einen Seite zu einer Umverteilung des Blutvolumens von der Muskulatur in das viszerale
System. Auf der anderen Seite aber werden Neuropeptide, vor allem Substanz P, aus
den peripheren Terminalen der nozizeptiven Neuronen, sowie Histamin aus den
Mastzellen und Serotonin aus den Thrombozyten freigesetzt. Diese Kaskade der
schlagartigen Erhöhung von Neuropeptiden wiederum bewirkt eine präkapilläre
Vasodilatation und eine postkapilläre Plasmaextravasation, wodurch das vorhandene
Blutvolumen deutlich gesenkt wird (Jänig, 1993). Zusätzlich wird durch eine
zunehmende Tachykardie und eine Steigerung der Kontraktilität des Herzmuskels der
myokardiale Sauerstoffverbrauches erhöht. Eine schlechte Kreislaufsituation und eine
eingeschränkte respiratorische Situation, wie es sich häufig bei Notfällen darbietet,
werden durch diese Mechanismen noch verstärkt oder erst ausgelöst (Adams et al.,
1993).
Allein aus diesen pathophysiologischen Überlegungen heraus erscheint es notwendig,
Schmerzen frühzeitig zu beherrschen, um eine weitere Zustandverschlechterung zu
verhindern und den Patienten angemessen im Rahmen der Notfallmedizin zu
behandeln.
In der Regel handelt es sich bei dem im Notfall vorkommenden Schmerztyp um einen
akuten, rein nozizeptiven Schmerz, der die physiologische Antwort auf einen
gewebeschädigenden Reiz darstellt. Dieser Schmerz ist prinzipiell gut mit Opioiden zu
behandeln.
Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Arbeit der Frage nachgegangen
werden, wie eine Schmerzbehandlung in der präklinischen Notfallmedizin durchgeführt
wird.
Mit der Einführung der Fachkunde Rettungsdienst, die nach einem 80-stündigem
theoretischen Kurs über Notfallmedizin, einer dreimonatigen Ausbildung auf einer
Intensivstation, mindestens einer zweijährigen klinischen Erfahrung sowie nach
mindestens 10 lebenserhaltenden Einsätzen im Notarztwagen erlangt werden kann,
sollte ein hoher Qualitätsstandard in der Notfallmedizin geschaffen werden. In
Rheinland-Pfalz wurde dieser Standard durch die Einführung der Zusatzbezeichnung
„Notfallmedizin“ mit noch höheren Anforderungen als bei der Fachkunde Rettungsdienst
noch erhöht. Bestandteil dieser Qualitätsstandards ist auch eine suffiziente
Schmerztherapie.
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Ziel dieser Untersuchung ist es, den ärztlichen Hintergrund der notärztlich
durchgeführten Analgesie näher zu betrachten.
Dabei soll der Frage nachgegangen werden, ob trotz gleicher Grundvoraussetzung,
nämlich der Tatsache, dass alle Ärzte, die ins Notarztwesen eingebunden sind und über
die Fachkunde Rettungsdienst verfügen, ein unterschiedliches Anwendungs- und
Dosierungsverhalten von Schmerzmitteln vorliegt.
Es stellt sich die Frage, inwiefern die Fachrichtung des Arztes Einfluss auf die
Schmerzmittelbehandlung im Rettungsdienst hat. Ferner soll untersucht werden, ob
länger tätige Ärzte ein anderes Dosierungsverhalten haben als Notärzte, die weniger
Berufserfahrung mitbringen.
Sefrin und Mitarbeiter (1998) sowie Kern (1997) können ein verändertes
Dosierungsverhalten von Ärzten beobachten, die länger im Rettungsdienst eingesetzt
sind. Des weiteren stellen sie ein unterschiedliches Applikationsverhalten zwischen
einzelnen Fachgruppen fest.
Weiterhin soll untersucht werden, ob die Verabreichung von Schmerzmitteln abhängig
von der Behandlungszeit ist.
Unter der Annahme, dass in einer kurzen Behandlungs- und Transportzeit weniger
Analgetika verabreicht werden als bei Patienten, die vor Erreichen der Klinik eine
Transportfahrt von 30 oder mehr Minuten ertragen müssen, soll das
Dosierungsverhalten diesbezüglich überprüft werden.
Ferner wird der Schmerzmitteleinsatz in Abhängigkeit von kreislauf- und pulmonalen
Parametern, dem neurologischen Befund, von der Schmerzintensität des Patienten
sowie dem Erkrankungs- oder Verletzungsmuster untersucht.
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Die Studie teilt sich in zwei Abschnitte:
I
m ersten Teil wurden die verschiedenen Präparate im Hinblick auf das unterschiedliche
Dosierungsverhalten der unterschiedlichen Fachgruppen betrachtet und diesbezüglich
die mittlere Dosierung für die einzelnen Medikamente errechnet.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde untersucht, ob die Verabreichung eines Analgetikums
von bestimmten Parametern wie zum Beispiel dem Zustand des Patienten abhängig ist.
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2 Material und Methode
2.1 Datenerfassung und statistische Methode
Die Untersuchung stützt sich auf die retrospektive Auswertung der
Notarzteinsatzprotokolle vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2001 aller im Landkreis
Neuwied (Rheinland-Pfalz, Deutschland) geleisteten Notarzteinsätze soweit sie
dokumentiert waren.
Ausgewertet wurden die Protokolle im Verlaufe des Jahres 2002. Dazu wurde eine
Datenbank in Form einer Access2000-Datei erstellt. Mit Hilfe dieser Datei wurden
statistische Aussagen zu den entsprechenden Fragestellungen erarbeitet. Die in eine
MS-Excel 2000 Datei transferierten Daten wurden mit Hilfe dieses Programms
statistisch ausgewertet. Nach der Grobanalyse der Daten konnte man davon ausgehen,
dass auf Grund der Datenmenge häufig eine annähernde statistische Gleichverteilung
vorliegt. Es konnte jedoch wegen der geringen Zahl von Einsätzen mancher
Fachgruppen von Notärzten nicht der Student-t-Test eingesetzt werden, sondern der
Rangsummentest (U-Test) nach Mann und Withney. Zur Darstellung von Signifikanzen
wurde die Standabweichung errechnet, die 95% aller Ereignisse beinhaltet. Als
signifikant auffällig können folglich Ergebnisse angesehen werden, die außerhalb der
Standartabweichung (p<0,05) liegen.
2.2 Erfasste Daten
Zur Dokumentation des Einsatzverlaufes dient das Notarzteinsatzprotokoll der
Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
DIVIDOK
(2000). Die Kopie eines solchen Protokolls ist in Abbildung 1 und 2
dargestellt.
Neben der Anamnese, die im Hinblick auf eine Schmerzanamnese betrachtet wurde,
stützt sich die Auswertung auf die Fachrichtung des Notarztes, den Ausbildungstand,
sowie – falls dokumentiert - auf die Behandlungsdauer von Ankunft beim Patienten bis
zur Übergabe im Krankenhaus oder an ein anderes Rettungsmittel.
Die Vitalparameter Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung sowie eine
neurologische Diagnostik anhand des Glasgow-Coma-Scale (GCS), werden im Rahmen
der Erstuntersuchung vom Notarzt erfasst und dokumentiert.
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