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der EU zugelassene Süßstoffe
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Abbildung 18: Strukturfomel Neohesperidin DC
3.8. Neotam
Neotam wurde von der Firma NutraSweet entwickelt. Es wird hergestellt aus dem
Süßstoff Aspartam und 3,3-Dimethylbutyraldehyd, daher besitzt Neotam auch eine
ähnliche Strukturformel wie das Molekül von Aspartam (Abbildung 19).
Abbildung 19:Strukturformel Neotam im Vergleich mit Aspartam
Je nach Konzentration kann die Süßkraft von Neotam das 7.000 bis 13.000-fache
von Zucker erreichen. Neotam ist somit der Süßstoff mit der stärksten Süßkraft. In
Wasser gelöst, hat es ein vergleichbares Süßeprofil wie Aspartam. Ein großer Vor-
teil im Gegensatz zu Aspartam besteht darin, dass beim Einsatz in Lebensmitteln
kein Warnhinweis für Phenylketonurieerkrankte deklariert werden muss. Es ist
zwar eine Phenylalaninquelle, jedoch sind die Dosierungen so gering, dass es
keine entsprechenden Auswirkungen hat. Außerdem weist Neotam im Vergleich
3 In
der EU zugelassene Süßstoffe
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zu Aspartam eine höhere Stabilität gegenüber hohen Temperaturen und hohen
pH-Bereichen auf.
Anwendung findet Neotam als Süßstoff oder in geringen Konzentrationen als Ge-
schmacksverstärker in Lebensmitteln und Getränken. (Rosenplenter, et al., 2007
S. 530f)
3.9. Steviolglykoside
Steviolglykoside kommen in den Blättern der Pflanze Stevia rebaudiana vor. Diese
findet man vorrangig im Norden Paraguays aber auch in Brasilien, Mittelamerika,
Israel, Thailand und China. Steviosid (5-10% der Trockenmasse der Steviablätter)
ist eines der wichtigsten Steviolglykoside. Es hat einen bitteren und lakritzartigen
Beigeschmack. Rebaudiosid A (2-4% der Blatttrockenmasse) ist ein weiteres Ste-
violglykosid, welches einen angenehmen Geschmack hat. Steviolglykoside beste-
hen aus einem Diterpenalkohol (Steviol), an welchen Glucosemoleküle gebunden
sind. Je nach Anzahl und Bindungsort ergeben sich unterschiedliche Süßeprofile
der Steviolglykoside. Steviol ist das Stoffwechselprodukt nach dem Verzehr von
Steviolglykosiden. (Abbildung 20 und Abbildung 21)
Abbildung 20: Strukturformel Steviosid
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der EU zugelassene Süßstoffe
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Abbildung 21: Strukturformel Rebaudiosid A
Stevia gehört zu den natürlichen Süßstoffen und ist ca. 450mal süßer als Zucker.
Sein kalorischer Wert liegt bei 0,21 kcal/g. Stevia ist nicht kariogen und hat ähnli-
che Wirkung wie Fluorid, indem es die Entstehung von Plaque auf den Zähnen
hemmt. Auch zum Kochen und Backen ist Stevia gut geeignet, da die Glykoside
bis zu einer Temperatur von 200°C stabil bleiben. Anwendung findet Stevia zum
einen als Geschmacksverstärker in Kräutertees sowie als Zuckerersatz, auch in
Verbindung mit anderen Süßungsmitteln in Lebensmitteln wie zum Beispiel Ge-
tränken, Backwaren, Süßwaren, Desserts und Diätprodukten, aber auch in Zahn-
pasta, Mundspülungen, blutdrucksenkenden Mitteln und als Tabakzusatz.
(Rosenplenter, et al., 2007 S. 532-538) (Mitchell, 2006 S. 342-345)
Nach negativ ausgefallenen Sicherheitstudien in Bezug auf eine potentiell toxiko-
logische oder kanzerogene Wirkung durch das Stoffwechselprodukt Steviol konn-
ten von der EFSA und der JECFA ein einheitlicher ADI-Wert von 4 mg/kg KG an
Steviolglykosiden festgelegt werden. (Bechthold, 2010)
4 Gesundheitsrisiken
bei Süßstoffen
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4.
Gesundheitsrisiken bei Süßstoffen
4.1. Gewichtsreduzierung versus Gewichtszunahme
4.1.1. Studienlage
Schon 1986 wurden von Blundell und Hill bzw. 1989 von Rogers & Blundell erste
Versuche durchgeführt, um herauszufinden, inwieweit Süßstoffe trotz des nicht
vorhandenen kalorischen Wertes zu einer Gewichtszunahme führen. In den Stu-
dien wurde den Probanden vor der Mahlzeit ein sogenanntes Preload aus purem
Wasser oder ein mit Süßstoffen bzw. Glucose gesüßter Joghurt gereicht. Dabei
verspürten die Testpersonen, die den mit Süßstoff angereicherten Joghurt beka-
men, ein stärkeres Hungergefühl als die anderen. Daraus schlossen die Forscher,
dass eine Energieeinsparung durch Süßstoffverzehr nicht möglich ist, da die ein-
gesparte Energie durch zusätzliche Mahlzeiten ausgeglichen würde.
Hintergrund ist die Annahme von Judith Rodin, dass der süße Geschmack dem
Gehirn die Zuckeraufnahme vortäuscht. Es kommt zu einer erhöhten Insulinpro-
duktion, auch genannt cephalischer Insulinreflex. Folglich sinkt der Glucosespiegel
im Blut. Das wiederum führt zu einem stärkeren Hungergefühl und dem Drang
nach weiterer Energieaufnahme. (Rodin, 1990) Diese Theorie konnte jedoch nur
bei Tieren nachgewiesen werden. Später durchgeführte Studien belegen, dass
Süßstoffe keinen Einfluss auf die Insulinsekretion und die Blutglucosekonzentrati-
on haben. (DGE, 2007) Das belegen auch die in Abbildung 22 dargestellten Er-
gebnisse einer Untersuchung von Härtel,et al., 1993. Nur nach Aufnahme von
Saccharose ist eine Insulinsekretion erkenn- und nachweisbar. Nach dem Verzehr
von Süßstoffen bzw. Wasser bleibt der Insulinspiegel unverändert. In der Studie
wurden acht Frauen und sechs Männern an sechs Versuchstagen im Nüchternzu-
stand vier verschiedene wässrige Süßstofflösungen, sowie eine wässrige Saccha-
roselösung und Wasser zum Vergleich zur Einnahme gegeben. Danach wurden
nach 0, 5, 10, 15, 30, 60 und 120 min Blut abgenommen und die Veränderungen
des Insulin- und Blutglucosespiegels gemessen. (Härtel, et al., 1993)