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Verschieben/Verzerren
Zwei Kolleginnen wollen für die Abteilung einen gemeinsamen Abend organisieren.
Frau Kultur plädiert für einen gemeinsamen Opernbesuch, während Frau
Schwipsig zum Heurigen gehen will. In ihrer Auseinandersetzung stagnieren sie,
und nach und nach verschieben/verzerren sie das Organisationsvorhaben auf
eine Befragung der Kolleginnen, auf mögliche Sponsorentätigkeit von seiten der
Leitung usw.
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Vermeiden/Tilgen
Otto hat die Absicht, mit seinen Freunden rund um das Mittelmeer zu fahren. Der
Entschluss wird verbindlich in der Freundesrunde festgelegt. Auftretende Schwie-
rigkeiten bezüglich der Wahl der Verkehrsmittel, der negativ eingestellten Familien-
lobbies, des Zeitraumes und so vieles mehr führen dazu, dass mit der Zeit der
Entschluss als launiger Spleen und die Mittelmeerregion als reines Kriegsgebiet
bezeichnet werden, das man nicht betreten sollte.
Das Geschick, Konflikte zu vermeiden, auszuweiten oder zu verschieben, liegt in der
Fähigkeit der Personen, Konfliktfelder in ihrer Wechselwirkung anders zu lagern. Wir
leben als Person nicht alleine auf dieser Welt - sonst hätten wir auch nur intraper-
sonelle Konflikte -, sondern wir leben in Partnerschaften, Gruppen, Abteilungen, Or-
ganisationen, religiösen Gemeinschaften und sind auch ein Teil des Kosmos. Wir sind
nicht nur Person, Körper, sondern Teil einer Gruppe, einer Organisation.
Und die nützen wir in der Konflikt-Ausklammerung weidlich aus.
Kosmos
Gesellschaft
Organisation
Gruppe
PERSON
Körper
PERSON
Wir verspielen allzu gerne unsere Kreditkarte der Konfliktbewältigung, indem wir
unseren Teilnahmeausweis der anderen Instanz vorlegen und passiv verweilen.
• Wenn „die oben“ nicht diese Entscheidung getroffen hätten, dann müssten wir
uns „hier unten“ gar nicht streiten.
• Wenn der Staat das Geld so verschleudert, dann ist es doch legitim, von der
Sozialhilfe zu leben.
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• Wenn wir nicht so ein arges Schulsystem hätten, dann gäbe es weder für
Lehrer noch für Schüler solche Schwierigkeiten.
• Wenn jeder das tun würde, was ich anschaffe, könnten wir ganz friedlich
miteinander auskommen.
Das Verlagern der Konfliktfelder im Sinne der
• Ausweitung
• Verschiebung und
• Vermeidung
erhält den Status quo der mannigfaltigen Wünsche, Bedürfnisse und Zielsetzungen
aufrecht und beläßt die Wechselwirkung in einem stabilen Gleichgewicht. Die
bestehenden Konflikte bleiben erhalten.
Bedeutungsvolle persönliche Konflikte, die vermieden und verdrängt werden, können
die Ursache für psychosomatische Erkrankungen sein. Diese nicht ausgetragenen
Konflikte werden dann auf die körperliche Ebene transferiert, und der Körper reagiert
durch Symptombildungen.
Jeder kennt die typischen Beispiele von „Managerkrankheiten“: Wer zu viel Ärger
und Sorgen mit geschluckt hat, riskiert ein Magengeschwür; wer seine Zeitkonflikte nie
bewältigt, riskiert einen Herzinfarkt; wer meint, alles alleine durchstehen zu müssen,
wird durch seine Schmerzen im Rücken daran erinnert, wie schön die Unterstützung
von anderen Mitmenschen sein kann.
Fassen wir die wichtigsten Aussagen wieder zusammen, so zeigen sich in der
Konfliktabgrenzung bereits erste Konsequenzen für die Anwendung:
• Unser Ideal ist eine optimale Befriedigung unserer Bedürfnisse und
unserer Ziele.
• Unterschiedliche Forderungen, Ziele und Bedürfnisse ergeben Konflikte,
die durch die Auseinandersetzung einer Befriedigung zugeführt werden
können oder durch die Nicht-Auseinandersetzung Störungen hervorrufen
können.
• Herkömmliche Vorstellungs- und Handlungsmuster der Nicht-
Auseinandersetzung sind
• ausweiten/generalisieren
• verschieben/verzerren
• vermeiden/tilgen
• Das wechselhafte Bezugssystem, in dem wir als Person leben, ermöglicht
leicht die Konfliktverlagerung (und schuldhafte Zusprüche) und somit die
Vermeidung einer Bewältigung.
• Bedeutungsvolle Konfliktverdrängungen können zu körperlichen
Symptomen, d.h. zu psychosomatischen Erkrankungen führen.
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4.1.
Möglichkeiten der Konfliktbewältigung
4.1.1.
Flucht
Flucht ist wohl die unreifste und unwirksamste, nichts desto weniger aber am
häufigsten angewandte Strategie, um Konflikte zu „bearbeiten“: Freilich können wir
hier nicht von einer Bearbeitung im eigentlichen Sinne sprechen, sondern lediglich von
einer Vermeidung des Konfliktes. Konflikte durch Flucht zu unterdrücken oder zu
verleugnen, führt zu Unzufriedenheit und Frustration bei jedem einzelnen der
Konfliktpartner. Jeder wird weiterhin seine eigenen Interessen weiterverfolgen, ohne
daß eine echte Kommunikation über diese Interessen zustande käme. Unterschwellig
schwelt der Konflikt weiter und verhindert gemeinsames Arbeiten.
4.1.2.
Kampf
Kampf ist zwar schon eine reifere, aber in der Regel mit dem Verlust von viel Energie
verbundene Strategie der Konfliktaustragung. Immerhin konfrontieren sich die Einzel-
interessen, der Konflikt wird angesprochen. Allerdings wird er keiner Lösung zu-
geführt. Die Betroffenen bleiben in ihren festgefahrenen Positionen verhaftet. Der
Kampf wird entweder bis zur Erschöpfung beider fortgesetzt, oder aber der/die mit
mehr Macht Ausgerüstete setzt letztlich sein/ihr Einzelinteresse durch, ohne die
Interessen des/der GegnerIn zu beachten.
Hier wird zwar eine Entscheidung getroffen; der/die „Besiegte“ wird allerdings
schwerlich zu einer Mitarbeit freiwillig zu bewegen sein. Er/sie wird vielmehr
versuchen, auf Umwegen (z.B. durch Obstruktion, passiven Widerstand usw.) doch
noch den eigenen Anteil durchzusetzen. Eine echte Zusammenarbeit ist nicht
möglich.
4.1.3. Delegation
Delegation ist ein Konfliktlösungsmuster, das den Bereich des öffentlichen Lebens
dominiert. In diesem Fall einigen sich die Konfliktpartner darauf, die Entscheidung
von einem Delegierten treffen zu lassen, der von ihnen gemeinsam bestimmt
(delegiert) wird. Die Entscheidung des „Schiedsrichters“ ist dann für beide Parteien
verbindend.
Der Vorteil dabei ist zweifellos, dass einerseits eine Entscheidung getroffen wird, die
ein für beide Teile zumindest ansatzweise befriedigendes Weiterarbeiten gestattet;
darüber wurde ja Einigkeit hergestellt - sich nämlich der Entscheidung des Delegierten
zu unterwerfen. Allerdings ist mit dieser Konfliktbearbeitungsstrategie zwangsläufig
die Entfremdung der Beteiligten von sich selbst verbunden. Sie haben keine
Möglichkeit sich selbst wirksam an der Entscheidung zu beteiligen und verzichten auf
eine gemeinsame Verständigung.
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