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gesamten Geldmasse usw. ... die Bestimmung der Warenpreise hängt im Grunde genommen stets
vom Verhältnis der Gesamtmenge der Warren zur Gesamtmenge der Geldzeichen
ab."(Montesquieu, l.c.,t.III,p.12,13.) Über die Weiterentwicklung dieser Theorie durch Ricardo,
seinen Schüler James Mill, Lord Overstone usw. vgl. "Zur Kritik etc.", p.140-146, und
p.150sqq.[1*] Herr J. St. Mill versteht es, mit der ihm geläufigen eklektischen Logik, der Ansicht
seines Vaters J. Mill und zugleich der entgegengesetzten zu sein. Vergleicht man den Text seines
Kompendiums: "Princ. of Pol. Econ.", mit der Vorrede(erste Ausgabe), worin er sich selbst als
Adam Smith der Gegenwart ankündet, so weiß man nicht, was mehr bewunddern, die Naivetät
des Mannes oder die des Publikums, das ihn auf Treu und Glauben in den Kauf nahm als Adam
Smith, zu dem er sich etwa verhält wie General Williams Kars von Kars zum Herzog von Wel-
lington. Die weder umfangreichen noch gehaltreichen Originalforschungen des Herrn J. St. Mill
[1*] Siehe Band 13 unserer Ausgabe, S.134-140 und S. 143ff.
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schiednen Nationaluniformen, die Gold und Silber als Münzen tragen, auf dem Weltmarkt aber wieder
ausziehn, erscheint die Scheidung zwischen den innern oder nationalen Sphären der Warenzirkulation und
ihrer allgemeinen Weltmarktssphäre.
Goldmünze und Barrengold unterscheiden sich also von Haus nur durch die Figur, und das Gold ist be-
ständig aus einer Form in die andre verwandelbar.[81] Der Weg aus der Münze ist aber zugleich der Gang
zum Schmelztiegel. Im Umlauf verschleißen nämlich die Goldmünzen, die eine mehr, die andre weniger.
Goldtitel und Goldsubstanz, Nominalgehalt und Realgehalt beginnen ihren Scheidungsprozeß. Gleichna-
mige Goldmünzen werden von ungleihem Wert, weil verschiednem Gewicht. Das Gold als Zirkulations-
mittel weicht ab vom Gold als Maßstab der Preise und hört damit auch auf, wirkliches Aquivalent der
Waren zu sein, deren Preise es realisiert. Die Geschichte dieser Wirren bildet die Münzgeschichte des
Mittelalters und der Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert. Die naturwüchsige Tendenz des Zirkulationsprozes-
ses, das Goldsein der Münze in Goldschein oder die Münze in ein Symbol ihres offiziellen Metallgehalts
zu verwandeln, ist selbst anerkannt durch die modernsten Gesetze über den Grad des Metallverustes, der
ein Goldstück kursunfähig macht oder demonetisiert.
im Gebiet der Pol. Ök. findet man alle in Reih' und Glied aufmarschiert in seinem 1844 erschie-
nenen Schriftchen: "Some Unsettled Questions of Political Economy." Locke spricht direkt den
Zusammenhang zwischen der Wertlosigkeit von Gold und Silber und der Bestimmung ihres
Werts durch Quantität aus. "Da die Menschen übereingekommen sind, Gold und Silber einen
imaginären Wert zu verleihen ... ist der innere Wert, den man in diesen Metallen erblickt, nichts
als ihre Quantität."("Some Considerations etc.", 1691, [in] "Works", ed. 1777, vol.II,p.15.)
[81] Es liegt natürlich ganz jenseits meines Zwecks, Details wie Schlagschatz u. dgl. zu behan-
deln. Gegenüber dem romantischen Sykophanten Adam Müller jedoch, der "die großartige Libe-
ralität" bewundert, womit die "englische Regierung unentgeltlich münzt", folgendes Urteil Sir
Dudley Norths: "Silber und Gold haben wie andere Waren ihre Ebbe und Flut. Wenn eine Ladung
aus Spanien ankommt, ... wird sie in den Tower gebracht und ausgemünzt. Nicht lange danach
entsteht Nachlrage nach Barren für die Ausfuhr. Wenn nun keine vorhanden sind, sondern zufäl-
lig alles gemünzt ist, was dann? Man wird es wieder einschmelzen; dies bedeutet keinen Verlust,
da das Münzen den Eigentümer nichts kostet. Aber die Nation hat den Schaden, denn sie zahlt da-
für, daß Stroh, mit dem man Esel füttert, vorher geflochten wird. Wenn der Kaufmann"(North
war selbst einer der größten Kaufleute zu Charles II. Zeit) "einen Preis für das Münzen zu zahlen
hätte, würde er nicht, ohne zu überlegen, sein Silber in den Tower schicken, und gemünztes Geld
würde dann stets einen höheren Wert haben als ungemünztes Silber."(North, l.c.p.18.)
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Wenn der Geldumlauf selbst den Realgehalt vom Nominalgehalt der Münze scheidet, ihr Metalldasein
von ihrem funktionellen Dasein, so enthält er die Möglichkeit latent, das Metallgeld in seiner Münzfunk-
tion durch Marken aus andrem Material oder Symbole zu ersetzen. Die technischen Hindernisse der
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Münzung ganz diminutiver Gewichtsteile des Goldes resp. Silbers und der Umstand, daß niedrigere Me-
talle ursprünglich statt der edleren, Silber statt des Goldes, Kupfer statt des Silbers, zum Wermaß dienen
und daher als Geld zirkulieren im Augenblick, wo das edlere Metall sie entthront, erklären historisch die
Rolle von Silber- und Kupfermarken als Substituten der Goldmünze. Sie ersetzen das Gold in den Kreisen
der Warenzirkulation, worin die Münze am schnellsten zirkuliert und sich daher am schnellsten abnutzt,
d.h., wo Käufe und Verkäufe unaufhörlich im kleinsten Maßstab erneuert werden. Um die Festsetzung
dieser Trabanten an der Stelle des Goldes selbst zu verhindern, werden gesetzlich die sehr niedrigen Pro-
portionen bestimmt, worin sie allein an Zahlungs Statt für Gold angenommen werden müssen. Die be-
sondren Kreise, worin die verschiednen Münzsorten umlaufen, laufen natürlich ineinander. Die Scheide-
münze erscheint neben dem Gold zur Zahlung von Bruchteilen der kleinsten Goldmünze; das Gold tritt
beständig in die Detailzirkulation ein, wird aber durch Auswechslung mit Scheidemünze ebenso bestän-
dig herausgeworfen.[82]
Der Metallgehalt der Silber- oder Kupfermarken ist willkürlich durch das Gesetz bestimmt. Im Umlauf
verschleißen sie noch rascher als die Goldmünze. Ihre Münzfunktion wird daher faktisch durchaus unab-
hängig von ihrem Gewicht, d.h. von allem Wert. Das Münzdasein des Goldes scheidet sich völlig von
seiner Wertsubstanz. Relativ wertlose Dinge, Papierzettel, können also an seiner Statt als Münze funktio-
nieren. In den metallischen Geldmarken ist der rein symbolische Charakter noch einiger-
[82] "Wenn nie mehr Silbergeld vorhanden ist, als man für die kleineren Zahlungen benötigt,
kann es nicht in für größere Zahlungen ausreichenden Mengen angesammelt werden ... Die Ver-
wendung von Gold für große Zahlungen schließt notwendig auch seine Verwendung im Detail-
handel ein: Wer Goldmünzen hat, benutzt sie auch bei kleineren Einkäufen und erhält mit der ge-
kauften Ware den Rest in Silber zurück; dadurch wird der Überschuß an Silber, der sonst den
Detailhändler belasten würde, diesem entzogen und in die allgemeine Zirkulation zurückgeführt.
Wenn aber so viel Silber vorhanden ist, daß die kleinen Zahlungen unabhängig von Gold ausge-
führt werden können, so wird der Detailhändler für kleine Käufe Silber erhalten, das sich dann
notwendig bei ihm anhäufen wird."(David Buchanan,"Inquiry into the Taxation and Commercial
Policy of Great Britain", Edinburgh 1844, p.248,249.)
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maßen verstekt. Im Papiergeld tritt er augenscheinlich hervor. Man sieht: Ce n'est que le premier pas que
coûte[1*].
Es handelt sich hier nur von Staatapapiergeld mit Zwangskurs. Es wächst unmittelbar aus der metalli-
schen Zirkulation heraus. Kreditgeld unterstellt dagegen Verhältnisse, die uns vom Standpunkt der einfa-
chen Warenzirkulation noch durchaus unbekannt sind. Im Vorbeigehn sei jedoch bemerkt, daß, wie ei-
gentliches Papiergeld aus der Funktion des Geldes als Zirkulationsmittel entspringt, das Kreditgeld in der
Funktion des Geldes als Zahlungsmittel seine naturwüchsige Wurzel besitzt.[83]
Papierzettel, denen Geldnamen, wie 1 Pfd.St., 5 Pfd.St. usw. aufgedruckt sind, werden vom Staat äußer-
lich in den Zirkulationzprozeß hineingeworfen. Doweit sie wirklich an der Stelle der gleichnamigen
Goldsumme zirkulieren, spiegeln sich in ihrer Bewegung nur die Gesetze des Geldulaufs selbst wider. Ein
spezifisches Gesetz der Papierzirkulation kann nur aus ihrem Repräsentationsverhältnis zum Gold ent-
springen. Und dies Gesetz ist einfach dies, daß die Ausgabe des Papiergelds auf die Quantität zu be-
schränken ist, worin das von ihm symbolisch dargestellte Gold(resp. Silber) wirklich zirkulieren müßte.
Nun schwankt zwar das Goldquantum, welches die Zirkulationssphäre absorbieren kann, beständig über
oder unter ein gewisses Durchschnittsniveau. Jedoch sinkt die Masse des zirkulierenden Mediums in ei-
nem gegebnen Land nie unter ein gewisses Minimum, das sich erfahrungsmäßig feststellt. Daß diese Mi-
nimalmasse fortwährend ihre Bestandteile wechselt, d.h. aus stets andren Goldstücken
[83] Der Finanzmandarin Wan-mao-in ließ sich beigehn, dem Sohn des Himmels ein Projekt zu
unterbreiten, welches versteckt auf Verwandlung der chinesischen Reichsassignaten in konverti-
ble Banknoten hinzielte. Im Bericht des Assignaten-Komitees vom April 1854 erhält er gehörig
den Kopf gewaschen. Ob er auch die obligate Tracht Bambushiebe erhielt, wird nicht gemeldet.