Eigentlich fing alles mit einem Wortspiel an. Ich war bei der Vor-
bereitung für eine Veranstaltung zum Thema Beteiligungshaushalt in
Porto Alegre und überlegte mir ein paar einleitende Worte. Kaum
angefangen, stolperte ich zu meinem Ärger wieder mal über TINA.
»There is no alternative«, das Mantra der neoliberalen Glaubens-
krieger. Nun ist aber grade Porto Alegre ein gutes Beispiel für Alter-
nativen zu neoliberalen Politikmustern. Das wollte ich bei der Be-
grüßung hervorheben und suchte deshalb nach einer »Frau«, die ich
TINA entgegenstellen konnte, und nach einigem Pusseln mit Buch-
staben und Wörtern wurde TAMARA geboren. »There are many and
real alternatives«, es gibt viele und realistische Alternativen. Meine
Begrüßung wurde dann auch mit freundlichem Beifall bedacht und
das kleine Spiel mit Worten hatte eigentlich bereits seine Schuldig-
keit getan.
Aber wie es manchmal so ist mit Abkürzungen, Worten und Lo-
sungen, sie setzen sich irgendwo im Hinterkopf fest und verbreiten
dort eine kreative Unruhe. Ein paar Wochen später, während ich auf
einer Aktionskonferenz im Plenum saß und die Ausführungen des
aktuellen Redners nicht dazu geeignet waren, meine Aufmerksam-
keit zu fesseln, meldete sich TAMARA wieder zu Wort und fragte
mich: »Warum bin ich eigentlich so wichtig und wenn ich wichtig
bin, warum kennen mich noch zu wenige?«. Was bleibt mir übrig,
als diesen Fragen nachzugehen.
Die folgenden Thesen sind der erste Versuch, meine Antworten
zusammenzufassen. Und wenn im Text zwangsläufig immer wie-
der von Alternativen geschrieben ist, so meine ich damit Alter-
nativen zur neoliberalen und marktradikalen Ideologie in ihren theo-
retischen Ansätzen und ihrer praktischen Umsetzung, sowohl auf
globaler als auch auf nationaler und regionaler Ebene. Ich denke da-
bei sowohl an bisher nicht oder nur in Ansätzen realisierte Alternati-
ven als auch an praktische Beispiele.
Worin liegt eigentlich die Bedeutung von politischen Alterna-
tiven?
Nur durch die Popularisierung von vorhandenen und möglichen
Alternativen ist die Meinungsführerschaft des neoliberalen Aber-
glaubens langfristig zu brechen.
Propagandistischer Kern neoliberaler Politik ist die ständige Perpe-
tuierung ihrer Unausweichlichkeit. Um diesen Mythos zu erhal-
ten, müssen gedachte und auch schon verwirklichte Alternativen tot
Klaus-Rainer Rupp –
Jg. 1955, Dipl. Ing. (FH)
Verfahrenstechnik, seit 1984
Inhaber eines Ingenieur-
büros für Steuerungs- und
Automatisierungstechnik.
Seit 2000 Landesvor-
sitzender der PDS Bremen,
Mitglied im Beirat der
kommunalen Vertretung
»Östliche Vorstadt« in
Bremen. Zuletzt in UTOPIE
kreativ: Beteiligungshaus-
halt als linke Alternative
zur »Bürgerkommune«, Heft
158 (Dezember 2003)
»Die transzendenten
Entwürfe müssen, um
wirkungsmächtig werden zu
können, mit realen Möglich-
keiten übereinstimmen …«
Herbert Marcuse: Der ein-
dimensionale Mensch.
Studien zur Ideologie der
fortgeschrittenen Industrie-
gesellschaft. München
1998, S. 232.
986
UTOPIE kreativ, H. 169 (November 2004), S. 986-991
K
LAUS
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AINER
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UPP
Das TAMARA–Projekt
geschwiegen oder diskreditiert werden. Es reicht deshalb nicht,
die Ziele und Hintergründe neoliberaler Politik zu entlarven und ihre
negativen Folgen zu propagieren. Beides ist, mehr oder weniger
konkret, vielen Menschen längst klar, bzw. sie erfahren es bitter an
der Verschlechterung ihrer Lebensumstände. Jüngste Umfragen be-
legen das. Sie belegen aber auch, dass sich längst eine doppelte Ak-
zeptanz breit gemacht hat. Eine resignative Akzeptanz, die sich in
das scheinbar Alternativlose fügt und die Menschen wehrlos macht,
und eine positive Akzeptanz, die in offenen Sozialchauvinismus
mündet. Denn es ist auch gelungen, den Armen, den Alten, den
Kranken, den Erwerbslosen, den Sozialhilfebeziehern, den Alleiner-
ziehenden und vielen anderen Betroffenen die Schuld für die Krise
unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft insgesamt in die Schuhe
zu schieben. Es muss also gelingen, Alternativen populär zu machen,
sonst wird es nicht gelingen, Resignation zu überwinden und So-
zialchauvinismus zu bekämpfen.
Die derzeitigen Protestbewegungen laufen ins Leere, wenn sie den
Protest nicht mit dem Kampf um Alternativen verbinden.
Am Ende jeder Demonstration und jeder Aktion steht die Frage, wie
weiter? Vorwärts zur nächsten noch größeren Aktion? Vorwärts zum
Generalstreik? Die Bereitschaft, sich an Demonstrationen und Ak-
tionen zu beteiligen, sie zumindest richtig und notwendig zu finden,
ist gestiegen. Die Forderung nach der Rücknahme von Verschlech-
terungen ist notwendig und ihre Durchsetzung wäre ein großer Er-
folg. Aber wenn es weiter gehen soll, dann müssen wir, die wir sol-
che Forderungen erheben, uns die Frage gefallen lassen, wie wir die
aktuellen gesellschaftlichen Probleme lösen wollen. Und dann ist
eines sicher, mit vergleichsweise leeren Phrasen oder einem Verweis
auf eine ferne Zukunft, in der wir schon Lösungen finden werden, ist
es nicht getan. Vor allem nicht, wenn wir deutlich mehr Menschen
gewinnen wollen. Versprechungen auf ein »Leben nach dem Tod«
zeitigen keine Wirkung, wenn es gilt, Menschen zu motivieren, an
der Veränderung ihrer Lage hier und heute mitzuarbeiten.
Die Grenzen der derzeitigen Protestbewegungen sind eher nicht der
Mangel an Alternativen, sondern der Mangel an realisierbar schei-
nenden Alternativen.
Natürlich müssen für viele Fragen noch Antworten gefunden werden,
und viele Fragen sind auch noch nicht gestellt, aber Alternativen zur
neoliberalen Politik sind schon vielfach durchdacht, aufgeschrieben
und in bestimmten Grenzen auch propagiert. Sie werden an vielen
Stellen der Welt bereits ausprobiert und gelebt. Aber sie unterliegen
dann, wenn man sie in die Diskussion bringt, in aller Regel einer
mehrfachen Skepsis. Oft wird zunächst die Durchsetzbarkeit ange-
zweifelt. Aber das ist oft nur vordergründig. Bohrt man tiefer, glau-
ben viele einfach nicht, dass das, was wir vorschlagen, in der ge-
genwärtigen Gesellschaft und vor allem im Alltag funktioniert. Und
wenn viele Menschen den Eindruck haben, dass unsere Alternativen
vielleicht theoretisch keine schlechten Ideen sind, aber im Alltag
nichts taugen, sind sie natürlich auch nicht bereit, uns bzw. entspre-
chende soziale Bewegungen zu unterstützen.
»Unsere Macht ist nicht die
Macht der Mächtigen.
Ganz im Gegenteil.
Unsere Macht ist die Macht
zu tun, kreative Macht.«
John Holloway: Macht
Demokratie! Vortrag auf der
Sommerakademie 2003 von
ATTAC-D in Münster,
http://www.staytuned.at/sig/
0026/32939.html
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TAMARA-Projekt
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Welchen Hemmnissen unterliegt die Diskussion, Entwicklung und
Umsetzung von Alternativen?
Vorhandene Alternativen sind nicht genügend bekannt.
Auf unterschiedlichen Ebenen, in vielen Organisationen, in den
Köpfen von einzelnen Menschen, an vielen Orten gibt es sie, die viel
beschworenen Alternativen, aber es wissen noch zu wenig Men-
schen von ihnen. Zu mächtig ist die Medienmacht des Neoliberalis-
mus, zu isoliert sind die gedanklichen Quellen und auch die prakti-
schen Erfahrungen mit einer anderen Art der Politik. Alternativen
müssen bekannter werden und zwar nicht nur in Form von vorgefer-
tigten und fertigen Konzepten, sondern vor allem auch in Form von
Foren, in denen über Alternativen diskutiert werden kann. Wir müs-
sen nicht nur dafür sorgen, das viele Menschen unsere Alternativen
kennen, sondern ihnen auch Wege aufzeigen, wie sie sich an ihrer Ent-
wicklung beteiligen können. Es müssen ihre Alternativen werden.
Die Realisierung von Alternativen ist abhängig davon, inwieweit
ihre Realisierung möglich erscheint.
Das ist nur auf den ersten Blick ein Paradoxon. Wie eingangs schon
erläutert, können langfristig nur Alternativen, die auch Alltags-taug-
lichkeit vermitteln, Vertrauen und Engagement initiieren. Aber die
Skepsis ist groß und sie geht noch tiefer. Es wird bezweifelt, dass
diejenigen, die bessere Lösungen vorschlagen, also z. B. die PDS,
dann wenn sie die Möglichkeit haben, diese auch umsetzen. Nicht
zuletzt die Bundesregierung von SPD und Grünen hat dafür ein-
drucksvoll Beispiele geliefert. Die Enttäuschung über Schröder und
Fischer sitzt tief und ist im Konkreten natürlich berechtigt, stellt aber
mittlerweile alle Organisationen, die vorgeben, etwas zu Gunsten
der von den Verschlechterungen Betroffenen tun zu wollen, unter ei-
nen Generalverdacht. Es wird mehr oder weniger offen unterstellt,
dass man nur »an die Macht will«, um dann die vorgegebenen Ziele
zu verraten. Wir stehen also einerseits vor der Aufgabe, deutlich zu
machen, dass unsere Alternativen gemeinsam durchsetzbar wären
und dass sie funktionieren, aber vor allem, dass wir an Alternativen
arbeiten, die nicht »Macht« für uns, sondern wieder Einfluss- und
Gestaltungsmöglichkeiten für die Menschen in ihrem Alltag bedeu-
ten. Gelingt das, dann scheinen unsere Alternativen nicht mehr un-
realistisch, sondern realisierbar. Nur dann fassen sie Fuß in der Vor-
stellungswelt von Menschen. Nur dann erreichen wir, dass sich
mehr Menschen an der Entwicklung und Umsetzung von Alternati-
ven beteiligen, und nur dann können sie realisiert werden.
Vorhandene Alternativen sind nicht genügend informativ, verständ-
lich und plakativ aufbereitet.
Die Komplexität der aktuellen gesellschaftlichen Situation spiegelt
sich naturgemäß auch in der Komplexität realistischer Alternativen
und in der Diskussion darum. Sie spiegelt sich aber allzuoft auch in
der Art ihrer Verbreitung. Hier gilt es Brücken zu bauen. Es muss
leicht sein und auch in gewisser Weise unterhaltsam und spannend,
über die Möglichkeiten einer anderen Politik zu lesen und zu hören.
Wir leben in einer multimedialen Welt und beschränken uns noch zu
»Wenn du einen mächtigen
Mann triffst, stelle ihm fünf
Fragen: Welche Macht hast
du? Wie hast du sie bekom-
men? In wessen Interesse
übst du sie aus? Wem bist
du rechenschaftspflichtig?
Und wie können wir dich
loswerden?«
Aus einem Interview mit
Tony Benn, linker Aussen-
seiter in der Labour Party,
http://www.pda.ch/
vorwaerts/1997/
20gesellschaft.html
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TAMARA-Projekt
oft auf »bimediale« Verbreitung unserer Ideen. Wir schreiben sie auf
und verkünden sie auf Podien. Filme und Fotos, Aktionen, Tanz,
Theater und Lieder, aber auch das offene Gespräch, der Workshop
usw. bieten deutlich mehr Möglichkeiten. Wenn wir uns in der Pro-
pagierung unserer Ideen nicht aus unserer Art der Diskussion und
Aktion, aus unserer Sprache und aus unseren Wahrnehmungsge-
wohnheiten hinausbewegen, wird es schwer fallen, andere einzube-
ziehen, uns anderen verständlich zu machen.
Die Information über Alternativen setzt nicht genügend an der All-
tagswahrnehmung vieler Menschen an.
Vieles, was als Alternativen propagiert wird, ist denen, für die sie
attraktiv sein sollen, eher fremd oder einfach zu weit weg. Argu-
mentationsstränge müssen sich vom Bekanntem zum Unbekannten
entwickeln. Das Lebensumfeld, die Arbeitswelt, die Schule, der
Stadtteil müssen verstärkt die Anknüpfungspunkte sein, um über
eine andere Welt zu diskutieren. Ich glaube, nur wer deutlich machen
kann, dass er für das Unmittelbare Lösungen entwickeln kann,
gewinnt Vertrauen auch für Lösungen, die das weiter Entfernte
einschließen, ein Vertrauen, das der oben beschriebenen Skepsis ent-
gegenwirkt.
Vorhandene Alternativen sind ungenügend untereinander verknüpft.
Die Entwicklung von Alternativen erfolgt naturgemäß zunächst in
den einzelnen Politikfeldern und in der breiten Palette der Organisa-
tionen, an den Universitäten und Hochschulen etc. Dort dürfen sie
aber nicht verbleiben. Erst wenn es gelingt, die verschiedenen Kon-
zepte miteinander zu verknüpfen, sie untereinander korrespondieren
zu lassen, ihre gegenseitige Kritik zu ermöglichen, entsteht ein Ge-
samtszenario. Ein solches Szenario sollte jedoch nicht den Eindruck
des Endgültigen und Statischen vermitteln, sondern vielmehr eine
mögliche Realität zeigen, schärfer und detaillierter als eine ver-
schwommene Vision, aber eben nicht zwangsläufig und unveränder-
bar. Ein solches Szenario sollte auch nicht eine Entscheidung
dafür oder dagegen provozieren, sondern Menschen zum Mitgestal-
ten motivieren. Gelingt es, alternative Politikkonzepte auf diese
Weise zu einem Gesamtszenario zusammenzufügen, scheinen sie
wiederum realisierbarer, weil ihre Wechselwirkungen deutlicher
werden, weil die Propagandisten und Akteure miteinander kommu-
nizieren, weil sich Gemeinsamkeiten in der Intention zur Entwick-
lung von Alternativen herauskristallisieren.
Die Verbreitung von Alternativen ist weniger ein Vermittlungspro-
blem, denn Beteiligungsproblem.
Forderungen entwickeln sich aus alternativen Konzepten, diese wie-
derum aus wissenschaftlichem und politischem Diskurs. Leider sind
solche Diskurse tendenziell sektiererisch. Die unmittelbar Beteilig-
ten leben in einer eigenen Welt, sprechen eine nur ihnen verständ-
liche Sprache, haben eigene Riten und Gebräuche und haben eine
missionarische Grundhaltung zum Rest der Welt. Die Aufgabe
besteht also darin, Diskurse durchschaubar und verständlich zu ma-
chen, und es muss gelingen, Menschen, die nicht unmittelbare Teil-
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TAMARA-Projekt
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nehmer des Diskurses sind, an eben diesem zu beteiligen. Gelingt es,
den Diskurs sowohl in seiner Struktur als auch inhaltlich transparent
zu machen, erzeugt das Vertrauen auch bei denen, die den Diskurs
nur beobachten. Gelingt es darüber hinaus, Beteiligungsmöglichkei-
ten und Beteiligungsanreize für ein breites Spektrum von Interes-
sentinnen und Interessenten zu schaffen, erhöht sich wiederum die
Popularität und das Vertrauen.
Hier ist eine Ideenskizze zur praktischen Umsetzung.
Also brauchen wir ein TAMARA-Projekt.
Die Notwendigkeit zur Propagierung und Weiterentwicklung von
Alternativen ist nun hinlänglich begründet. Es drängt sich also auf,
die hier skizzierten Thesen in der Realität zu überprüfen. Dazu brau-
chen wir ein TAMARA-Projekt. Ein Forum, in dem unterschiedliche
Akteure ihre Alternativen vorstellen, untereinander diskutieren und
veröffentlichen. Ein Forum mit einem hohen Maß an Zugänglichkeit
für Interessentinnen und Interessenten. Wobei Zugänglichkeit nicht
nur im technischen Sinn gemeint ist sondern auch im Sinne von Ver-
ständlichkeit und der Teilnahmemöglichkeit.
Ein TAMARA-Projekt braucht Strukturen, aber welche?
In erster Näherung sind mir Kegel als geometrisches Modell einer
denkbaren Struktur in den Sinn gekommen. Denken wir uns Kegel,
die nebeneinander stehen und die wir von oben betrachten.
Ihre Spitzen bilden die
»plakative Ebene«. Es ist die Ebene der
Schlagwörter und Losungen, die Ebene der Leitbilder und Forde-
rungen. Es ist auch die Ebene der Provokation und des Weckens von
Neugierde. Da ich sie gedanklich von oben betrachte, ergibt sich ein
Bild, ein Szenario, weil sich die Inhalte nach Politikbereichen ord-
nen, ohne aus dem Bild zu fallen.
Unterhalb der plakativen Ebene befindet sich die
»informative
Ebene«, hier werden Schlagwörter, Forderungen etc. kurz und präg-
nant in konkretere Aussagen aufgeschlüsselt, erklärt und begründet.
Es ist die Ebene des Werbens. Hier gilt es, die durch die plakative
Ebene gewonnene Aufmerksamkeit zu vertiefen.
Eine Ebene tiefer geht es ins Detail. Ich habe sie
»edukative Ebene«
genannt. Hier finden wir umfangreiches Argumentationsmaterial, Un-
tersuchungen zum Thema etc. Hier kann man sich schlau machen.
Es bleibt darunter die
»diskursive Ebene«. Hier ist das Forum, in
dem die Konzepte, Inhalte, Erfahrungen etc. diskutiert werden, um
den Gegenstand der Diskussion zu optimieren. Hier findet sowohl
wissenschaftlicher Diskurs als auch öffentliche Debatte statt.
Damit haben wir eine grobe Orientierung hinsichtlich der vertika-
len Strukturen. Das Modell verfügt natürlich auch über horizontale
Verbindungen. Dadurch, dass die Spitzen der Kegel (also die plaka-
tive Ebene) ein Gesamtbild vermitteln, ergibt sich ein erstes hori-
zontales Moment. Auf der informativen Ebene gibt es Verbindungen
zwischen den Kegeln. Querverweise auf den Nachbarn oder drüber
hinaus. Spätestens ab Mitte der dritten Ebene sind die Kegel mitein-
ander verschmolzen.
Aber das Kegel-Modell erschien mir dann doch zu statisch, ledig-
lich dreidimensional. Vielleicht ist das TAMARA-Projekt zunächst
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eine virtuelle Stadt (oder eine kleine Region). Mit Häusern und Plät-
zen, mit Straßen und Einrichtungen. Es gibt Schulen und Kranken-
häuser, Fabriken und Büros, Sportanlagen und Theater, Bauernhöfe
und Naherholungsgebiete. Aber es ist nicht die Stadt der Neolibera-
len, sondern unsere Stadt, unsere Region. Die Fassaden der Häuser
bilden die plakative Ebene, die Foyers die informative Ebene, die
Versammlungssäle, die Wohn- und Arbeitszimmer die edukative und
diskursive Ebene. Die Straßen und Plätze sind öffentlicher Raum.
Vorschlag für ein TAMARA-Projekt im Internet
Das sind natürlich zunächst Gedankenspiele und vielleicht Träume-
reien und es stellt sich die Frage, wie man TAMARA-Stadt Leben
einhauchen kann. Als ersten Schritt bietet sich das Internet an. Hier
finden wir die technischen Voraussetzungen und die Erfahrungen die
wir brauchen, um den hier herausgearbeiteten Kriterien an ein sol-
ches Projekt gerecht zu werden. Die Entwicklung, Verbreitung und
Nutzung von Open Source Software ist selbst ein solches TAMARA-
Projekt. Als Alternative zu Microsoft ist es gelungen ein funktions-
fähiges preisgünstiges, stabiles, alltagstaugliches Betriebssystem
und dazugehörige Software zu entwickeln. Der Quellcode dieser
Software ist allen zugänglich, jeder und jede kann sie weiter ent-
wickeln, und durch einen Prozess von Moderation und Diskurs flie-
ßen die Weiterentwicklungen in den Kern des Betriebssystems ein.
Es erscheint mir nicht unmöglich, eine Website ins Leben zu ru-
fen, auf der unterschiedliche Parteien, Gruppen, Initiativen und Ein-
zelpersonen ihre Alternativen nach der oben beschriebenen Struktur
einbringen, einen Kegel gestalten, ein Haus bauen. Dabei wird in der
Gemeinschaft der Akteure über »Baugenehmigungen« entschieden.
Die »Eigner« der Häuser tauschen sich aus, und es entstehen auch
»Modellhäuser«, die die mehrheitlich befürworteten Alternativen
zusammenfassen, ohne Minderheiten aus der Stadt zur verbannen.
Es käme auf einen Versuch an.
Ebenen des Tamara-Projektes
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