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Zusätzlich
ist ein Anreiz für die Aufnahme einer parlamentarischen Tätigkeit not-
wendig (E3) – dies insbesondere im Zusammenhang mit einigen Faktoren, die
einem Parlamentsmandat inhärent sind:
einer Kompensation des Verlustes im Hauptberuf, der nicht mehr in Vollzeit
ausgeübt werden kann;
einer Amortisation der spezifischen Investitionen in den politischen Aufga-
benbereich, insbesondere in das notwendige „politische Fachwissen“;
dem Risiko, dass das Mandat durch eine Nichtwiederwahl abrupt beendet
werden
kann und
der beschränkten Rückkehrmöglichkeit in den Privatberuf.
Unter Berücksichtigung der kollektiven Zielsetzung der Parlamentsarbeit sollten wir
das Modell schliesslich auf die Finanzierung der Fraktionen (B6), die Parlaments-
verwaltung (B7) und die kollektive Infrastruktur (C5) ausweiten und dem kollektiven
Output des Parlamentes (D2) gegenüberstellen.
Schliesslich kann man sich fragen, welches die Opportunitätkosten der kollektiven
parlamentarischen Arbeit sind, was also die Lösung der vom Parlament wahrge-
nommenen Aufgaben durch andere Mittel kosten würde (E4).
Konsequenzen der Betrachtungsweise
Auf der Grundlage des Modells stellen wir nun folgende Postulate für die Maxi-
mierung des Wertes der parlamentarischen Arbeit auf:
Die an die Parlamentsmitglieder gerichteten Erwartungen sollten explizit
und unzweideutig sein.
Die Vergütung muss im Einklang mit den Erwartungen stehen, die an die
Parlamentsmitglieder gerichtet werden und muss die Kosten des Aufwan-
des decken.
Die Vergütung der Parlamentsarbeit muss eine Anreizstruktur schaffen,
welche die Ratsmitglieder zu effizienter Arbeit motiviert.
Der Output der parlamentarischen Arbeit sollte mess- und bewertbar sein;
dies sowohl was das einzelne Parlamentsmitglied anbelangt, als auch für
das Parlament als Ganzes.
Der Anreiz für die Parlamentsarbeit muss genügend gross sein, um geeig-
nete Personen für diese Aufgabe zu rekrutieren.
Damit ein Parlamentsmitglied optimal arbeiten kann, sollten alle fünf Aspek-
te des Wertes gleich gross sein: Erwartungen, Vergütung, Aufwand, Leis-
tung und Opportunitätskosten müssen sich entsprechen.
Unseren Fragebogen und die Auswahl zusätzlichen Datenmaterials (Presseartikel,
wissenschaftliche Literatur, etc.) haben wir auf der Grundlage dieses Denkmodells
strukturiert, mit dem Ziel, die einzelnen Faktoren zu beleuchten und, im Vergleich
und der Gegenüberstellung verschiedener Variablen, Erkenntnisse zu gewinnen.
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8. Befragungen
Summarische Darstellung des Antwortverhaltens und der Auswertungen des
Fragebogens
Die Befragung als wesentlicher Teil der analytischen Erfassung folgt dem Raster
der Studie von Alois Riklin und Silvano Möckli
6
, wobei, der Hauptzielsetzung des
Gutachtens entsprechend und auf der Grundlage unseres Modells zur Werterfas-
sung, verschiedene Fragenkomplexe hinzugefügt wurden.
Andere Sachverhalte und Zusammenhänge, die Objekt der Studie von 1991 oder
früherer Untersuchungen (z.B. Kerr 1981
7
) darstellten (Zum Beispiel die Aussagen
zur positiven Korrelation zwischen Amtsdauer und Anzahl Verwaltungsratsmanda-
ten bei gleich bleibendem zeitlichen Aufwand), dürfen als gesichert gelten; um den
Umfang des Fragebogens zu verringern, haben wir diese Fragen nicht mehr ge-
stellt.
Rücklaufquote der Fragebogen
Eingegangene Frage-
bogen
Anzahl Vertreter im
Parlament (Gemäss
Jahrbuch Schweiz)
Rücklaufquote
CVP 38
50
76,0
EVP 3
3
100,0
FDP 40
60
66,7
GPS
8
8
100,0
LPS 4
6
66,7
SPS 42
58
72,4
SVP 20
51
39,2
übrige 6
10
60,0
Total 161
246
65,5
Möglichkeiten und Grenzen der Auswertbarkeit
Die Antwortquote von 65.5% stellt eine ausreichende Grundlage für eine statisti-
sche Auswertung dar.
Die Aussagen des empirischen Teils basieren auf den eingegangenen Fragebogen
und der Zahl der Antworten für die jeweilige Frage.
Mündliche Befragung
Auf der Grundlage einer mit den Parlamentsdiensten nach Repräsentativitätskrite-
rien zusammengestellten Liste wurden zehn National- und zwei Ständeratsmitglie-
der in einer zusätzlichen mündlichen Befragung interviewt. Die Resultate der Inter-
views ermöglichten uns ein tiefergehendes Verständnis der Antworten des Frage-
bogens. Wir haben sie in der Auswertung nicht separat dargestellt, sondern in die
Abschnitte der Fragebogenauswertung integriert.
6
Riklin, Alois und Möckli, Silvano: „Milizparlament ?“ in Parlamentsdienste (Hg.): „Das Parlament, "Oberste Ge-
walt des Bundes" ?“, Bern, Haupt, 1991.
7
Kerr, Henry H.: „Parlement et société en Suisse“, Editions Georgi, Saint-Saphorin, 1981