2.3.2 Nicht-Opioide
Man unterscheidet bei Nichtopioidanalgetika zwei Gruppen: die nichtsauren
antipyretischen Analgetika wie beispielsweise Metamizol und die nichtsteroidalen
Antiphlogistika wie Diclofenac oder Acetylsalicylsäure.
Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) sind Hemmstoffe der Cyclooxygenase, was
letztlich über weitere Hemmmechanismen zu einer Prostaglandinsyntheshemmung
führt. Prostaglandine sind wesentlich an der Entstehung von Fieber und Schmerz, sowie
an der Ausbildung der Entzündungsreaktion beteiligt (Adams et al., 1999; Wörz, 2001).
Für einige Nichtopioidanalgetika konnte neben der peripheren Wirkung eine zentrale
analgetische Wirkung nachgewiesen werden, wie das z.B. bei Metamizol der Fall ist
(Schockenhoff, 1999, Forth et al., 2001). Im Gegensatz zu Opioiden gibt es bei
Nichtopioidanalgetika Dosisempfehlungen und Tageshöchstdosen. Eine Überschreitung
der Höchstdosis ist im allgemeinen nicht zu empfehlen, da es zu einem Ceiling-Effekt
mit einer erhöhten Toxizität und einer nicht erhöhten analgetischen Wirkung kommen
kann. Kombinieren sollte man unterschiedliche Nichtopioide nicht untereinander, da sich
toxische Effekte addieren können (Schockenhoff, 1999).
Nichtopioidanalgetika werden in erster Linie bei der Behandlung leichter und
mittelstarker Schmerzen eingesetzt, was im WHO Stufen-Schema der Klasse I
entspricht (Schockenhoff, 1999).
Bei den im Notarztdienst eingesetzten Nichtopiodanalgetika handelt es sich um das
nichtsteroidale Antiphlogistikum Lysinacetylsalicylsäure (Aspisol
), um Metamizol und
Paracetamol. Paracetamol wurde bei der Untersuchung nicht weiter berücksichtigt, weil
es im Notarztwagen nur als Suppositorium vorliegt und wegen der unterschiedlichen
Applikationsweise nicht weiter mit intravenös verabreichten Medikamenten verglichen
werden kann.
2.3.2.1 Lysinacetylsalicylsäure (L-ASS)
Unter den peripheren Schmerzmitteln ist als nichtsteroidales Antiphlogistikum in der
intravenösen Form Lysinacetylsalicysäure (Aspisol
) zu nennen. Dabei handelt es sich
um ein Antipyretikum mit analgetischer Komponente und einem stark antiphlogistischen
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Effekt auf Grund der Prostaglandinsyntheshemmung. Als Analgetikum wird Aspisol
im
Rettungsdienst normalerweise nicht als Mittel der ersten Wahl eingesetzt, jedoch wird
die thrombozytenaggregationshemmende Wirkung der Substanz im Rahmen der
Behandlung eines akuten Koronarsyndroms genutzt.
Obwohl L-ASS ein außerordentlich bewährtes und häufig verwendetes Medikament ist,
können, bedingt durch die Prostaglandinsynthesehemmung, schwerwiegende
unerwünschte Wirkungen auftreten. Dazu zählen insbesondere der Wegfall des
protektiven Magenschutzes, die Verlängerung der Blutungszeit durch eine
Thrombozytenaggregationshemmung, pseudoallergische Reaktionen mit der Gefahr
eines Asthmaanfalles; bei Kindern kann im Verlaufe eines Virusinfektes ein Reye-
Syndrom entstehen, das durch eine Meningo-Encephalopathie mit fettiger Degeneration
der Leber und anderer parenchymatöser Organen gekennzeichnet ist (Adams et
al.,1999). Auf Grund des Nebenwirkungsprofils beschränken sich folglich die
Einsatzgebiete in der Notfallmedizin. Acetylsalicylsäure hat keinen Stellenwert in der
Versorgung traumatologischer Patienten, da die Blutungszeit verlängert werden kann,
und so das ohnehin erhöhte Operationsrisiko bei Notfallpatienten noch erhöht würde.
Bei Kindern unter 6 Jahren sollte man das Medikament wegen der Gefahr des Reye-
Syndroms nicht verwendet werden (Herold, 1997).
Bei Patienten mit akutem Abdomen, sowie Kolikpatienten ist das Medikament wegen
der Möglichkeit der Blutungsdiathese auch nicht als Mittel der ersten Wahl einzusetzen.
Das in der Notfallmedizin hauptsächliche Einsatzgebiet liegt folglich im Bereich des
akuten Koronarsyndroms, der Lungenembolie, sowie zur Behandlung von akuten
Migräneattacken (Wörz, 2001).
Die empfohlene Dosierung von L-ASS zur Analgesie liegt bei 500-1000 mg bei
erwachsenen Personen mit etwa 75 kg Körpergewicht. Die analgetische Wirksamkeit
von 1 g Lysinacetylsalicysäure soll der Wirksamkeit von 10 mg Morphin entsprechen,
eine additive Wirkung ist in der Kombination mit anderen Analgetika zu erwarten
(Larsen, 1994). Zur Thrombozytenaggregationshemmung hingegen werden 160-500 mg
L-ASS empfohlen (Herold, 1997; ISIS 2, 1988). Dadurch kann eine irreversibele
Hemmung der Blutplättchen bereits nach maximal einer Stunde erfolgen. Andere
Autoren sprechen von einer sinnvollen Thrombozytenaggregationshemmung bis 300 mg
Acetylsalicylsäure, bei einer höheren Dosierung kommt es demnach zu keiner weiteren
Gerinnungshemmung (Gross et al., 1994; Parsi et al., 2001).
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2.3.2.2 Metamizol
Metamizol (Novalgin
) ist ein weiteres im Rettungsdienst gebräuchliches Analgetikum
mit einer stark antipyretischen Wirkung. Die Wirkung beruht auf der Hemmung der
Cyclooxygenase und folglich auf einer Hemmung der Prostaglandinsynthese, weshalb
der Substanz eine antipyretische, analgetische und spasmolytische Wirkung zugeordnet
wird. Die spasmolytische Wirkung beruht auf einer verminderten Erregbarkeit der glatten
Muskulatur (Adams, 2001). Die Stärke der Wirkung auf den Sphinkter Oddi, das
Urogenitalsystem und die Gallenblase ist vergleichbar der Wirkstärke von
Butylscopolamin (Fendrich, 2000). Metamizol hat keine antiphlogistische Wirkung, die
Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem scheint – langsam injiziert - relativ gering zu sein
(Fendrich, 2000). Die analgetische Potenz liegt über der von L-ASS (Martinez-Marin et
al., 2001).
Auf Grund einer kombinierten Analgesie und Spasmolyse liegt seine Hauptindikation
und beste analgetische Wirksamkeit im Bereich der viszeralen Schmerzen. Im Bereich
mittelstarker viszeraler Schmerzen gilt die Substanz für den Rettungsdienst als
unverzichtbar (Sefrin, 1997).
Starke Schmerzen können durch Metamizol nicht beherrscht werden. Die
Tageshöchstdosis liegt bei 5 g bei einem Erwachsenen. Darüber hinaus kommt es zu
einem Ceiling Effekt, die Möglichkeit der Nebenwirkung nimmt überproportional zu,
ohne dass es zu einer wesentlichen Verbesserung der analgetischen Wirksamkeit
käme. Die maximale Wirksamkeit bei intravenöser Applikation beginnt nach ca. 30
Minuten, ein Einsetzen der Wirkung erfolgt nach wenigen Minuten.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen über das Entstehen einer
Agranulozytose durch Metamizol ebenso besteht die Gefahr des allergischen Schockes,
wodurch das Medikament zusätzlich in Verruf geraten und in vielen Ländern verboten
ist. In Schweden z.B. wurde das Medikament 1999 vom Markt genommen. Tatsächlich
aber sind die Nebenwirkungen durch die kurzzeitige Einnahme von ASS bis zu
siebenmal höher als bei Metamizol, so dass diesbezüglich die Ablehnung des
Medikamentes unberechtigt erscheint (Fendrich, 2000; Kern, 1997).
Epidemiologische Studie fanden eine Agranulozytose in 1:500000–1:1000000
Tagesdosen nach einer einwöchigen Behandlung. Dies entspricht in etwa der
Möglichkeit, als Fahrradfahrer in Deutschland tödlich zu verunglücken (Forth et al. 2001;
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