Martin paul wassmer



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umfassenden Änderungsvorschlag
30
 vor
31
. Die geänderte Fassung wurde 
schließlich Gesetz und führte zu einer Neufassung der strafrechtlichen 
Vorschriften zum Menschenhandel in den §§ 232 ff. StGB. Allgemein war 
über die Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU hinaus eine Neufassung 
der strafrechtlichen Vorschriften zum Menschenhandel anvisiert, die zu 
einer größeren Praxistauglichkeit dieser Vorschriften und zur Verbesse-
rung der Bekämpfung des Menschenhandels führen sollte
32
.
2. Die Neuregelung und ihr europarechtlicher Kern
Die  Gesetzesänderung  enthielt  folgende  Neuregelungen:  Die  §  232 
aF (Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung), § 233 aF 
(Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft), § 233a 
aF (Förderung des Menschenhandels) und § 233b aF StGB (Führungsauf-
sicht, Erweiterter Verfall) wurden ersetzt durch § 232 (Menschenhandel), 
§ 232a (Zwangsprostitution), § 232b (Zwangsarbeit), § 233 (Ausbeutung 
der Arbeitskraft), § 233a (Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheits-
beraubung) und § 233b StGB (Führungsaufsicht, Erweiterter Verfall). Die 
neuen Normen sollen hier nicht umfassend dargestellt werden, sondern 
neben ein paar allgemeinen Bemerkungen zu den Änderungen, soll der 
Fokus auf den § 232 StGB (Menschenhandel) und insbesondere der Fra-
ge des europäischen Einflusses auf die Regelung gelegt werden.
Die bisherige Regelung von Menschenhandel war mit Hinblick auf 
die  internationale  Terminologie  missverständlich
33
,  so  dass  durch  die 
Gesetzesänderung eine Neustrukturierung erfolgt ist. § 232 StGB (Men-
schenhandel) ersetzt § 233a aF StGB (Förderung des Menschenhandels). 
Damit  sollte  dem  Grundgedanke  der  internationalen  Vorgaben  besser 
entsprochen werden, die eine Vorverlagerung der Strafbarkeit vor die Ba-
sisebene und eine weitgehende Erfassung der Nachschubebene und der 
Logistikebene unabhängig von einem Ausbeutungserfolg vorsehen, um 
30
 BT-Drucks. 18/9095.
31 
Trotz der ursprünglichen Einschätzung: „Weiterer gesetzgeberischer Maßnahmen zur Um-
setzung der Richtlinie 2011/36/EU bedarf es nicht.“, BT-Drucks. 18/4613, S. 7.
32
 BT-Drucks. 18/9095, S. 1.
33
 BT-Drucks. 18/9095, S. 18.


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so die Strafverfolgung arbeitsteilig operierender Täter zu erleichtern
34

Der  Regelungsgehalt  der  §§  232,  233  aF  StGB  (Menschenhandel  zum 
Zweck der sexuellen Ausbeutung und zum Zweck der Ausbeutung der 
Arbeitskraft) findet sich nunmehr in §§ 232a, 232b StGB (Zwangspros-
titution und Zwangsarbeit)
35
, was auf Tatbestandsebene eine Entflech-
tung  der  Rekrutierung  der  Opfer  von  deren  eigentlicher  Ausbeutung 
herbeiführt
36
. Hinzugefügt wurden zudem zwei Tatbestände – Ausbeu-
tung der Arbeitskraft (§ 233 StGB) und Ausbeutung unter Ausnutzung 
einer Freiheitsberaubung (§ 233a StGB) – und es wurde entsprechend 
der Anregung in Art. 18 Abs. 4 der Menschenhandels-Richtlinie eine Frei-
erstrafbarkeit in § 232a Abs. 6 StGB aufgenommen
37

Die Tatbestandsmerkmale in § 232 StGB sind nunmehr am Sprach-
gebrauch  der  Menschenhandels-Richtlinie  orientiert  und  sehen  den 
folgenden Aufbau vor: es bedarf einer bestimmten Tathandlung, eines 
Tatmittels (das Ausnutzen einer Zwangslage) und eines Ausbeutungs-
zwecks. 
Absatz  1  enthält  die  Tathandlungen  der Anwerbung, Beförderung, 
Weitergabe, Beherbergung und Aufnahme von Personen
38
, was der For-
mulierung in Art. 2 Abs. 1 der Menschenhandels-Richtlinie entspricht. Als 
Tatmittel ist vorgesehen das Handeln „unter Ausnutzung einer persönli-
chen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ih-
rem [= dem Opfer des Menschenhandels] Aufenthalt in einem fremden 
Land verbunden ist“. Die Menschenhandels-Richtlinie spricht hier in Art. 
2 Abs. 1 von dem „Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer 
Schutzbedürftigkeit“, wobei entsprechend Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie „ei-
ne besondere Schutzbedürftigkeit [vor]liegt […], wenn die betreffende 
Person keine wirkliche oder für sie annehmbare andere Möglichkeit hat, 
als sich dem Missbrauch zu beugen.“ Da die deutsche Neuregelung hier 
34
 Renzikowski, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 
2011/36/EU  (BT-Drs.  18/4613),  zum  Änderungsantrag  der  Fraktionen  CDU/CSU  und  SPD 
(Ausschuss-Drs. 18(6)217), zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Situation von 
Opfern von Menschenhandel in Deutschland (BT-Drs. 18/3256), 2016, S. 1.
35
 BT-Drucks. 18/9095, S. 20.
36 
Renzikowski (Anm. 34), S. 6.
37
 BT-Drucks. 18/9095, S. 21.
38
 Diese Handlungen fielen bisher unter § 233a Abs. 1 aF; BT-Drucks. 18/9095, S. 23.


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restriktiver formuliert ist, ist zu beachten, dass die Merkmale der persön-
lichen  oder  wirtschaftlichen  Zwangslage  und  der  auslandsspezifischen 
Hilflosigkeit richtlinienkonform weit auszulegen sind
39

Den Menschenhandel unter Anwendung der weiteren in Art. 2 Abs. 
1 der Richtlinie genannten Tatmittel („Androhung oder Anwendung von 
Gewalt oder anderer Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, 
Täuschung“) stellt der deutsche Gesetzgeber im Hinblick auf deren er-
höhten Unrechtsgehalt gesondert in § 232 Abs. 2 StGB unter Strafe
40

In Bezug auf Opfer unter 21 Jahren wird in § 232 Abs. 1 StGB auf das 
Erfordernis eines Tatmittels gänzlich verzichtet, was über die Richtlinie 
hinausgeht, die lediglich nach Art. 2 Abs. 5 einen Verzicht auf Zwangs-
mittel  bei  Handlungen  gegenüber  Personen  unter  18  Jahren  verlangt. 
Der Strafrahmen sieht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf 
Jahren vor. Letzteres entspricht der Mindesthöchststrafe in Art. 4 Abs. 1 
der Richtlinie.
Hinsichtlich der Ausbeutungsformen orientiert sich § 232 an Art. 2 
Abs. 3 der Richtlinie. Dabei ist der jeweilige (spätere) Ausbeutungszweck 
im deutschen Recht Teil des objektiven Tatbestands und muss daher vom 
Vorsatz des Täters erfasst sein
41
. Als Ausbeutungszwecke genannt sind 
„die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexuel-
ler Ausbeutung, Zwangsarbeit oder erzwungene Dienstleistungen, ein-
schließlich Betteltätigkeiten, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, 
Leibeigenschaft  oder  die  Ausnutzung  strafbarer  Handlungen  oder  die 
Organentnahme“. Somit entsprechen §§ 232 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, Nr. 1c, 
Nr. 1d, Nr. 2 und Nr. 3 StGB jeweils den Vorgaben in Art. 2 Abs. 3 der 
Menschenhandels-Richtlinie
42
. Hinsichtlich § 232 Abs. 1 S. 1 Nr. 1b StGB 
hingegen  gilt  es  zu  differenzieren:  die  dort  genannte  „Beschäftigung“ 
entspricht durchaus der Regelung der Richtlinie, die von „Zwangsarbeit 
39 
Eisele, Schriftliche Stellungnahme zur Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Recht 
und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 8. Juni 2016, 2016, S. 5; entsprech-
end Art. 2 (2) „Eine besondere Schutzbedürftigkeit liegt vor, wenn die betreffende Person 
keine wirkliche oder für sie annehmbare andere Möglichkeit hat, als sich dem Missbrauch 
zu beugen.“
40
 BT-Drucks. 18/9095, S. 26.
41
 BT-Drucks. 18/9095, S. 26.
42
 BT-Drucks. 18/9095, S. 27 ff.


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