieren.

(Zuruf von Klaus Kaiser [CDU])

Besonnenheit statt Hektik und kein Populismus zulasten der Schülerinnen und Schüler, auch nicht bei G8, Herr Kollege Kaiser, wo wir ganz besonders den Dialog mit den Beteiligten suchen.

(Armin Laschet [CDU]: Haben Sie gerade „Besonnenheit“ gesagt?)

– Ja, Besonnenheit.

(Klaus Kaiser [CDU]: Ruhige Hand ist das im Moment! – Armin Laschet [CDU]: Alle zwei Tage was Neues!)

Denn letztlich geht es darum – jetzt sollten Sie aufpassen –, dass jedes Kind den für sich bestmöglichen Schulabschluss erreicht. Das neue Paradigma heißt doch: vom Kind her denken und nicht von den Strukturen her. Das muss doch der Ausgangspunkt der Politik sein, das Bestmögliche für die Kinder zu erreichen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben eben so getan, als sei jetzt an den Schulen das Chaos ausgebrochen.

(Zuruf von Klaus Kaiser [CDU])

Ich habe Ihre Pressemitteilung gelesen. Ich zitiere einmal eine Stellungnahme von Harald Willert, die heute im „Kölner Stadt-Anzeiger“ erschienen ist. Auf die Frage: „Welches G9-Modell könnten Sie sich denn vorstellen?“,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Ein Schulleiter!)

antwortet Herr Willert – immerhin vom Verband der Schulleiter –:

„Ich würde mir eine Individualisierung wünschen. Also die Möglichkeit für die Schulen, einen schnelleren und einen langsameren Weg anzubieten. Die Möglichkeit gab es ja auch früher schon für Schüler. Da gibt es am Gymnasium Schlüssel-Stellen, wo so etwas gut machbar ist. Wir reden die ganze Zeit von der Struktur – wir müssen uns aber auch ernsthaft fragen, was unseren Kindern bei dem Schulsystem, was wir zur Zeit haben, hilft.“

(Monika Pieper [PIRATEN]: Dafür hatte man ja vier Jahre Zeit!)

„Und das sind auch inhaltlich-didaktische Fragen.“

Das ist genau das, was unsere Spitzenkandidatin hier vorgetragen hat.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

Ich möchte Ihnen ein zweites Zitat dieser fachlichen Expertise nicht vorenthalten.

Auf die Frage, „es heißt immer, die Rückkehr zu G9 bringe Unruhe an die Schulen“, antwortet er:

Im Sieben- bis Zehn-Jahres-Rhythmus gibt es neue Curricula – das kommt immer. Mit oder ohne neue Schulstruktur. Wenn man das also parallel legte und die neue Struktur sukzessive einführte, dann wäre so eine Veränderung ohne Weiteres und ohne große Unruhe machbar. Allerdings nicht, wenn alle total durchdrehen und die verlängerte Schulzeit am liebsten schon gestern hätten.

Genau das Schauspiel haben Sie gestern inszeniert, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus diesem Paradigma ergeben sich die Kriterien und nicht aus abstrakten und unproduktiven Strukturdebatten. Jedes Kind braucht seine Zeit, wie Sylvia Löhrmann es formuliert hat. Hier liegt der zentrale Inhalt für unsere Debatte. Bei der Form sollten wir fragen, ob wir Entscheidungen hier einsam und allein in Düsseldorf treffen wollen und wieder allen alles vorschreiben wollen, was sie zu tun haben – sehr wichtig für die liberale Partei –, oder ob wir den Dialog mit allen Beteiligten suchen.

Wir werden jedenfalls den Weg des Dialogs gehen. Glauben Sie mir: Am Ende des Tages wissen die Beteiligten das mehr zu schätzen als alle Wandlungen und Wendungen und wahltaktischen Spielchen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte einen Punkt aus der Rede von Herrn Lindner anführen, als es um Frauenförderung ging. Ich sage Ihnen: Uns ist dieses Thema sehr wichtig, und wir gucken mit großem Interesse auf das, was jetzt vor den Gerichten entschieden wird.

Aber politisch kann ich Ihnen sagen: Herr Prof. Papier, nun wirklich einer der profiliertesten Verfassungsrechtler, der das Land bei diesem Thema beraten hat, hat gesagt: Es gibt nicht nur den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Frage der Einstellung – das vertritt das Innenministerium und die Landesregierung auch –, sondern es gibt auch die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Und deswegen haben wir ein Gesetz vorgelegt, das sicherstellen soll, dass Frauen eben auch in Führungspositionen kommen sollen. Und zu diesem Grundsatz stehen wir uneingeschränkt, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Ich sage Ihnen auch: Wir werden alles tun, dass sich diese Frauenförderung auch in Zahlen niederschlägt und nicht nur in Sonntagsreden. Ja, uns ist bewusst, dass in den Spitzenpositionen der öffentlichen Hand weniger Frauen sitzen als Männer. Und das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir jetzt auch ändern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Flüchtlingsaufnahme und die Arbeitsmigration haben uns vor große Aufgaben gestellt, auch bei der Gesundheitsversorgung. Auch hier handeln wir konsequent und unterstützen die Kommunen bei der gesundheitlichen Versorgung, unter anderem mit der Gesundheitskarte und bei der Unterbringung von Flüchtlingen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch die zum 1. Juli 2012 eingeführte Altenpflegeumlage, die eine bundesweit einmalige Erfolgsgeschichte ist. Die Ausbildungszahlen haben sich in der Altenpflegeausbildung seit 2010 daher verdoppelt und auch die Kosten für die Ausbildung von 32 Millionen € auf fast 64 Millionen €.

Wir übernehmen zudem Verantwortung für die Krankenhäuser. Nachdem wir bereits 2016 die pauschalen Finanzmittel für die notwendigen Investitionen der Krankenhäuser um erstmals 24 Millionen € erhöht haben, kommt 2017 eine weitere Erhöhung von 16 Millionen € hinzu auf dann insgesamt 530 Millionen €. Das sind auch angesichts des Drucks der Schuldenbremse hohe, aber imminent wichtige Fördersummen.

Wir werden schließlich altersgerechte Quartiere stärker erlebbar gestalten. Wir treffen damit Vorsorge gegen Isolation und Armut, für Teilhabe von älteren Menschen und unterstützen die Kommunen bei ihrem weiteren wichtigen Wandel hin zur altersgerechten und demografiefesten Stadt.

(Beifall von Manuela Grochowiak-Schmieding [GRÜNE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle auf ein Ministerium zu sprechen kommen, das, wenn man den Worten der Opposition glauben darf, besonders einflussreich ist – mit einem Minister, der einen Etat von knapp 1,1 Milliarden € das ganze Land aufs Heftigste durchgrünt. Und selbst bei unserem Koalitionspartner gibt es noch Reste von Fremdeln bei Wertschätzungen und Überschätzen. Aber wir nehmen das sportlich, und es wird auch weniger. Im grünen Geschichtsarchiv liegt schon Holger Börners Dachlatte, von unserer Ministerpräsidentin eigenhändig geschreddert.

Ich weiß, dass auch viele in der SPD froh sein werden, wenn noch ein paar andere strukturkonservative Dinge weggefegt werden, die uns nicht mehr weiterhelfen auf dem Weg der ökologischen und sozialen Modernisierung, zum Beispiel Aversion gegen Bürgerinitiativen.

(Christian Möbius [CDU]: Wo ist der Applaus der SPD? – Christof Rasche [FDP]: Sie können doch klatschen.)

Denn ich bin mir sicher: Wir haben doch alle großen Respekt vor dem ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen in Vereinen, Verbänden und BIs. Sie vertreten berechtigte Interessen, die wir anhören müssen, damit wir die Planungsprozesse besser machen können. Es ist die Aufgabe von Verwaltung und Politik, die Menschen frühzeitig, offen und transparent in Planungsprozesse einzubinden. Es ist unser Job, mit guten Argumenten für Akzeptanz, Zustimmung und Rückhalt unserer Beschlüsse zu werben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist das!)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel Freud und viel Ehr für Johannes Remmel und sein Haus und faktisch einen Riesennutzen für die Menschen in diesem Land, für Umwelt und Natur und auch für die Wirtschaft. Nehmen wir zum Beispiel das Thema „Wasser und Hochwasser“. Der Klimawandel und die vermehrten Extremwetterereignisse, Dürreperioden, Starkregen, trockene Flüsse, Überflutungen sind Herausforderungen an das Wasserland Nordrhein-Westfalen.

Wir müssen NRW extrem wetterfest machen, zum Schutz der Bevölkerung, zur Bewahrung von Natur und Umwelt und zum Nutzen von Wirtschaft und Industrie. Und deswegen unterstützt die Landesregierung die Kommunen, die Wasser- und Deichverbände seit Jahren und trägt einen hohen Anteil der Kosten beim Hochwasserschutz.

Bis 2025 werden alle Hochwasserschutzanlagen am Rhein von Düsseldorf bis Emmerich modernisiert. Zugleich werden auch Deiche zurückverlegt, um Flüssen mehr Raum zu geben und Überschwemmungsflächen zu schaffen. NRW hat zudem mit Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und zur Renaturierung eine jährliche Förderung von 80 Millionen € aufgelegt.

Jeder Euro, den wir für Klimaschutz ausgeben, ist echter vorbeugender Hochwasserschutz. Das sei all jenen ins Stammbuch geschrieben, die sagen, NRW betreibe zu viel Klimaschutz.

Klimaschutz wächst bei uns von unten. Die Energiewende ist vor allem eine Bürgerenergiewende, getragen von Städten, Gemeinden, Landkreisen, Initiativen und Privatleuten, all jenen also, die auf die Herausforderung des globalen Klimawandels mit lokalen Mitteln antworten und so ihren Beitrag für die Bewältigung dieser Jahrhundertaufgabe leisten.

Unser Job als Landespolitik ist es, diese Menschen zu unterstützen, zu beraten und mit diesem Landeshaushalt intensiv zu fördern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Nordrhein-Westfalen ist auch ländlicher Raum. Auf dem Land lebt rund ein Drittel der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens. 75 % der Landesfläche werden land- und forstwirtschaftlich genutzt. Damit sind wir nach Bayern und Niedersachen der drittstärkste Agrarstandort in Deutschland mit einer bedeutenden Wirtschaftskraft im Grünen. Der ländliche Raum hat Zukunft, weil die Menschen auf dem Land Herausforderungen annehmen und mit Tatkraft und Ideenreichtum an die Lösungen herangehen.

Das ist auch nötig angesichts des demografischen Wandels und der Aufgaben bei der Gesundheitsversorgung und beim Ausbau der digitalen Infrastruktur, um nur einige der großen Herausforderungen zu nennen, die wir mit diesem Haushalt bearbeiten.

Deswegen geht auch 1 Milliarde der Fördermittel in den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Weil Herr Lindner das vorhin falsch dargestellt hat, möchte ich es noch einmal erklären: Das Fördersystem ist so ausgestaltet, dass 100 % Förderquote dann erreicht werden, wenn 85 % der Mittel dafür eingesetzt werden, dass 50 Mbit/s bereitgestellt werden.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Daraus abzuleiten, dass das Land weniger fördert, ist doch absurd. Es ermöglicht den Kommunen, mehr und nicht weniger ausbauen zu können.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Eines sei noch hinzugefügt: Was wäre denn gewesen, wenn wir höhere Förderbedingungen an den Tag gelegt hätten? – Dann wären doch die kommunalen Spitzenverbände auf die Zinne gestiegen und hätten gesagt: Das sind doch schärfere Bedingungen, als uns der Bund auferlegt. – Das ist doch eine bigotte Argumentation, die von CDU und FDP heute gekommen ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben derzeit in Deutschland, in Europa ein Trauerspiel in Sachen Steuergerechtigkeit. Ich war schon beeindruckt, welchen Anlauf Herr Lindner da genommen hat. Endlich hat die Europäische Kommission gegen das unlautere Steuerdumping verschiedenster Mitgliedstaaten durchgegriffen. Apple soll 13 Milliarden € an Steuern nachzahlen. Es klingt wie ein schlechter Scherz, aber es ist Realität: Irland will dieses Geld gar nicht haben. Offensichtlich ist das Dumpinggeschäft zulasten der anderen Mitgliedstaaten so lukrativ, dass man dankend darauf verzichtet.

Lieber asoziale Steueroase bleiben als solidarischer Partner in Europa, das ist eine riesige Gefahr für die Europäische Union und Wasser auf die Mühlen von Populisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Noch absurder ist nur noch der bayrische Finanzminister, der nichts Besseres im Sinn hat, als Steuervermeidung zu schützen und damit die europäische Solidarität zu unterlaufen. Das ist doch das Europa, das die Menschen nicht mehr verstehen. Wer Freizügigkeit will, muss sich an die Spielregeln halten, der muss auch solidarisch mit den anderen Staaten Europas sein.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Doch damit nicht genug: In dieser Situation versucht die Große Koalition, einen offenkundig verfassungswidrigen Entwurf zur Erbschaftsteuer durch den Bundesrat zu peitschen. Monatelang hat Finanzminister Schäuble das Urteil des Verfassungsgerichts ignoriert, um dann dem Bundestag einen faulen Kompromiss vorzulegen, der fast alle Punkte enthalten hat, die das Gericht moniert hat. Erst der Bundesrat hat den Akteuren nun zu einer Nachdenkpause verholfen. Doch derselbe Söder, der schon bei Apple ein großes Herz für große Steuervermeidung zeigte, erklärt, dass kein Komma am Entwurf geändert werden soll.

Hier zeigt sich einmal mehr: Die Große Koalition ist groß vor allem im Erzeugen von Politikverdrossenheit. Was wäre denn die Folge, wenn die GroKo in dieser Selbstblockade verharren würde? – Das Gericht könnte entweder die Steuer teilweise oder gänzlich für nichtig erklären, oder es kommt auf die Idee, eigene Maßstäbe aufzustellen, wozu Herr Kirchhoff durchaus in der Lage sein dürfte.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Herr Kollege, das Verfahren liegt im Vermittlungsausschuss. Das dürfte Ihnen bekannt sein, oder?

Es kann also passieren, dass es bald gar kein Geld mehr für die Länder gibt. Dann fehlen aber die Möglichkeiten für Investitionen in Bildung, Kommunen, Integration und vieles mehr. Das ist das Risiko, das die CSU und die Große Koalition an dieser Stelle eingehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn das aber so ist, dann sollte die Kanzlerin und Bundesvorsitzende der CDU ihr Gerede von der „Bildungsrepublik Deutschland“ einstellen. Es wäre jetzt ihre Aufgabe, die Söders und Schäubles der Republik zur Ordnung zu rufen und endlich eine verfassungsgemäße Besteuerung zu ermöglichen.

(Armin Laschet [CDU]: Der Bundestag hat beschlossen! Es gibt eine Mehrheit, SPD, CDU, CSU! – Gegenruf von Torsten Sommer [PIRATEN]: Noch CDU und CSU, nicht mehr lange!)

– Sie kennen sich doch mit Vermittlungsverfahren aus, oder?

Die Zeche, Herr Kollege, für das traurige Schauspiel zahlen letztlich wieder die Familien mit Kindern. Entweder bleiben wichtige Investitionen in die soziale Infrastruktur aus, oder sie werden demnächst wieder bei der Einkommensteuer draufzahlen. Es ist jetzt Zeit für mehr Steuergerechtigkeit. Es ist gut, dass unser Finanzminister in Nordrhein-Westfalen vorangeht und immer wieder Akzente setzt. Auch hier könnten CSU und CDU eine Menge von ihm lernen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Wir brauchen Geld für gelingende Integration und für Investitionen in die Zukunft unserer Kinder. Und die Bevölkerung ist bereit, genau diesen Weg zu gehen.

Sie wollen mehr Ausgaben genau in diesen Bereichen und eben kein Unionsmodell, das wieder nur die Besserverdienenden und die hohen Einkommen entlastet. Auch hier erweisen sich Teile der Unionsführung wieder als Anhänger einer hemmungslosen Impulspolitik. Statt kleine und mittlere Einkommen konsequent zu entlasten und Belastungen bei sehr Reichen durchzusetzen, wollen Sie das Gegenteil. Sehr Vermögende werden gänzlich verschont, hohe Einkommen stärker entlastet, und wichtige Zukunftsinvestitionen bleiben aus.

Das ist schlicht unsozial und zukunftsfeindlich, und es widerspricht auch dem Slogan der Kanzlerin, die was schaffen will.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen setzt deutlich andere Impulse als die GroKo in Berlin, und zwar auch in den Formen des Umgangs. Bei der GroKo reicht die Regierungsdisziplin nicht einmal mehr, sich vor laufender Kamera nicht anzugiften. Sie streiten wie die Kesselflicker bis hin zum gefühlten Koalitionsbruch und regieren dann weiter, als wenn nichts passiert wäre.

(Christian Lindner [FDP]: Das kennen wir von hier!)

In der Psychologie nennt man so etwas Double Bind, wenn man sich hasst und sich gleichzeitig Liebe schwört.

In dieser offenkundigen Gefühlsverwirrung liegt doch der zweite Knackpunkt für die Demokratiemüdigkeit in unserem Land. Die GroKo lässt die Bürgerinnen letztlich irrewerden an ihrer Politik. Das ist das zweite große Konjunkturprogramm für die Populisten in unserem Land neben der CSU. Auch dieser Wahrheit gilt es jetzt, ins Auge zu sehen, bevor unser Wahlkampf richtig beginnt. Wenn ich das so klar anspreche, dann geht es mir ausdrücklich nicht um das Bashing der großen Parteien. Ich spreche von einer Verantwortung, die wir alle gemeinsam zu tragen haben, auch die kleineren Parteien.

Lassen Sie uns in der Art unseres Wahlkampfs dafür sorgen, dass es zu keiner Verfestigung des Populismus in Deutschland kommt, denn sonst werden wir diese Geister so schnell nicht wieder los.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen aus Fehlern lernen, wie sie anderswo gemacht werden; denn wenn wir nicht aufpassen, rutschen wir in österreichische Verhältnisse hinein – mit einem etablierten Rechtspopulismus und einem teilweise paralysierten politischen System. Lassen Sie uns deshalb im Wahlkampf den demokratischen Prozess hegen und pflegen – durch Rede und Gegenrede, durch klare politische Alternativen, ohne allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, in Feindschaft zu verfallen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dieser Haushaltsentwurf ist auch dafür eine sehr gute Grundlage. Wir werden uns bemühen, ihn noch besser zu machen.

Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Langanhaltender Beifall von den GRÜNEN – Anhaltender Beifall von der SPD)



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