ERMLANDBRIEFE
3
Ostern 2010
Katechismus
Ecke
Sie leuchten und verkünden - Kirchenfenster
Die Taufe
Von Pastor Lic. iur. can. Clemens Bombeck, Prodekan des Ermländischen
Konsistoriums
Fenster eines Hauses haben die
Funktion, Licht in die Räume zu lassen
und Regen, Sturm und Kälte fernzuhal-
ten. Diesen Aufgaben dienen auch Kir-
chenfenster. Doch haben sie darüber
hinaus noch einen weiteren Zweck: Sie
sind Botschafter. Sofern sie nicht ein-
fach nur Glasgrafik sind, laden sie den
Betrachter ein, ihre Botschaft zu er-
gründen. Ob es nun die Fenster und
Rosetten in den mittelalterlichen Ka-
thedralen oder die Fenster von Marc
Chagall in Mainz sind, Kirchenfenster
üben eine besondere Faszination auf
den Betrachter aus. Wer beim Gang
durch eine Kirche die bunten Fenster
betrachtet, staunt immer wieder, wie
herrlich sich das Sonnenlicht in dem
bunten Glas bricht und den Raum in
eine besondere Atmosphäre ein-
taucht. Geht jemand in der dunklen
Jahreszeit an einer im Inneren be-
leuchteten Kirche vorbei, schaut er un-
willkürlich zu den bunten Fenstern
hinüber, die ihm entgegenleuchten. Je-
desmal wird dem Betrachter deutlich:
Kirchenfenster leuchten und verkün-
den. Vielleicht ergeht es so auch man-
chen Besuchern der Herz-Jesu-Kirche
in Gladbeck-Zweckel.
Seit Mai 1995 bin ich zunächst als
Pfarrer und seit September 2007 Pastor
der Herz-Jesu-Gemeinde; ihr gehören
heute rund 7.000 Katholiken an. Ich la-
de Sie, liebe Leserinnen und Leser,
herzlich ein, mit mir durch die Herz-Je-
su-Kirche zu gehen und sich mit mir
die Fenster anzuschauen. Vielen von
Ihnen bin ich im Laufe der vergange-
nen Jahre begegnet. Dabei haben Sie
mir manches aus Ihrem Leben erzählt.
Das hat Spuren in meinem Leben hin-
terlassen. Mit diesem kleinen Artikel
möchte ich Sie ein wenig an meinem
Leben Anteil nehmen lassen, indem
ich Sie mit in „meine“ Kirche nehme.
Wer die Zweckeler Herz-Jesu-Kirche
betritt, wird unwillkürlich von dem
großen Hochaltar, der in seinem Kern
über 350 Jahre alt ist, in den Bann ge-
zogen. Er ist ohne Zweifel der Blick-
punkt dieser 1912-1915 errichteten Kir-
che. Nach einer gewissen Weile aber
wandern die Augen des Besuchers
dann nach oben und nach rechts und
links, hin zu den bunten Fenstern. Viel-
leicht staunt er über ihre Farbenpracht
und noch mehr über ihre eigenwillige
Gestaltung. Sofort erkennt man: Diese
Fenster sind neueren Datums. Der re-
nommierte Künstler Dr. Egbert Lam-
mers aus Werl hat sie 1965 entworfen.
Beim Gang durch die Kirche sieht der
Besucher zunächst die Glasmalereien
im Hauptschiff. Ihr durchgängiges The-
ma: die Sakramente der Kirche, die im
Leben der katholischen Kirche von
herausragender Bedeutung sind.
Sechs der sieben Sakramente sind dar-
gestellt, das zentrale Sakrament der ka-
tholischen Kirche - die heilige Euchari-
stie - ist nicht dargestellt; sie wird in
dieser Kirche jeden Tag gefeiert. Jedes
dieser sechs Fenster ist dreigeteilt. In
der Mitte ist das mit einem Rundbogen
betonte Fenster; rechts und links da-
von sind kleinere, rechteckige Fenster.
Sodann ist im rechten Querschiff in ei-
nem ebenfalls dreiteiligen Fenster Je-
sus in seiner Passion dargestellt. In
dem Fenster gegenüber ist Maria, die
Mutter Jesu, zu sehen - zum einen als
„Mutter der Schmerzen“, zum anderen
als erste von Gott Erlöste. Die übrigen
Fenster der Herz-Jesu-Kirche sind
nicht thematisiert; sie sind lediglich
Glasgraphik.
Schauen wir uns nun das Fenster an,
das sich mit dem Sakrament der Taufe
beschäftigt.
Neben dem Gelb (= Gold), das für
Gott steht, fällt in diesem Fenster das
Blau besonders auf. Im mittleren Teil
kommt wie bei der Taufe Jesu im Jor-
dan der Heilige Geist in Gestalt einer
Taube herab. Er durchdringt mit sei-
nem Licht das Wasser. Aus der Farben-
lehre ist bekannt, daß die Farben Gelb
und Blau sich zum Grün verschmel-
zen. Wo Gott sich mit seiner Schöpfung
verbindet, da erblüht neues Leben.
Auf dieses neue Leben weisen die
Pflanzen in den beiden Seitenfenstern
hin. Der getaufte Mensch ist von Got-
tes Geist und Leben erfüllt; er ist durch
die Taufe zu einer neuen Schöpfung
geworden.
Wer sich dieses Fenster nur an-
schaut im Sinne einer Kunstbetrach-
tung, wird sich vielleicht von der
künstlerischen Darstellung beeindruk-
ken lassen. Ich sehe dieses Fenster
gern an mit der Botschaft, die uns die
Kirche verkündet - bei unserer eige-
nen Taufe oder bei der Taufe eines
Kindes. Aus der Höhe ist der Heilige
Geist auf mich herabgekommen. Er hat
mich mit seinem Licht durchdrungen.
Ich, der ich ganz irdisch, sterblich bin,
wurde von IHM erfüllt, so daß ich
durch Wasser und Geist eine neue
Schöpfung bin. Gottes Leben keimt in
mir. Durch die Taufe befähigt mich der
göttliche Geist, ganz ER - Christus - zu
sein in meinem Leben. Ich bin ganz
ER, wenn ER in mir wirkt und aus mir
lebt. ER wirkt in mir, wenn ich bin wie
ER: Liebe. Die Wirkung der Taufe ist
Christsein! Christsein verwirklicht sich
in der Nachfolge dessen, dessen Na-
men ich trage und was ich durch die
Salbung mit dem heiligen Chrisam bin:
ein Christ. Ich bin Liebe, wenn diese
Liebe sich Tag für Tag verwirklicht in
meiner lebendigen Beziehung zu IHM
und in der sich verschenkenden Liebe
an jedem Nächsten. Wie Christsein aus
dem Geist der Taufe gelebt werden
kann, zeigt sich an den Heiligen, deren
Namen wir seit unserer Taufe tragen.
Taufe - Glasfenster in der Herz-Jesu-Kirche in Gladbeck-Zweckel von Dr. Egbert
Lammers aus Werl, 1965
Foto: Pastor Clemens Bombeck
Ostergruß 2010 des Vertriebenenbischofs
Verklärte Wunden
Von Weihbischof Dr. Reinhard Hauke
„Der Leib ist klar, klar wie Kristall,
Rubinen gleich die Wunden all,
Halleluja!“
In einem Osterlied werden diese
Worte gesungen. Von Kindertagen an
haben sie meine Phantasie beflügelt.
Ein Leib - wie Kristall so klar! Wun-
den, die wie Rubine leuchten! Ein
Kind, das wie ich niemals schweres
Leid empfinden musste, kann sich
wohl solche Bilder leicht vorstellen.
Wer in Kindertagen aber Leid zuge-
fügt bekam und wem Wunden ge-
schlagen wurden, der wird sich fra-
gen: Wunden, die kostbar geworden
sind wie Rubine? Kann es das geben?
Ostern löst daher ganz verschiede-
ne Reaktionen aus. Nicht jeder wird
dem Gedanken mit frohem Herzen
zustimmen: „Das Leid ist verklärt!“
Gerade an den Feiertagen brechen al-
te Wunden auf, wenn sich Menschen
an Heimat, liebe Freunde und Ver-
wandte erinnern, die nicht mehr bei
uns sind.
Eine Hoffnung habe ich jedoch,
dass der Glaube an Jesus Christus,
den Auferstandenen, der jetzt beim
Vater im Himmel ist, Brücken bauen
kann zu denjenigen, die wir vermis-
sen und ein Ersatz sein kann für das,
was wir verloren haben. Und diese
Hoffnung erstreckt sich auch auf die
Zukunft, die wir noch vor uns haben:
Wir finden DEN in unserer Zukunft,
DER auch jetzt schon bei uns ist,
wenn wir mit dem Leid der Fremde,
des Alters und der Einsamkeit zu
kämpfen haben. Uns ist versprochen,
dass wir Christus einmal ähnlich sein
werden, das bedeutet: Wir werden
auch mit dem kristallklaren Leib be-
schenkt, an dem verklärte Wunden
erkennbar sind, die uns im Laufe des
Lebens geschlagen wurden und die
wir zu Christus getragen haben – in
aller Traurigkeit, Demut und Liebe.
An diesem Osterfest 2010 darf ich
wieder miterleben, wie vier erwach-
sene Frauen durch die Taufe, Fir-
mung und Erstkommunion in die ka-
tholische Kirche aufgenommen wer-
den. Sie haben einen Weg der Vorbe-
reitung hinter sich, der manchmal da-
mit begonnen hat, dass sie nach Erlö-
sung suchten – nach Lösung ihrer
Fragen und Probleme, nach Heilung
ihrer Wunden.
Was soll nun die Veränderung be-
wirken? Es ist nichts äußerlich Spek-
takuläres, aber doch im Verborgenen
sehr Kostbares: Der Leib wird mit
Taufwasser an der Stirn berührt und
wird dadurch zu einem neuen Leib
der Christusverbundenheit. Er wird
gesalbt mit dem Heiligen Chrisam
und mit der Heiligen Eucharistie ge-
nährt. Es geschieht für mich dadurch
schon Verklärung. Die Wunden wer-
den geheilt. Sie können nun neu ge-
deutet werden als Zeichen der Ähn-
lichkeit mit Jesus Christus. Sie begin-
nen damit – im Bild der Liedstrophe
gesprochen - zu leuchten.
Ich wünsche allen, die das Oster-
fest mitfeiern, die Freude an der Ver-
klärung von Leid und Not durch Chri-
stus, den Auferstandenen, dem kein
Kummer zu hoffnungslos und kein
Kreuz zu schwer ist, als dass er nicht
dort Erlösung schenken könnte.
+ Weihbischof Dr. Reinhard Hauke
Beauftragter der Deutschen Bi-
schofskonferenz für die Vertriebenen-
und Aussiedlerseelsorge
Weihbischof Dr. Reinhard Hauke,
Beauftragter der Deutschen Bischofs-
konferenz für die Vertriebenen- und
Aussiedlerseelsorge