ERMLANDBRIEFE
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Ostern 2010
Auch diesmal waren die Tische wie-
der weihnachtlich gedeckt, und herrli-
che Torten warteten auf die Gäste. Aus
der Pfarrei war bei der Adventsfeier
auch Pfarrer i. R. Hans-Ulrich Dissen
zugegen, und der aus Kerala stammen-
de Pastor Manuel Poonat präsentierte
sogar noch seine Sangeskünste, indem
er ein Lied aus seiner indischen Hei-
mat vortrug.
Für gute Musik ist in Oelde immer
gesorgt: Karl Langer am Akkordeon,
Gregor Bartsch mit der Trompete und
Walter Breitmeyer am Klavier sind die
Garanten dafür. Länger als 30 Jahre ist
erdigt, mit Sicherheit waren es Deut-
sche, aber niemand konnte mehr zuge-
ordnet werden. Es handelte sich um
Menschen, die auf der Flucht erschos-
sen worden waren, verhungert oder
anderweitig zu Tode gekommen sind.
In der Nähe von Stettin hat man diese
Leichen nun beigesetzt. Ich war zur
Beerdigung dort und stand vor den
vielen Särgen. Alle waren sie gleich,
sie waren schnurgerade aufgestellt,
und auf jedem Sarg lag eine Rose. Jah-
re später haben wir nun eine würdige
Ruhestätte für diese Toten geschaffen,
so wie es sich gehört, und wissen Sie,
warum die Kirche so besonders wich-
tig ist? Nirgendwo anders wird nämlich
jeden Tag für die verstorbenen gebetet,
an die keiner mehr denkt. Das ge-
schieht nur in der Heiligen Messe!“
Ferner berichtete der Visitator über
die Emeritierung des 75-jährigen Ver-
triebenenbischofs Gerhard Pieschl
und über die Ernennung seines Nach-
folgers Dr. Reinhard Hauke. Erfreut re-
sultierte Dr. Lothar Schlegel: „Es war in
der Deutschen Bischofskonferenz kei-
ne Sekunde die Frage, ob die Seelsor-
ge für die Heimatvertriebenen weiter-
gehen solle oder nicht. Es galt als
selbstverständlich!“
Ein weiteres wichtiges Thema des
Visitators war natürlich der 2003 in
Werl eröffnete Seligsprechungsprozess
für Bischof Maximilian Kaller. „Alle,
die daran gearbeitet haben, taten es
ehrenamtlich“, stellte Dr. Schlegel fest.
„Der Seligsprechungsprozess kann
wahrscheinlich im Rahmen der Keve-
laer-Wallfahrt am 17. Oktober 2010 ab-
geschlossen werden. Dafür sind zwei
Standbeine notwendig: Erstens muss
man nachweisen, dass Kaller vereh-
rungswürdig ist, und zweitens muss
Gott zeigen, dass es sich um einen hei-
ligmäßigen Menschen handelt, d.h. es
muss sich auf seine Fürsprache ein
Wunder ereignen. Beides ist inzwi-
schen geschehen, aber beten Sie bitte
trotzdem weiter!“
Abschließend zitierte der Visitator,
nachdem er von „Nikoläusin“ Ger-
traud Struck ein kleines Geschenk er-
halten hatte, nochmals Gottes Zusage
aus dem Buch Josua: „Ich lasse Dich
nicht fallen und verlasse Dich nicht!
Ich bin mit Dir unterwegs! - Kommen
Sie gut nach Hause, und bleiben Sie
vor allem gesund!“
Visitator besuchte das 34. Ermländertreffen in Oelde
Ich lasse Dich nicht fallen
Von Martin Grote
Auch wenn das Oelder Ermländer-
treffen des Jahres 2009 genau auf den
Nikolaustag fiel, zog es diesmal nicht
weniger Heimatvertriebene in die St.
Josephs-Gemeinde der westfälischen
Kleinstadt. Im Gegenteil: Organisato-
rin Maria Zerbe hatte zusammen mit
Ehemann Herbert und Tochter Renate
im Pfarrheim Kaffeegedecke für 100
Personen hergerichtet, und es reichte
nicht aus! Zahlreiche Ermländer wa-
ren vor allem gekommen, um dem Vi-
sitator, Domkapitular Msgr. Dr. Lothar
Schlegel, zu begegnen, der zum 34.
Adventstreffen aus Münster angereist
war. „Viele von Ihnen“, so der Prälat,
„kennen mich ja nur von weit weg,
zum Beispiel von den Wallfahrtsgot-
tesdiensten in Werl, aber heute kann
ich jeden einzelnen begrüßen, und
wenn wir uns demnächst einmal ir-
gendwo wiedersehen, dann erinnern
Sie mich doch an die heutige Zusam-
menkunft und sagen: Oelde! – Dann
weiß ich es ganz sicher!“
Gemeinsam mit Msgr. Rainer Maria
Lewald aus Bad Rothenfelde, der zum
neunten Mal in Oelde mitwirkte, und
pastoraal werker Martin Grote aus Ol-
denzaal, der zum dritten Mal dabei
war, hielt der Visitator um 14.30 Uhr
die Vesper und predigte über den Ad-
vent als eine Zeit des Wartens, aber
vor allem über eine Epistel aus Josua
1. Dort ist nachzulesen, wie Gott nach
dem Tod des Mose Josua zu dessen
Nachfolger ernennt und ihn beauftragt,
die Israeliten in das verheißene Land
zu führen. Prälat Dr. Schlegel hob vor
allem den hoffnungsvollen Ausspruch
Gottes aus Jos 1,5b hervor: „Ich lasse
Dich nicht fallen, und ich verlasse
Dich nicht!“ – „Josua“, so der Visitator,
„vermisst in erster Linie den breiten
Rücken des Mose. Dessen Auftrag fort-
zuführen, sieht er als problematisch
an, aber Gott gibt ihm seine Zusage,
und diese Zusage gilt auch uns, bei all
unseren Sorgen und Problemen, auch
wenn wir heute noch nicht wissen,
was wir morgen tun sollen. Unlängst
las ich einen Brief aus Taizé, von einer
jungen Französin, die in einer Satelli-
tenstadt von Paris zu Hause ist. Die
Frau klagt vor allem über die große An-
onymität in diesem Hochhausviertel,
die häufig zum Drogenkonsum, zur
Kriminalität, Depressivität und zu Ver-
zweiflungstaten führt, aber an jedem
Morgen trifft sich dort eine Gruppe in
irgendeiner Wohnung zum gemeinsa-
men Gebet, bevor man später mit der
U-Bahn zur Arbeit fährt. Das gibt Hoff-
Adventsfeier der Kreisgemeinschaft Rößel e.V.
„Wachet auf, ruft uns die Stimme....“
Von Waltraud Wiemer, geb. Erdmann, früher Bischofsburg
Die Worte dieses altbekannten Ad-
ventliedes zu Beginn der hl. Messe hat-
ten die Kirchenbesucher in St. Marien
zu Neuss sehr intensiv aufgenommen.
Und wir waren tatsächlich alle „Aug
und Ohr“, als im feierlichen Einzug mit
großem Gefolge unsere alljährliche Ad-
ventsfeier am 13. Dezember 2009 mit
der hl. Messe begann.
In diesem Jahr war es besonders fei-
erlich, denn es ist ein Jubiläumsjahr -
25 Jahre Patenschaft zwischen dem
Rhein Kreis Neuss und der Kreisge-
meinschaft Rößel. Als Zelebranten
konnten wir den Kölner Weihbischof
Dr. Rainer Woelki begrüßen, der mit
uns die hl. Messe feierte.
In seiner Begrüßung erzählte uns
Weihbischof Woelki, der seit 2003 als
Weihbischof in Erzbistum Köln tätig
ist, dass seine Eltern aus Frauenburg
stammen und er somit auch eine Ver-
bindung zu unserer Heimat habe.
Liedertexte, Fürbitten und Gebete
waren der Adventszeit entsprechend.
Unsere so zuverlässige Messdienerrie-
ge wurde dieses Mal von so vielen von
der Gemeinde St. Marien gestellten
Messdienern und Geistlichen überbo-
ten. Für alle aber war es ein wunderba-
res Bild, so viele am Gottesdienst Be-
teiligte im Altarraum zu sehen.
Nach der Feier der hl. Messe konn-
ten wir bei Kaffee und Kuchen im ad-
ventlich geschmückten Saal des Mari-
enhauses den Nachmittag für uns alle
zu einer besonderen Feier werden las-
sen. Zahlreiche Weihnachtssterne wur-
den wieder von Ernst Grunwald gestif-
tet. Kerzen und Tannenzweige zierten
die Tische. Ein geschmückter Tannen-
baum ließ die Augen glänzen. Einige
Ehrengäste wurden vom Kreisvertreter
Reinhard Plehn besonders herzlich be-
grüßt: Weihbischof Dr. Rainer Woelki;
Herr Peter Pott mit Gattin, der Vorsitzen-
der der LMO Kreisgruppe Neuss; Herr
Fred Engels mit Gattin, Kreisverwal-
tungsrat Rhein Kreis Neuss und der Eh-
renvorsitzender Ernst Grunwald.
Weihbischof Dr. Rainer Woelki ging
zu unser aller Freude von Tisch zu
Tisch und begrüßte jeden Besucher. Es
waren immerhin ca. 120 Personen. Da
in diesem Jahr das Geschwisterpaar
Denise und Michel mit ihrem Flöten-
spiel nicht zu uns kommen konnte, wa-
ren wir Teilnehmer im Singen der Lie-
der gefordert und das klappte hervorra-
gend. Das Bedürfnis, gerade in der vor-
weihnachtlichen Zeit unsere alten Ad-
vents- und Weihnachtslieder zu singen,
ist groß. Herr Ries, begleitete uns wie-
der auf dem Flügel und gab auch einige
Solostücke zu Gehör. Herzlichen Dank!
Bei einen Liederzyklus mit Texten
zur Weihnachtsgeschichte machten al-
le gut mit und hörten sehr aufmerksam
zu. Eine besinnliche Einstimmung auf
das bevorstehende Weihnachtsfest.
Auch dieser Nachmittag ging leider
wieder einmal viel zu schnell dahin. Es
wurde dunkler und dunkler und es
wurde Zeit zu gehen.
Kreisvertreter Reinhard Plehn dank-
te allen fleißigen Helfern, die dazu bei-
getragen hatten, dass dieser Nachmit-
tag für alle so harmonisch verlief, und
den Anwesenden dankte er für ihr
Kommen, denn manche nahmen einen
hunderte Kilometer weiten Weg auf
sich, um dabei zu sein. Er wünschte al-
len eine gute Heimfahrt und ein geseg-
netes Weihnachtsfest.
Nun hat ein neues Jahr begonnen
und wir wollen hoffen, dass es für uns
ein von Gott gesegnetes Jahr wird.
Bis zum nächsten Wiedersehen grü-
ße ich Sie alle herzlich!
(np)
nung, um in diesem Stadtviertel nicht
zugrunde zu gehen!“ Visitator Dr.
Schlegel: „Auch ich möchte Ihnen heu-
te Mut machen! Gott versichert uns al-
len, dass er uns nicht verlässt, und ge-
nau diese Gewissheit hatten auch die
Ermländer im Krieg und nach dem
Krieg. Viele Heimatvertriebene haben
erst Jahre später, als es ihnen wieder
erheblich besser ging, erkannt, wie
sehr Gott sie getragen hat, und oftmals
erzählen mir Menschen, dass sie die
Flucht und Vertreibung ohne ihren
Glauben und ihr festes Gottvertrauen
nicht überlebt hätten.“
Nach der Vesper wurde man vom
Kaffeeduft regelrecht ins gegenüberlie-
gende Pfarrheim gelockt, wo Hedwig
Herzog bereits seit neun Jahren für die
Ermländer in der Küche wirkt und so
manche Kaffeekanne in den Saal her-
über schickt.
Breitmeyer schon dabei, und als erstes
bedankte er sich bei Dr. Schlegel für
dessen Glückwunschschreiben zur
Goldhochzeit sowie zum 30. Dienstjubi-
läum als Organist für die Ermländer.
„Dieser Brief hat mich so gefreut“, er-
zählte der Musiker, „und heute habe
ich endlich mal die Gelegenheit, den
Herrn Visitator persönlich zu treffen!“
Prälat Schlegel nahm sich die Zeit,
an allen Tischen vorbeizugehen und
allen Anwesenden die Hand zu geben,
und als er hörte, dass auch jemand ge-
bürtig aus Marienburg kam, berichtete
er ausführlich über das unlängst dort
gefundene Massengrab: „Man wollte
ein Hotel bauen, und als die Bagger mit
ihrer Arbeit begannen, kam etwas zum
Vorschein, was man zunächst für einen
Friedhof hielt, aber es war ein Massen-
grab! 2000 Frauen, Männer und Kinder
wurden gefunden, alle waren nackt be-
Adventsfeier in Oelde: V.l. Pastoraal werker Martin Grote, Visitator Msgr. Dr. Lo-
thar Schlegel und Konsistorialrat Msgr. Rainer Lewald in der Sakristei von St. Jo-
seph, Oelde
Foto: Walter Breitmeyer, Oelde