Die deutsche Gelehrtenrepublik. Ihre Einrichtung. Ihre Geseze. Geschichte des lezten Landtags. Auf Befehl der Aldermänner durch Salogast und Wlemar. Herausgegeben von Klopstock. Erster Theil



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Denkmale der Deutschen.

Unsre Stammart.


Einige Cohorten dekten die Flucht Catulus, und seiner Legionen gegen uns, und unterlagen. Für ihre Tapferkeit schwuren ihnen die Sieger beym ehernen Stiere Freyheit, und

Waffenstillstand.

Unglükliche grosse That.
Eine Cohorte Usipier, gezwungen für die Römer zu streiten, und wider die Kaledonier, ein freyes Brudervolk, verachtete, um sich so nicht zu entehren, Gefahren, wie sie die Schlacht nicht hat. Sie verließ die Legion, in welche sie eingekerkert war, tödtete ihre Waffenlehrer, stürzte sich in drey Nachen, warf die treulosen Schiffer ins Meer; trieb um Britannien, kriegte auf der Fahrt, nicht zu verhungern, oft siegend, selten besiegt, aß erst Sterbende, dann Geloste, strandete am Ufer des Vaterlands, und wurde von Deutschen in die Fessel verkauft, und in der Gallier.

Der verdiente Triumph.


Domitius Änobarbus, nur er unter allen Römern, kam bis über die Elbe; ein Gang unmerklicher Spur, aber dennoch, wegen der kühnen Neuheit, bis zum Triumphwagen.

Der übrige Zweig.


Die Cimbrer und Teutonen hatten ihre Beute, und sechs tausend, sie zu schüzen, am Rheine gelassen. Als zu diesen die Todesbotschaft von ihren Vätern und Brüdern kam, erkämpften sie sich von den umliegenden Völkern ein Land, und wurden, durch Entschlüsse, die nichts geschrekt, und durch eine Standhaftigkeit, die keine andre ausgedauert hatte, selbst ein Volk. O Untergang auch der grösten Thaten! Denn ich muß den Namen des neuen Volkes nennen. Sie heissen Atwaticher.

Die Sikambrer.


Nach den Cheruskern, verdienen die Sikambrer Nachkommendank. Sie nahmen Lollius einen Adler. Der Eine weissagte die drey. Aber auch das selbsttödtende Schwert wendete sich früher gegen die Brust der gefesselten Fürsten Melo's und Baitorits, als gegen des Varus.

Der gute Gabin.


Valentinian bedekte, nach seinem Lieblingsgedanken, die Gränzen zu befestigen, auch die Donau mit Schlössern. Bald fing er auch an über den Gränzen zu bauen. Der König der Quaden, Gabin erklärte sich mit Mässigung dawider, ward zum Gastmahl eingeladen, und verrätherisch getödtet. Sein Feldherr Percha, vergalt den Mord, und unterbrach den zu nahen Bau, indem er zwey Legionen vertilgte.

Die Ungleichen.


Die Sueven und die Cherusker schlugen mit einander, Deutsche mit Deutschen. Die Sueven führte Marbod, ihr Tyrann, er, der nie aus Hercyniens Schatten gegen die Römer zur Schlacht hervorbrach, mit ihnen durch Geschenke Bündnis schloß, ein Waffenträger des Cäsars, und ein Verräther des Vaterlands war. Ingomar, Siegmars Bruder, war mit seinen Kriegsgefährten zu ihm übergegangen. Die Cherusker führte Hermann, der Befreyer des Vaterlandes. Zwey suevische Völker, die Semnonen, und die Longobarden, hatten seinen Arm gestärkt. Lange schwebte die Schlacht in Gleichgewichte. Endlich entwich der Tyrann auf seine Hügel; und, von noch mehr Völkern verlassen, flehte er dem Cäsar vergebens um Beystand.

Der Entschluß der Männinnen.


Nach der Schlacht mit Marius sendeten die Fürstinnen, die Schwestern, Mütter, und Weiber der Todten zu dem Überwinder: Wir wollen frey, und Vestalinnen seyn, oder sterben. Sie wurden nicht frey, und tödteten sich.

Weise Enthaltsamkeit.


Tiber stand mit den Legionen an der Elbe, und seine Flotte führte ihr neues, furchtbares Schauspiel auf. Ein Deutscher kam in einem Nachen herüber, und betete die göttlichen Römer an. Dennoch blieb ihnen die jenseitige Anbetung zweifelhaft.

Varus Rükkehr.


Hermann wolte, mit den lebenden Boten, auch todte nach Rom senden; und zugleich Marbods, des Zuschauers mit der Hand im Schoosse, spotten. Er schikte Varus Haupt an den Verräther, und dieser nach Rom.

Die Trümmer.


Die Mundarten der Oberdeutschen sind die Steinbrüche, woraus unsre Vorfahren die Sprache gebaut haben. Wir hinterlassen sie dem Nachkommen in einer Gestalt, daß er die Umbildung ihrer Säulen nicht wagen, und nur an den Zierathen der Knäufe ändern wird. Aus den Mundarten Niederdeutschlands ist nur in fremden Ländern gebaut worden. Gleichwol gehört ihm das älteste deutsche Buch an, das gerettet ist, die Schriftdolmetschung des Gesezgebers und Bischofs Ulfila.

Die glükliche Stunde.


Die Druidinnen verkündeten: Ihr siegt nur, wenn der Mond voll ist. War er dieses zur Zeit der Schlacht gewesen; so hätt er etwa Ariovistens Schwert gethan, und weder Portia's noch Brutus Dolch geblutet.

Der gegebne Friede.


Valentinian hatte die Künste des Überfalls und des geheimen Mordes umsonst gegen Macrianen, den König der Allemannen, versucht. Er entschloß sich ihm Frieden anzubieten. Der Deutsche sich bewust, daß er dem Römer den Frieden bewilligen konte, und auch abschlagen, stand, mit diesem Stolze, an dem einen Ufer des Rheines. Seine Kriegsgefährten kanten die Ursach des Stolzes, und schlugen mit dem Ungestüme der Schlacht an ihre Schilde. In dem Nachen des Römers glänzten die Feldzeichen der Legionen. Aber er fuhr zu der Unterredung herüber. Endlich hörte der Klang der Schilde, und das Kriegsgeschrey der Deutschen auf, und ein Friede ward geschlossen, den Macrian niemals brach.

Die heutigen Spuren.


Steh still, Wanderer, oft, lange, und mit Dankbarkeit.

In Varburg hielt Varus Gericht und Gastmale.

In Varlar machte er sein erstes Lager, groß und fest, weil Hermann diesen Tag allein geschlagen, und die andern Fürsten in der Ferne gezweifelt, und gezögert hatten.

In Varenholt barg sich der Römer, wie er konte, in einem kleinen Lager, das niedrige Wälle und untiefe Graben hatte.

Auf Winfeld sahen die Übrigen am dritten Abend ihre lezte Sonne untergehn.

Im rothen Bache floß das meiste Römerblut.

In den Knochenbach warfen wir die Gebeine, die Germanicus gesammelt, und mit einem Grabhügel bedekt hatte, damit sie der Römer nicht noch einmal sammelte.

Geh nun weiter, Wanderer, oder wenn du noch weilen magst, so grab hier irgendwo; und du wirst Waffen oder Schädel oder Münzen finden, mit den Bildnissen Cäsars und Augustens.

Der gegründete Mut.
Gratian hörte auf vor der Ankunft des feindlichen Heeres zu zittern. Denn seine Legionen führten Baudo und Arbogast, Feldherren, die unbestechbar, kriegsgelehrt, und kühn waren.

Der Gränzfluß.


Die Römer hatten Gallien, Iberien, und Britannien erobert, auch etwas von Oberdeutschland. Die Donau sonderte das Wenige. Wenn ihr groß von grossen Thaten denkt, Nachkommen der Rhätier, Noriker, und Vindelicier, so betretet das jenseitige Ufer des Gränzflusses mit Ehrfurcht. Denn drüben eroberten die Römer nicht.

Belonte Gutherzigkeit.


Dem Fürsten der Ansibaren, Bojokalen, war Aufruhr die Befreyung, welche die Irmensäule verdiente, und erhielt. Dafür flehten er und sein Volk auch dem Feld herrn der Römer vergebens um unbewohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie musten, da sie fortzogen, die Thräne hinstürzen: Fehlt uns Erde zur Hütte; so fehlt sie uns doch zum Grabe nicht.

Dieß erreichten sie bald; die Jünglinge, und die Männer durch ihr Schwert, die Greise in der Fessel. Und nun waren keine Ansibaren mehr.

Die grosse Entscheidung.
Sechs deutsche Cohorten legten in Pharsaliens Wagschale das Übergewicht für den, der in Scythien die Eroberung Deutschlands versuchen wolte. Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun bedurft es unsers Schwertes nicht.

Wir gegen uns.


Die Brukterer waren, bis zum Übermute, stolz, und ihre Nachbarn, bis zur Grausamkeit, Hasser dieser Stolzen. Die Verbündeten zogen das Schwert, und hörten erst auf zu vertilgen, als die Übrigen mit den Schatten sechzig tausend Todter flohn. Ein Schauspiel für die Römer, das ihr Herz gewünscht hatte, und das ihr Auge sah. Wir haben andern Feinden gleiche Schauspiele aufgeführt.

Späte Wiederkunft.


Vierzig Winter waren vergangen, und die gefesselten Fabier in Hütt und Hürde grau geworden. Da endlich nahmen die Römer den dritten Adler Varus wieder.

Die bekränzten Löwen.


In Aurels Kriege mit den Markomannen und den Quaden antwortete der Weissager: Sieg, wenn ihr zween Löwen mit Opferkränzen schmükt, und sie über die Donau vorausschikt! Die deutschen Jünglinge am Ufer spielten gegen die Löwen hin, und tödteten sie mit Stäben. Aus den nachkommenden Legionen fielen zwanzig tausend. Nur gegen diese bedurft es der Schwerter.

Uralte Verwandschaft.


Der hercynische Wald sandte Belgien, Britanniens Küsten, und, aus andern Schatten, den Gebirgen Schottlands Bevölkerung.

Die Cimbrer.


Die Deutschen der Nordgränze begannen den furchtbaren Zug gegen die Römer. Ihr Heer wuchs in dem Herzen Deutschlands. Die Namen ihrer Feldherren und Helden sind nicht mehr. Aber noch nennen wir die Namen der überwundnen Consulen. In fünf grossen Schlachten flohn, oder fielen, vor den Unbekanten, Garbo, Cassius, Scaurus, Cäpio, und Manlius. Endlich vereinten sich Sonn, und Sturm, und Marius, und gelernte Weichlichkeit, die Sieger zu vertilgen.

Unsre verlorne Freyheit.


Eh sinke dieser Fels, als die Geseze unserer Freyheit aufhören.

Der König, die Oberrichter, und die Feldherren sollen die kleineren Dinge entscheiden, die grösseren das Volk.

Über die, welche das Volk entscheidet, sollen die Fürsten, eh die Landesversamlung anfängt, gerathschlagt haben.

Das Volk sezt sich nicht eher, als es will, zur Beratschlagung nieder.

Hierauf gebietet ihr, Druiden, Stillschweigen, und wer nicht gehorcht, den bestraft ihr.

Die Fürsten sollen gehört werden, nachdem sie älter, beredter, von besserem Geschlecht, und berühmtere Krieger sind.

Sie dürfen es unternehmen, zu überreden, aber nicht zu gebieten.

Das Volk verwirft entweder durch Murren, oder es giebt durch die bewegte Lanze Beyfall.

In der Landesversamlung werden neue Oberrichter gewählt, die in Bezirken Recht sprechen.

Jeder Oberrichter soll hundert aus dem Volke zu Rathgebern und Ausführern haben.

Ihr komt alle gewafnet zu der Landesversamlung, damit ihr, wenn ihr überfallen werdet, von der Berathschlagung zur Schlacht aufstehn könt.

Teutoburg.


Beschattet, Eichen, die Felsenschrift! Hermann, Siegmars Sohn, vertilgte Varus mit drey Legionen. August ließ Haar der Trauer wachsen, Tibers illyrischen Lorber verwelken, und unter denen, welche sich der Beschüzung des Vaterlands weigerten, das Todesloos werfen. Die Wunde blutete die zwey Jahrhunderte fort, in denen die Römer noch genung sie selbst waren, um, geheilt, Deutschlands Eroberung zu unternehmen.

Die wiedergesehne Heimath.


Überwundne Franken waren von den Römern am schwarzen Meere zum Anbaue vertheilt worden. Ihre Kühnsten entschlossen sich zur Wiederkehr ins Vaterland. Sie stürzten sich in Schiffe der Überwinder, liessen die Schwerter an Griechenlandes und Asiens Küsten triefen; musten von Africa's weichen; eroberten Syracus, und landeten endlich im Schalten deutscher Haine.
Doppelte Vergeltung.
Der Grausamkeit und der Verachtung lohnten wir es mit Unterjochung und mit Spott. Denn so gar in den Gesezen, die wir den Römern, und uns gaben, nanten wir uns Barbaren.

Hermanns römisches Denkmal.


Hermann war der Befreyer Deutschlands. Er grif nicht, wie andre Könige und Feldherren, die beginnende Macht des römischen Volkes an; sondern unser Reich in seiner vollen Grosse. Er war glüklich, und unglüklich in Schlachten; unüberwunden im Kriege. Er hat sieben und dreyssig Jahre gelebt, und zwölfe das Heer geführt. Er wird noch jezt unter den deutschen Völkern besungen.

Der Erfolg.


Auf der Ebne, und nur auf Einer Seite vom Walde beschattet, brach Hermann so hervor, hielt so, machte mit seinen ungestelten zu mutigen Schaaren solche Wendungen des Meisters, daß Germanicus, mit acht Legionen, und mit unzählbaren Schwärmen Hülfsvölker, erst am Abend stehn konte. Der Tag kam; und der Cäsar ging nach dem Rheine zurük, den Feldzug zu endigen.

Lissa.
Wir nennen zehnmal Höchsted; und Einmal Lissa. Aber der Enkel vergist Höchsted bey Lissa. Denn, gegen zwölf, waren da vierzig tausend in der Fessel, und deutsche.

Gehinderte grosse That.
Bedek, Espe, des Grabhügels Baum, die Felsenschrift. Hermann schlug zweer Tage mit Cäcina'n, wie mit Varus. Am dritten hinderten der Neid, und der Stolz der Fürsten die völlige Gleichheit.

Munichis.


Die Sclavonier lagen auf einem Berge. Ein heisser Zwist um Ehre unter dem Feldherrn Ferdulf, und dem Schultheiß Argäd machte, daß der Angrif auf der steilsten Seite geschah. Ferdulf, Argäd, und jeder, wer kühn genung zur Nachfolge war, fielen. Munichis war vom Pferde geworfen. Ein Sclavonier fesselte ihn. Mit gebundenen Händen fast' er die Feindeslanze, durchstach ihn, wälzte sich in den Abgrund hinunter, und entkam.

Die beyden Niederlagen.


In der Schlacht auf der Mädchenwiese brachen die Cherusker zu früh aus dem Hinterhalt hervor. Dieser Schritt der zu kühnen Eile führte Hermannen beynah dem Tode, und das Heer der Deutschen zween grossen Niederlagen zu. Der ersten entkam Hermann kaum, indem er das Gesicht durch sein Blut verstehe, durch Blut aus einer so gefahrvollen Wunde, daß, bey der zweyten Niederlage, nicht er, sondern nur Ingomar Feldherr war. Nun häufte Germanicus die Waffen der Besiegten auf, und schrieb stolz daran: Nach Unterjochung der Völker zwischen dem Rheine und der Elbe, weihet das Heer Tibers dieses Denkmal Jupitern und Mars und Augusten.. Noch Ein Feldzug hätte den Stolz des Mals etwan entschuldigt. Aber die Vorsehung lenkte es anders. Der neidende Tiber zwang Germanicus zum Triumphe.

Britanniens Eroberung.


Hengst und Horst sprangen aus zween Kiulen ans Ufer. Nach siebzig Jahren hieß Britannien England.

Das zwiefache Glük.


Valentinian sagte zu Aurelianen: Geh, und siege! Denn die glükliche Legion, und Hartmund, Haldogast, Karwisko, und Hildemund sind mit dir.

Hermanns Tod.


Hermann ward von feindseligen Verwandten überfallen, und getödtet. Hatte er nur bürgerliche Kriege geführt, wie das vor ihm, und nach ihm, unser böser Brauch gewesen ist; welch ein Mord! Wenn er aber die Majestät der heiligen Freyheit beleidiget hatte; so verdiente er zwar vor dem Gerichte des Volkes zu stehen, und verurtheilt zu werden, aber nicht von solchen Händen zu sterben.

Der Fußfall des Stolzen.


König Knodomar hub sich auf einem schnaubenden Rosse, schwoll unter dem Schimmer eines hochgebuschten Helms, und wog in der Rechten eine ungeheure Speerslast, vor der Schlacht; nach verlorner, wie blutig sie auch durch ihn gewesen war, fiel er Julianen zu den Füssen, und bat ums Leben.

Cäsars Überlegungen.


Ihm, dem der Senat Siegslieder bey den Altären beschloß, und Cato Auslieferung an die Beleidigten, entboten wir nach Ariovistens Schlacht: Warum hältst du für ungerecht, daß wir über den Rhein gehn, und willst doch selbst zu uns herüber kommen ? Aber er kam. Wir erwarteten ihn in unsern Schatten. Er rathschlagte achtzehn Tage mit sich über die Waldschlacht, und kehrte zurük. Noch einmal kam er so, sahe nicht, und ging.

Otto's Lorber.


Otto der erste hieß die Dichter um den Vorzug streiten, und gab dem Vortreflicheren eine goldne Krone. Die Namen der Sieger sind nicht mehr. Auch wenn sie ihres Unterganges werth waren, verdient doch der grosse Kaiser Nachkommendank.

Die erfahrne Ursach.


Wenn Siegmund, Herzog von Östereich, mit den Adlichen Berathschlagung hielt, so ließ er oft die Schriften der Weisen den Ausspruch thun. Die Adlichen zürnten: Warum ziehest du uns die Baretsleute so vor? Gott allein kann euch Kunst und Weisheit geben, die Natur kanns, und nicht ich. Ich kann euch nur groß machen, euch Silber und Gold, Land und Leute geben.

Die zehn Feldzüge.


Von Ariovisten bis Hermannen thaten die Römer zehn Feldzüge nach Deutschland: Einen gegen Hütten, zween zur Schau, einen geflüchteten, fünf siegende, keinen erobernden; den lezten ohne Wiederkehr.


Der Abend.

Aus einer neuen deutschen Grammatik.


Von den einfachen und vermehrten Wörtern. Alle einfache Wörter sind einsylbig; aber nicht alle einsylbige sind einfach. Soll ist einfach und einsylbig; das davon abgeleitete Schuld ist einsylbig, aber nicht einfach. Die von der lezten Art könte man vermehrte Wörter nennen. In der Wortbildung werden die Wörter am besten in einfache, vermehrte, und mehrsylbige abgetheilt. Nach der Aussprache und Rechtschreibung ist Liebe zweysylbig; nach der Wortbildung ein vermehrtes Wort. Denn diese theilt Lieb-e. Daher hat z. E. wie Kraft, so auch Liebe die Buchstabenendung; dahingegen Bildung Schönheit und solche Wörter die Sylbenendung haben. Diese Unterscheidung verkürzt dasjenige, was von den Umendungen und dem Geschlechte der Wörter zu sagen ist. Die Vermehrungen der einfachen Wörter sind e, roth Röthe; g, behr Berg; k, soll Schalk; d, soll Schuld; t, mag Macht (mögen hieß sonst können, diese Bedeutung ist noch in vermögen.) m, hüll Helm; n, vor vorn; s, krup Krebs; (nicht wenig deutsche Wörter stammen von niederdeutschen ab) sch, Mann Mensch; ft, zahm Zunft; st, kann Kunst; ng, thu Ding; und z her Herz. (Her ist so viel als, er ur. Der Begrif ist: ursprüngliche Lebenskraft)

Vordem brauchten wir alle Selbstlaute zu Vermehrungen; jezt brauchen wir nur das einzige e dazu.

Unsre altern Vorfahren endeten die meisten Wörter mit Selbstlauten. Die Italiener, und Spanier scheinen dieß (denn sie brauchen die von den altdeutschen unterschiednen römischen Endungen nicht) von ihnen, die ihre Überwinder waren, genommen zu haben. Unsre spätem Vorfahren haben die Selbstlaute bis auf das e (und auch dieß komt eben nicht oft vor) weggeworfen. Der Verdruß über diesen Verlust hat mich manchmal darauf gebracht, die Ursach der Wegwerfung zu finden. Ich bin bey folgender stehn geblieben: So viel ich von der Geschichte unsrer Sprache weis, so war man die ganze Zeit über, da man die Selbstlaute am Ende der Wörter brauchte, nicht gewiß genung, welche (es ist da nur sehr wenig Festgeseztes) man brauchen wolte. Hierdurch musten notwendig Undeutlichkeit und Doppelsinn entstehn, und dieß um so viel mehr, da auch die Umendungen der Wörter durch Selbstlaute gemacht wurden. Wie sehr man überhaupt damals in der Sprache schwankte, erhelt daraus, daß man wol drey Jahrhunderte lang das so oft wiederkommende Wort seyn mit der grösten Verschiedenheit bildete.

Da man nun mit diesem Wichtigeren, und leichter Festzusezenden nicht konte zu Stande kommen; so war es kein Wunder, daß man das weniger wichtige, und das doch zugleich (wegen seiner vielen kleinen Theile) schwerer zu bestimmen war, und mehr Doppelsinn verursachte, so vernachlässigte, daß man es zulezt ganz muste fahren lassen. Es ist kein kleiner Verlust, den die Sprache hierdurch gelitten hat.

Sunt lacrimae & vocum, & mentem mortalia tangunt.

Jezt ist unsre Sprache ein tiefgewurzelter, hoher, vielästiger, fruchtvoller Baum, dem aber hier und da etwas Laub fehlt. Und daß sie das ist,kann jene vielleicht zu weichen Thränen schon stillen.

Alle einfache und vermehrte Wörter sind Stamwörter. Die lezten stammen von den ersten ab, und von jenen wieder andre. Soll Schuld Schuldner; kann Kunst Künstler. Welche einfache Wörter aber von einander abstammen, kann man nur selten ausmachen. Fliessen (die Verändrungssylbe en komt hier nicht in Betrachtung) kann von Fluß; aber Fluß kann auch von fliessen abstammen. Hingegen ist der bestimte Umlaut (a in ä, o in ö, u in ü) ein unfehlbares Kenzeichen der Abstammung, als strömen von Strom.

Von den mehrsylbigen Wörtern. Sie bestehen entweder aus mehr als einer Stamsylbe, als Ehrgeiz; diese haben zwey Hauptbegriffe, ob gleich der eine der vornehmste ist; oder sie bestehn aus Stamsylben und aus Ableitungssylben als fruchtbar, Verdacht.

Die einfachen, vermehrten, und diejenigen mehrsylbigen Wörter, die mit einer Stamsylbe enden, haben die Buchstabenendung, als Flug, Art, Schuzgeist, die mit einer Ableitungssylbe enden, haben die Sylbenendung, als Mehrheit.

Die Stamsylben haben den Hauptbegrif, und sind, allein genommen, Wörter, als Furcht in furchtbar; die Ableitungssylben haben den Nebenbegrif, und sind, allein genommen, ausser den Richtungen keine Wörter, als bar in furchtbar.

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(Ableitungssylben haben.) Man kann Ableitung in engerm und in weiterm Verstande nehmen; in engerm komt nur z. E. strömen von Strom, geistig von Geist her; in weiterm z. E. entfliehn von fliehn. Ich nehme Ableitung, um manches zu verkürzen, in weiterem Verstande.

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Einige Stamsylben kommen zwar nicht mehr als Wörter vor, sind aber doch Wörter gewesen, und werden auch manchmal noch als solche in den Mundarten gebraucht, als vergiß. Giß, vermute wird noch im Niederdeutschen gebraucht. Die Ableitungssylben sind ehmals zwar auch Wörter gewesen; sie haben aber ihre erste Bedeutung so sehr verändert, daß sie nicht mehr als Wörter können angesehn werden. Heit hieß sonst Beschaffenheit, auch Person. Die Ableitungssylben (es giebt auch Ableitungswörter: unter in untergehn; da sie aber keine andre Eigenschaften als die Ableitungssylben haben, so können sie unter dieser Benennung mit begriffen werden) die Ableitungssylben sind, in Absicht auf die Stamsylben, entweder voranstehend, und dann bald trenbar und bald untrenbar, als ausgehn vergehn; oder nachstehend, wobey auch zwey auf einander folgen können, als Heiterkeit. Hierher gehören auch die Wohlklangssylben er ig, und das t, welches aus eben der Ursach gesezt wird, als fürchterlich Leichtigkeit wesentlich.

Ohne Rüksicht auf Stelle und Trenbarkeit, sind, in Absicht der Bedeutung, die Ableitungssylben er, ver, be, ab, ent, aus, auf, und an doppelseitig.

Eh ich herausbrachte, daß diese Ableitungssylben ein zweyfaches Äusserstes entweder der Zeit, oder des Orts, oder auch der Handlung ausdrükten, waren mir nicht wenig Wörter, ihrer ursprünglichen Bedeutung nach, unerklärbar. Kürzer kann keine Sprache die Begriffe zusammen fassen, als es die unsrige durch die Wörter thut, welche diese Ableitungssylben haben. Ich merke noch an, daß sich der Begrif des zweyfachen Äussersten auch in dem Worte Ende findet. In einem unsrer Alten steht: Fan thesaro Weroldes Endie. Von Anfange dieser Welt.

Von den doppelseitigen Ableitungssylben. Er (ur, und or, auch öhr in dem einzigen Worte Nadelöhr sind eben dasselbe) wurde sonst als eine Richtung gebraucht, als er Himile, vom Himmel. Um der Kürze willen drück ich die eine Seite durch her, und die andre durch hin aus. Her: erhalten von einem etwas, erwählen etwas aus vielem, ersinnen. Hin: erleben, erreichen, ergründen, ersingen. Her: Uraltem, Urphede Ablassung vom Kriege, Ursprung eigentlich die erste Quelle. Hin: Urenkel. Her: Orlog das erste Gesez, das Schiksal, der Krieg. Hin: Orband am Degen.

Ver hieß sonst fra, far, for. Her: vernehmen von einem etwas, verlernen, verweisen aus dem Lande, vervortheilen vom Vortheile bringen versezen Buchstaben. Hin: verdenken einem etwas, versehn sich gutes zu einem, vernichten, verspotten, versezen an einen etwas.

Be. Wie wir aus dem alten Odmout: Demut gemacht haben (Erbarmung hieß ehmals auch Rebarmnussi) so verwandeln wir auch das ab bisweilen in be. Her: benehmen einem seine Meinung, bekommen von einem etwas Hin: besichtigen, bekränzen, bescheiden einen wohin, bekommen es bekomt ihm.

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(Be) bey ist eben das Wort, hat aber keine doppelte Bedeutung.

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Ab. Her: absehn einem etwas, abmahlen, ablegen. Hin: Absicht, abtragen einem seine Schuld, abkürzen.

Aus. Her: ausgehn, ausfinden. Hin: ausgehn vom Lichte, ausdauren, ausmachen eine Sache.

Ent. Es scheint von dem alten Hauptworte An herzukommen. Auf gleiche Weise ist Art von ur oder or abzuleiten. Her: entstehn, entkommen, entfernen sich von einem. Hin: entbieten, entflammen, entblössen, entscheiden, entschlafen dahin schlafen, Entschluß, Antwort.

Auf. Her: aufgehn von der Sonne, aufwerfen Erde. Hin: aufhäufen, aufwerfen sich zum Herscher.

An. Her: von der Zeit an, Anfang, anstimmen. Hin: bergan, Antrag.

Diese Beyspiele mögen zureichen. Es giebt Wörter, bey denen einige der doppelseitigen Sylben so wol auf der einen, als auf der andern Seite erklärt werden können. Aber wenn man ein wenig genauer darüber nachdenkt, so ist es immer Eine, die dem Begriffe am gemässesten ist. Manchmal wird hier die Wahl dadurch schwer, daß die mit diesen Ableitungssylben verbundnen Stamsylben vordem auch Bedeutungen müssen gehabt haben, die wir nicht mehr kennen. So wird man z. E. wol so leicht nicht heraus bringen, warum ver mit stehen in verstehn zusammengesezt ist.




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