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Territorialkonflikte sind vermutlich deshalb notwendig, weil ohne Festlegung eines - wenn
auch noch so geistigen - Territoriums die Sicherheit und Identität und damit verbunden die
Arbeitsfähigkeit einer Gruppe auf die Dauer nicht gewährleistet werden kann.
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Verteilungs- und Ressourcenkonflikte
Die Mittel, die einer Gruppe zur Verfügung stehen, sind knapp. Das zur Verfügung
stehende Budget kann nicht alle Wünsche befriedigen. Oder: Das zentrale Fotokopiergerät
oder der Laserdrucker ist dauernd besetzt. Konflikte über die Benutzung ließen sich nur
vermeiden, wenn jeder Abteilung ein Kopierer (oder Laserdrucker) zur Verfügung stünde.
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Unter-(Sub-)gruppenkonflikte
Ganz selten sind die Beziehungen der Mitglieder einer Gruppe untereinander völlig
gleichmäßig und symmetrisch. Meistens bilden sich innerhalb von Gruppen Untergruppen
heraus, etwa Paare oder Dreiecksbeziehungen. Die Untergruppen werden meist mit einem
etwas negativen Beigeschmack als "Klüngeln", "Cliquen" oder "Banden" bezeichnet. Sie
haben von der emotionalen Situation der Gruppe her grundsätzlich etwas Konspiratives an
sich und werden mit Argwohn betrachtet. Diese Subgruppen (Koalitionen, Bündnisse)
beeinflussen oft die Machtkonstellationen in Gruppen erheblich.
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Zugehörigkeits-(Membership-)Konflikte
Wer gehört zur Gruppe und - wie intensiv gehört er/sie zur Gruppe? Diese Frage ist -
ausgesprochen oder unausgesprochen - oft Quelle von Konflikten. In Gruppen, die
intensiver zusammenarbeiten oder in neu gebildeten Gruppen, wenn sie einen bestimmten
Intensitätsgrad der Kooperation erreicht haben, gibt es meistens einen Punkt, an dem fast
alle Mitglieder das Gefühl haben: Jetzt sind wir eine Gruppe (oder ein Team)! Dies ist
zugleich auch der Beginn der Möglichkeit von Zugehörigkeitskonflikten, wenn der eine oder
andere sich dennoch nicht so intensiv zur Gruppe zugehörig fühlt wie andere
Gruppenmitglieder. Zugehörigkeitskonflikte haben den Sinn, die Einheit der Gruppe zu
gewährleisten, da sie entweder die betreffenden Mitglieder ausschließen oder besser
integrieren.
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Führungs-(Leadership-)Konflikte
Hier handelt es sich um die sehr häufige Frage: Wer führt die Gruppe? Nach welchem
Willen geht es? Wessen Wort gilt mehr als das Wort anderer? Wer erfüllt die für die Gruppe
notwendigen Führungsfunktionen besser oder rascher als andere Gruppenmitglieder? Die
Vertretung der Gruppe nach außen insbesondere ist eine der Streitfragen dieser Konfliktart.
Die Übernahme von Führungsfunktionen muss nicht notwendigerweise mit Konkur-
renzkonflikten innerhalb einer Gruppe verbunden sein. Zu den effizientesten Formen des
Führens gehören im Gegenteil die eher lautlosen, wenig auf "Prestige" und "Rang"
bedachten Einflussnahmen.
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Normierungs- und Bestrafungskonflikte
Sie treten dann auf, wenn ein Mitglied gegen die Spielregeln der Gruppe verstoßen hat.
Durch Bestrafung soll die Norm wieder hergestellt werden und das betreffende
Gruppenmitglied wieder in die Gruppe integriert werden. Die härteste Form der Bestrafung
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ist der Ausschluss aus der Gruppe. Im Mittelalter gab es dafür den Ausdruck "Vogelfreiheit".
Er/sie gehört nicht zu uns oder eben nirgends hin.
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Verteidigungskonflikte
Sie treten auf, wenn ein Mitglied von außen angegriffen wird. Es ist ohne weiteres möglich,
daß die einzelnen Gruppenmitglieder sein Verhalten nicht billigen, trotzdem werden sie aber
nach außen hin dieses Gruppenmitglied verteidigen.
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Substitutionskonflikte
Viele Konflikte werden nicht direkt mit der Problematik ausgetragen, an der sie entstehen und
die sie eigentlich betrifft, sondern verschoben auf einen anderen Konfliktgegenstand, der
leichter zu diskutieren ist. Der Nachteil dieser Verschiebung besteht darin, dass am
Pseudokonfliktgegenstand das Problem natürlich nicht lösbar ist. Oft ist aber diese
Verschiebung eine Zwischenetappe zur Identifikation des wahren Konfliktes.
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Herrschaftskonflikte
Darunter verstehen wir alle die Konflikte, die auf asymmetrische Machtverteilung zurück-
zuführen sind. Im Volksmund werden solche Konflikte meist mit dem Satz beschrieben:
§1 "Der Chef hat immer recht."
§2 "Hat der Chef einmal nicht recht, tritt automatisch §1 in Kraft."
Das bedeutet, dass in Konfliktsituationen zwischen "Obertanen" und "Untertanen" die
Obertanen auf Grund ihrer Machtposition, die durch die Zentralisierung notwendig ist, in der
Lage sind, gegen den Willen der Untergebenen bestimmte Entscheidungen auch dann
durchzusetzen, wenn einmal die Untergebenen sachlich im Recht sind oder mit dieser
Entscheidung nicht einverstanden sind.
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Rollenkonflikte
Können sich aus unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen Erwartungen und
Anforderungen im Rahmen einer bestimmten Rolle oder Funktion ergeben. So kann sich z.
B. für eine/n MitarbeiterIn, der/die neben seiner/ihrer Haupttätigkeit noch an einem Projekt
mitarbeitet, ein Konflikt daraus ergeben, dass sein/ihr/e HauptabteilungsleiterIn einen
gleichbleibend hohen Einsatz für die Linienaufgaben fordert und der/die ProjektkoordinatorIn
auf raschere Ausführung der Projektaufgaben drängt.
Ein Spezialfall von Rollenkonflikt ist der Doppelmitgliedschafts-Konflikt:
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Doppelmitgliedschafts-Konflikte
Diese Konflikte entstehen dann, wenn eine bestimmte Person zu zwei verschiedenen
Gruppen gehört, die einander widersprechende Anforderungen stellen. Notwendigerweise
entsteht dieser Konflikt bei allen Vorgesetzten, mit Ausnahme der Allerobersten. Denn jede/r
Vorgesetzte, z. B. AbteilungsleiterInnen, gehört einerseits der Abteilung an, die er/sie leitet.
Diese erwartet von ihrem/r ChefIn vertreten zu werden usw. Andererseits gehört diese/r
AbteilungsleiterIn etwa der Konferenz der Gruppe, die einem/r HauptabteilungsleiterIn
untersteht, an. Auch diese Gruppe erwartet, dass der/die AbteilungsleiterIn dieser Gruppe