32
Neben Zeitungslesern werden auch Schüler und Neulinge der
Kartenbenutzung explizit als
Zielgruppe angesprochen. In Sammelatlas 1 mit der Signatur 99.a.1. befinden sich zwei Karten,
die einen Zweck in Verbindung mit Lehre und Wissensproduktion explizit im Titel tragen. Bei
der Karte mit der Signatur 99.a.1.-12 handelt es sich um eine Karte der iberischen Halbinsel von
Johann Baptist Homann mit dem Titel „Regnorum Hispaniae et Portugalliae Tabula generalis de
l’Isliana aucta et ad Usum Scholarum novissime accom[m]odata â Ioh. Bapt. Homanno S. C. M.
Geogr. Norimbergae”.
113
Die Karte mit der Signatur 99.a.1.-13 ist eine Karte der Homännischen
Erben
vom Königreich Frankreich, deren Kopftitel “Carte de France dressée par Guillaume de
l'Isle et accommodée par les Heritiers d'Homann. a l'instruction de la Jeunesse” die Unterrichtung
der Jugend erwähnt.
114
Dass Karten auch im Schottenstift im Rahmen des Unterrichts benutzt
worden waren, zeigt die Afrika-Karte mit der Signatur 108.8.-26.
Auf ihrer Rückseite hat sich
1811 der Schüler Vinzenz Klasarek aus der ersten Grammatikalklasse mit seiner Unterschrift
verewigt (Abb.9f.).
115
Am Titelblatt von Sammelatlas 3 hat der Novize Laurenz Freudl einen Sichtvermerk hinterlassen.
Dieser Vermerk, zusammen mit den religionsgeschichtlichen Karten, die in den Atlanten
vorhanden sind, zeigt, dass auch Ordensmitglieder die Karten zum Studium und zur Lektüre
benutzten (Abb. 5).
116
113
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-12, Regnorum Hispaniae et Portugalliae Tabula (Nürnberg, s.a.).
114
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-13, Regni Galliae seu Franciae et Navarrae Tabula (Nürnberg 1741).
115
Schottenstift, Sammelatlas 3, 108.8.-26, Charte von Africa (Nürnberg 1797).
116
Schottenstift, Sammelatlas 3, 108.8., Titelblatt.
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-7, Terra Sancta (Augsburg 1759).
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-9, Deserta Aegypti (Nürnberg, s.a.)
Schottenstift, Sammelatlas 1, 99.a.1.-59, Imperii Turcici Europaei Terra (Nürnberg 1741).
Schottenstift, Sammelatlas 2, 99.a.15-26, Magnifici Templi Resurrectionis (s.l., s.a.).
Schottenstift, Sammelatlas 3, 108.8.-69, Imperii Turcici Europaei Terra (Nürnberg 1741).
Schottenstift, Sammelatlas 3, 108.8.-71, Terra Sancta (Augsburg, s.a.).
Schottenstift, Sammelatlas 4, 108.9-7, Imperii Turcici Europaei Terra (Nürnberg 1741).
Schottenstift, Sammelatlas 4, 108.9-10, Iudaea seu Palaestina (Augsburg, s.a.).
35
Karten wurden vor allem von sozial und wirtschaftlich starken Bevölkerungsgruppen erworben.
Dazu gehörte neben dem Adel auch der Klerus und damit Klöster.
Natürlich existierten für
Karten unterschiedliche Preisklassen, sodass auch weniger wohlhabende Menschen in der Lage
waren, sich bei Bedarf eine Karte leisten zu können. Markus Heinz fand in einem
zeitgenössischen Lehrbuch des Gymnasiallehrers Johann Jakob
Schatz einen Hinweis darauf,
dass Gymnasialschüler tatsächlich selbst Karten vom Verlag Johann Baptist Homann besaßen.
Auch Johannes Dörflinger zählt Lehrer und Schüler der mittleren und höheren Schulen zu den
Besitzern von Landkarten, da vor allem um die Zeit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert
viele Schulkarten erschienen.
119
Johannes Dörflinger vergleicht Kartenpreise mit Lohn- und Preisverhältnissen
im letzten Viertel
des 18. Jahrhunderts in Österreich.
„1779 hatte ein Wundarzt des Wiener Bürgerspitals ein Jahreseinkommen von 400 fl., der
Spitalspfarrer bekam 300 fl., der Lazarettpfarrer 450 fl. Von der Hammerwerkstelle Weyer in
Oberösterreich wurden 1790 einem Buchhalterei-Sekretär 700 fl., einem Buchhalterei-Adjunkten
285 fl. und einem Kanzlisten 250 fl. pro Jahr ausbezahlt; der Tagsatz für einen Maurergesellen
betrug dort 15 kr., für einen Zimmerergesellen 14 kr., für einen männlichen Tagwerker 12-14 kr.,
für einen weiblichen Tagwerker 7 ½ kr. Das Wiener Bürgerspital dagegen zahlte (1779) den
Maurergesellen 24 kr. (im Sommer) bzw. 21 kr. (im Winter) und den Zimmerergesellen 27 kr.
(Sommer) bzw. 24 kr. (Winter) pro Tag [...] Die zum Teil starken saisonalen Schwankungen
unterworfenen Preise für 1 Pfund (1 Wiener Pfund = 56 dag) Roggenbrot beliefen sich 1800 in Wien
im Jahresdurchschnitt auf etwa 2 kr., jene für 1 Pfund Rindfleisch auf 7 kr. – Stellen wir nun eine
direkte Relation zwischen Lebensmittel- und Landkartenpreisen her, dann ergibt sich, daß man im
Jahre 1800 für jenen Betrag, der im Durchschnitt für ein großformatiges Kartenblatt auszulegen
war, nämlich für 1 Gulden, etwa 17 kg Roggenbrot oder 5 kg Rindfleisch bekam.“
120
Dass für Zeitungsleser günstigere Karten angeboten wurden, die sich auch weniger wohlhabende
Leute zulegen konnten, zeigt die schon erwähnte Verlagsanzeige
von Sebastian Hartl in der
Wiener Zeitung vom 15. 07. 1789.
„Neueste Kriegskarte Oesterreichs, Rußlands und der Türkey für Zeitungsleser. Kostet illuminirt 10
kr. Schwarz 7 kr.“
121
Inwieweit dieses Angebot an günstigeren Karten von beispielsweise den in Dörflingers
Lohnvergleich erwähnten Maurer- und Zimmerergesellen in Anspruch genommen wurde, ist
nicht nachvollziehbar.
119
Heinz,
Zweck und Verwendung , 155.
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 805.
Heinz, „allerneueste Landkarten“, 118.
120
Dörflinger, 19. Jahrhundert, 803f. 1 Gulden (fl.) = 60 Kreuzer (fl.).
121
Wiener Zeitung, 15. 07. 1789, 14f. In: Anno. Historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften,
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=wrz&datum=17890715&seite=17&zoom=33
(eingesehen am 4. März
2012).