Adorno und die Kabbala (Pri ha-Pardes; 9)



Yüklə 2,18 Mb.
Pdf görüntüsü
səhifə74/92
tarix22.10.2018
ölçüsü2,18 Mb.
#75508
1   ...   70   71   72   73   74   75   76   77   ...   92

 
r
knSt
 
knA
 r
arrala
 
165
Sphärenmodell durch eine esoterische Namenstheologie ergänzt.
431
 Adorno 
am nächsten steht zweifellos die frühe Sprachphilosophie Walter Benjamins.
432
 
Mit  dieser  Tradition  im  Rücken  lässt  seine  Namenstheorie  das  Gebiet  der 
Musikphilosophie weit hinter sich.
In der 
Dialektik der Aufklärung wird die „Idee des Namens“ – korrespondie-
rend mit dem Bilderverbot –
 als „Band zwischen Namen und Sein“ gedeutet, 
welches im jüdischen „Verbot, den Gottesnamen auszusprechen“ anerkannt 
werde. Darin zeige sich eine zivilisationsgeschichtliche Überwindung archai-
scher (Sprach-)Magie, hinter welche die moderne Degradierung emphatischer 
Namen zu abstrakten Zeichen wiederum zurückfalle. (vgl. GS 3, 40) Im Rah-
men  der  Begriffskritik  der 
Negativen Dialektik  taucht  das  Motiv  modifiziert 
wieder auf: Im „mystischen Namen“, ja im Namen überhaupt, wird die Sache 
als individuelle adressiert, während alle ihre begrifflichen Bestimmungen not-
wendigerweise klassifizierend verfahren, also die Sache (bzw. die Person) auf  
einen bestimmten Bedeutungskontext fixieren und damit an ihr vorbeigehen. 
Das Modell des mystischen Namens soll (und kann) prädizierende Sprache 
und  identifizierendes  Denken  dabei  nicht  ersetzen,  weil  das  Nennen  des 
Namens  keine  „Erkenntnisfunktion“  hat.  Am  „Urbild“  des  Namens  hofft 
Adorno  ‚nur‘  tentativ  zu  zeigen,  „wie  stattdessen  zu  denken  wäre.“  (GS  6, 
62)
433
 Im „mystischen Namen“, von dem Theologie „einmal“ geredet habe, 
431 
Kracauer sieht in seinem erst posthum publizierten Manuskript 
Der Detektikvroman. Eine 
Deutung (ca. 1922–1925), das Adorno gewidmet ist, den wahren Namen nur in der ‚hohen 
Sphäre‘ Gottes ‚enthüllt‘; in der dunklen hiesigen Sphäre werden „alle Namen […] bis zur 
Unkenntlichkeit verstümmelt.“ In Bezug auf  die gegenwärtige Menschheit gilt Kracauer der 
Eigenname als bedauerliche Vereinzelung, der beizeiten im „Wir“ verschwinden möge, wobei 
sich dann wieder das „namensspendende Geheimnis“ öffnet. Gott wird zwar als „der Name“ 
betitelt, aber hier fehlt das Benjaminsche Modell des „göttlichen Namens“. (KW 1, 109, 136, 
130).
432 
Benjamin schreibt 1916 in 
Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen: „In Gott 
ist der Name schöpferisch, weil er Wort ist, und Gottes Wort ist erkennend, weil es Name 
ist. ‚Und er sah, daß es gut war‘, das ist: er hatte es erkannt durch den Namen. Das absolute 
Verhältnis des Namens zur Erkenntnis besteht allein in Gott, nur dort ist der Name, weil 
er im innersten mit dem schaffenden Wort identisch ist, das reine Medium der Erkenntnis. 
Das heißt: Gott machte die Dinge in ihren Namen erkennbar. […].“ (BGS II.1, 149) Weitere 
Stellen ließen sich anführen.
433 
Benjamin bindet die Theorie des Namens stattdessen an den göttlichen Ursprung zurück: 
„Mit der Gebung des Namens weihen die Eltern ihre Kinder Gott; dem Namen, den sie hier 
geben, entspricht – metaphysisch, nicht etymologisch verstanden – keine Erkenntnis, wie 
sie die Kinder ja auch neugeboren benennen […] denn der Eigenname ist Wort Gottes in 
menschlichen Lauten. Mit ihm wird jedem Menschen seine Erschaffung durch Gott verbürgt, 
und in diesem Sinne ist er selbst schaffend […].“ (BGS II.1, 149 f.).


166 
r
knSt
 
knA
 r
arrala
werde versucht, einzufangen „was anders wäre […].“ (a. a. O., 292 f.) Aus dem 
Namen lässt sich ein ‚anderes‘ Denken mitnichten ablesen, an ihm lässt sich 
eine Denkmöglichkeit anzeigen. Es sei daran erinnert, dass der geoffenbarte 
Name Gottes „Ich bin der ich bin“ oder „Ich werde da sein, als der ich da sein 
werde“ bedeutet, also tatsächlich keine Attribute des Höchsten mitteilt. Martin 
Seel, der allerdings die jüdischen Bezüge Adornos ignoriert, fasst das „Modell 
des Namens“ dennoch zutreffend wie folgt zusammen: „Namen machen ihre 
Träger in ihrer Unbestimmtheit ansprechbar. Oder, mit einer Formel aus der 
Negativen Dialektik, sie sichern ihre ‚Nichtidentität in der Identität‘.“
434
 Damit 
ist Adornos Namensphilosophie, wie Seel herausstellt, eine negative Philoso-
phie der Freiheit. In diesem Sinne endet der Kafka-Aufsatz mit den Worten: 
„Der Name allein, […] nicht die lebendige Seele steht ein fürs unsterbliche 
Teil.“  (GS  10.1,  287)  Steven  Wasserstrom  liest  diesen  Satz  anscheinend  als 
antijüdische Polemik, die wieder Adornos Unkenntnis des Judentums zeige, 
jedenfalls kommentiert er: „Adorno explicitly repudiated another fundamen-
tal tenet of  Jewish belief, the immortality of  the soul.“
435
 Von der Frage, ob 
die Unsterblichkeit der individuellen Seele wirklich verbindlich für jeden jüdi-
schen Glauben ist, abgesehen, zeigt sich hieran exemplarisch Wasserstroms 
Missverständnis Adornos. Letzterer entfaltet hier seine zwar auch kabbalis-
tisch inspirierte, aber eigenständige Theorie und beabsichtigt keine repräsen-
tative Aussage über ‚das‘ Judentum. Dem Einwand, dass Namen zuweilen sehr 
wohl auf  soziale oder kulturelle Hintergründe der Namensgeber verweisen, 
hätte  Adorno  wohl  zugestimmt.  Im  Kulturindustriekapitel  der 
Dialektik der 
Aufklärung findet sich jedenfalls die abschätzige Bemerkung, dass Namen zu 
„Reklamemarken“ herabgekommen seien, oder man sich durch Spitznamen 
selbst  zu  „fungible[n]  Mitglieder[n]  von  teams“  degradiere.  „Signifikation“ 
werde zum bloßen „Signal“. (GS 3, 188 f.) Dass der Name seinen ‚mystischen‘ 
Modellcharakter  verloren  haben  könnte,  legt auch  eine Bemerkung  aus  der 
Begriffskritik  der 
Negativen Dialektik  nahe:  „Der  bestimmbare  Fehler  aller 
Begriffe nötigt, andere herbeizuzitieren; darin entspringen jene Konstellatio-
nen, an die allein von der Hoffnung des Namens etwas überging.“ (GS 6, 62) 
Dieses Modell wirkt den oben zitierten, bilderreichen Ausführungen Adornos 
über Engel, die Klage Gottes oder die Gebura entgegengesetzt. Dort findet 
434 
Seel. 
Adornos Philosophie der Kontemplation. S. 47.
435 
Wasserstrom. 
Adorno’s Kabbalah. S. 58.


Yüklə 2,18 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   70   71   72   73   74   75   76   77   ...   92




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə