Thema: Eva Meyer: Den Vampir schreiben. Zu „Krankheit oder moderne Frauen“



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PS: Textinterpretation: Elfriede Jelinek

Poster: Isabel Braun


Thema: Eva Meyer: Den Vampir schreiben.

Zu „Krankheit oder moderne Frauen“
Für Eva Meyer ist die Figur des Vampirs die Formel eines Typs, dessen Funktion darin besteht, dass man nicht hinter sein Geheimnis kommt. In Elfriede Jelineks Stück „Krankheit oder moderne Frauen“ tritt dieser Typ, in Form zweier weiblicher Vampire, doppelt auf, was zugleich auch die Problematik verdoppelt, nämlich die des Unergründlichen.

Der Vampir, so Meyer, ist ein saugender Schatten, der alles verdunkelt, was man zu wissen begehrt. So kann der Vampir auch als der Schatten des Begehrens betrachtet werden.

Das Begehren wird im Stück durch das Doppelwesen Carmilla-Emily dargestellt. Die beiden zu Vampiren gewordenen Frauen leiden an der Geschlechtskrankheit „weiblich sein“, die zur Selbstinszenierung einer modernen Frau gehört und der es üblicherweise, so Meyer, eines Auslösers „Mann“ bedarf, der jedoch bei Jelinek durch die jeweils andere Frau ersetzt wird. So entsteht eine Verdoppelung (nicht nur eine infizierte Carmilla, sondern gleich noch eine infizierte und zugleich die Krankheit auslösende Emily), die letztendlich zur Zusammenschmelzung der Erkrankten führt.

Gegen Ende des Stücks tritt das Doppelwesen „Carmilla-Emily“ in einer von Männer dominierten Gegend (Dr. Heidkliff und Benno, unterstützt durch Kriegsszenario) auf, wo es den alleinigen männlichen Anspruch auf das Begehren (hier taucht eine zweite Art des Begehrens auf: das sexuelle Begehren) bedroht und somit aus der Welt geschafft werden muss.

[Meyer: „Noch eine Kugel macht dem Kugelgeschöpf, dieser Selbstverdoppelung der Frau, die damit begonnen hat, Natürlichkeit und Gebären aufzugeben und in der Kultur selbst ihren Fortgang zu nehmen, den Garaus und annulliert auch noch diesen Beweis eines anderen Begehrens, das wie vom Begehren gemacht

wäre.“]


Jelinek zersetzt die gewohnte Ordnung und lässt eine Situation entstehen, in der die Frauen aus ihrem gewohnten Platz heraustreten und einmal zum Gegenstand des Begehrens (sexuell), wie auch das Begehren selbst (als Schatten des Begehrens Vampire) werden.

Im Stück wird immer wieder darauf hingewiesen, dass das zu Begehrende tot sein muss - wie ja auch die Frauen halbtot sind -, was Meyer damit erklärt, dass sich das Begehren dadurch auszeichnet, dass es Leere ist und die Abwesenheit seines Gegenstands voraussetzt. Was mit Leere gemeint ist, erläutert sie nicht weiter, klar ist nur, dass hier der Tod für Abwesenheit steht.


Als eine Negativutopie in Jelineks Stück wird aufgeführt, dass die alten (weiblichen) Mythen ihren Biss verloren haben [Benno zu Carmilla: „Eine Medea wird sie deshalb noch lange nicht werden“]. Sie kochen nun nur noch hausfraulich vor sich hin, solange keine Technik einer Inszenierung gefunden wird, mit der man die traumatische Anziehungskraft der alten Mythen noch einmal ins Spiel bringen kann, womit man dann jedoch auch ihren letzten authentischen Ausdruck verspielt. Weiter meint Meyer, dass in Jelineks Stücken durch eine Verausgabung der Authentizität eine Art neue Authentizität entsteht, und zwar dadurch, dass Figuren auftreten, die ständig Aussagen über sich selbst machen. Gerade durch diese Aussagen erschaffen sie sich selbst (sie bestehen praktisch nur noch aus Sprache) und sichern sich damit ihre Existenzberechtigung. Diese wird jedoch in „Krankheit oder moderne Frauen“ immer wieder aufs Spiel gesetzt indem sich das Stück selbst inszeniert und der Inszenierung durch die „Sprachfiguren“ nicht bedarf. Dadurch dass die Figuren zu Sprache werden, schaffen sie eine Distanz, von der aus sie wiederum eine „merkwürdige Nähe zu den alten Mythen“ herstellen.

„Ich denke, also bin ich“ wird abgelöst durch Carmillas „Ich bin krank, daher bin ich“.



Gliederung des Textes:
- der Vampir als Formel

- das Doppelwesen Carmilla-Emily

- die Bedrohung des Begehrens

- die Negativutopie der alten Mythen




Der Vampir in Krankheit oder moderne Frauen


  • Formel eines Typs, dessen Funktion darin besteht, dass man nicht hinter sein Geheimnis kommt

  • Verdopplung: weiblich sein als Krankheit² + Vampir² = Doppelwesen

  • Schatten des Begehrens

  • Das Begehren selbst


Das Begehren in Krankheit oder moderne Frauen


  • Sexuelles Begehren (Dr. Heidkliff und Benno), alleiniger männlicher Anspruch

  • Begehren nach der Erforschung des Unergründlichen, Carmilla und Emily als personifiziertes Begehren Vampire

ich bin krank, daher bin ich“




  • Krankheit als Selbstinszenierung moderner Frauen

  • Aufgreifen und Neuverwertung alter Mythen „ich denke, also bin ich“

  • Figuren erschaffen sich selbst durch Sprache (hier: Carmilla), wodurch sie sich die Existenzberechtigung sichern



Textgrundlage: Meyer, Eva: Den Vampir schreiben: zu „Krankheit und moderne Frauen“. In: Gegen den schönen Schein / hrg. von Christa Gürtler 1990, S. 98-111






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